Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.521/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_521/2008
4A_523/2008 /len

Urteil vom 26. Februar 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Hurni.

Parteien
4A_521/2008

A.________,
Kläger und Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokatin Prof. Dr. Monika Roth,

gegen

Bank X.________,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Emch,

und

4A_523/2008

Bank X.________,
Beklagte und Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Emch,

gegen

A.________,
Kläger und Beschwerdegegner,
vertreten durch Advokatin Prof. Dr. Monika Roth.

Gegenstand
Auftrag; Sorgfaltspflicht der Bank,

Beschwerden gegen das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Bern vom 15. April 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a A.________ (Kläger) war während dreissig Jahren Kunde bei der Berner
Zweigniederlassung der heutigen Bank X.________ (Beklagte). Er unterhielt bei
der Beklagten unter anderem ein Depot, das per 31. Dezember 2000 einen
Gesamtwert von Fr. 2'106'726.-- aufwies. Im Rahmen seiner Anlagestrategie
schloss er mit der Beklagten Lombardkreditverträge ab, wovon der erste vom 25.
November 2000 datiert und über Fr. 1,2 Mio. lautet. Dieser wurde durch den
Lombardkreditvertrag vom 19. August 2001 über Fr. 1,5 Mio. abgelöst. Dem Kläger
standen jeweils feste Vorschüsse zur Verfügung; für Überzüge verwendete er sein
Kontokorrent-Konto, während das Depot gemäss Faustpfandverschreibung vom 25.
November 2000 als Sicherheit für den Kredit diente. Vom 9. August 1996 datieren
zudem die vom Kläger unterzeichneten Bedingungen für die Vermittlung von
Optionskontrakten.
Der Kläger ist Berufsmaturalehrer für Recht und Wirtschaft und als solcher ein
Anleger mit Sachkenntnis. Einen Vermögensverwaltungsauftrag hat er nicht
unterzeichnet. Er pflegte im Rahmen seiner Anlagestrategie auch derivative
Instrumente (Short-Puts oder Calls) einzusetzen, wobei er seine
Anlageentscheide stets selber traf, nachdem er sich jeweils ausführlich durch
den zuständigen Anlageberater der Bank informieren liess.
A.b Am 11. September 2001 hatte die Beklagte den Kläger darauf angesprochen,
dass sein Depot nicht mehr durch die von ihm verpfändeten Wertschriften gedeckt
sei, ohne dabei genaue Zahlen zu nennen. Am 13. September 2001 fand eine
Besprechung des Klägers mit seinem Anlageberater bei der Beklagten, B.________,
statt. Dabei ging es unter anderem darum, den dem Kläger bekannten Minussaldo
auf seinem Kontokorrent zu bereinigen. Wie am 11. September 2001 bereits
vereinbart, brachte der Kläger zur Besprechung einen Teil seiner
Lebensversicherungen mit. Am 13. und 17. September 2001 verpfändete er diese an
die Beklagte. Beide Parteien gingen davon aus, dass die Unterdeckung damit
bereinigt sei. Weiter versuchte der Kläger, mittels auf den 14. September 2001
terminierter Verkäufe von Wertschriften, den Minussaldo auf dem Kontokorrent zu
reduzieren. Da er gleichzeitig die Möglichkeit wahren wollte, an einem
allfälligen Wiederaufschwung der Börsenkurse zu partizipieren, kaufte der
Kläger am 14. September 2001 auf Hinweis von B.________ 10 Futures auf den
Swiss Market Index. Gleichentags verkaufte er 1000 Nestlé-Aktien, wodurch sich
die Short-Position Nestlé Calls im Depot jedoch plötzlich als ungedeckt erwies.
Beide Transaktionen lösten ein zusätzliches Deckungserfordernis aus.
Am 20. September 2001 teilte die Beklagte dem Kläger telefonisch mit, der
Belehnungswert der Lebensversicherungen betrage nur rund Fr. 200'000.--, ohne
den genauen Betrag der Unterdeckung zu benennen. Am 21. September 2001 fand
eine weitere Besprechung zwischen dem Kläger und B.________ statt. Der Kläger
ging zu jenem Zeitpunkt davon aus, dass das Ziel der Besprechung sei, die im
Hinblick auf seine Ferien nötigen Dispositionen zu tätigen. Demgegenüber
beabsichtigte die Beklagte, die unter anderem aufgrund fallender Kurse
eingetretene Unterdeckung von Fr. 373'000.-- mittels Verkäufen von Aktien bzw.
Glattstellung von Short-Put-Positionen zu beheben und das Depot so zu
positionieren, dass während der Ferien des Klägers keine weiteren Transaktionen
notwendig sein würden. Anlässlich der Besprechung hat die Beklagte den Kläger
auf das Deckungsproblem hingewiesen und ihm die Lösungsvarianten "light" und
"heavy" vorgestellt. Nach Aussage von B.________ musste dem Hauptsitz der
Beklagten bis am Mittag mitgeteilt werden, was man zu unternehmen gedenke,
andernfalls die Positionen glattgestellt würden. Noch am selben Tag wurden
schliesslich Wertschriften im Umfang von ca. Fr. 600'000.-- verkauft und
Short-Put-Positionen glattgestellt. Beim 21. September 2001 handelte es sich um
einen sog. freaky friday oder triple witching day (dreifacher Hexensabbat). An
solchen Tagen verfallen an den Terminbörsen gleichzeitig Optionen auf Aktien
sowie Optionen und Futures auf Indizes, was zu starker Volatilität der Kurse
führt.
Am 24. September 2001 teilte der Stellvertreter von B.________ dem Kläger
telefonisch mit, es sei noch eine weitere Unterdeckung zu bereinigen. Der
Kläger schlug vor, Short-Put-Positionen in das Depot seiner Lebenspartnerin zu
übertragen, was allerdings von der Beklagten als unrealisierbar eingeschätzt
wurde. Somit wurden am 25. September 2001 weitere Verkäufe getätigt bzw.
weitere Short-Put-Positionen eingedeckt.
Mit Schreiben vom 12. April 2002 kündigte der Kläger schliesslich die
Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten.

B.
B.a Am 4. Juni 2003 erhob der Kläger gegen die Beklagte beim Handelsgericht des
Kantons Bern Klage auf Bezahlung eines Fr. 30'000.-- übersteigenden Betrags
nebst Zins. Mit Eingabe vom 9. Januar 2006 präzisierte er den eingeklagten
Betrag mit Fr. 920'468.-- und reduzierte ihn im Schlussvortrag auf Fr.
607'739.--.
B.b Der Kläger hielt dafür, dass die Beklagte diverse Nebenpflichten,
namentlich Sorgfalts-, Treue- und Aufklärungspflichten, verletzt habe, indem
sie ihn nicht auf die seit Beginn des Jahres 2001 bestehende Unterdeckung
hingewiesen hatte. Gemäss den Feststellungen des Handelsgerichts bestand bis
zum 31. August 2001 keine bleibende Unterdeckung, die eine Schwelle von 5 %
überstieg. Eine dem Kläger nicht kommunizierte Unterdeckung von über 5 % sei
nur für die Periode vom 31. August 2001 bis 13. September 2001 nachgewiesen.
Selbst wenn interne Richtlinien der Beklagten bestünden, wonach bei einer
Unterdeckung von mehr als 5 % eine Meldung an den Kunden erfolgen müsste, könne
der Kläger daraus keine Pflichtverletzung ableiten. Diese Deckungsvorschriften
würden der Risikominimierung der Bank und nicht des Kunden dienen.
Die Beklagte habe allerdings die allgemeine Faustpfandverschreibung sowie die
Bedingungen für die Vermittlung von Optionskontrakten verletzt, indem sie am
21. September 2001 zur Behebung der Unterdeckung Wertschriften im Umfang von
ca. Fr. 600'000.-- verkauft und Short-Put-Positionen glattgestellt habe, ohne
den Kläger vorher mittels eines Margin Call zur Nachdeckung aufgefordert zu
haben.
Ziff. 5 der allgemeinen Faustpfandverschreibung vom 25. November 2001 lautet
wie folgt:
"Die Bank ist berechtigt, den Schuldner aufzufordern, zusätzliche Deckung
anzuschaffen, wenn der Wert der Pfänder sinkt oder wenn der Deckungsüberschuss
ihrer Ansicht nach nicht mehr ausreichend ist. Wenn der Schuldner dieser
Aufforderung nicht innerhalb der von der Bank angesetzten Frist Folge leistet
oder die durch das Pfandrecht gesicherte Schuld nicht wie verlangt entsprechend
abbezahlt, so werden sämtliche Forderungen der Bank gegenüber dem Schuldner von
selbst fällig, und die Bank ist berechtigt, ohne weiteres und nach ihrem freien
Ermessen die Faustpfänder freihändig zu verwerten (...).
Die Bank ist auch bei Fälligkeit ihrer Forderungen zur freihändigen Verwertung
der Pfänder berechtigt, wenn dies dem Schuldner angedroht wurde. Die Pflicht,
die Verwertung anzudrohen, entfällt im Notfall (starke Kursveränderungen usw.).
(...)."
Ziff. 3.1. der Bedingungen für die Vermittlung von Optionskontrakten vom 9.
August 1996 lautet zudem wie folgt:
"Erweist sich die Marge aufgrund aktueller Berechnung nach Ermessen der Bank
als ungenügend, so ist der Kunde verpflichtet, der Margennachforderung der Bank
sofort Folge zu leisten. Falls der Kunde der Margennachforderung nicht am
darauf folgenden Arbeitstag nachkommt, ist die Bank ohne Ansetzung einer
Nachfrist ermächtigt, aber nicht verpflichtet, die Position glattzustellen. Die
Pflicht zur Margennachforderung entfällt im Notfall (starke Kursschwankungen
etc.)."
Daraus leitete das Handelsgericht ab, dass angesichts des langjährigen
Kundenkontakts mit dem Kläger, der Tolerierung von Unterdeckungen seit anfangs
September 2001 und von Kontoüberzügen seit Monaten, sowie der Tatsache, dass
vor dem 21. September 2001 kein Margin Call erfolgt ist, gestützt auf die
Faustpfandverschreibung eine Fristansetzung von zwei bis drei Tagen und
gestützt auf die Optionskontrakte immerhin noch von einem Tag angemessen
gewesen wäre. Auf die Notfallklausel könne sich die Beklagte nicht berufen, da
objektiv kein Notfall vorgelegen habe. Da am 24. bzw. 25. September 2001, d.h.
im Zeitpunkt, in welchem die Bank frühestens eine Privatverwertung hätte
vornehmen dürfen, die Kurse für den Kläger günstiger waren als am 21. September
2001, sei dem Kläger ein Schaden von Fr. 122'933.97 entstanden. Dafür habe die
Beklagte einzustehen.

C.
Gegen das Urteil des Handelsgerichts haben sowohl der Kläger (4A_521/2008) als
auch die Beklagte (4A_523/2008) Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Kläger
beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichts sei aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Schadenersatz von Fr. 607'739.-- nebst
Zins und die Kosten für diverse Privatgutachten von Fr. 77'741.-- zu bezahlen.
Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Demgegenüber beantragt die Beklagte, das Urteil sei aufzuheben und die Klage
sei abzuweisen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Beide Parteien schliessen in ihren Vernehmlassungen je auf Abweisung der
gegnerischen Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das
Handelsgericht schliesst auf Abweisung beider Beschwerden.
Das Gesuch der Beklagten um aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde wurde mit
Präsidialverfügung vom 11. Dezember 2008 abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Wenn - wie hier - an den Verfahren dieselben Parteien beteiligt sind und den
Rechtsmitteln der gleiche Sachverhalt zu Grunde liegt, behandelt das
Bundesgericht die verschiedenen Eingaben in der Regel gestützt auf Art. 71 BGG
in Verbindung mit Art. 24 BZP in einem einzigen Urteil. Die Verfahren sind
folglich zu vereinigen.

2.
2.1 Gegenstand des Verfahrens bildet eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG).
Beide Parteien sind mit ihren Rechtsbegehren im kantonalen Verfahren nicht
vollumfänglich durchgedrungen (Art. 76 Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert
beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die
Parteien haben die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).

2.2 Die Beschwerde in Zivilsachen ist nur gegen Entscheide letzter kantonaler
Instanzen zulässig (Art. 75 Abs. 1 BGG). Das Urteil des Handelsgerichts kann
mit kantonaler Nichtigkeitsklage beim Plenum des Appellationshofs angefochten
werden (Art. 359 i.V.m. Art. 7 ZPO/BE). Es ist daher insoweit nicht kantonal
letztinstanzlich, als es vom Appellationshof überprüft werden kann. Dies ist
namentlich der Fall, wenn einer Partei das vollständige rechtliche Gehör
verweigert wurde (Art. 359 Ziff. 3 ZPO/BE), wobei sich dessen Mindestumfang
nach Art. 29 Abs. 2 BV richtet (LEUCH ET AL., Die Zivilprozessordnung für den
Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 6a zu Art. 359 ZPO/BE). Das angefochtene Urteil
des Handelsgerichts stellt daher insoweit keinen kantonal letztinstanzlichen
Entscheid dar, als sinngemäss geltend gemacht wird, das Handelsgericht habe den
Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör verletzt. Soweit die Parteien
dagegen übrige Bundesrechtsverletzungen rügen, ist das Urteil des
Handelsgerichts als letztinstanzlicher Entscheid anfechtbar.

3.
3.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Soweit das
Bundesgericht das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 106 BGG), ist zwar eine
ausdrückliche Nennung bestimmter Gesetzesartikel nicht erforderlich, falls aus
den Vorbringen hervorgeht, gegen welche Regeln des Bundesrechts die Vorinstanz
verstossen haben soll. Unerlässlich ist aber, dass auf die Begründung des
angefochtenen Urteils eingegangen und im Einzelnen dargetan wird, worin eine
Verletzung von Bundesrecht liegen soll (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f; 134 V
53 E. 3.3 S. 60; 133 IV 286 E. 1.4). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt
hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern,
als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art.
106 Abs. 2 BGG).

3.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich"
(BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Der Beschwerdeführer, der die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, kann sich nicht damit
begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen
gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu
würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und substantiiert aufzuzeigen,
inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE
133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Zu beachten
ist, dass dem Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zusteht (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht
greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht sein Ermessen
missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche
Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (vgl. BGE 132 III
209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1).
Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon
dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgrundsatz zuwiderläuft. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht
bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist
(BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).
Beschwerde des Klägers (4A_521/2008)

4.
Der Kläger bringt diverse Rügen betreffend die Sachverhaltsfeststellung durch
die Vorinstanz vor.

4.1 Zunächst wirft er dem Handelsgericht sinngemäss eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs vor, indem es das Privatgutachten von Dr. C.________ zur
Berechnung der Deckungsverhältnisse mit keinem Wort gewürdigt habe.
Darauf ist nicht einzutreten, da der kantonale Instanzenzug diesbezüglich nicht
ausgeschöpft ist. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs hätte der Kläger mit
kantonaler Nichtigkeitsklage an das Plenum des Appellationshofes des Kantons
Bern rügen können (Art. 359 Ziff. 3 ZPO/BE). Das Bundesgericht hat den
angefochtenen Entscheid somit nicht auf Gehörsverletzungen hin zu überprüfen.

4.2 Weiter behauptet der Kläger, das Handelsgericht habe Art. 93 ZPO/BE
willkürlich angewandt, indem es die Entschuldigungsgründe der Beklagten für die
verspätete Einreichung neuer Beweismittel bezüglich der Andienung von 3'729
CSGN-Aktien als genügend erachtet habe.
Gemäss Art. 93 Abs. 1 ZPO/BE können nach den Parteivorträgen in der
Hauptverhandlung bis zum Endurteil neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur
gehört werden, wenn die Partei genügende Entschuldigungsgründe für die
nachträgliche Geltendmachung glaubhaft macht oder der Richter die Anbringen
gemäss Art. 89 von Amtes wegen berücksichtigt. Nach Art. 89 ZPO/BE kann der
Richter in jedem Stadium des Prozesses von Amtes wegen zur Ergänzung oder
wahrheitsgemässen Feststellung des Tatbestandes der von den Parteien
behaupteten Rechte und Ansprüche die Einvernahme der Parteien anordnen und die
ihm notwendig scheinenden Beweisverfügungen treffen. Daraus ergibt sich, dass
das Handelsgericht sogar befugt gewesen wäre, von der Beklagten nachträglich
eingereichte Unterlagen von Amtes wegen und unabhängig von
Entschuldigungsgründen zu den Akten zu erkennen. Es handelt damit nicht
willkürlich, wenn es nachträglich eingereichte Beweismittel selbst dann
entgegennimmt, wenn die Entschuldigungsgründe nach Berner Zivilprozessrecht an
sich ungenügend wären.

4.3 Für den Fall, dass die nachträglich eingereichten Beweismittel vom
Handelsgericht berücksichtigt werden dürfen, rügt der Kläger eine
offensichtlich falsche Beweiswürdigung.
Das Handelsgericht hat in Würdigung der von der Beklagten nachträglich zu den
Akten gereichten Urkunden sowie gestützt auf Zeugenaussagen festgestellt, dass
die Eurex der Beklagten am 13. September 2001 um 19.00 Uhr 1'643 Put-Optionen
zu je 40 CSGN-Aktien (total 65'729 Stück) andiente. Dem Kläger seien aus diesem
Los am 14. September 2001 um 08.23 Uhr 3'720 Stück zugeteilt und in sein Depot
verbucht worden. Die Wertschriftenabrechnung der Beklagten sei
missverständlich, weil sie das Datum vom 13. September 2001 trage, aber in
Wahrheit die Zuteilung der Aktien vom 14. September 2001 um 08.23 Uhr belege.
Gleichentags seien die Aktien auf Weisung des Klägers wieder verkauft worden,
woraus sich ergebe, dass die Beklagte den Kläger unverzüglich über die
Andienung informiert habe.
Demgegenüber wiederholt der Kläger in seiner Beschwerdeschrift die bereits vor
Handelsgericht vorgetragene Auffassung, wonach die vom 13. September 2001
datierte Wertschriftenabrechnung belege, dass die Eurex die fraglichen
Put-Optionen bereits am 12. September 2001 angedient habe. Daraus ergebe sich,
dass die Beklagte dem Kläger die Andienung bereits am 13. September 2001 und
nicht erst am 14. September 2001 hätte mitteilen sollen. Aus dieser angeblich
verspäteten Mitteilung sei ihm ein Schaden erwachsen.
Die Ausführungen des Klägers erschöpfen sich in einer eigenen Würdigung einer
einzelnen Beweisurkunde. Der Kläger vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern die
Beweiswürdigung des Handelsgerichts, die sich nicht nur auf die fragliche
Urkunde, sondern auch auf Zeugenaussagen stützt, insgesamt eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung zur Folge hat. Auf die entsprechende Rüge ist nicht
einzutreten.

4.4 Weiter rügt der Kläger, sein Depot habe entgegen der Feststellung der
Vorinstanz im Moment des Kaufs der 10 Futures auf den SMI eine hohe
Unterdeckung aufgewiesen. Unter diesen Umständen sei die Kaufempfehlung durch
die Beklagte vertragswidrig gewesen und habe zu einem Schaden geführt.
Der Kläger trägt im Wesentlichen eine eigene Berechnung der Unterdeckung vor.
Dabei berücksichtigt er nicht, dass die Parteien gemäss den Feststellungen der
Vorinstanz in diesem Moment subjektiv übereinstimmend von einer
Deckungssituation ausgingen. Dass die Feststellung dieser inneren Tatsache
willkürlich ist, behauptet der Kläger nicht, sondern versucht vielmehr
aufzuzeigen, dass objektiv eine Unterdeckung vorhanden war. Dabei legt er nicht
dar, inwiefern eine allenfalls objektiv vorhandene Unterdeckung, deren sich die
Parteien beide nicht bewusst sind, für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
ist. Damit ist er mit dieser Rüge nicht zu hören.

4.5 Schliesslich wirft der Kläger dem Handelsgericht vor, es habe willkürlich
den Beweis für gescheitert erachtet, wonach die bei der Lebenspartnerin und bei
der Schwester des Klägers vorhandenen Vermögenswerte im Falle einer
Fristansetzung durch die Beklagte auch als Sicherheiten eingebracht worden
wären.
Auch hier erschöpfen sich die Ausführungen des Klägers in der Darstellung
seiner eigenen Sicht der Dinge und zeigen nicht auf, weshalb die
Beweiswürdigung der Vorinstanz geradezu unhaltbar ist. Auf diese Rüge kann
ebenfalls nicht eingetreten werden.

5.
In materieller Hinsicht wirft der Kläger dem Handelsgericht vor, es sei zu
Unrecht zum Schluss gekommen, dass die Beklagte den Kläger nicht über die
Unterdeckung habe informieren müssen. Aufgrund der unterbliebenen Information
habe er seinen Wertschriftenbestand nicht rechtzeitig reduzieren können, woraus
ihm ein Schaden erwachsen sei.

5.1 Das Handelsgericht hat das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien
zutreffend als Anlageberatung qualifiziert. Diese zeichnet sich in Abgrenzung
von der reinen Konto-/Depot-Beziehung dadurch aus, dass der Kunde - wie hier -
die Anlageentscheide zwar selber trifft, die Bank ihm jedoch dabei beratend zur
Seite steht. Die Zuständigkeit des Kunden für den Anlageentscheid unterscheidet
die Anlageberatung von der Vermögensverwaltung, bei der die Bank die
auszuführenden Transaktionen im Rahmen der Sorgfalts- und Treuepflicht sowie
der vereinbarten Anlagestrategie selbst bestimmt (Urteil 4A_168/2008 vom 11.
Juni 2008 E. 2.1, mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre). Ein
Anlageberatungsverhältnis setzt keine Grundlage in Form eines ausdrücklich
geschlossenen Vertrags voraus. Es reicht aus, wenn sich aufgrund einer
andauernden Geschäftsbeziehung zwischen der Bank und dem Kunden ein besonderes
Vertrauensverhältnis entwickelt hat, aus welchem der Kunde nach Treu und
Glauben auch unaufgefordert Beratung und Abmahnung erwarten darf (BGE 133 III
97 E. 7.2 S. 103).

5.2 Eine Deckungsmarge als Sicherheit gegen Kursrückgänge bei den belehnten
Vermögenswerten dient in erster Linie dazu, das Risiko der Bank zu begrenzen
(Urteil 4C. 298/2004 vom 26. Januar 2005 E. 3.2.; 4C.305/2003 vom 3. Mai 2004
E. 3.2.1; 4C.152/2002 vom 22. Juli 2002 E. 2.2). Deren Sicherungsrechte richten
sich, abgesehen von zwingenden gesetzlichen Bestimmungen (BGE 108 Ib 186 E. 5a
S. 192 f.), nach den vertraglichen Abmachungen in den jeweiligen
Sicherungsvereinbarungen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie den
Depotreglementen. Ist die Bank nicht zur Vermögensverwaltung beauftragt, ist
sie grundsätzlich nicht verpflichtet, sich aktiv um die Begrenzung des
Verlustrisikos des Kunden zu kümmern (Urteil 4C.305/2003 vom 3. Mai 2004 E.
3.2.1; 4C.302/1994 vom 27. Dezember 1995 E. 3c/aa). Falls indessen die
Auslegung der Margendeckungsabrede auf eine Schutzpflicht zu Gunsten des Kunden
schliessen liesse, könnte dieser aus einer von der Bank abmachungswidrig
geduldeten Unterschreitung der Deckung Rechte ableiten. Besteht zwischen der
Bank und dem Kunden zudem ein besonderes Vertrauensverhältnis, aufgrund dessen
die Bank in der Lage ist, die Vermögensverhältnisse des Kunden zuverlässig
einzuschätzen, kann sich eine Informations- bzw. Warnpflicht auch aus Treu und
Glauben ergeben. Dies ist namentlich der Fall, wenn eine Weisung des Kunden für
die Bank erkennbar zu einer Unterdeckung in einer Grössenordnung führen kann,
die der Kunde nach dem Kenntnisstand der Bank nicht mehr innerhalb einer
angemessenen Nachdeckungsfrist abzubauen vermag.

5.3 Dass die Margendeckungsabrede auf eine Schutzpflicht schliessen liesse, hat
der Kläger weder behauptet, noch ergibt sich Entsprechendes aus den
Feststellungen der Vorinstanz. Ebensowenig ist ersichtlich, ob und inwiefern
während der Zeit der ihm nicht mitgeteilten Unterdeckung Weisungen ausgeführt
wurden, die eine Unterdeckung nach sich gezogen haben, die für den Kläger nicht
mehr innerhalb einer nützlichen Nachdeckungsfrist hätte abgebaut werden können.
Im Gegenteil ist erstellt, dass das Depot bis zum 11. September 2001 lediglich
eine 5 % leicht übersteigende Unterdeckung aufwies. Das Handelsgericht hat
damit kein Bundesrecht verletzt, wenn es eine Informationspflicht der Beklagten
verneint hat.

6.
Schliesslich rügt der Kläger, das Handelsgericht habe ihm willkürlich keinen
Ersatz für die Kosten des Privatgutachters Dr. C.________ zugesprochen. Er
leitet einen entsprechenden Anspruch im Wesentlichen daraus ab, dass er die
Beweislast für den Bestand eines Schadens trage.
Die Verteilung der prozessualen Parteikosten, d.h. solcher Parteikosten, die im
Verlaufe oder bei der Einleitung des Prozesses entstehen und auf diesen
zurückzuführen sind, wird ausschliesslich vom anwendbaren Verfahrensrecht
geregelt (BGE 117 II 394 E. 3a S. 396, mit Hinweisen; dazu jüngst auch Ingeborg
Schwenzer, Rechtsverfolgungskosten als Schaden?, in: Gauch et al. [Hrsg.],
Mélanges en l'honneur de Pierre Tercier, 2008, S. 421, 425). Nach dem hier
anwendbaren Berner Zivilprozessrecht werden Auslagen für Privatgutachten
regelmässig nicht berücksichtigt, wobei Ausnahmen berechtigt sein können, so
bei (notwendigem) Nachweis ausländischen Rechtes (Leuch et al., a.a.O., N. 3 zu
Art. 58 ZPO/BE). Es ist damit in das Ermessen des Handelsgerichts gestellt, ob
es einen Kostenersatz für die Erstellung von Privatgutachten zusprechen will.
Mit dem blossen Hinweis auf die ihm obliegende Beweislast und die Komplexität
des Beweisthemas hat der Kläger noch nicht dargetan, weshalb das Handelsgericht
sein Ermessen bei der Festsetzung des Parteikostenersatzes geradezu willkürlich
ausgeübt haben soll. Auf die entsprechende Rüge ist nicht einzutreten.
Beschwerde der Beklagten (4A_523/2008)

7.
Die Beklagte rügt, das Handelsgericht habe die Tatsache, dass die Beklagte dem
Kläger am 21. September 2001 keine Nachfrist zur Leistung weiterer Deckung
angesetzt habe, zu Unrecht als Vertragsverletzung qualifiziert.

7.1 Die Beklagte hält dafür, dass das Abgeben eines Margin Call ein Recht und
keine Pflicht der Bank sei. Die Nachdeckungsaufforderung diene ausschliesslich
dem Schutz der Bank vor drohenden Verlusten aus Lombardkrediten, Devisen- und
Optionskontrakten. Die Beklagte müsse ihren Kunden nur dann einen formellen
Margin Call mit der Aufforderung zur Nachdeckung innert 24 bzw. 48 Stunden
zukommen lassen, wenn sie sich das Recht einräumen lassen wolle, anschliessend
die Zwangsverwertung der Pfänder durchzuführen und die Positionen
glattzustellen. Im Falle des Klägers als langjährigem Kunden mit häufigen
Kontakten zu seinem Kundenberater habe die Beklagte "selbstverständlich" auf
einen schriftlichen Margin Call verzichtet. Dennoch seien die vertraglichen
Voraussetzungen eines Margin Calls im persönlichen und im Telefongespräch mit
dem Kläger erfüllt worden. Die Beklagte habe anlässlich der Besprechungen vom
11., 13. und 20. September 2001 jeweils Nachdeckung verlangt. Am 21. September
2001 sei die Beklagte dann zu keinem weiteren Margin Call mehr verpflichtet
gewesen, sondern habe den Kläger ultimativ zu Verkäufen auffordern dürfen.

7.2 Sowohl aus Ziff. 5 der Allgemeinen Faustpfandverschreibung wie auch aus
Ziff. 3.1 der Bedingungen für die Vermittlung von Optionskontrakten ergibt
sich, dass die Bank vor der freihändigen Verwertung der verpfändeten
Wertschriften bzw. der Glattstellung der entsprechenden Positionen den Kunden
zur Nachdeckung auffordern muss, wobei eine Frist von mindestens einem
Arbeitstag anzusetzen ist.
Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz gingen beide Parteien unmittelbar nach
den Verpfändungen der Lebensversicherungen am 13. und 17. September 2001 davon
aus, dass die Unterdeckung bereinigt war. Erst am 20. September 2001 teilte die
Beklagte dem Kläger mit, der Belehnungswert der Lebensversicherungen betrage
nur rund Fr. 200'000.--, weshalb nach wie vor eine Unterdeckung von rund Fr.
300'000.-- bestehe. Aus dem festgestellten Sachverhalt geht nicht hervor, dass
die Beklagte dem Kläger zwischen dem 13. und 21. September 2001 eine Frist zur
Nachdeckung angesetzt hätte. Wie die Vorinstanz zutreffend erkannte, ist die
Privatverwertung am 21. September 2001 unter diesen Umständen vertragswidrig
erfolgt.

8.
Weiter rügt die Beklagte, die Vertragsverletzung sei für den eingetretenen
Schaden nicht kausal, da weder die Beklagte noch der Kläger am 21. September
2001 die Kursentwicklung in der folgenden Woche vorhersehen konnten. Deshalb
habe die Beklagte nicht für einen Schaden einzustehen, der aus Verkäufen am 21.
statt erst am 24. und 25. September 2001 eingetreten ist. Zudem fehle es an der
Adäquanz des Kausalzusammenhangs, da die Grundsätze über den Margin Call
ausschliesslich dem Schutz der Bank dienen würden und folglich die verletzte
Vertragspflicht den eingetretenen Schaden des Kunden nicht zu verhindern
bezwecke.

8.1 Zwischen der pflichtwidrigen Handlung und dem eingetretenen Schaden muss
ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang bestehen. Die natürliche
Kausalität ist gegeben, wenn ein Handeln Ursache im Sinne einer conditio sine
qua non für den Eintritt eines Schadens ist. Dies ist eine Tatfrage. Vom
Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage ist demgegenüber, ob zwischen der
Ursache und dem Schadenseintritt ein adäquater Kausalzusammenhang besteht (BGE
132 III 715 E. 2.2 S. 718 mit Hinweisen). Als adäquate Ursache ist nach der
Rechtsprechung ein Ereignis dann anzusehen, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf
der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, einen Erfolg von
der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also
durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint. Dabei ist von den
tatsächlichen Auswirkungen auszugehen und rückblickend zu entscheiden, ob und
inwiefern das Ereignis als wesentliche Ursache des Erfolgs zu betrachten ist
(BGE 119 Ib 334 E. 5b S. 345; 96 II 392 E. 2 S. 396).

8.2 Es liegt in der Natur von Börsenwerten, dass ihre Kursentwicklung nur
beschränkt vorhersehbar ist. Die Beklagte gibt in ihrer Beschwerdeschrift denn
auch selbst zu, dass sie die Kursentwicklung nicht im Entferntesten habe
vorhersehen können. Gerade deshalb war am 21. September 2001 nach der
allgemeinen Lebenserfahrung nicht auszuschliessen, dass der Kurs am 24. bzw.
25. September 2001 für den Kläger günstiger stehen könnte. Die Beklagte legt
unter Bezug auf HANS PETER WALTER (Prozessuale Aspekte beim Streit zwischen
Kunden und Vermögensverwalter, ZSR I 2008, S. 115) zwar zutreffend dar, dass
das allgemeine Kursrisiko den Kunden trifft, verkennt dabei aber, dass die
Kursschwankungen dem Kunden nicht nur zum Nachteil, sondern auch zum Vorteil
gereichen können. Die Tatsache, dass die Beklagte zu früh zur Privatverwertung
geschritten ist, ist damit nicht nur natürlich, sondern auch adäquat kausal für
den eingetretenen Schaden. Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass nicht das
Unterlassen des Margin Calls schlechthin, sondern die Privatverwertung ohne
vorangehende Fristansetzung zur Nachdeckung die Vertragsverletzung begründet.
Die Fristansetzung dient sehr wohl den Interessen des Klägers, da ein Kunde nur
so in die Lage gestellt werden kann, eine für ihn möglicherweise ungünstige
Privatverwertung abzuwenden.

9.
Weiter wirft die Beklagte dem Handelsgericht diverse offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellungen vor. Zum einen sei die Feststellung unzutreffend,
dass beide Parteien zwischen dem 14. und 20. September 2001 von einer
ausreichenden Deckung ausgingen; vielmehr habe der Kläger von der Unterdeckung
gewusst. Zum anderen verschweige das Handelsgericht, dass der Kläger bereits am
13. September 2001 diverse Verkaufsaufträge erteilt und
Lebensversicherungspolicen verpfändet habe.
Die Beklagte zeigt nicht auf, inwiefern die Behebung der angeblichen Mängel in
der Sachverhaltserhebung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend ist.
Selbst wenn der Kläger schon vor dem 20. September 2001 von der Unterdeckung
gewusst hätte, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte keine Nachfrist
angesetzt hat, weshalb die Privatverwertung ohnehin vertragswidrig erfolgt
wäre. Weiter ist unzutreffend, dass das Handelsgericht die Transaktionen vom
13. September 2001 verschweige. Auf S. 6 seines Urteils hält es vielmehr die
Ereignisse rund um die Besprechung vom 13. September 2001 fest und führt unter
anderem aus, dass der Kläger versucht habe, "mittels Verkauf von Wertschriften
den Minussaldo auf dem Kontokorrent zu reduzieren". Beide Rügen sind demnach
unbegründet, sofern darauf eingetreten werden kann.

10.
Schliesslich rügt die Beklagte eine offensichtlich unrichtige Feststellung des
Streitwertes und eine willkürliche Kostenliquidation. Der Kläger habe in der
Eingabe vom 9. Januar 2003 sein Hauptbegehren mit Fr. 920'458.-- beziffert und
erst später anlässlich des Schlussvortrags auf Fr. 607'739.-- reduziert. Die
Streitwertbestimmung des Handelsgerichts auf rund Fr. 600'000.-- sei deshalb
offensichtlich unrichtig. Zudem liege ein Teilabstand des Klägers im Umfang von
Fr. 300'000.-- vor, der bei der Kostenverlegung gemäss Art. 57, 58 und 68 ZPO/
BE zu berücksichtigen gewesen wäre. Indem das Handelsgericht dies nicht tat,
habe es die entsprechenden Bestimmungen willkürlich angewendet. Deshalb seien
die Ziff. 2 und 3 des angefochtenen Urteils (Kostenliquidation) aufzuheben und
die Sache zu neuer Entscheidung über die Kostenverlegung zurückzuweisen.

10.1 Nach Art. 138 Abs. 1 ZPO/BE bestimmt sich der Streitwert nach dem, was der
Kläger in seinem Klagebegehren fordert, ohne Hinzurechnung der Zinsen und
Kosten. Bei einer Verbindung von Haupt- und Eventualbegehren ist auf den
höheren bzw. den höchsten unterschiedlicher Streitwerte abzustellen (LEUCH ET
AL., a.a.O., N. 1f zu Art. 138 ZPO/BE). Der Wert des (gleichen)
Streitgegenstandes kann sich im Laufe des Verfahrens durch Parteierklärung
(Klageänderung, teilweiser Verzicht oder Abstand) vermindern. Dies verändert
jedoch den massgeblichen Streitwert nicht, da sich dieser nach der Lage im
Zeitpunkt der Begründung der Rechtshängigkeit bestimmt (LEUCH ET AL., a.a.O.,
N. 2c zu Art. ZPO/BE). Wenn erst das Beweisverfahren die Grundlage für die
genaue Bezifferung der Forderung abgibt, kann diese auch nachträglich erfolgen
(VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Aufl. 2006, § 33 Rz. 5e).
In diesem Fall ist der vom Kläger während der Rechtshängigkeit erstmalig
bestimmt angegebene Betrag des Rechtsbegehrens für den Streitwert massgeblich.
Eine Reduktion dieses Betrags zieht die Folgen eines Teilabstandes nach sich
(LEUCH ET AL., a.a.O., N. 9 zu Art. 94 ZPO/BE).
Nach Art. 58 Abs. 1 ZPO/BE trägt in der Regel die unterliegende Partei die
Prozesskosten. Hat die obsiegende Partei jedoch zu viel gefordert oder die
Prozesskosten durch unnötige Weitläufigkeiten vermehrt oder ist teilweise auch
zugunsten der anderen Partei entschieden worden, so kann der Richter je nach
den Umständen eine verhältnismässige Teilung oder Wettschlagung der Kosten
verfügen (Art. 58 Abs. 2 ZPO/BE). Die auf Überklagung gesetzte Kostenfolge kann
auch bei Teilabstand eintreten (so LEUCH ET AL., a.a.O., N. 9 zu Art. 94 ZPO/
BE). Der Richter hat bei der Anwendung dieser Regeln ein weites Ermessen, das
nach der Praxis umso höher ist, wenn sich die Höhe der eingeklagten Forderung
erst auf Grund eines Beweisverfahrens ermitteln lässt (vgl. LEUCH ET AL.,
a.a.O., N. 7a zu Art. 58 ZPO/BE). In dieses greift das Bundesgericht auf
Willkürrüge hin nur ein, wenn der Kostenentscheid auf einer unhaltbaren
Würdigung der Umstände beruht. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht bloss
die Begründung der Ermessensausübung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist
(vgl. BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen).

10.2 Der Kläger forderte zunächst nur einen Fr. 30'000.-- übersteigenden
Betrag. Am 9. Januar 2006 präzisierte er gestützt auf die Schadensberechnung
des Experten C.________ seine Rechtsbegehren und stellte ein Hauptbegehren über
Fr. 920'458.-- und ein Eventualbegehren über Fr. 618'540.--. Damit hat der
Kläger erstmals am 9. Januar 2006 während der Rechtshängigkeit ein den
Bestimmtheitsanforderungen genügendes Rechtsbegehren gestellt. Der höhere
Betrag von Fr. 920'458.-- ist für den Streitwert massgebend. Das Handelsgericht
hat demgegenüber bei der Bestimmung der Kostenliquidation auf das reduzierte
Klagebegehren von rund Fr. 600'000.-- abgestellt. Damit hat es den für die
Kostenverlegung erheblichen Aspekt des Teilabstands ohne ersichtlichen
sachlichen Grund ausser Acht gelassen. Dies führt im Ergebnis zu einer
willkürlichen Kostenverlegung, denn wenn man das grundsätzlich massgebende
Unterliegerprinzip (vgl. VOGEL/SPÜHLER, a.a.O., § 50 Rz. 24) zum Richtwert
nimmt, müsste bei der Kostenverlegung von einem Verhältnis von 1 zu 7
ausgegangen werden. Die Vorinstanz hat die Kosten indessen im Verhältnis 1 zu 3
verlegt und ist damit in einem Ausmass vom Richtwert abgewichen, das sachlich
nicht mehr haltbar ist.

10.3 Aus diesen Gründen sind die Ziff. 2 und 3 des angefochtenen Urteils
aufzuheben und die Sache gestützt auf Art. 107 Abs. 2 BGG zu neuer Bestimmung
und Verlegung der Prozesskosten an das Handelsgericht zurückzuweisen.

11.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde des Klägers abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Demgegenüber ist die Beschwerde der Beklagten teilweise
gutzuheissen, die Ziff. 2 und 3 des angefochtenen Entscheids aufzuheben und die
Sache zu neuem Kostenentscheid an das Handelsgericht zurückzuweisen. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens tragen die Parteien im Ausmass ihres Unterliegens die
Gerichtskosten von insgesamt Fr. 13'000.-- und werden im gleichen Ausmass
entschädigungspflichtig. Folglich sind dem Kläger ein Anteil an den
Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- und der Beklagten ein Anteil von Fr. 5'000.--
aufzuerlegen. Der Kläger hat der Beklagten eine reduzierte Parteientschädigung
von Fr. 3'000.-- auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 4A_521/2008 und 4A_523/2008 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde 4A_521/2008 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Beschwerde 4A_523/2008 wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf
einzutreten ist; die Ziffern 2 und 3 des Urteils des Handelsgerichts des
Kantons Bern vom 15. April 2008 werden aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung über die Kosten an die Vorinstanz zurückgewiesen.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 13'000.-- werden im Betrag von Fr. 8'000.-- dem
Kläger und im Betrag von Fr. 5'000.-- der Beklagten auferlegt.

5.
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
3'000.-- zu entschädigen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Hurni