Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.566/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_566/2008

Urteil vom 7. April 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Leemann.

Parteien
X.________ KG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Roger Staub und Marcel Bircher,

gegen

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE),
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Definitive Schutzverweigerung einer
internationalen Markeneintragung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom
27. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Die internationale Marke IR Nr. 858'788, eine auf eine deutsche Basiseintragung
gestützte Abfolge von sieben Tönen, wird von der X.________ KG
(Beschwerdeführerin) unter anderem auch für das Gebiet der Schweiz beansprucht.
Die Eintragung der Marke wurde dem Eidgenössischen Institut für Geistiges
Eigentum (IGE; Beschwerdegegner) am 15. September 2005 mitgeteilt. Die Marke
ist für die Waren "Confiserie, chocolat et produits de chocolat, pâtisserie" in
Klasse 30 registriert und im internationalen Register wie folgt wiedergegeben:

B.
B.a Mit "Notification de refus provisoire total (sur motifs absolus)" vom 15.
September 2006 verweigerte das IGE der Marke den Schutz für das Gebiet der
Schweiz. Zur Begründung führte es aus, dass Hörmarken ohne Text der
Unterscheidungskraft grundsätzlich entbehrten, da darin beim ersten Hören kein
Bezug zu einem Unternehmen wahrgenommen werde, sondern man sich musikalische
Untermalung aus der Werbung vielmehr gewohnt sei.
Mit Verfügung vom 11. Dezember 2007 verweigerte das IGE der Marke den Schutz in
der Schweiz definitiv.
B.b Mit Urteil vom 27. Oktober 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht eine von
der Beschwerdeführerin gegen die Verfügung des IGE vom 11. Dezember 2007
erhobene Beschwerde ab und bestätigte den angefochtenen Entscheid.
Das Bundesverwaltungsgericht begründete seinen Entscheid damit, dass die
Unterscheidungskraft von Hörzeichen zwar nicht allein aufgrund der Verwendung
oder Nichtverwendung sprachlicher Elemente beurteilt werden könne, dass das
fragliche Zeichen jedoch Gemeingut sei, da es bei den angesprochenen
Abnehmerkreisen als Dekoration und Stimmungsmache wahrgenommen werde und weder
in der Erinnerung haften bleibe noch zur Unterscheidung der damit versehenen
Ware diene.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2008
sei aufzuheben und das IGE sei anzuweisen, der internationalen Registrierung
Nr. 858'788 den Schutz in der Schweiz für sämtliche beanspruchten Waren zu
erteilen.
Das IGE schliesst in seiner Antwort auf Abweisung der Beschwerde. Die
Vorinstanz beantragt in ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde sei abzuweisen,
soweit darauf einzutreten sei.

D.
Mit Präsidialverfügung vom 23. Dezember 2008 wurde der Beschwerde aufschiebende
Wirkung erteilt.

Erwägungen:

1.
In der vorliegenden Registersache ist nach Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG
die Beschwerde in Zivilsachen das zulässige Rechtsmittel. Als Vorinstanz hat
das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der Entscheid
erging nicht im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (Art. 73 BGG). Die
Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren vor der Vorinstanz teilweise
unterlegen und damit formell zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. a
BGG). Da sie den gewünschten Markenschutz für ihr Zeichen nicht erhalten hat,
ist sie auch materiell beschwert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Der angefochtene
Entscheid schliesst das Verfahren betreffend die internationale Registrierung
Nr. 858'788 ab und stellt demnach einen Endentscheid dar (Art. 90 BGG). Die
Beschwerdefrist von 30 Tagen (Art. 100 Abs. 1 BGG) wurde eingehalten. Der für
die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert ist erreicht (Art. 74
Abs. 1 lit. b BGG; BGE 133 III 490 E. 3). Auf die Beschwerde ist demnach
einzutreten, soweit zulässige Rügen (Art. 95 BGG) erhoben und rechtsgenügend
begründet (Art. 42 und Art. 106 BGG) sind.

2.
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, sie habe die Hörmarke IR Nr.
858'788, die durchaus unterscheidungskräftig sei, bundesrechtswidrig als
Gemeingut qualifiziert.

2.1 Während das IGE Melodien ohne Text die originäre Unterscheidungskraft
abspricht, findet nach Ansicht der Vorinstanz eine grundsätzliche Ablehnung
nichtsprachlicher Hörmarken ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
in den Gewohnheiten des täglichen Zeichengebrauchs keine Stütze. Für die
Prüfung der Unterscheidungskraft sei vielmehr die Art der Waren und
Dienstleistungen zu berücksichtigen, für welche die Marke beansprucht werde;
insbesondere sei zu prüfen, ob dekorative Untermalungen und beschreibende
akustische Hinweissignale bei solchen Waren oder Dienstleistungen üblich oder
vernünftigerweise zu erwarten seien. Auch wenn musikalische Untermalung im
Bereich der Zuckerbackwaren in der Werbung verbreitet sei, müsse der
Beschwerdeführerin zugute gehalten werden, dass "confiserie, chocolat et
produits de chocolat, pâtisserie" häufig in Schachteln oder Dosen angeboten
würden. Solche Verpackungen könnten, so die Vorinstanz weiter, "das für Augen
und Nase bisweilen verführerisch präsentierte Sortiment mit Hilfe eines
Klanggenerators akustisch begleiten"; die strittige Marke wäre zu einem solchen
Gebrauch grundsätzlich geeignet, weshalb die Beurteilung nicht allein auf den
Gebrauch in der Werbung beschränkt erfolgen dürfe, wie dies das IGE getan habe.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft sei auch zu berücksichtigen, ob
die Hörmarke einen erkennbaren Sinngehalt aufweise, wobei ein solcher im zu
beurteilenden Fall nicht vorliege. Zur Unterscheidungskraft solcher Zeichen
ohne Sinngehalt hätten Lehre und Rechtsprechung detaillierte Regeln entwickelt,
und zwar vor allem mit Bezug auf sogenannte Elementar- oder Primitivzeichen
einerseits sowie für Formmarken andererseits. Wie bei verbalen Kennzeichen
vermöge das Publikum in der Regel auch bei Klangfolgen leicht zwischen blossen
Untermalungen und als Signal verstandenen Hörzeichen zu unterscheiden. Es
brauche eine unterscheidungskräftige Melodie nicht aktiv singen und in der
Erinnerung wiederholen zu können, um sie wiederzuerkennen; stattdessen genüge
es, dass es sich an sie erinnere, wenn es sie höre. Einfache Melodien bedürften
dafür jedoch, wie andere Zeichen ohne Sinngehalt, ungebräuchlicher und
charakteristischer Merkmale, um beim erneuten Hören ein Wiedererinnern zu
ermöglichen und als Hörmarke geschützt werden zu können.
Die Vorinstanz erwog weiter, dass es sich bei der zu prüfenden Marke um eine
verhältnismässig kurze, trochäisch rhythmisierte Abfolge der ersten vier Töne
einer Fis-Dur-Tonleiter handle. Ausgehend vom Grundton "Fis" werde je einmal
die Quarte, die Terz und schliesslich die Sekunde gespielt. Dazwischen, ausser
von der Quarte zur Terz, werde stets der Grundton "Fis" wiederholt, der in den
sieben Tönen viermal erklinge. Die absteigende Tonleiter von der vierten zur
zweiten Stufe führe ebenfalls geradewegs auf diesen Grundton zu und bewahre
damit die Grundtonart in einfachster Weise. Die Tonfolge werde eher als
Umspielung oder banale Verzierung des Grundtons "Fis" denn als Melodie
wahrgenommen. Da sie weder eine Tonarten-Modulation noch eine in anderer
Hinsicht auffällige oder unerwartete Entwicklung enthalte, die die Erinnerung
besonders prägen könnte, andere Stimmen, Instrumentierungs- und Dynamikangaben
fehlten und die im Notenbild verwendeten Phrasierungszeichen (Punkte auf den
Viertelnoten, Keile auf den Schlussnoten) nur anzeigten, dass die
entsprechenden Noten kurz gespielt werden, was im Verkaufsumfeld von
Confiserie, Schokolade und Patisserie kaum auffalle, werde diese Marke bei den
angesprochenen Abnehmerkreisen als Dekoration und Stimmungsmache wahrgenommen
und weder in der Erinnerung haften bleiben noch zur Unterscheidung der damit
versehenen Waren dienen. Die Marke sei deshalb Gemeingut.

2.2 Die Beschwerdeführerin bringt hiergegen vor, die vorinstanzliche Einordnung
des Zeichens beruhe auf einer Melodienanalyse, die nicht anhand markenrechtlich
relevanter, sondern allenfalls urheberrechtlicher Kriterien vorgenommen worden
sei. Die Vorinstanz verkenne damit das Wesen von Hörmarken. Derartige Sound
Logos seien das Pendant zum visuellen Logo und zeichneten sich durch eine
kurze, markante Tonfolge oder eine Sequenz von Geräuschen aus, die überwiegend
am Beginn oder am Ende eines Werbespots zu finden sei. Um kennzeichenmässig
wirksam zu sein, müsse ein solches Sound Logo insbesondere einprägsam sein, was
dadurch erreicht werde, dass es so einfach wie möglich aufgebaut sei. Es gehe
bei Hörmarken eben gerade nicht darum, eine im urheberrechtlichen Sinne
individuelle Prägung der Melodie zu schaffen, sondern die Melodie müsse
vielmehr eingängig sein, damit sie ihren kennzeichenmässigen Zweck erfüllen
könne. Die Erfahrung zeige, dass es sich das Publikum heute gewohnt sei, dass
kurze, einprägsame Tonfolgen von Unternehmen im Zusammenhang mit Produkten als
Herkunftshinweis und damit markenmässig verwendet würden. Entgegen der Ansicht
der Vorinstanz liessen sich überdies Hörmarken ohne bestimmten Sinngehalt
(insbesondere Melodien ohne Wortelemente) nicht einfach mit Elementar- und
Primitivzeichen bzw. Formmarken gleichsetzen. Schliesslich wirft die
Beschwerdeführerin der Vorinstanz ein zu enges Markengebrauchsverständnis vor.
Da es sich bei der Hörmarke IR Nr. 858'788 um eine kurze, gleichwohl markante
Tonfolge handle, die unverwechselbar und einprägsam sei, hätte die
Schutzfähigkeit nach Ansicht der Beschwerdeführerin bejaht werden müssen.

2.3 Das IGE macht demgegenüber geltend, der Prüfungsgrundsatz des Instituts sei
gestützt auf den Erfahrungssatz entwickelt worden, nach welchem das Publikum
anders als bei Wörtern und Bildern grundsätzlich nicht gewohnt sei, eine
Melodie ohne sprachliche Untermalung als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen
wahrzunehmen. Das Bundesgericht habe den analogen Erfahrungssatz für
Warenformen in BGE 134 III 547 E. 2.3.4 bestätigt. In Analogie zu den
Warenformen würden Melodien ohne Wortelemente beim unbefangenen erstmaligen
Zuhören nicht als Hinweise auf die betriebliche Herkunft von Produkten
aufgefasst, weil sie ebenfalls in erster Linie funktional oder ästhetisch
wahrgenommen würden und primär andere Funktionen (emotionale
Kommunikationsmittel, Aufmerksamkeitserreger, Warnsignale oder einfache
Unterhaltung) erfüllten. In Anbetracht der grossen Melodienvielfalt auf dem
Markt werde der Abnehmer beim erstmaligen Hören einer Melodie keinen
betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Nach Ansicht des IGE werde der
Abnehmer erst durch mehrfaches Hören der gleichen Melodie im Zusammenhang mit
einem bestimmten Produkt möglicherweise den direkten Bezug zwischen dem Klang
und der betrieblichen Herkunft der Produkte herstellen, was im Rahmen der
Verkehrsdurchsetzung glaubhaft gemacht werden könne. Das Publikum sei sich
gewohnt, in einer Tonabfolge von sieben Tönen wie dem strittigen Zeichen
Hintergrundmusik oder ein reines Aufmerksamkeitssignal zu erkennen, weshalb es
an der originären Unterscheidungskraft fehle.

2.4 Nach der Legaldefinition von Art. 1 Abs. 1 MSchG (SR 232.11) ist die Marke
ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zwar erwähnt Art. 1 Abs. 2
MSchG, wonach als Marken "insbesondere Wörter, Buchstaben, Zahlen, bildliche
Darstellungen, dreidimensionale Formen oder Verbindungen solcher Elemente
untereinander oder mit Farben" in Frage kommen, nur visuell wahrnehmbare
Zeichen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine abschliessende
Aufzählung zulässiger Markenformen. Die Bestimmung schliesst daher Zeichen, die
als solche nicht mit dem Auge wahrnehmbar sind, sondern etwa nur über das
Gehör, nicht vom Markenschutz aus (vgl. bereits die Botschaft zu einem
Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben vom 21. November
1990, BBl 1991 19 f.). Akustische Zeichen sind zudem nicht von Grund auf
ungeeignet, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen
anderer Unternehmen zu unterscheiden. Wie die Vorinstanz unter Berufung auf die
herrschende Lehre zutreffend darlegt und zwischen den Parteien unbestritten
ist, weist auch ein visuell nicht wahrnehmbares akustisches Zeichen die
Begriffsmerkmale einer Marke nach Art. 1 MSchG auf (EUGEN MARBACH, in: von
Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht
[SIWR], Bd. III, Kennzeichenrecht, 1996, S. 21; LUCAS DAVID, Lexikon des
Immaterialgüterrechts, SIWR, Bd. I/3, 2005, S. 190; Christoph Willi,
Markenschutzgesetz, 2002, N. 27 zu Art. 1 MSchG; Ivan Cherpillod, Le droit
suisse des marques, 2007, S. 60 f.; Kamen Troller, Grundzüge des
schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2. Aufl. 2005, S. 66 f.; Roland von
Büren und andere, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. 2008, Rz.
564; Joachim Novak, Die Darstellung von besonderen Markenformen, 2007, S. 60;
vgl. auch Urteil des EuGH vom 27. November 2003 C-283/01 Shield Mark BV,
Randnrn. 34 ff.; Urteil des EuGH vom 12. Dezember 2002 C-273/00 Ralf Sieckmann,
Randnr. 45).
Die akustische Marke IR Nr. 858'788 der Beschwerdeführerin lässt sich überdies
in Notenschrift niederschreiben und ist im internationalen Register als ein in
Takte gegliedertes Notensystem mit Notenschlüssel, Noten-, Pausen- und
Phrasierungszeichen hinterlegt. Die zu beurteilende Tonfolge ist damit
Gegenstand einer registerrechtlich gebotenen klaren und verständlichen
graphischen Darstellung (vgl. Art. 10 Abs. 1 MSchV [SR 232.111]; MARBACH,
a.a.O., S. 16). Ob und unter welchen Voraussetzungen auch Hörzeichen dem
Markenschutz zugänglich sind, die nicht in einer Melodie bestehen und sich
daher nicht in Notenschrift darstellen lassen (wie das etwa bei Geräuschen der
Fall ist), steht hier nicht zur Diskussion.

2.5 Im Zentrum des vorliegenden Verfahrens steht die Frage, ob die Vorinstanz
der akustischen Marke IR Nr. 858'788 zu Recht aufgrund fehlender konkreter
Unterscheidungskraft (Art. 2 lit. a MSchG) die Schutzfähigkeit abgesprochen
hat.
2.5.1 Sowohl Deutschland als auch die Schweiz sind Vertragsstaaten des Madrider
Abkommens über die internationale Registrierung von Marken (MMA; SR
0.232.112.3; revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967). Beide Staaten sind auch
dem Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale
Registrierung von Marken (MMP; SR 0.232.112.4) beigetreten. Sowohl Art. 5 Abs.
1 MMA als auch Art. 5 Abs. 1 MMP verweisen bezüglich der zulässigen Gründe für
eine Schutzverweigerung auf die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des
gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (PVÜ; SR
0.232.04). Nach Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 und 3 PVÜ ist eine
Schutzverweigerung unter anderem in Fällen statthaft, in denen die Marke jeder
Unterscheidungskraft entbehrt bzw. als Gemeingut anzusehen ist. Diese
zwischenstaatliche Regelung entspricht den in Art. 2 MSchG vorgesehenen
Ablehnungsgründen, wonach namentlich Zeichen, die zum Gemeingut gehören (lit.
a), vom Markenschutz ausgeschlossen sind (BGE 128 III 454 E. 2 S. 457 mit
Hinweisen).
2.5.2 Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, ist eine Schutzverweigerung
allein aus dem Grund, dass ein akustisches Zeichen keine sprachlichen Elemente
aufweist, nicht haltbar. Entgegen der Ansicht des IGE (vgl. die Richtlinien in
Markensachen des IGE vom 1. Juli 2008, S. 96) schliesst der Umstand, dass Musik
in der Werbung häufig eingesetzt wird, die Unterscheidungskraft einer kurzen
Melodie ohne Wortelemente nicht ohne Weiteres aus. Es ist nicht von der Hand zu
weisen, dass nichtsprachliche akustische Signale immer häufiger zur
Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden, sei es
unmittelbar produktbezogen (wie etwa bei Computern bzw. Computerprogrammen und
anderen Elektronikgeräten), sei es in der Radio-, Fernseh- und Internetwerbung
(vgl. CHERPILLOD, a.a.O., S. 65; LEONZ MEYER, Urheber- und markenrechtliche
Überlegungen zum Klingelton, medialex 3/2003 S. 154; IVO LEWALTER, Akustische
Marken, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht [GRUR] 2006 S. 546; ROMAN A.
BECKER, Kennzeichenschutz der Hörmarke, Wettbewerb in Recht und Praxis [WRP] 1/
2000 S. 57). Im Fernsehen und im Radio kommen akustische Zeichen neben der
Werbung häufig zum Einsatz, um einzelne Sender oder Sendungsformate zu
identifizieren (STEPHAN BAHNER, Der Schutz akustischer Marken nach dem
deutschen Markengesetz und der europäischen Gemeinschaftsmarkenverordnung,
Berlin 2005, S. 33; KARL-HEINZ FEZER, Markenrecht, 3. Aufl., München 2001, N.
272a zu § 3 MarkenG). Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass das
Publikum wie bei verbalen Kennzeichen in der Regel auch bei Tonfolgen leicht
zwischen blossen musikalischen Untermalungen und als Signal verstandenen
Hörzeichen zu unterscheiden vermag.
Dabei ist zu beachten, dass auch der Gebrauch in der Werbung als
kennzeichenmässiger Gebrauch gilt (vgl. Art. 13 Abs. 2 lit. e MSchG; WILLI,
a.a.O., N. 13 zu Art. 13 MSchG). Ein kurzes, in sich geschlossenes
musikalisches Thema kann vom Abnehmer durchaus auch beim erstmaligen Hören als
betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden und ist damit grundsätzlich
geeignet, Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden (CHERPILLOD, a.a.O., S.
64 f.). Dies setzt voraus, dass das akustische Zeichen verkehrsüblich
eingesetzt wird, typischerweise zu Beginn oder am Ende eines Werbespots. Wie
Wort- und Bildmarken nicht als Kennzeichnungsmittel erkannt werden, wenn sie an
wenig sichtbarer Stelle auf der Unter- oder Rückseite der Verpackung angebracht
oder im Kleingedruckten der warenbeschreibenden Angaben unauffällig aufgedruckt
sind (vgl. WILLI, a.a.O., N. 18 zu Art. 11 MSchG), müssen auch Hörmarken dem
Präsentationsumfeld elektronischer Medien entsprechend verwendet werden, um in
der Werbung ohne weitere Gedankenarbeit als kennzeichnender Hinweis
wahrgenommen zu werden. Dies beschlägt jedoch das Erfordernis des
markenmässigen Gebrauchs des Zeichens (vgl. Art. 11 MSchG), das für sämtliche
Markenformen gilt. Entscheidend ist, dass auch das Hörzeichen - sofern richtig
eingesetzt - geeignet ist, als Herkunftszeichen erkannt zu werden. Der Umstand,
dass die Verwendungsmöglichkeiten von Hörmarken im Vergleich zu visuell
wahrnehmbaren Marken wesentlich eingeschränkt sind, darf jedoch nicht zu
strengeren Anforderungen an die Beurteilung der Unterscheidungskraft führen.
2.5.3 Damit eine akustische Marke ihre Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion
erfüllen kann, ist nicht erforderlich, dass sie von den angesprochenen
Abnehmern eindeutig wiedergegeben werden kann (vgl. PAUL STRÖBELE/FRANZ HACKER/
IRMGARD KIRSCHNECK, Markengesetz, 8. Aufl., Köln/Berlin/München 2006, § 8 N.
171). Vielmehr genügt es, dass die angesprochenen Verbraucher diese
wiedererkennen können. Dies ist bei einer Tonfolge umso eher der Fall, wenn es
sich dabei um eine kurze, eingängige und gut einprägsame Melodie handelt.
Musikalischen Zeichen, die für das menschliche Gehör besonders melodisch
klingen und damit leichter zu merken sind, kommt tendenziell höhere
Kennzeichnungskraft zu. Stimmt die vom Zuhörer antizipierte Fortsetzung der
Tonfolge mit dem später Gehörten dagegen nicht überein, empfindet sie der
Adressat also nicht als melodisch, so ist das Zeichen auch weniger eingängig
und einprägsam. Die entscheidende Eingängigkeit und Einprägsamkeit liegt eher
bei solchen Zeichen vor, die eine verhältnismässig einfache Struktur haben und
sich an den Regeln einfacher Unterhaltungsmusik orientieren. Damit ist am
ehesten gewährleistet, dass das musikalische Motiv von einer Vielzahl von
Verbrauchern nachvollzogen und memoriert werden kann, auch wenn sie musikalisch
unerfahren sind (vgl. BAHNER, a.a.O., S. 238 f.; BECKER, a.a.O., S. 66; vgl.
auch PAUL STRÖBELE, Die Eintragungsfähigkeit neuer Markenformen, GRUR 1999 S.
1045, wonach bei einfachsten Lautfolgen keine hohen künstlerischen oder
ästhetischen Anforderungen gestellt werden dürfen, damit sie das Mindestmass
der Unterscheidungskraft erfüllen). Dies verkennt die Vorinstanz, wenn sie
einem Zeichen ohne Sinngehalt die Kennzeichnungskraft nur unter der
Voraussetzung zusprechen will, dass dieses ungebräuchliche und
charakteristische Merkmale aufweist bzw. eine auffällige oder unerwartete
Entwicklung (etwa in Form einer Tonarten-Modulation) enthält.
Zu beachten ist ausserdem, dass nach ständiger Rechtsprechung die
Schutzunfähigkeit einer registrierten Marke im Zivilprozess widerklage- oder
einredeweise geltend gemacht werden kann (BGE 130 III 328 E. E. 3.2 S. 332; 128
III 447 E. 1.4 S. 450; 124 III 277 E. 3c S. 286; je mit Hinweisen). Daraus
folgt, dass das IGE in Zweifelsfällen eine Marke einzutragen und die endgültige
Entscheidung dem Zivilrichter zu überlassen hat (BGE 130 III 328 E. 3.2 S. 332;
103 Ib 268 E. 3b S. 275; vgl. auch BGE 129 III 225 E. 5.3 S. 229).
2.5.4 Wie bei Buchstabenkombinationen bzw. Wortmarken sind bei Tonfolgen, auch
wenn sie sich auf eine geringe Anzahl von Tönen beschränken, verschiedenste
Kombinationen denkbar, die sich über die Höhe und die Dauer der gespielten Töne
voneinander unterscheiden. Eine grundsätzlich unterschiedliche Behandlung von
Wort- und Klangmarken hinsichtlich ihres Gemeingutcharakters ist unter diesem
Gesichtspunkt nicht angezeigt und der Vergleich der Vorinstanz mit Elementar-
oder Primitivzeichen verfängt nicht, zumal es sich beim strittigen Zeichen
nicht etwa um einen einzelnen Ton oder einen einfachen Dreiklang handelt.
Ebenso wenig stichhaltig ist ein Rückgriff auf die von Rechtsprechung und Lehre
entwickelten Regeln zur Unterscheidungskraft von Formmarken. Dreidimensionale
Marken, die in der Form der gekennzeichneten Ware selbst bestehen, weisen
notwendigerweise eine unmittelbare Beziehung zur Ware auf, weshalb sie sich von
der als rein funktional beurteilten Form durch ihre Eigenheiten abzuheben
haben, um als Unterscheidungsmerkmal zu dienen (vgl. BGE 134 III 547 E. 2.3.4
S. 553; 133 III 342 E. 3.1 S. 345; 120 II 307 E. 3b S. 310). Demgegenüber
besteht eine vergleichbare Nähe zur Ware bei Melodien nicht. Entsprechend kann
von einem akustischen Zeichen nicht wie bei einer Formmarke verlangt werden,
dass es sich vom Gewohnten und Erwarteten abhebt. Vielmehr ist im Einzelfall zu
beurteilen, ob das Zeichen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren
dem Gemeingut (Art. 2 lit. a MSchG) zuzuordnen ist.
2.5.5 Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bestimmt sich die Frage, ob ein
Zeichen infolge Fehlens jeglicher Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft zum
Gemeingut gehört, vorwiegend nach dem Kriterium des beschreibenden Charakters
des Zeichens. Nicht kennzeichnungskräftig sind demnach insbesondere
Sachbezeichnungen und Hinweise auf Eigenschaften wie bespielsweise die
Beschaffenheit, Bestimmung oder Wirkung der Waren oder Dienstleistungen, sofern
solche Hinweise vom angesprochenen Publikum ohne besondere Denkarbeit und ohne
Fantasieaufwand verstanden werden und sich nicht in blossen Anspielungen
erschöpfen (BGE 131 III 495 E. 5 S. 503; 129 III 514 E. 4.1 S. 524 f.; 128 III
454 E. 2.1 S. 457 f.).
Wie bei Wort- und Bildmarken ist auch bei einer Hörmarke, die aus einer Melodie
besteht, denkbar, dass diese einen Sinngehalt aufweist, der im Zusammenhang mit
bestimmten Waren zu einem absoluten Ausschlussgrund nach Art. 2 lit. a MSchG
führen kann. Dies dürfte einerseits bei Liedmelodien vorkommen, deren Text
allgemein bekannt ist; andererseits ist auch nicht auszuschliessen, dass sich
ein Sinngehalt aus einer Melodie selbst ergibt, sofern sie eine bestimmte
Gedankenverbindung hervorzurufen vermag. Bei allgemein bekannten Kompositionen
könnte die Unterscheidungskraft je nach Bezug zu den beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen fraglich sein, weil die massgebenden Verkehrskreise sie
womöglich weniger als Identifikationsmittel, sondern als beschreibenden Zusatz
auffassen. Als Gemeingut vom Markenschutz ausgeschlossen wäre etwa die Melodie
eines bekannten Weihnachtsliedes für Christbaumschmuck. Ähnlich einer
beschreibenden Wortmarke riefe ein solches Zeichen beim Durchschnittsabnehmer
unweigerlich eine Gedankenverbindung mit Weihnachten hervor und würde wegen des
direkten Bezugs zur Ware nicht als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft
aufgefasst (vgl. BAHNER, a.a.O., S. 151). Bei Werken mit überragendem
Bekanntheitsgrad dürfte es zudem meist an der Unterscheidungskraft fehlen, da
diese häufig allgemein gebräuchliche Werbemotive darstellen, mit denen nach
Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise lediglich der Kaufanreiz gefördert
oder die Aufmerksamkeit des Publikums erregt werden soll (vgl. BAHNER, a.a.O.,
S. 155).
Soweit es sich beim Zeichen demgegenüber um eine eingängige und einprägsame
Melodie ohne bestimmten Sinngehalt handelt, die neu komponiert wurde, wird die
konkrete Unterscheidungskraft selten zu verneinen sein (vgl. BAHNER, a.a.O., S.
151).
2.5.6 Bei der strittigen Marke handelt es sich um eine verhältnismässig kurze
Melodie in Fis-Dur mit sieben Tönen auf Basis eines 6/8-Taktes, die mit dem
Grundton "Fis" beginnt und mit einem Oktavsprung endet. Dazwischen wird einmal
die Quarte, die Terz und die Sekunde gespielt sowie der Grundton "Fis" zweimal
wiederholt. Die Tonfolge, die von der Grundtonart nicht abweicht, erscheint als
einfache Melodie, mit der auch das musikalisch ungeschulte Ohr leicht vertraut
wird, und die weder allgemein noch den Abnehmern von Confiserie, Schokolade und
Patisserie bekannt ist. Als solche ist sie eingängig und für den
durchschnittlichen Verbraucher derartiger Waren, dem keine besonderen
musikalischen Vorkenntnisse unterstellt werden können, einprägsam. Im
Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ("Confiserie, chocolat et produits de
chocolat, pâtisserie") ist kein Sinngehalt der Melodie erkennbar, der zu einem
Ausschlussgrund führen könnte. Aufgrund der einfachen Struktur sowie der Kürze
des Motivs dürfte sie von den massgeblichen Verkehrskreisen im Kontext der
Werbung kaum als musikalische Untermalung, sondern - sofern richtig eingesetzt
- durchaus als Herkunftshinweis wahrgenommen werden.
2.5.7 Zusammenfassend ergibt sich, dass das Zeichen IR Nr. 858'788 für die
beanspruchten Waren ("Confiserie, chocolat et produits de chocolat,
pâtisserie") unterscheidungskräftig ist, weshalb es nicht als Gemeingut vom
Markenschutz ausgeschlossen werden kann (Art. 2 lit. a MSchG). Die Vorinstanz
hat der internationalen Marke die Schutzfähigkeit daher zu Unrecht verweigert.

3.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2008 ist in
Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und das IGE anzuweisen, der
internationalen Registrierung Nr. 858'788 den Schutz in der Schweiz für die in
Klasse 30 beanspruchten Waren "Confiserie, chocolat et produits de chocolat,
pâtisserie" zu erteilen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdegegner
entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 2 BGG). Gerichtskosten werden keine
erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
27. Oktober 2008 wird aufgehoben und das Eidgenössische Institut für Geistiges
Eigentum wird angewiesen, der internationalen Registrierung Nr. 858'788 den
Schutz in der Schweiz für die in Klasse 30 beanspruchten Waren "Confiserie,
chocolat et produits de chocolat, pâtisserie" zu erteilen.

2.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. April 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Leemann