Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.504/2008
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_504/2008

Urteil vom 6. Juli 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Nideröst,

gegen

X.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Raoul Futterlieb.

Gegenstand
Ausweisung; Kündigungsschutz,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 1. Oktober 2008.
Sachverhalt:

A.
Der ursprünglich zwischen der Y.________ & Cie. als Vermieterin und der
Z.________ AG als Mieterin abgeschlossene Hauptmietvertrag vom 29. August 2003
über das Ladenlokal von ca. 62 m2 mit Büroteil und WC-Anlage im Erdgeschoss der
Liegenschaft B.________-strasse in Zürich wurde mit Vertragsüberschreibung vom
6. Mai 2004 rückwirkend ab 1. April 2004 auf die X.________ GmbH
(Beschwerdegegnerin) als neue Mieterin übertragen.
Zu jenem Zeitpunkt bestand ein Untermietverhältnis zwischen der damaligen
Hauptmieterin (Z.________ AG) und A.________ (Beschwerdeführer). Dieses wurde
in der Folge stillschweigend auch zwischen der Beschwerdegegnerin und dem
Beschwerdeführer zu den gleichen Mietzinsbedingungen vereinbart.
Am 18. März 2008 setzte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer im Sinne
von Art. 257d OR eine 30-tägige Zahlungsfrist zur Begleichung des
Mietzinsrückstandes unter Androhung der Kündigung im Säumnisfall. Mit amtlichem
Formular vom 25. April 2008 kündigte die Beschwerdegegnerin das
Untermietverhältnis wegen der ausgebliebenen Mietzinszahlungen auf den 31. Mai
2008.

B.
Mit Eingabe vom 12. Juni 2008 stellte die Beschwerdegegnerin bei der
Einzelrichterin des Bezirks Zürich ein Ausweisungsbegehren. Der
Beschwerdeführer hatte bereits am 28. Mai 2008 die Kündigung bei der
Schlichtungsbehörde Zürich angefochten. Diese überwies das Verfahren in
Anwendung von Art. 274g Abs. 3 OR an die Ausweisungsrichterin, welche die
beiden Verfahren vereinigte. Mit Verfügung vom 10. Juli 2008 wies die
Einzelrichterin das Kündigungsschutzbegehren ab und erteilte den beantragten
Ausweisungsbefehl.
Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer Rekurs an das Obergericht des
Kantons Zürich und beantragte, das Ausweisungsbegehren abzuweisen und
festzustellen, dass die Kündigung vom 25. April 2008 unwirksam sei. Am 1.
Oktober 2008 wies das Obergericht den Rekurs ab und befahl dem Beschwerdeführer
in Bestätigung der Verfügung vom 10. Juli 2008, das Ladenlokal unverzüglich zu
räumen und der Beschwerdegegnerin ordnungsgemäss zu übergeben, unter Androhung
von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall. Es wies das Stadtammannamt 4 an,
diesen Befehl nach Eintritt der Rechtskraft auf Verlangen der
Beschwerdegegnerin zu vollstrecken (Dispositiv-Ziffer 1). Die Gerichtsgebühr
setzte das Obergericht auf Fr. 7'000.-- fest und auferlegte die Kosten dem
Beschwerdeführer (Dispositiv-Ziffern 2 und 3). Ausserdem verpflichtete es ihn,
der Beschwerdegegnerin für das Rekursverfahren eine Prozessentschädigung von
Fr. 3'500.-- (zuzüglich 7.6% Mehrwertsteuer) zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 4).

C.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Dispositiv-Ziffern 2 und 4 des
obergerichtlichen Beschlusses kantonale Nichtigkeitsbeschwerde an das
Kassationsgericht des Kantons Zürich. Er machte geltend, das Obergericht habe
den Streitwert mit Fr. 630'000.-- falsch bestimmt. Es habe übersehen, dass der
Hauptmietvertrag bis zum 31. März 2009 befristet sei und an diesem Datum ohne
Kündigung ende. Da das streitige Untermietverhältnis vom Bestand des
Hauptmietverhältnisses abhängig sei und spätestens am 31. März 2009 ende, könne
für den Streitwert nur die bis zum 31. März 2009 geschuldete Mietzinssumme
massgebend sein und nicht diejenige für die dreijährige Kündigungssperre. Der
Streitwert betrage demnach höchstens Fr. 150'000.--, nämlich Fr. 15'000.-- pro
Monat für die zehn Monate vom 1. Juni 2008 bis 31. März 2009.
Das Kassationsgericht folgte dieser Argumentation und hob mit Sitzungsbeschluss
vom 11. Mai 2009 in teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde
Dispositiv-Ziffer 4 des Beschlusses des Obergerichts vom 1. Oktober 2008 auf
und ersetzte sie durch folgende Fassung:
"4. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das Rekursverfahren eine
Prozessentschädigung von Fr. 2'000.-- (zuzüglich 7.6 % Mehrwertsteuer) zu
bezahlen."
Im Übrigen (betreffend Dispositiv-Ziffer 2 des Beschlusses des Obergerichts vom
1. Oktober 2008) trat das Kassationsgericht auf die Nichtigkeitsbeschwerde
nicht ein. Es begründete den Nichteintretensentscheid damit, dass bezüglich der
Höhe der Gerichtsgebühr Kostenbeschwerde nach § 206 des
Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG; LS
211.1) an die Aufsichtsbehörde und nicht Nichtigkeitsbeschwerde an das
Kassationsgericht zu führen sei.
Gegen den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts wurde kein Rechtsmittel
ergriffen.

D.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen
vom 5. November 2008, den Beschluss des Obergerichts vom 1. Oktober 2008
vollumfänglich aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die angefochtene
Kündigung vom 25. April 2008 per 31. Mai 2008 unwirksam sei. Das
Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin sei abzuweisen. Eventualiter sei die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz
verzichtete auf eine Vernehmlassung.

E.
Mit Präsidialverfügung vom 28. November 2008 wurde das Gesuch, der Beschwerde
die aufschiebende Wirkung zu erteilen, abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer macht im Zusammenhang mit der Bestimmung des Streitwertes
geltend, das Untermietverhältnis ende zusammen mit dem Hauptmietverhältnis
spätestens Ende März 2009. Demnach wäre anzunehmen, dass er das Mietobjekt
bereits verlassen hat, weshalb fraglich erscheint, ob er zum heutigen Zeitpunkt
noch ein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Beurteilung seiner Beschwerde
gegen die Ablehnung der Kündigungsanfechtung und gegen die Ausweisungsanordnung
hat. Die Frage kann offen gelassen werden, da sich die Beschwerde ohnehin als
unbegründet erweist.

2.
Der Beschwerdeführer machte gegen die Gültigkeit der Kündigung geltend, dass
gar kein Mietzinsausstand bestanden habe, weil er jahrelang einen im Verhältnis
zum Hauptmietzins viel zu hohen Untermietzins bezahlt habe. Vor der Vorinstanz
berief er sich einerseits auf (Teil-)Nichtigkeit des Untermietvertrags wegen
Sittenwidrigkeit (Art. 20 OR), andererseits auf Grundlagenirrtum (Art. 24 Abs.
1 Ziff. 4 OR). Beides begründete er damit, dass der Untermietzins ein
Mehrfaches des Hauptmietzinses betrage, wovon er erst kürzlich, infolge der
Einsichtnahme in die Akten des hängigen Verfahrens, Kenntnis erhalten habe.
Bezüglich des Grundlagenirrtums machte er sodann geltend, er sei davon
ausgegangen, dass der Abschluss des Untermietvertrags rechtmässig, d.h. mit
Zustimmung des Hauptvermieters abgeschlossen worden sei. Die Vorinstanz verwarf
beide Vorbringen, was der Beschwerdeführer als Verletzung von Art. 20 OR und
von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR anficht.

2.1 Dabei geht seine Berufung auf Sittenwidrigkeit nach Art. 20 OR, die er mit
einem krassen Missverhältnis zwischen den ausgetauschten Leistungen begründet,
von vornherein fehl. Die Wertdisparität von Leistung und Gegenleistung bedeutet
für sich allein keine Sittenwidrigkeit. Der Problemkreis der Wertdisparität der
Vertragsleistungen wird vielmehr abschliessend vom Übervorteilungstatbestand
des Art. 21 OR erfasst (BGE 115 II 232 E. 4c S. 236). Eine Übervorteilung macht
der Beschwerdeführer nicht geltend.

2.2 Auch eine Verletzung von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR liegt nicht vor. Die
Vorinstanz verneinte, dass das Verhältnis von Haupt- und Untermietzins eine
Grundlage des Untermietvertrags darstelle, welche nach Treu und Glauben eine
Ungültigkeit des Vertrags rechtfertigen könnte. Dem ist zuzustimmen. Nach Art.
262 Abs. 2 lit. b OR kann der Vermieter die Zustimmung zur Untermiete
verweigern, wenn die Bedingungen des Untermietverhältnisses im Vergleich zu
jenen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind. Nach Lehre und Rechtsprechung
bezweckt Art. 262 Abs. 2 lit. b OR in erster Linie den Schutz der Interessen
des Vermieters und nicht des Untermieters. Der Vermieter soll sich nicht
geprellt fühlen müssen, weil der Mieter ohne Erbringung eigener Leistung
deutlich mehr Geld aus der Mietsache erzielt als er selbst (Urteil 4C.331/2004
vom 17. März 2005 E. 1.2.1; BGE 119 II 353 E. 6). Von daher ist in der Tat
fraglich, ob der Untermieter geltend machen kann, er habe das angemessene
Verhältnis von Haupt- und Untermietzins nach Treu und Glauben als notwendige
Grundlage des Vertrags betrachten dürfen. Wie dem auch sei, würde dies
vorliegend dem Beschwerdeführer nicht weiterhelfen.
Denn wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, ist bei einem Willensmangel, der
bloss einen Teil des Vertrags betrifft, in analoger Anwendung von Art. 20 Abs.
2 OR nur dieser Teil unverbindlich, wenn nicht anzunehmen ist, dass der Vertrag
ohne ihn nicht geschlossen worden wäre (BGE 125 III 353 E. 3 S. 356; Schwenzer,
in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 4. Aufl. 2007, N. 11 zu Art. 23 OR;
Gauch/Schluep/Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 9.
Aufl. 2008, Rz. 852). Vorliegend konnte die Vorinstanz jedoch bei objektiver
Einschätzung keine Anhaltspunkte dafür ausmachen, dass die Beschwerdegegnerin
das Untermietverhältnis mit dem Beschwerdeführer auch zu einem tieferen
Mietzins eingegangen wäre. Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, diese
Beurteilung als bundesrechtswidrig auszuweisen, indem er einfach das Gegenteil
behauptet. Die Vorinstanz schloss daher zu Recht, dass bei Berufung auf
Grundlagenirrtum der ganze Untermietvertrag unverbindlich wäre, so dass der
Beschwerdeführer keine Grundlage für ein weiteres Verbleiben im Mietobjekt
hätte. Dies wäre auch die Folge, wenn das Nichtwissen um die fehlende
Zustimmung des Hauptvermieters zur Untervermietung als wesentlicher Irrtum
anzuerkennen wäre, so dass Letzteres mit der Vorinstanz offen bleiben kann.

3.
Das Kassationsgericht trat auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein, soweit sie
sich gegen Dispositiv-Ziffer 2 (Gerichtsgebühr) des obergerichtlichen
Beschlusses vom 1. Oktober 2008 richtete. Mit der vorliegenden Beschwerde in
Zivilsachen macht der Beschwerdeführer eine Verletzung "bundesrechtlicher
Vorschriften zur Streitwertberechnung" geltend. Er übersieht, dass sich die
Gerichtsgebühr im kantonalen Verfahren nach kantonalen Vorschriften bestimmt.
Mangels zulässiger Rüge kann insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden.

4.
Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Beschlusses (Prozessentschädigung) wurde
vom Kassationsgericht in teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde des
Beschwerdeführers aufgehoben und durch eine neue Formulierung ersetzt. Damit
fiel diesbezüglich im Verlauf des vorliegenden Verfahrens das Anfechtungsobjekt
dahin. Den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts hat der Beschwerdeführer
nicht angefochten. Das Verfahren ist daher in Bezug auf Dispositiv-Ziffer 4 des
angefochtenen Beschlusses des Obergerichts als gegenstandslos geworden
abzuschreiben.

5.
Der Beschwerdeführer wird dem Ausgang des Verfahrens entsprechend kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Verfahren wird in Bezug auf Dispositiv-Ziffer 4 des Beschlusses des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 1. Oktober 2008 als gegenstandslos geworden
abgeschrieben.

2.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juli 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Sommer