Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.498/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_498/2008

Urteil vom 5. November 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Leemann.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Stierli,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Blättler.

Gegenstand
Bilanzierungsanspruch; Passivlegitimation,

Beschwerde gegen den Beschluss und das Vorurteil
des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer,
vom 24. September 2008.
Sachverhalt:

A.
A.________, (Beschwerdeführer) und B.________, (Beschwerdegegner) waren früher
Partner derselben Anwaltskanzlei.
Per 30. Juni 1995 erklärten der Beschwerdegegner sowie weitere Partner ihren
Austritt aus der Kanzlei, womit die Partnerschaft ab 1. Juli 1995 noch aus dem
Beschwerdeführer und C.________ bestand. Das weitere Schicksal dieser
Partnerschaft ist umstritten.

B.
B.a Mit Eingabe vom 17. Juni 2005 klagte der Beschwerdegegner beim
Bezirksgericht Meilen gegen den Beschwerdeführer sowie dessen neu gegründete
Anwaltskanzlei A.________ & Partner mit den Begehren, es seien die beiden
Beklagten einerseits zu verpflichten, per 30. Juni 1995 einen Zwischenabschluss
und eine Ausscheidungsbilanz der einfachen Gesellschaft nach Massgabe von Art.
53 des Partnervertrags zu erstellen (Klagebegehren 1); andererseits seien die
Beklagten zu verpflichten, dem Beschwerdegegner unter solidarischer Haftung den
nach Massgabe der Ausscheidungsbilanz noch exakt zu beziffernden, zur Zeit auf
Fr. 747'000.--- geschätzten Betrag nebst Zins zu bezahlen (Klagebegehren 2).
Der Beschwerdeführer bestritt unter anderem seine Passivlegitimation.
Anlässlich des Hauptverfahrens reichte der Beschwerdeführer unter Vorbehalt der
rechtskräftigen Bejahung seiner Passivlegitimation eine Ausscheidungsbilanz per
30. Juni 1995 ein. Das Bezirksgericht Meilen beschloss daher am 16. März 2007,
den Prozess bezüglich Klagebegehren 1 als gegenstandslos geworden
abzuschreiben, soweit den Beschwerdeführer betreffend. Gleichzeitig wies es die
Klage ab, soweit sich diese gegen die Anwaltskanzlei A.________ & Partner
richtete, wobei dieses Teilurteil unangefochten geblieben und in Rechtskraft
erwachsen ist. Schliesslich fällte das Bezirksgericht ein Vorurteil, mit dem
die Einrede der fehlenden Passivlegitimation des Beschwerdeführers hinsichtlich
des Abfindungsanspruchs (Klagebegehren 2) abgewiesen wurde.
B.b Das Vorurteil des Bezirksgerichts betreffend Passivlegitimation des
Beschwerdeführers focht dieser mit Berufung an, während er gegen den
Abschreibungsbeschluss Rekurs erhob. Mit Beschluss vom 24. September 2008
vereinigte das Obergericht des Kantons Zürich die beiden Verfahren, wies den
Rekurs in Bestätigung des erstinstanzlichen Abschreibungsbeschlusses ab, soweit
es darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 2), und entschied über die Kosten und
Entschädigungen (Dispositiv-Ziffern 3-5). Mit Vorurteil vom selben Tag wies das
Obergericht die Einrede der fehlenden Passivlegitimation des Beschwerdeführers
hinsichtlich Klagebegehren 2 ab.
B.c Gegen den Beschluss des Obergerichts vom 24. September 2008 erhob der
Beschwerdeführer gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht
sowie Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich. Das
bundesgerichtliche Verfahren wurde mit Verfügung vom 3. November 2008 bis zum
Entscheid des Kassationsgerichts ausgesetzt.
Mit Zirkulationsbeschluss vom 20. Juli 2009 trat das Kassationsgericht auf die
Beschwerde nicht ein.

C.
Mit Eingabe vom 14. September 2009 reichte der Beschwerdeführer dem
Bundesgericht eine ergänzte Beschwerdeschrift ein. Er beantragt, es sei die
Beschwerde gutzuheissen und es sei Ziffer 2 - 5 des Beschlusses des
Obergerichts vom 24. September 2008 aufzuheben. Im Weiteren sei festzustellen,
dass der gegen den Beschwerdeführer gerichtete Prozess bezüglich des
Klagebegehrens 1 (Bilanzierungsanspruch) nicht gegenstandslos geworden sei und
es sei der Einwand der fehlenden Passivlegitimation des Beschwerdeführers
hinsichtlich dieses Klagebegehrens gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache an
die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Anweisung, formell über den Einwand der
fehlenden Passivlegitimation des Beschwerdeführers hinsichtlich des
Bilanzierungsanspruchs zu entscheiden.
Der Beschwerdegegner beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten,
eventualiter sei diese abzuweisen. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch des Beschwerdeführers um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

1.2 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 III 212 E. 1 S. 216 mit
Hinweisen).
1.2.1 Gegenstand des Verfahrens bildet eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG).
Das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers wurde im kantonalen Verfahren nicht
geschützt und es wurden ihm die Prozesskosten auferlegt (Art. 76 Abs. 1 BGG).
1.2.2 Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid des Obergerichts, der den
Beschluss des Bezirksgerichts Meilen bestätigte, das Klagebegehren 1 des
Beschwerdegegners als gegenstandslos abzuschreiben. Der angefochtene Entscheid
schliesst das Verfahren hinsichtlich des Bilanzierungsanspruchs ab (Art. 90
BGG). Das Klagebegehren auf Auskunft bzw. Rechnungslegung wurde im Sinne einer
Stufenklage im Hinblick auf den ebenfalls eingeklagten Abfindungsanspruch
erhoben, es kann jedoch unabhängig vom zweiten Begehren beurteilt werden (vgl.
BGE 135 III 212 E. 1.2.2/3 S. 217 f.). Beim angefochtenen Beschluss handelt es
sich damit um einen beschwerdefähigen Teilentscheid (Art. 91 lit. a BGG).
1.2.3 Der Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 51 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 74
Abs. 1 lit. b BGG) ist gegeben und die Beschwerdefrist ist gewahrt (Art. 100
Abs. 6 BGG).

1.3 Der Beschwerdeführer hat in seiner ersten Eingabe vom 29. Oktober 2008 den
Verfahrensantrag gestellt, es sei ein zweiter Schriftenwechsel durchzuführen.
Im Verfahren vor Bundesgericht findet in der Regel kein zweiter
Schriftenwechsel statt (Art. 102 Abs. 3 BGG) und ein solcher erscheint auch
vorliegend nicht als erforderlich. Der beschwerdeführenden Partei steht es
jedoch frei, sich zur Beschwerdeantwort zu äussern. Dem Beschwerdeführer wurde
eine Kopie der Beschwerdeantwort am 8. Oktober 2009 zur Kenntnisnahme
zugestellt. Damit wurde das Hauptanliegen des Verfahrensantrags erfüllt. Auf
diese Zustellung hin hat der Beschwerdeführer nicht reagiert. Unter diesen
Umständen ist anzunehmen, er habe auf weitere Äusserungen verzichtet (vgl. BGE
133 I 98 E. 2.2 S. 100).

2.
Die Erstinstanz hielt dafür, der Beschwerdeführer sei mit Einreichung der
Ausscheidungsbilanz per 30. Juni 1995 während des Verfahrens dem Klagebegehren
1 des Beschwerdegegners nachgekommen, und dieser habe im Anschluss daran
erklärt, es sei ihm aufgrund der eingereichten Bilanz nun möglich, seinen
Abfindungsanspruch zu präzisieren und er habe seinen Anspruch in der Folge
beziffert. Entsprechend erachtete sie das Rechtsbegehren für erfüllt, womit das
Verfahren insoweit durch Teilentscheid zufolge Gegenstandslosigkeit
abzuschreiben sei. Die Vorinstanz schützte diesen Entscheid, prüfte jedoch
zunächst - da der Beschwerdeführer die fragliche Ausscheidungsbilanz unter
einem entsprechenden Vorbehalt eingereicht hatte - dessen Passivlegitimation,
da nicht von einem unbedingten Erfüllungswillen ausgegangenen werden könne.
Nachdem auch hinsichtlich des Bilanzierungsanspruchs der Einwand der fehlenden
Passivlegitimation zu verwerfen sei, werde das Klagebegehren 1 des
Beschwerdegegners gegenstandslos.

2.1 Der Beschwerdeführer rügt lediglich, die Vorinstanz habe mit der Bejahung
seiner Passivlegitimation hinsichtlich des Klagebegehrens 1
(Bilanzierungsanspruch) Bundesrecht verletzt und beruft sich darauf, der
Beschwerdegegner hätte seinen Anspruch gegen die Gesamtheit der in der
Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter richten müssen. Der Beschwerdeführer
könne nur gemeinschaftlich mit C.________ verpflichtet werden, die verlangte
Ausscheidungsbilanz zu erstellen. Da seine Passivlegitimation bezüglich des
eingeklagten Bilanzierungsanspruchs zu verneinen sei, bleibe der von ihm
angebrachte Vorbehalt hinsichtlich der Erfüllung des Bilanzierungsanspruchs
bestehen mit der Folge, dass durch die Einreichung der Bilanz der eingeklagte
Anspruch nicht erfüllt und das Klagebegehren 1 dadurch nicht gegenstandslos
geworden sei.

2.2 Der Einwand des Beschwerdeführers verfängt nicht. Unabhängig von der Frage,
ob der Anspruch des Beschwerdegegners durch Einreichung der Bilanz trotz des
Vorbehalts des Beschwerdeführers als erfüllt (vgl. Art. 68 ff. OR) zu
betrachten und die entsprechende Schuld getilgt worden wäre, ist das
Rechtsschutzinteresse des Beschwerdegegners nachträglich dahingefallen, da er
den Bilanzierungsanspruch im Sinne einer Stufenklage hilfsweise im Hinblick auf
den Abfindungsanspruch geltend machte und er diesen Anspruch in der Folge
bezifferte.
2.2.1 Im Prozess vorgetragene Begehren sind materiell nur zu beurteilen, wenn
sie auf einem hinreichenden Interesse gründen. Geht es um Ansprüche des
Bundesrechts, beurteilt sich abschliessend danach, ob ein genügendes
Rechtsschutzinteresse an deren gerichtlicher Beurteilung besteht (BGE 122 III
279 E. 3a S. 282; 116 II 351 E. 3a S. 355).
Die prozessuale Verbindung eines der Bezifferung des Hauptanspruchs dienenden
Auskunftsbegehrens mit einer zunächst unbestimmten Forderungsklage auf Leistung
des Geschuldeten stellt eine Stufenklage dar, in welcher der Hilfsantrag auf
Auskunft bzw. Rechnungslegung akzessorisch der Bezifferung des Hauptantrags auf
Zahlung einer Geldsumme dient. Lässt sich im Rahmen des Verfahrens der Betrag
des Hauptanspruchs ermitteln, ohne dass gegen den Beklagten ein Teilurteil auf
Auskunft zu ergehen hat, entfällt insoweit das Rechtsschutzinteresse des
Klägers an einer Weiterverfolgung des Hilfsanspruchs. Fällt das
Rechtsschutzinteresse im Laufe des Verfahrens dahin, so ist dem Klagerecht die
gesetzliche Grundlage entzogen und der Prozess wird gegenstandslos (BGE 116 II
351 E. 3c S. 355 f.).
2.2.2 Da der Beschwerdegegner auf Grundlage der vom Beschwerdeführer
eingereichten Ausscheidungsbilanz per 30. Juni 1995 erklärte, seinen zunächst
nur grob bezifferten Abfindungsanspruch nun genügend präzisieren zu können und
in der Folge auch entsprechend bezifferte, fiel sein Rechtsschutzinteresse
hinsichtlich des Klagebegehrens 1 dahin, zumal er nie ein über den
Abfindungsanspruch hinausreichendes Rechtsschutzinteresse geltend gemacht hatte
(vgl. BGE 116 II 351 E. 3b S. 355). Die Vorinstanzen haben daher kein
Bundesrecht verletzt, wenn sie den Prozess insoweit für gegenstandslos erachtet
haben.
Der Beschwerdeführer ficht die Kostenverteilung nicht selbständig an, sondern
ausschliesslich mit der Begründung, das Klagebegehren 1 wäre wegen des Einwands
der fehlenden Passivlegitimation abzuweisen gewesen und hätte nicht als
gegenstandslos abgeschrieben werden dürfen. Die Verteilung der Prozesskosten im
Zusammenhang mit dem Abschreibungsbeschluss erfolgte gestützt auf die
massgebenden Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts, dessen Verletzung im
Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht gerügt werden kann (vgl. Art. 95 BGG).
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern diese Bestimmungen
verfassungswidrig angewendet worden wären (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Abgesehen
davon wären entsprechende Rügen zunächst dem Kassationsgericht zu unterbreiten
gewesen (vgl. Art. 75 Abs. 1 BGG sowie § 281 ZPO/ZH; Frank/Sträuli/Messmer,
Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 1997, N. 11 zu § 281
ZPO/ZH). Dieses ist jedoch auf die vom Beschwerdeführer erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten und der Entscheid des
Kassationsgerichts ist unangefochten geblieben.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. November 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Leemann