Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.102/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_102/2008 /len

Urteil vom 21. Oktober 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Del Fabro,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Scheibler.

Gegenstand
Garantievertrag; Kostenverlegung,

Verfassungsbeschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts
des Kantons Zürich
vom 28. Mai 2008 und den Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom
12. Juni 2007

Sachverhalt:

A.
A.________ (Beschwerdeführer) liess B.________ (Beschwerdegegner) mit
Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamtes Hittnau vom 14. Januar 2005 über
eine Forderung von Fr. 37'942.90 betreiben. Als Grund der Forderung gab der
Beschwerdeführer an: "Multi Sat 3351 AT Papendrecht / 25.04.2003 25'000 EUR
Garantie durch B.________". Der Beschwerdegegner erhob Rechtsvorschlag.

B.
Am 9. November 2005 klagte der Beschwerdegegner beim Handelsgericht Zürich
gegen den Beschwerdeführer auf Feststellung, dass zwischen den Parteien kein
Rechts- und Schuldverhältnis bestehe, dass demzufolge der Beschwerdegegner dem
Beschwerdeführer den Betrag von Fr. 37'492.90 nicht schulde und dieser dem
Beschwerdegegner die Betreibung Nr. xxx vom 14. Januar 2005 ohne Schuldgrund
habe zustellen lassen. Der Beschwerdeführer beantragte, auf die Klage sei nicht
einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Mit Eingabe vom 10. Januar 2007
reichte er beim Bezirksgericht Pfäffikon gegen den Beschwerdegegner eine Klage
mit den Begehren ein, dieser sei zu verpflichten, ihm EUR 25'000.-- zu
bezahlen, und es sei in der Betreibung vom 14. Januar 2005 der Rechtsvorschlag
aufzuheben.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2007 trat das Handelsgericht auf die negative
Feststellungsklage des Beschwerdegegners nicht ein, auferlegte die
Gerichtskosten dem Beschwerdeführer und verpflichtete diesen, dem
Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr. 8'900.-- zu bezahlen. Das
Handelsgericht begründete den Nichteintretensentscheid damit, dass durch die
Leistungsklage des Beschwerdeführers das Feststellungsinteresse entfallen sei.
Der Beschwerdeführer focht den Beschluss des Handelsgerichts mit
Nichtigkeitsbeschwerde an, welche das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit
Zirkulationsbeschluss vom 28. Mai 2008 abwies, soweit es darauf eintrat.

C.
Der Beschwerdeführer erhebt subsidiäre Verfassungsbeschwerde, mit der er dem
Sinne nach beantragt, es sei der Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts
vom 28. Mai 2008 und der Beschluss des Handelsgerichts vom 12. Juni 2007
aufzuheben, soweit damit der Beschwerdeführer verpflichtet wird, die
Gerichtskosten und dem Beschwerdegegner Parteientschädigungen zu zahlen; die
Gerichtskosten der kantonalen Verfahren seien dem Beschwerdegegner
aufzuerlegen, und dieser sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer für diese
Verfahren Parteientschädigungen von Fr. 8'900.-- (abzüglich Weisungskosten) und
Fr. 1'800.-- zu bezahlen. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Verfassungsbeschwerde. Das
Handelsgericht und das Kassationsgericht verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Streitwert bestimmt sich bei Beschwerden gegen Endentscheide nach den
Begehren, die vor der Vorinstanz strittig geblieben waren (Art. 51 Abs. 1 lit.
a BGG). Da vor dem Kassationsgericht nur noch die Kostenverlegung betreffend
einen Gesamtbetrag von Fr. 12'480.-- strittig war, und das Kassationsgericht
darüber einen Endentscheid traf, wird der im vorliegenden Fall für Beschwerden
in Zivilsachen gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche Streitwert von
Fr. 30'000.-- nicht erreicht, wobei die Ausnahmeregelung gemäss Art. 74 Abs. 2
BGG nicht anwendbar ist. Damit ist die Beschwerde in Zivilsachen ausgeschlossen
und die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gewahrt. Da auch ihre übrigen
Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die form- und fristgerecht eingereichte
Verfassungsbeschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts
vom 28. Mai 2008 einzutreten.

1.2 Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann gemäss Art. 100 Abs. 6 BGG
auch das Urteil der oberen kantonalen Instanz angefochten werden, soweit dem
höchsten kantonalen Gericht vor Bundesgericht zulässige Rügen nicht
unterbreitet werden konnten (BGE 134 III 92 E. 1.1). Dass dies im vorliegenden
Fall zutreffen soll, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch
nicht ersichtlich. Demnach ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht
einzutreten, soweit sie sich direkt gegen den Beschluss des Handelsgerichts vom
12. Juni 2007 richtet.

1.3 Die Verletzung von Grundrechten muss in der Beschwerde vorgebracht und
begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Für solche Rügen gelten die gleichen
Begründungsanforderungen, wie sie gestützt auf Art. 90 Abs. 1 lit. b OG für die
staatsrechtliche Beschwerde gegolten haben (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit
Hinweisen). Demnach prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
und, soweit möglich, belegte Rügen. Wird eine Verletzung des Willkürverbots
gemäss Art. 9 BV geltend gemacht, ist zu beachten, dass ein Entscheid erst
willkürlich ist, wenn er im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist. Dies trifft
namentlich zu, wenn er eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt (BGE 131 I 57 E. 2; 127 I 54 E. 2b; 124 IV 86 E. 2a). Zur
Begründung der Verletzung von Art. 9 BV genügt es daher nicht, wenn in der
Beschwerde einfach behauptet wird, der angefochtene Entscheid sei willkürlich.
Vielmehr muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt
werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen
Mangel leidet (130 I 258 E. 1.3 S. 262; 110 Ia 1 E. 2a).

2.
2.1 Das Kassationsgericht führte aus, nach Wegfall des rechtlichen Interesses
an einer Klage entscheide das Gericht gemäss § 65 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung des Kantons Zürich (ZPO/ZH) nach Ermessen über die
Kostenfolge. Das Handelsgericht habe die Kosten dem Beschwerdeführer mit der
Begründung auferlegt, dieser habe den Wegfall des rechtlichen Interesses durch
die nachträgliche Einreichung einer Leistungsklage verursacht. Das
Kassationsgericht ging davon aus, dies sei - analog zur Verursachung der
Gegenstandslosigkeit - ein zulässiges Kriterium für die Kostenauflage,
wenngleich auch auf andere Kriterien hätte abgestellt werden können. Mit der
Rüge, das Handelsgericht hätte wegen Unzulässigkeit des Feststellungsbegehrens
nicht auf die Klage eingetreten dürfen, mache der Beschwerdeführer geltend, das
Handelsgericht hätte bei der Kostenverteilung darauf abstellen sollen, wer in
der Sache obsiegt hätte. Es sei jedoch der Beschwerdeführer gewesen, der mit
der nachträglichen Einreichung der Leistungsklage den Wegfall des
Feststellungsinteresses und damit auch das Entfallen der Notwendigkeit eines
Entscheids über die Frage der Zulässigkeit des Rechtsbegehrens verursacht habe.
Indem das Handelsgericht darauf und nicht auf das mutmassliche Obsiegen mit
Blick auf die allfällige Unzulässigkeit des Rechtsbegehrens abstellte, habe es
daher kein klares Recht verletzt.

2.2 Der Beschwerdeführer wirft dem Kassationsgericht vor, es sei in Willkür
verfallen, da es nicht beachtet habe, dass bei einem Nichteintretensentscheid
auf Grund eines ungenügend substantiierten Begehrens gemäss § 64 ZPO/ZH
zwingend der Beschwerdegegner die Verfahrenskosten hätte tragen müssen. Das
Kassationsgericht hätte daher gemäss der in der Nichtigkeitsbeschwerde
erhobenen Rüge die genügende Substantiierung des Begehrens prüfen und verneinen
müssen. Zwar habe das Handelsgericht angenommen, das Rechtsbegehren sei
zulässig, weil der ihm zugrunde liegende Lebensvorgang aus der Replikbegründung
erkennbar sei. Das Handelsgericht hätte das Rechtsbegehren indessen nicht
abändern dürfen, weshalb es bei der Unzulässigkeit des Begehrens bleibe. Das
Nichteintreten auf die Klage hätte somit primär wegen der Unzulässigkeit des
Rechtsbegehrens und nicht wegen des fehlenden Rechtsschutzinteresses erfolgen
müssen.

2.3 Gemäss Lehre und Rechtsprechung darf bei der Auslegung eines
Rechtsbegehrens dessen Begründung berücksichtigt werden (VOGEL/SPÜHLER,
Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Aufl. 2006, S. 189 Rz. 8; BGE 134 III 235
E. 2; 125 III 412 E. 1b S. 414 f.). Das Handelsgericht konnte daher willkürfrei
annehmen, das Rechtsbegehren sei im Lichte der Begründung in der Replik
dahingehend zu verstehen, dass der Beschwerdegegner beantragen wollte, es sei
festzustellen, dass zwischen den Parteien kein Garantievertrag über den Betrag
von EUR 25'00.-- resp. CHF 37'942.90 zustande gekommen sei, zumal auch der
Beschwerdeführer einräumt, dass dieser Wille erkennbar war und er selber davon
ausgeht, das Rechtsbegehren habe mit der Replik noch verbessert werden können.
Dass sich die eingeschränkte Bedeutung des Rechtsbegehrens nicht aus dessen
Formulierung, sondern aus der Begründung der Replik ergab, ändert daran nichts.
Demnach ist das Handelsgericht nicht in Willkür verfallen, wenn es die
Zulässigkeit des Rechtsbegehrens bejahte und wegen Wegfalls des
Rechtsschutzinteresses auf die negative Feststellungsklage nicht eintrat. Der
entsprechende Willkürvorwurf gegenüber dem Kassationsgericht erweist sich als
unbegründet.

3.
3.1 Entfällt das rechtliche Interesse an der Klage, entscheidet das Gericht
gemäss § 65 Abs. 2 ZPO/ZH nach Ermessen über die Kostenfolge. Hat eine Partei
unnötigerweise Kosten verursacht, werden sie ihr nach Art. 66 Abs. 1 ZPO/ZH
ohne Rücksicht auf den Ausgang des Prozesses auferlegt.

3.2 Für den Eventualfall, dass das Rechtsbegehren als zulässig betrachtet
würde, macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, das Handels- und das
Kassationsgericht hätten das ihnen nach § 65 Abs. 1 ZPO/ZH zustehende Ermessen
überschritten, weil sie sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen und
nicht beachtet hätten, dass gemäss § 66 ZPO/ZH unnötigerweise verursachte
Kosten ohne Rücksicht auf den Ausgang des Prozesses von der Partei zu tragen
seien, welche sie verursacht hat. Diese Bestimmung sei analog auch bei der
Kostenverteilung nach § 65 ZPO/ZH anzuwenden. Dabei sei zu beachten, dass der
Beschwerdegegner die verzögerte Einreichung der Leistungsklage verursacht habe,
indem er keine Gesprächsbereitschaft gezeigt und seine Passivlegitimation
bestritten habe ohne anzugeben, welche seiner Gesellschaften allenfalls
passivlegitimiert sei. Zudem habe er seine negative Feststellungsklage beim
Handelsgericht und nicht beim Bezirksgericht eingereicht, womit er eine
Widerklage beim gleichen Gericht verunmöglicht habe.

3.3 Mit diesen Ausführungen übt der Beschwerdeführer unzulässige
appellatorische Kritik. Inwiefern die kantonalen Gerichte das ihnen nach § 65
ZPO/ZH zustehende Ermessen willkürlich ausgeübt haben sollen, ist nicht
ersichtlich. Selbst bei der Anwendung des Verursacherprinzips gemäss § 66 Abs.
1 ZPO/ZH erscheint die Annahme vertretbar, der Beschwerdeführer habe die
negative Feststellungsklage und die damit verbundenen Kosten verursacht, indem
er gegenüber dem Beschwerdegegner eine nicht liquide Forderung in Betreibung
setzte und nach erhobenem Rechtsvorschlag mit der gerichtlichen Geltendmachung
der Forderung über anderthalb Jahre zuwartete.

4.
Nach dem Gesagten ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kassationsgericht des Kantons Zürich und
dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Oktober 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer