Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.546/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_546/2008 /len

Urteil vom 10. Februar 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Schumacher,
D.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Zimmerli,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Schenkung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als
Appellationsinstanz,
vom 22. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die Eheleute A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) behaupten, ihren
Töchtern, C.________ und D.________ (Beschwerdegegnerinnen), diverse
Gegenstände geschenkt zu haben. Da die eine Tochter ihren Vater bezichtigte,
sie sexuell missbraucht zu haben, und ihre Mutter, den Missbrauch geduldet zu
haben, und da die andere Tochter ihrer Schwester glaubte und sich von den
erhobenen Vorwürfen nicht distanzierte, verlangten die Beschwerdeführer die
Rückgabe der erwähnten Geschenke und die Aufhebung eines den
Beschwerdegegnerinnen zustehenden Wohnrechts (Art. 249 OR).

B.
Sowohl das Amtsgericht Luzern-Land als auch das Obergericht des Kantons Luzern
wiesen die Klage ab. Mit Beschwerde in Zivilsachen halten die Beschwerdeführer
an ihren im kantonalen Verfahren gestellten Begehren fest. Die
Beschwerdegegnerinnen, vertreten durch verschiedene Anwälte, schliessen in
separaten Eingaben im Wesentlichen auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde.
Auch das Obergericht beantragt dem Bundesgericht, die Beschwerde abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz hat die Klage mit mehreren selbständigen Begründungen
abgewiesen. Sie ging einerseits davon aus, die Beschwerdeführer hätten
spätestens Ende 2003 Kenntnis des Widerrufsgrundes erhalten, so dass mit dem im
Jahre 2005 behauptetermassen erfolgten Widerruf die Jahresfrist von Art. 251
Abs. 1 OR nicht eingehalten worden sei. Zudem seien die Voraussetzungen für
einen Widerruf (Art. 249 OR) nicht gegeben und die Herausgabeansprüche nicht
hinreichend substantiiert. Sofern sich der angefochtene Entscheid auf eine
dieser Begründungen stützen lässt, ist er zu schützen, ohne dass geprüft werden
muss, ob die anderen Begründungen zutreffen (BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.;
vgl. auch BGE 132 III 555 E. 3.2 S. 560).

1.1 Gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen und des Bundesverwaltungsgerichts. Dabei knüpft
der Begriff der Letztinstanzlichkeit an jenen von Art. 86 Abs. 1 OG an.
Letztinstanzlichkeit gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG bedeutet, dass der kantonale
Instanzenzug für die Rügen, die dem Bundesgericht vorgetragen werden,
ausgeschöpft sein muss (BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527 mit Hinweisen).

1.2 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Soweit sich der angefochtene Entscheid auf
Quellen des kantonalen Rechts stützt, welche nicht in Art. 95 lit. c - e BGG
genannt werden, beschränkt sich die Überprüfung durch das Bundesgericht auf die
Frage, ob die Anwendung des kantonalen Rechts zu einer Bundesrechtswidrigkeit
führt. Im Vordergrund steht dabei eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte,
insbesondere des Willkürverbots nach Art. 9 BV. Diesbezüglich wendet das
Bundesgericht das Recht nicht von Amtes wegen an (106 Abs. 2 BGG), weshalb der
Rechtsuchende gehalten ist, im Einzelnen darzulegen inwiefern die Anwendung
kantonalen Rechts offensichtlich unrichtig und damit willkürlich ist (BGE 133 I
201 E. 1 S. 203; 133 III 393 E. 6 S. 397; je mit Hinweisen; zum Begriff der
Willkür vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211 mit Hinweisen).

2.
Mit Bezug auf die Rechtzeitigkeit des Widerrufs machen die Beschwerdeführer
geltend, sie hätten zwei Zeugen angerufen, die hätten belegen können, dass die
Beschwerdegegnerinnen die Anschuldigungen noch im Jahre 2005 gegenüber Dritten
erhoben hätten, so dass die Frist offensichtlich eingehalten sei. Indem die
Vorinstanz diese Beweise nicht abgenommen habe, sei sie in Willkür verfallen.

2.1 Die Vorinstanz hat bezüglich der Rechtzeitigkeit des Widerrufs ohne Abnahme
der Beweismittel auf den erstinstanzlichen Entscheid abgestellt mit der
Begründung, die Beschwerdeführer hätten sich diesbezüglich mit dem
erstinstanzlichen Urteil nicht auseinandergesetzt, sondern einfach ihre
Vorbringen aus der Klage wiederholt, was den Anforderungen an eine
Appellationsbegründung nicht genüge.

2.2 Die Begründungsanforderungen an eine Appellation regelt grundsätzlich das
kantonale Prozessrecht. Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass sie die
beiden Zeugen bereits im kantonalen Verfahren für ihre Behauptungen angerufen
haben, was sich auch aus dem angefochtenen Entscheid ergibt. Dass sie sich in
der Appellationsbegründung hinreichend mit dem erstinstanzlichen Urteil
auseinandergesetzt haben oder die Vorinstanz die Begründungsanforderungen
überspannt, zeigen sie aber nicht auf. Da es um die Anwendung kantonalen Rechts
geht, kann das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid mangels hinreichender
Rüge insoweit nicht überprüfen. Soweit die Appellationsschrift den kantonalen
Begründungsanforderungen nicht genügt, war die Vorinstanz nicht gehalten, den
erstinstanzlichen Entscheid zu überprüfen und die beantragten Beweise
abzunehmen. Sie durfte vielmehr im Ergebnis auf den erstinstanzlichen Entscheid
abstellen. Wurde die Frage der Rechtzeitigkeit des Widerrufs vor der Vorinstanz
nicht prozesskonform zum Prozessthema gemacht, können die Beschwerdeführer
mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges vor Bundesgericht keine
Ausweitung des Beweisverfahrens verlangen. Damit erweist sich ihre Rüge als
unbegründet.

2.3 Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, sie hätten in der
Appellationsbegründung geltend gemacht, im Jahre 2005 seien neue und weitere
Anschuldigungen erfolgt. Dies habe die Vorinstanz aktenwidrig und damit
willkürlich nicht beachtet. Die Vorinstanz hält fest, die Beschwerdeführer
hätten die ihnen gegenüber erhobenen Vorwürfe spätestens Ende 2003 in ihrer
vollen Tragweite gekannt, da sie nicht geltend gemacht hätten, es seien später
neue, weitere Vorwürfe hinzugekommen. Dass die Beschwerdeführer ihre
Rückforderung auf einen anderen als den bereits Ende 2003 von den Töchtern
erhobenen Missbrauchsvorwurf gestützt hätten, legen sie nicht dar. Die
Vorinstanz hat nicht übersehen, dass die Beschwerdeführer behaupten, ihre
Töchter hätten im Jahre 2005 vor Dritten erneut Vorwürfe gegen die
Beschwerdeführer erhoben. Sie ging aber mangels abweichender Vorbringen davon
aus, es handle sich um dieselben Vorwürfe, die bereits im Jahre 2003 erhoben
worden waren. Inwiefern die Vorinstanz damit in Willkür verfallen sein soll,
legen die Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

2.4 Zusammenfassend ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz mangels
hinreichend begründeter Appellation davon ausging, die Jahresfrist ab Kenntnis
des Widerrufsgrundes sei abgelaufen, und die Klage abwies. Ob die weiteren
Begründungen, welche die Vorinstanz ebenfalls zur Klageabweisung führen,
stichhaltig sind, kann damit offen bleiben. Die Beschwerde erweist sich als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des
Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den
Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerinnen unter solidarischer
Haftbarkeit für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 6'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Februar 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak