Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.137/2008
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2008
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_137/2008 /len

Urteil vom 16. Februar 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Lukas Polivka,

gegen

B.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Advokat Hans-Ulrich Zumbühl.

Gegenstand
Geschäftsführung ohne Auftrag,

Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, vom 10. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) führte im Frühjahr 2003 diverse
Netzwerkinstallationsarbeiten für die Geschäftsliegenschaft C.________ aus.
Diese Geschäftsliegenschaft stand im Eigentum der im Juni 2004 in Konkurs
gegangenen A.________ AG, deren Alleinaktionär A.________ (Beschwerdeführer)
war. Am 13. März 2003 wurde für die geleisteten Arbeiten Rechnung in der Höhe
von Fr. 3'759.15 gestellt. Rechnungsadressatin war die "D.________". Die
Rechnung blieb unbezahlt, worauf die Beschwerdegegnerin die D.________ AG als
Schuldnerin betrieb. Das Betreibungsbegehren wurde zurückgezogen, nachdem der
Beschwerdegegnerin erklärt worden war, dass die D.________ AG erst seit 2004
bestehe. Auch die im Anschluss eingeleitete Betreibung der E.________ GmbH
verlief erfolglos. Die Beschwerdegegnerin belangte schliesslich den
Beschwerdeführer als Privatperson und liess ihm am 20. August 2007 einen
Zahlungsbefehl (Betreibung Nr. 7031039) zukommen für den Rechnungsbetrag von
Fr. 3'759.15 nebst Zins zu 5 % seit 13. März 2003 zuzüglich Inkasso- und
Zustellungskosten. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsvorschlag.

B.
In der beim Zivilgerichtspräsidenten Basel-Stadt anhängig gemachten Klage vom
10. Oktober 2007 begehrte die Beschwerdegegnerin die Verurteilung des
Beschwerdeführers zur Zahlung von Fr. 3'759.15 nebst Zins zu 5 % seit 13. März
2003 zuzüglich Inkasso- und Zustellungskosten sowie Fr. 70.--
Zahlungsbefehlskosten. Zudem beantragte sie die Beseitigung des
Rechtsvorschlags. Der Beschwerdeführer bestritt im Wesentlichen seine
Passivlegitimation. Mit Urteil vom 10. März 2008 hiess der
Zivilgerichtspräsident die Klage gut. Er erwog, der Beschwerdeführer könne
nicht ohne Weiteres als direkter Schuldner von der Beschwerdegegnerin ins Recht
gefasst werden. Jedoch ergebe sich aus dem (bestrittenen) Umstand, wonach Herr
F.________, Mitarbeiter der A.________ AG, die Anweisung gegeben habe, die
Rechnung an "D.________" auszustellen, dass der Beschwerdeführer persönlich
verpflichtet worden sei. Auch komme eine Haftung des Beschwerdeführers aus
erwecktem Konzernvertrauen in Frage.
Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das
Appellationsgericht Basel-Stadt. Dieses erachtete beide vom
Zivilgerichtspräsidenten angeführten Begründungen für eine Haftung des
Beschwerdeführers als unhaltbar. Es sei nicht grundsätzlich stossend, dass eine
Rechnung an eine Aktiengesellschaft, die in Konkurs gefallen sei, unbezahlt
bleibe und nicht auf den Haupt- oder Alleinaktionär überwälzt werden könne.
Dass vorliegend die Aktiengesellschaft zu Umgehungszwecken gegründet worden
wäre, sei durch nichts belegt. Trotz unhaltbarer Begründung beurteilte das
Appellationsgericht den erstinstanzlichen Entscheid im Ergebnis als nicht
willkürlich. Es substituierte die Begründung und leitete die Verpflichtung des
Beschwerdeführers zur Bezahlung der Rechnung aus Geschäftsführung ohne Auftrag
ab. Demgemäss wies es die Beschwerde am 10. September 2008 ab.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde, das
Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 10. September 2008
vollumfänglich aufzuheben und die Klage vom 10. Oktober 2007 vollumfänglich
abzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin und das Appellationsgericht beantragen, die Beschwerde
abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Vorliegend geht es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit mit einem
Streitwert von Fr. 3'759.15. Gegen den angefochtenen Entscheid ist daher die
Beschwerde in Zivilsachen ausgeschlossen (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), und die
erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde erweist sich als zulässig (Art. 113
BGG).
Mit Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte
gerügt werden (Art. 116 BGG). Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines
Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Willkürverbots.

2.
Der Beschwerdeführer rügt als willkürlich, dass die Vorinstanz die Vorschriften
von Art. 419 und 422 OR über die Geschäftsführung ohne Auftrag auf den
vorliegenden Fall angewendet hat.

2.1 Die Vorinstanz erwog, die juristische Person sei eine rechtliche Fiktion.
Sie könne nicht selber geschäftliche Tätigkeiten entfalten wie beispielsweise
telefonieren, elektronische Mails senden oder Computer bedienen. Auch wenn der
Werkvertrag nicht zwischen dem Beschwerdeführer persönlich und der
Beschwerdegegnerin abgeschlossen worden sei, so habe die Nutzung der
Elektroinstallation seinerzeit und auch jetzt im persönlichen Interesse des
Beschwerdeführers gelegen. Gemäss den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag könne der Geschäftsführer (Beschwerdegegnerin) vom Geschäftsherrn
(Beschwerdeführer) Ersatz für die für den Letzteren nützlichen Verwendungen
verlangen.

2.2 Der Beschwerdeführer rügt diese Beurteilung der Vorinstanz zu Recht als
unhaltbar. Der Umstand, dass die juristische Person - hier die
Aktiengesellschaft A.________ AG - die Elektroinstallation nicht selber
bedienen und nutzen kann, sondern letztlich der Nutzen bei den hinter der
juristischen Person stehenden natürlichen Personen - hier dem Beschwerdeführer
- liegt, gründet im Wesen der juristischen Person als einer rechtlichen
Fiktion. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, der Werkvertragspartner
einer juristischen Person handle gleichzeitig in Geschäftsführung ohne Auftrag
für die hinter der juristischen Person stehende natürliche Person und diese
schulde ihm eine Vergütung entsprechend dem vertraglichen Werklohn, wenn dieser
bei der juristischen Person nicht erhältlich gemacht werden kann. Eine solche
Konstruktion missachtet die rechtliche Eigenständigkeit der Aktiengesellschaft
als juristische Person und kommt einem unzulässigen Haftungsdurchgriff auf den
Aktionär gleich (Art. 620 Abs. 2 OR). Die Vorinstanz hat im Übrigen gerade
selbst klar verworfen, dass die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise
statthaften Durchgriff auf den Alleinaktionär vorliegend gegeben wären, weshalb
ihre Erwägungen im Ergebnis auch widersprüchlich sind.
Darüber hinaus verkennt eine solche Konstruktion das Institut der
Geschäftsführung ohne Auftrag. Bei der echten Geschäftsführung ohne Auftrag
besorgt jemand ohne Rechtsgrund das Geschäft einer anderen Person in der
Absicht, damit die Interessen dieser anderen Person zu wahren (Art. 419 OR;
Schmid, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 63 ff. zu Art. 419 OR; Weber,
in: Basler Kommentar, 4. Aufl. 2007, N. 2 ff. zu Art. 419 OR). Diese Elemente
sind vorliegend nicht dargetan. So handelte die Beschwerdegegnerin nicht
auftragslos, sondern aufgrund eines Vertrags mit der A.________ AG. Zwar hatte
die Beschwerdegegnerin zum Beschwerdeführer keine vertragliche Bindung. Sie
besorgte jedoch die Elektroinstallation in Erfüllung des zwischen der
A.________ AG und ihr bestehenden Vertrags und nicht in der Absicht, ohne
vertragliche Verpflichtung die Interessen des Beschwerdeführers zu wahren.
Vielmehr besorgte sie das Geschäft für die A.________ AG und nahm deren
Interessen wahr. Die Vorinstanz lässt schliesslich vollends unerklärt,
inwiefern die Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Beschwerdeführers
geboten gewesen sein soll. Das Gebotensein der Fremdgeschäftsführung durch das
Interesse des Geschäftsherrn bildet aber Kernelement der echten
Geschäftsführung ohne Auftrag und Voraussetzung für einen Ersatzanspruch des
Geschäftsführers (Art. 422 OR; Weber, a.a.O., N. 1 zu Art. 422 OR, N. 10 ff. zu
Art. 419 OR).
Die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 und
422 OR) auf den vorliegenden Fall erweist sich demzufolge als unhaltbar und
damit willkürlich.

3.
Da das angefochtene Urteil aufgrund des begründeten Willkürvorwurfs aufzuheben
ist, erübrigt es sich zu prüfen, ob weiter eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs vorliegt.

4.
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und
die Klage abzuweisen. Ferner ist die Sache zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen
(Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs.
1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationsgerichts
Basel-Stadt vom 10. September 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des
kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Februar 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Sommer