Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.57/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_57/2008 /ber

Urteil vom 23. September 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
B A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Désirée Thürkauf,

gegen

1. C A.________,
2. D A.________,
3. E A.________,
4. F A.________,
alle vier vertreten durch Rechtsanwältin Nathalie
Brantschen,
5. G.________ Bau AG H.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Jolanda Fleischli,
6. I A.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Anfechtung Steigerungskauf,

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantons
gerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer,
vom 24. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
Im Erbteilungsprozess betreffend den Nachlass von X A.________ ordnete das
Kantonsgericht Schwyz am 10. November 2003 die öffentliche Versteigerung des
Grundstücks GB 297 Lachen, umfassend 3562 m² an. Die Erbin C A.________,
Mieterin einer auf diesem Grundstück gelegenen Wohnung, verlangte zunächst die
Aufnahme des Mietverhältnisses in die Steigerungsbedingungen. Mit Schreiben vom
26. September 2005 teilte sie jedoch dem Bezirksgericht March mit, ihr
Mietverhältnis sei nicht mehr zu überbinden, da sie die Liegenschaft verlassen
werde, sobald diese einem allfälligen Ersteigerer überschrieben werde. Davon
erhielt der Erbe B A.________ spätestens Ende September 2005 Kenntnis.

Am 7. Juli 2006 zeigte der Gemeindepräsident von Lachen den Erben als
Versteigerungstermin den 1. September 2006 an. Am 8. August 2006 wurde der
Termin mit Hinweis auf die aufliegenden Steigerungsbedingungen publiziert.
Diese Bedingungen, welche B A.________ am 14. August 2006 zugestellt wurden,
sahen vor, dass das Mietverhältnis mit C A.________ dem Ersteigerer überbunden
werde.

Am für die Versteigerung vorgesehenen Tag stellte B A.________ beim
Bezirksgericht March ein schriftliches Gesuch um deren Verschiebung mit der
Begründung, C A.________ beanspruche eine feste Mietdauer bis zu ihrem
achtzigsten Geburtstag; dieser Mietvertrag sei ohne seine Zustimmung erfolgt.
Der Bezirksgerichtspräsident gab diesem Gesuch nicht statt. Vor Beginn der
Versteigerung las der Gemeindepräsident das Schreiben von Anna Marie Röthlin
vom 26. September 2005 vor. Der Zuschlag ging nach 139 Geboten zum Preis von
Fr. 7'110'000.00 an die "G.________ AG, Bauunternehmung H.________".

B.
Am 11. September 2006 klagte B A.________ (Kläger) beim Bezirksgericht March
gegen die übrigen Miterben (Beklagte 1-5) und die G.________ Bau AG H.________
(Beklagte 6) auf Aufhebung des Steigerungszuschlags wegen unzulässiger
Einwirkung auf das Steigerungsergebnis. Mit Urteil vom 13. Juli 2007 wies das
Bezirksgericht die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten 6 und mangels
unzulässiger Einwirkung auf das Steigerungsergebnis ab. Beide Parteien fochten
dieses Urteil beim Kantonsgericht Schwyz an. Dieses nahm an, die Beanstandung
der Steigerungsbedingungen nach vollzogener Versteigerung sei verspätet erfolgt
und verstosse gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Aus diesem Grund hätte
schon die erste Instanz auf die Klage nicht eintreten dürfen, weshalb nunmehr
auf die Berufung nicht einzutreten sei. Mit Beschluss vom 24. Dezember 2007
trat das Kantonsgericht Schwyz auf die Berufung im Sinne der Erwägungen nicht
ein und hiess die Rekurse der Beklagten bezüglich der Parteientschädigungen
teilweise gut.

C.
Der Kläger (Beschwerdeführer) erhob Beschwerde in Zivilsaschen mit den
Anträgen, der Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz vom 24. Dezember 2007 sei
aufzuheben und (die Sache) sei an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sein
Sistierungsgesuch vom 22. April 2008 wurde mit Präsidialverfügung vom 9. Mai
2008 abgewiesen.
D. Der Beklagte I A.________ (Beschwerdegegner 6) liess sich nicht vernehmen.
Die übrigen Beklagten (Beschwerdegegner 1 - 5) und das Kantonsgericht
schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 72 Abs.
1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Beim Streit um die Anfechtung von
freiwilligen Versteigerungen handelt es sich um eine vermögensrechtliche
Zivilrechtsstreitigkeit, welche der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt, wenn
der Streitwert wenigstens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Da
die Klage vorliegend nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme geht, setzt
das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). Das
Kantonsgerichts schätzte den Streitwert auf Fr. 1 Mio, wobei es auf die
Differenz des tatsächlichen zum möglichen höheren Zuschlagspreis bei einer
Wiederholung der Versteigerung abstellte. Der Beschwerdeführer vertritt den
Standpunkt, da diese Differenz nicht feststellbar und von ihm nicht konkret
behauptet worden sei, komme für die Bemessung des Streitwerts am ehesten der
Baranzahlungsbetrag von Fr. 20'000.-- in Betracht, welcher den Kosten für die
Wiederholung der Versteigerung entspreche. Demnach sei von einem Streitwert von
rund Fr. 20'000.--, eventualiter Fr. 30'000.-- auszugehen.

1.2 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Der Streitwert entspricht
dem Interesse der Parteien an der verlangten erneuten Versteigerung bzw. an
deren Vermeidung. Dabei sind nicht nur die Kosten der Wiederholung der
Versteigerung, sondern auch ein möglicher Mehr- oder Mindererlös bei einer
zweiten Versteigerung und allfällige Schadenersatzansprüche des bisherigen
Erwerbers zu berücksichtigen. Die von der Vorinstanz auf Fr. 1'000'000.--
vorgenommene Streitwertschätzung ist daher nicht zu beanstanden. Der
erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- ist damit klar erreicht.

2.
2.1 Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1
BGG). Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist
(Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich der Beschwerdeführer grundsätzlich nicht
darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen,
sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Anträge auf Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge
genügen grundsätzlich nicht und machen die Beschwerde unzulässig. Ein blosser
Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im Falle
der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die
erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 134 III
379 E. 1.3; 132 III 186 E. 1.2; 130 III 136 E. 1.2; 125 III 412 E. 1b S. 414).

2.2 Seinen Rückweisungsantrag begründet der Beschwerdeführer damit, dass ihm
und den Beschwerdegegnern bei einem Entscheid in der Sache eine kantonale
Instanz mit voller Kognition verwehrt bleibe.

Der Beschwerdeführer selbst anerkennt freilich, dass der angefochtene Entscheid
inhaltlich einer Klageabweisung gleichkommt, da die Vorinstanz den geltend
gemachten Anspruch bestandesmässig beurteilt hat und damit nach seinem Gehalt
ein Sachurteil vorliegt. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Vorinstanz im
Dispositiv auf die kantonale Berufung "im Sinne der Erwägungen" nicht eintrat,
anstatt sie abzuweisen (BGE 115 II 187 E. 3b; bestätigt in: Urteil 4C.82/2006
vom 27. Juni 2006 E. 3.3). Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz materiell
entschieden, weshalb dem Beschwerdeführer bei einem direkten Entscheid durch
das Bundesgericht der Instanzenzug nicht verkürzt würde.

Dass dem Bundesgericht zum Entscheid in der Sache erforderliche
Sachverhaltsfeststellungen fehlen, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist
auch nicht ersichtlich, zumal er selber ausführt, der Sachverhalt sei an sich
weitgehend unbestritten. Damit sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit
eines blossen Rückweisungsantrags nicht gegeben, weshalb auf die Beschwerde
mangels eines genügenden Antrags nicht einzutreten ist.

2.3 Im Übrigen wäre die Beschwerde unbegründet. Darin macht der
Beschwerdeführer geltend, er habe sein erst am Tag der Versteigerung gestelltes
Gesuch um deren Verschiebung wieder zurückgezogen, nachdem ihm das
Bezirksgericht mitgeteilt hatte, dass eine kurzfristige Verschiebung nicht mehr
möglich sei. Danach hat er an der Versteigerung als am Kauf der Liegenschaft
interessierter Bieter teilgenommen (vgl. BB 8) und sich damit in Kenntnis der
bloss mündlichen Bekanntgabe der gültigen Steigerungsbedingungen auf das
Verfahren eingelassen. Unter diesen Umständen stellt seine nachträgliche
Berufung auf die fehlende schriftliche Publikation der Anpassung der
Steigerungsbedingungen ein widersprüchliches Verhalten und einen Verstoss gegen
Treu und Glauben dar. Das Kantonsgericht hat damit kein Bundesrecht verletzt,
wenn es annahm, der Beschwerdeführer habe sein Klagerecht verwirkt, zumal
Verfahrensmängel nach Treu und Glauben so früh wie möglich geltend zu machen
sind (vgl. BGE 125 V 373 E. 2b; 132 II 485 E. 4.3 S. 496 f.; 134 I 20 E.
4.3.1).

3.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang
des Verfahrens wird der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der Gerichtskosten
wird berücksichtigt, dass der Aufwand relativ gering ausgefallen ist (Art. 65
Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer hat zudem die anwaltlich vertretenen
Beschwerdegegner zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Da der Beschwerdegegner
6 nicht anwaltlich vertreten ist und sich in der Sache nicht vernehmen liess,
hat er keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner 1 - 4 mit insgesamt Fr. 5'000.--
und die Beschwerdegegnerin 5 mit Fr. 5'000.-- für das bundesgerichtliche
Verfahren zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. September 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer