Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.532/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_532/2008 /len

Urteil vom 12. Januar 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
W.________,
X.________,
Y.________,
Beschwerdeführerinnen,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Stach,

gegen

Z.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Landes-Gesamtarbeitsvertrag,

Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den
Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, 1. Rekurskammer,
vom 13. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Die W.________, die X.________ und die Y.________ (Beschwerdeführerinnen)
beantragten mit Klagschrift vom 14. September 2007, es sei festzustellen, dass
die Z.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) dem Bundesratsbeschluss über die
Allgemeinverbindlicherklärung des Landes-Gesamtarbeitsvertrages für das
Metallgewerbe vom 18. August 2006 (nachfolgend: L-GAV) mit Wirkung ab dem 1.
Juni 2007 unterstellt sei. Mit Urteil vom 7. Januar 2008 wies der Einzelrichter
des Bezirks Höfe die Klage ab und stellte fest, dass die Beschwerdegegnerin dem
Bundesratsbeschluss nicht unterstellt sei. Eine gegen dieses Urteil erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 13.
Oktober 2008 ab, soweit es darauf eintrat.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragen
die Beschwerdeführerinnen dem Bundesgericht, diesen Beschluss aufzuheben und
halten im Wesentlichen an ihrem vor erster Instanz gestellten Begehren fest.
Ihr Gesuch um aufschiebende Wirkung wies das Bundesgericht am 8. Dezember 2008
ab. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der
Beschwerde, und das Kantonsgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a L-GAV umfasst das Metallbaugewerbe "die
Verarbeitung von Blech und Metall zur Herstellung und/oder Montage" bestimmter
Produkte wie Sonnen- und Wetterschutzsysteme, Rollladen, Storen etc. Art. 2
Abs. 2 lit. a L-GAV war im Zuge der Revision abgeändert worden indem "die
Verarbeitung von Blech und Metall zur Herstellung und Montage" bestimmter
Produkte in "die Verarbeitung von Blech und Metall zur Herstellung und/oder
Montage" bestimmter Produkte abgewandelt wurde. Unbestritten ist, dass die
Beschwerdegegnerin auf dem Gebiet der Montage von Storen sowie von Sonnen- und
Wetterschutzsystemen tätig ist und selbst keine Storen herstellt. Dass sie
Aufhängungen selbst herstellt und dabei Metall verarbeitet, wie die
Beschwerdeführerinnen vor Bundesgericht behaupten, geht aus dem angefochtenen
Urteil nicht hervor, und die Beschwerdeführerinnen erheben diesbezüglich
keinerlei Sachverhaltsrügen, die eine Ergänzung des Sachverhalts erlauben
würden. Daher sind sie mit diesem Vorbringen nicht zu hören.

2.
Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, seit der erwähnten Änderung des
Wortlauts sei klar, dass auch der Betrieb der Beschwerdegegnerin vom L-GAV
erfasst werde. Für die Vorinstanz war demgegenüber massgebend, dass mit der
Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages dessen
Anwendungsbereich nur dort ausgeweitet werden soll, wo die von der
Allgemeinverbindlicherklärung betroffenen Betriebe in direkter Konkurrenz zu
den Arbeitgebern stehen, die den GAV geschlossen haben. Die Vorbringen der
Beschwerdeführerinnen, schon unter der alten Regelung seien 132 reine
Rollladen- und Sonnenstoren-Montage-Firmen dem Landesgesamtarbeitsvertrag für
das Metallbaugewerbe unterstellt gewesen (aktuell seien auf dem Gebiet der
Schweiz 85 % der Storenmontagebetriebe dem L-GAV für das Metallbaugewerbe
unterworfen), während es in der Schweiz nur wenige Hersteller von Storen gebe,
wies die Vorinstanz als verspätet zurück und schloss, es fehle am Nachweis des
Bestehens eines direkten Konkurrenzverhältnisses. Den Streitwert bezifferte die
Vorinstanz mit Fr. 2'000.--.

2.1 Mit Bezug auf die Festsetzung des Streitwerts beanstanden die
Beschwerdeführerinnen den angefochtenen Entscheid nicht und anerkennen, dass
der für eine Beschwerde in Zivilsachen an sich erforderliche Streitwert nicht
erreicht wird (Art. 74 Abs. 1 BGG). Sie sind aber der Auffassung, es stelle
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG), da der Gesamtarbeitsvertrag auch für neu entstehende Unternehmen aus der
betreffenden Sparte Wirkung entfalte und ein Interesse an der grundsätzlichen
Klärung der Frage bestehe, ob er auch für ein Montageunternehmen wie die
Beschwerdegegnerin gelte.

2.2 Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art.
74 Abs. 2 lit. a BGG ist sehr restriktiv auszulegen. Soweit es bei der
aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der
Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 134 III 115 E. 1.2 S. 117; 134 V
138 E. 1.3 S. 142 f.; 133 III 493 E. 1 S. 494 ff. mit Hinweisen).

2.3 Die Allgemeinverbindlicherklärung will einheitliche
Mindestarbeitsbedingungen für die auf dem gleichen Markt tätigen Unternehmen
schaffen und damit verhindern, dass ein Unternehmen durch schlechtere
Arbeitsbedingungen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil erlangen kann. Direkte
Konkurrenten sollen in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt
werden und im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich lange Spiesse erhalten. Zum
selben Wirtschaftszweig sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
Betriebe zu zählen, die zueinander insofern in einem direkten
Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse oder Dienstleistungen gleicher
Art anbieten. Dies hat das Bundesgericht in seiner neusten Rechtsprechung
bestätigt (BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f. mit Hinweisen), so dass insoweit kein
Klärungsbedarf herrscht und das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden ist.

2.4 Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid im Wesentlichen damit, die
Behauptung, zahlreiche direkte Konkurrentinnen der Beschwerdegegnerin
unterstünden dem L-GAV, sei verspätet erfolgt und daher unbeachtlich. Der
angefochtene Entscheid basiert mithin insoweit auf einem prozessualen
Versäumnis der Beschwerdeführerinnen. Er betrifft den konkreten Einzelfall und
entfaltet mit Bezug auf die von den Beschwerdeführerinnen aufgeworfene
Grundsatzfrage keine präjudizielle Wirkung (BGE 134 III 115 E. 1.2 S. 117; 134
V 138 E. 1.3 S. 142 f.; 133 III 493 E. 1 S. 494 ff. mit Hinweisen). Auf die
Beschwerde in Zivilsachen ist demnach nicht einzutreten und lediglich die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln.

3.
Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von verfassungsmässigen
Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Der Beschwerdeführer muss angeben,
welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und substantiiert darlegen,
worin die Verletzung besteht (BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 133 III 439 E. 3.2
S. 444 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann die Verletzung eines Grundrechtes
nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.1 Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, die Vorinstanz sei in
überspitzten Formalismus verfallen, indem sie ihre Ausführungen betreffend die
Beteiligung von Montagebetrieben von Storen, Rollladen sowie Sonnen- und
Wettersschutzsystemen an ihren Verbandsstrukturen aus dem Recht gewiesen habe.
Diese Behauptungen hätten die Beschwerdeführerinnen zumindest implizit bereits
in ihrer Klageschrift vorgebracht. Zudem verweisen die Beschwerdeführerinnen
auf vor erster Instanz eingereichte Schreiben, in denen die Beschwerdegegnerin
darauf hingewiesen worden sei, dass der L-GAV auf Montagebetriebe ausgeweitet
worden sei.

3.2 Die Behauptung, der L-GAV sei auf die Beschwerdegegnerin anwendbar oder auf
Betriebe von der Art der Beschwerdeführerin ausgedehnt worden, sagt entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführerinnen auch implizit nichts darüber aus,
welche Unternehmen am Abschluss des L-GAV beteiligt waren und inwiefern diese
in einem relevanten Konkurrenzverhältnis zur Beschwerdegegnerin stehen. Eine
Verletzung des aus Art. 29 Abs. 1 BV fliessenden Verbots des überspitzten
Formalismus, das sich gegen prozessuale Formstrenge wendet, die durch kein
schutzwürdiges Interesse gerechtfertigt ist und die Verwirklichung des
materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert (BGE 132 I 249 E. 5 S. 253;
128 II 139 E. 2a S. 142; je mit Hinweisen), ist nicht dargetan.

4.
Die Beschwerdeführerinnen weisen darauf hin, dass bei der Revision des
Gesamtarbeitsvertrages der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung abgeändert
worden sei von "zur Herstellung und Montage" zu "zur Herstellung und/oder
Montage". Die Beschwerdeführerinnen halten es für willkürlich, die
Beschwerdegegnerin trotz dieser expliziten Änderung vom Anwendungsbereich des
Gesamtarbeitsvertrages auszunehmen und werfen der Vorinstanz vor, den für die
Auslegung von Gesetzesbestimmungen geltenden Methodenpluralismus zu verletzen.

4.1 Die Beschwerdeführerinnen beschränken sich weitgehend darauf, der
Auffassung der Vorinstanz ihre eigene abweichende Auffassung entgegenzusetzen.
Willkür und damit eine Verletzung ihrer verfassungsmässigen Rechte (Art. 116
BGG) vermögen sie durch derartige appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid (vgl. BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen) nicht
aufzuzeigen, so dass insoweit auf ihre Vorbringen mangels hinreichender
Begründung nicht einzutreten ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134
V 138 E. 2.1 S. 143; 133 III 439 E. 3.2 S. 444 mit Hinweis).

4.2 Die Vorinstanz prüfte, ob ein direktes Konkurrenzverhältnis zu den
Mitgliedern der Beschwerdeführerinnen besteht und verneinte dies mangels
entsprechender rechtzeitiger Behauptungen der Beschwerdeführerinnen. Da auch
das Bundesgericht bei der Bestimmung des Geltungsbereichs
allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsverträge für die Frage, ob zwei Unternehmen
zum selben Wirtschaftszweig gehören, darauf abstellt, dass sie zueinander
insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse
oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten (BGE 134 III 11 E. 2.2 S. 13 f.),
ist es nicht willkürlich, die Anwendung des L-GAV zu verneinen, nachdem ein
Konkurrenzverhältnis der Beschwerdegegnerin zu den übrigen dem L-GAV
unterstellten Unternehmen nicht dargetan ist.

4.3 Überdies lassen die Beschwerdeführerinnen ausser Acht, dass auch nach dem
Wortlaut des revidierten L-GAV von diesem nur Betriebe erfasst werden, die in
der Verarbeitung von Blech und Metall zur Herstellung und/oder Montage tätig
sind. Die Beschwerdegegnerin ist zwar in der Montage der erwähnten Produkte
tätig. Ob ihre Tätigkeit aber dem Begriff der Verarbeitung von Metall und Blech
zuzuordnen ist, lässt sich jedenfalls aufgrund der Feststellungen der
Vorinstanz nicht klar bejahen. Es gelingt den Beschwerdeführerinnen nicht, den
angefochtenen Entscheid im Ergebnis als offensichtlich unhaltbar und damit
willkürlich auszuweisen (vgl. zum Begriff der Willkür BGE 134 II 124 E. 4.1 S.
133).

5.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde erweist sich als nicht stichhaltig, soweit
sie überhaupt hinreichend begründet ist. Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist
nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die
Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdegegnerin ist nicht anwaltlich vertreten und es ist ihr auch kein
besonderer Aufwand entstanden, weshalb ihr keine Parteientschädigung
zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit
Hinweis; vgl. auch BGE 125 II 518 E. 5b S. 519 f.).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

3.
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 800.-- werden den Beschwerdeführerinnen
unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, 1.
Rekurskammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Januar 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak