Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.490/2008
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_490/2008 /len

Urteil vom 4. März 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz, Kolly,
Gerichtsschreiber Leemann.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokat Dr. Felix Liatowitsch,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schmid.

Gegenstand
Haftpflicht; Forderung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht,
vom 2. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 31. Juli 2001 kaufte der damals 14-jährige A.________ (Beschwerdegegner) an
einem Verkaufsstand der X.________ (Beschwerdeführerin) in B.________
Feuerwerkskörper der Marke "Mega Thunder". Diese waren mit einem Aufkleber
versehen gewesen, der nebst der Bezeichnung und verschiedener
Sicherheitshinweise auf Deutsch, Französisch und Italienisch auch folgenden
Hinweis trug: "Darf an Jugendliche unter 18 Jahren nicht abgegeben werden.
Grosser Feuerwerkskörper".
Der Beschwerdegegner befreite den inneren Teil des Feuerwerkskörpers "Mega
Thunder", der bei richtiger Handhabung in einer Höhe von ca. acht Metern über
dem Boden explodiert, von der Aussenhülle. Beide Bestandteile verfügen über
eine eigene Zündschnur, wobei diejenige des Innenteils kürzer ist und erst nach
Zündung des Aussenrohres zeitverzögert entzündet wird. Am Abend des 1. August
2001 begab sich der Beschwerdegegner zusammen mit Kollegen zum Dorfplatz. Er
wollte die Aussenhülle mit der längeren Zündschnur anzünden, wobei er sowohl
die Aussenhülle als auch den inneren Sprengkörper in derselben Hand hielt. Die
kürzere Zündschnur des inneren Teils fing ebenfalls Feuer und der
Feuerwerkskörper explodierte in seiner linken Hand, die ihm dadurch am
Grundgelenk abgerissen wurde.

B.
Der Beschwerdegegner klagte beim Bezirksgericht Arlesheim gegen die
Beschwerdeführerin auf Zahlung von Fr. 30'000.-- nebst Zins und Kosten, wobei
eine Mehrforderung ausdrücklich vorbehalten wurde. Das Bezirksgericht
beschränkte das Verfahren zunächst auf die Frage der Haftung der
Beschwerdeführerin. Mit Urteil vom 27. März 2007 wies das Bezirksgericht
Arlesheim die Klage ab.
Auf Appellation des Beschwerdegegners hin hob das Kantonsgericht
Basel-Landschaft den Entscheid des Bezirksgerichts mit Urteil vom 2. September
2008 auf, es hiess die Klage dem Grundsatz nach gut und wies die Streitsache
zur Festlegung des Schadensquantitativs an das Bezirksgericht Arlesheim zurück.

C.
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
Zivilsachen, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft sei aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt in seiner Antwort, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten. Eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen und das Urteil des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft sei zu bestätigen. Die Vorinstanz schliesst in
ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 134 III 235 E. 1; 133 III 629 E. 2 S. 630).

1.1 Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Endentscheide, mithin
solche, die das Verfahren abschliessen (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.1), sei
es insgesamt (Art. 90 BGG), sei es hinsichtlich eines Teils der gestellten,
unabhängig von den anderen beurteilbaren Begehren oder für einen Teil der
Streitgenossen (Art. 91 BGG).
Mit dem vorliegend angefochtenen Urteil vom 2. September 2008 bejahte das
Kantonsgericht Basel-Landschaft die Voraussetzungen für eine Haftpflicht der
Beschwerdeführerin und wies die Streitsache zur Festlegung des
Schadensquantitativs an das Bezirksgericht zurück. Dieser Entscheid schliesst
das Verfahren nicht ab, sondern stellt einen Zwischenentscheid dar.

1.2 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die weder die
Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, ist die Beschwerde nur zulässig,
wenn eine der folgenden alternativen Voraussetzungen erfüllt ist: Erstens, wenn
der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann
(Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Diese Voraussetzung ist vorliegend offensichtlich
nicht gegeben und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht.
Zweitens, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die
selbständige Anfechtbarkeit von Vor- und Zwischenentscheiden bildet aus
prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das
Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 134 III 188
E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu
handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen
Vor- bzw. Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig
anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich
auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).
Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen
nicht offensichtlich in die Augen springt (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 S.
429 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2). Dabei ist zu beachten, dass die
Begründung in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen hat und der blosse
Verweis auf kantonale Akten unzulässig ist (BGE 126 III 198 E. 1d S. 201; 116
II 92 E. 2 S. 93 f.).

1.3 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG. Sie
bringt im Rahmen ihrer Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde vor, bei
Gutheissung der Beschwerde und Abweisung der Klage könne ein sofortiger
Endentscheid herbeigeführt werden. Damit verbunden wäre nach Ansicht der
Beschwerdeführerin "ganz offensichtlich die Einsparung eines bedeutenden
Aufwands an Zeit und sicher auch von Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren". Zur Begründung ihres Standpunkts verweist sie auf einzelne
Stellen der Klageschrift des Beschwerdegegners, was die allfälligen
Beweismassnahmen anbelange sowie auf die Klageschrift insgesamt, aus der sich
die Komplexität des Falles ohne weiteres ablesen lasse.
Abgesehen davon, dass der blosse Verweis auf kantonale Akten zur
Beschwerdebegründung unzulässig ist, geht entgegen der Ansicht der
Beschwerdeführerin weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus der Natur der
Sache unzweifelhaft hervor, dass im Hinblick auf die Festlegung des
Schadensquantitativs ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, falls von der
grundsätzlichen Haftbarkeit der Beschwerdeführerin auszugehen wäre. Wie der
Beschwerdegegner zu Recht vorbringt, ist nicht bestritten, dass ihm durch den
von der Beschwerdeführerin verkauften Feuerwerkskörper die linke Hand
abgerissen wurde. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich die Klage auf
einen Betrag von Fr. 30'000.-- beschränkt und der Verlust einer Hand
erfahrungsgemäss zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit
bzw. Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens führen kann, ist nicht ohne
weiteres ersichtlich, welche weitläufigen Beweisverfahren im Hinblick auf die
Beurteilung des Schadensumfangs erforderlich wären. Entsprechend wäre es an der
Beschwerdeführerin gewesen, sich im Einzelnen zu den nach ihrer Ansicht noch
strittigen Tatfragen sowie zum Umfang der zu deren Klärung erforderlichen
Beweiserhebungen zu äussern.
Nach dem Ausgeführten ist nicht hinreichend dargetan, dass die Voraussetzungen
von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt sind, und es kann auf die Beschwerde
nicht eingetreten werden.

2.
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. März 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Leemann