Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.483/2008
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_483/2008 /len

Urteil vom 19. November 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
A.B.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg,

gegen

C.E.________,
D.E.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Diener.

Gegenstand
Mietvertrag; Kündigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
von Graubünden, Zivilkammer, vom 11. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Vertrag vom 26. Februar 2004 vermietete die X.B.________ AG in ihrem Wohn-
und Geschäftshaus in Arosa ab dem 1. April 2004 eine 5-Zimmer-Wohnung an
A.B.________ (Mieterin). Der Mietzins wurde auf monatlich Fr. 1'600.--
zuzüglich Nebenkosten von pauschal Fr. 150.-- festgelegt. Gemäss Mietvertrag
kann das Mietverhältnis mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils per
Ende März und per Ende September aufgelöst werden.
Am 12. Juli 2004 erwarben C.E.________ und D.E.________ das Wohn- und
Geschäftshaus der X.B.________ AG im Rahmen einer Grundpfandversteigerung. Die
neuen Eigentümer (Vermieter) kündigten das Mietverhältnis am 14. September 2004
mit amtlichem Formular auf den 31. März 2005.

B.
Am 11. Oktober 2004 beantragte die Mieterin der Schlichtungsstelle für
Mietsachen des Bezirks Plessur, die Kündigung der Vermieter sei aufzuheben;
eventualiter sei das Mietverhältnis zu erstrecken. Die Schlichtungsbehörde wies
diese Begehren am 27. Januar 2005 ab.
Am 28. Februar 2005 erhob die Mieterin beim Bezirksgericht Plessur Klage mit
den Begehren, der Entscheid der Schlichtungsbehörde für Mietsachen des Bezirks
Plessur sei aufzuheben, die Kündigung vom 14. September 2004 sei für nichtig,
resp. anfechtbar zu erklären und aufzuheben; eventualiter sei das
Mietverhältnis um vier Jahre, allenfalls nach richterlichem Ermessen zu
erstrecken.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2007 wies das Bezirksgericht die Klage ab, soweit es
darauf eintrat. Eine dagegen erhobene Berufung der Mieterin wies das
Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 11. Juni 2008 ab.

C.
Die Mieterin erhebt Beschwerde in Zivilsachen und verlangt, das Urteil des
Kantonsgerichts von Graubünden vom 11. Juni 2008 sei aufzuheben; die Kündigung
vom 14. September 2004 sei für nichtig, resp. anfechtbar zu erklären;
eventualiter sei das Mietverhältnis um vier Jahre, allenfalls nach
richterlichem Ermessen zu erstrecken; subeventualiter sei die Angelegenheit an
die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Weiter beantragt die
Mieterin, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Vermieter schliessen auf Abweisung der Beschwerde und Verweigerung der
aufschiebenden Wirkung. Das Kantonsgericht von Graubünden beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen und verzichtet auf eine Stellungnahme zur
aufschiebenden Wirkung.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil hat eine Zivilsache zum Gegenstand (Art. 72 BGG). Die
Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen
kantonalen Gerichts (Art. 75 BGG), mit dem die Begehren der Beschwerdeführerin
abgewiesen worden sind (Art. 76 BGG). Der Streitwert von Fr. 15'000.-- gemäss
Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG ist erreicht. Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit
grundsätzlich zulässig.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, der angefochtene Entscheid beruhe auf
offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen.

2.2 Nach Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht. "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei
"willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Da dem Sachgericht bezüglich der
Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zusteht, ist diese Würdigung
nur willkürlich, wenn es sein Ermessen missbrauchte, indem es zum Beispiel
offensichtlich unhaltbare Schlüsse zog oder erhebliche Beweise übersah (BGE 129
I 8 E. 2.1. S. 9; 120 Ia 31 E. 4b S. 40, mit Hinweisen). Die Rüge der
offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts, mithin der Verletzung
des Willkürverbots, prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur
insoweit, als sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (vgl.
BGE 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1).

3.
3.1 Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, es liege keine treuwidrige
Rachekündigung vor. Zwar bestünden zwischen den Familien B.________ und
E.________ erhebliche Differenzen. So seien mehrere Gerichtsverfahren hängig,
in denen sich Mitglieder der beiden Familien gegenüberstehen. Ebenfalls treffe
zu, dass die Beschwerdegegner nicht nur das Mietverhältnis mit der
Beschwerdeführerin, sondern auch jenes mit F.B.________ und mit der
B.Y.________, nicht dagegen den Mietvertrag mit der Familie G.________
gekündigt haben. Allein daraus lasse sich jedoch nicht der Schluss ziehen, die
vorliegende Kündigung sei lediglich ausgesprochen worden, weil die
Beschwerdeführerin der Familie B.________ angehöre. Die Beschwerdegegner hätten
glaubhaft geltend gemacht, den Mietvertrag gekündigt zu haben, um über die neu
erworbene Liegenschaft frei verfügen und beispielsweise eine Wohnung für sich
beanspruchen zu können. Demnach könne nicht davon gesprochen werden, die
Kündigung sei lediglich mit der Absicht zu schaden oder aus Rache ausgesprochen
worden.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kantonsgericht hätte feststellen
müssen, die Kündigung sei rein aus dem Gedanken erfolgt, der Mieterin zu
schaden. Es habe den von den Beschwerdegegnern vorgebrachten Beteuerungen
einfach geglaubt, ohne abzuklären, ob diese den Tatsachen entsprechen. Dies sei
nicht der Fall, was sich daraus ergebe, dass die Beschwerdegegner nur die
Mietverhältnisse mit den Mitgliedern der Familie B.________ gekündigt haben.
Zudem sei die Wohnung von Frau F.B.________ zwischenzeitlich frei geworden,
sodass die Beschwerdeführer über eine Wohnung verfügen könnten.

3.3 Dass eine Wohnung frei geworden sei, ergibt sich nicht aus dem
angefochtenen Urteil. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass sie
diese Behauptung bereits vor Kantonsgericht vorgebracht hatte oder erst dessen
Entscheid dazu Anlass gab. Damit liegt insoweit ein gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG
unzulässiges neues Vorbringen vor, das nicht zu hören ist. Entgegen der Annahme
der Beschwerdeführerin ergibt sich daraus, dass die Beschwerdegegner nur den
Mitgliedern der Familie B.________, nicht jedoch der Familie G.________
gekündigt haben, nicht zwingend, dass die Beschwerdegegner die Kündigungen nur
aussprachen, um der Familie B.________ zu schaden. So sind durchaus Gründe
denkbar, die rechtfertigen können, nur einem Teil der Mieter einer Liegenschaft
zu kündigen. Demnach ist der Vorinstanz bei der Ermittlung des Kündigungsmotivs
kein offensichtlicher Fehler unterlaufen.

4.
4.1 Vor dem Kantonsgericht machte die Beschwerdeführerin geltend, sie benötige
als Mitglied der Geschäftsleitung des Confiserie-Betriebes eine Wohnung im Haus
der Betriebsstätte, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten. Das
Kantonsgericht erwog, die Beschwerdeführerin habe nicht aufgezeigt, inwiefern
der Betriebsablauf erfordere, dass sie in der Geschäftsliegenschaft wohne.
Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, es genüge, wenn die
Beschwerdeführerin während der ordentlichen Geschäfts- bzw. Arbeitszeiten im
Betrieb anwesend sei.

4.2 Die Beschwerdeführerin wendet ein, es liege auf der Hand, dass für einen
reibungslosen Betriebsablauf erforderlich sei, dass ein Mitglied der
Geschäftsleitung im Haus wohne, in welchem sich das Geschäft befinde. So sei
beispielsweise notwendig, dass auch während den geschlossenen Zeiten Telefonate
betreffend Reservationen und Ähnliches empfangen werden könnten. Ebenso sei ab
und zu ein Kontrollgang erforderlich.

4.3 Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. Telefonanrufe können heutzutage
ohne weiteres umgeleitet werden, und die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf,
wozu und in welchem Umfang ausserhalb ihrer Arbeitszeit Kotrollgänge der
Mitglieder der Geschäftsleitung erforderlich sein sollen. Damit ist bezüglich
der Notwendigkeit des Wohnens im gleichen Gebäude wie der Geschäftsbetrieb eine
willkürliche Feststellung zu verneinen.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Mit dem
Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer