Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.47/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_47/2008 /len

Urteil vom 29. April 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Locher,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin 1,
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Rechsteiner,

Y.________ Arbeitslosenkasse,
Beschwerdegegnerin 2.

Gegenstand
Arbeitsvertrag; Kündigungsfrist,

Beschwerde gegen den Entscheid des Arbeits-
gerichts St. Gallen, Arbeitsgerichtspräsident,
vom 27. September 2007.

Sachverhalt:

A.
A.________ (Arbeitnehmerin) war seit dem 5. Oktober 1992 bei der X.________
(Arbeitgeberin) als Verkäuferin angestellt. Seit dem 1. Januar 2006 betrug ihr
Monatslohn, ausgehend von 16 Arbeitsstunden pro Woche, Fr. 1'645.-- netto. Mit
Schreiben vom 2. August 2006 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis
aus wirtschaftlichen Gründen auf den 31. Dezember 2006. Mitte Dezember 2006
erfuhr die Arbeitnehmerin, dass sie schwanger war und teilte dies der
Arbeitgeberin umgehend mit. Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wurde das
Arbeitsverhältnis vorsorglich fortgesetzt. Die Arbeitnehmerin unterzeichnete
einen Vertrag als Ferienaushilfe und wurde vom 1. Januar 2007 bis 24. Januar
2007 weiterhin beschäftigt, wofür sie Fr. 1'323.70 erhielt. Gemäss Arztzeugnis
vom 12. Januar 2007 war ihre Schwangerschaft bereits vor Ende November 2006
eingetreten.
Am 23. Januar 2007 teilte die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin mündlich mit,
das Arbeitsverhältnis werde nicht weitergeführt. Nach dem 24. Januar 2007
arbeitete die Arbeitnehmerin nicht mehr für die Arbeitgeberin. Mit Schreiben
vom 25. Januar 2007 gab die Arbeitgeberin gegenüber der Arbeitnehmerin an, der
Beginn der Schwangerschaft könne auf den 10. November 2006 festgelegt werden.
Die dreimonatige Kündigungsfrist sei somit bereits vor dem Beginn der
Sperrfrist abgelaufen gewesen, weshalb am Kündigungstermin festgehalten werde.
Die bis zum 24. Januar 2007 erbrachten Arbeitsstunden würden als Ferienaushilfe
vergütet. Mit Schreiben vom 26. Januar 2007 gab die Arbeitnehmerin - vertreten
durch die Y.________ Arbeitslosenkasse - an, die Kündigungsfrist sei in die
Sperrfrist gefallen, welche noch bis 16 Wochen nach der Geburt laufe. Das
Arbeitsverhältnis dauere somit noch an, weshalb die Arbeitnehmerin ihre
Arbeitskraft weiter anbiete. Auf dieses Schreiben reagierte die Arbeitgeberin
nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. März 2007 machte die Arbeitnehmerin
erneut geltend, die Kündigungsfrist habe nach der Methode der Rückwärtsrechnung
in der Sperrfrist gelegen, weshalb die Arbeitnehmerin bei der Arbeitgeberin
weiter beschäftigt werden solle. Am 2. August 2007 gebar die Arbeitnehmerin ein
Mädchen.

B.
Mit Klage vom 29. Mai 2007 belangte die Arbeitnehmerin (Klägerin 1) die
Arbeitgeberin (Beklagte) beim Arbeitsgericht St. Gallen auf Zahlung von Fr.
6'992.30 brutto samt 5 % Zins seit dem 29. Mai 2007. Zur Begründung führte die
Klägerin 1 aus, die Kündigung sei zur Unzeit erfolgt, weshalb sich das
Arbeitsverhältnis bis Ende Mai 2007 verlängere. Für diese Zeit verlangte sie
Lohn abzüglich des für den Januar 2007 erhaltenen Bruttolohns von Fr. 1'232.70.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2007 beantragte die Y.________ Arbeitslosenkasse
(Klägerin 2), im Prozess zwischen der Klägerin 1 und der Beklagten als
Nebenklägerin zugelassen zu werden. In der Folge verlangte die Klägerin 2 von
der Beklagten aus gesetzlicher Subrogation für an die Klägerin 1 ausbezahlte
Arbeitslosentaggelder für die Monate Januar bis Mai 2007 Fr. 5'312.25 netto.
Mit Entscheid vom 27. September 2007 stellte das Arbeitsgericht St. Gallen
fest, die Beklagte schulde aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin 1 Fr.
6'992.30 brutto nebst Zins zu 5 % seit dem 29. Mai 2007 und verpflichtete die
Beklagte, vom sich daraus ergebenden Nettolohn Fr. 5'312.25 an die Klägerin 2
und den Rest an die Klägerin 1 zu bezahlen.
Zur Begründung führte das Arbeitsgericht zusammengefasst aus, bei der Hemmung
der Kündigungsfrist gemäss Art. 336c Abs. 2 OR sei gemäss der Rechtsprechung
von der Methode der Rückrechnung auszugehen. Dass das Bundesgericht mit dem
abweichenden BGE 131 III 467 eine Praxisänderung gewollt habe, sei nicht
anzunehmen, da eine solche nicht begründet worden und auch nicht gerechtfertigt
sei. Demnach dauere die Kündigungsfrist vom 1. Oktober 2006 bis zum 31.
Dezember 2006. Der Beginn der Schwangerschaft am 10. November 2006 falle somit
in die Kündigungsfrist und hemme diese gemäss Art. 336c Abs. 2 OR bis zum
Ablauf der Sperrfrist gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. c OR. Die Kündigungsfrist
habe damit ab dem 10. November 2006 bis 16 Wochen nach der Geburt am 2. August
2006, d.h. bis zum 22. November 2007, stillgestanden. Die fehlenden 52 Tage der
Kündigungsfrist bis zum 31. Dezember 2006 seien daran anzuhängen, so dass sich
das Datum vom 13. Januar 2008 ergebe. Da gemäss Ziff. 15.1 lit. b L-GAV für die
X.________-Gruppe die Kündigungsfrist jeweils auf das Ende eines Monats falle,
ende das Arbeitsverhältnis gemäss Art. 336c Abs. 3 OR am 31. Januar 2008.

C.
Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den
Anträgen, der Entscheid des Arbeitsgerichts vom 27. September 2007 sei
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin 1 (Beschwerdegegnerin 1) schliesst auf Abweisung der Beschwerde
soweit darauf einzutreten sei. Die Klägerin 2 (Beschwerdegegnerin 2) und das
Arbeitsgericht liessen sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition die
Zulässigkeit der ihm unterbreiteten Beschwerden (BGE 133 III 439 E. 2; 132 III
747 E. 4 S. 748).

1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen Entscheide letzter kantonaler
Instanzen zulässig (Art. 75 Abs. 1 BGG). Das setzt voraus, dass die vor
Bundesgericht erhobenen Rügen mit keinem kantonalen Rechtsmittel hätten geltend
gemacht werden können. Gemäss Art. 255 des St. Galler Zivilprozessgesetzes vom
20. Dezember 1990 (ZPO/SG; sGS 961.2) ist eine Berufung an das Kantonsgericht
ausgeschlossen, wenn der Streitwert - wie im vorliegenden Fall - weniger als
Fr. 8'000.-- beträgt. In diesen Fällen kann jedoch gemäss Art. 254 lit. c ZPO/
SG mit Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Kantonsgericht geltend gemacht
werden, dass ein Arbeitsgericht bei Ausübung der Befugnisse willkürlich
gehandelt habe (vgl. Leuenberger/Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des
Kantons St. Gallen, N. 5 zu Art. 254 ZPO/SG, die insoweit von einer
eigentlichen kantonalen Willkürbeschwerde sprechen). Die Beschwerdeführerin
rügt jedoch vor Bundesgericht nicht die Verletzung des Willkürverbots, sondern
nur die unrichtige Entscheidung einer umstrittenen Rechtsfrage aus dem privaten
Arbeitsrecht. Da diese Rüge nicht mit der Rechtsverweigerungsbeschwerde erhoben
werden kann, erweist sich der angefochtene Entscheid als letztinstanzlich.
Nach dem Bundesgerichtsgesetz haben die Kantone grundsätzlich zwei Instanzen
vorzusehen, denen mindestens die gleiche Kognition wie dem Bundesgericht
zukommen muss (Art. 75 Abs. 2 i.V.m. Art. 111 Abs. 3 BGG). Zur notwendigen
Anpassung steht den Kantonen jedoch eine Übergangsfrist zu, welche noch nicht
abgelaufen ist (Art. 130 Abs. 2 BGG). Demnach ist nicht erheblich, dass das
Arbeitsgericht kein oberes Gericht im Sinne von Art. 75 Abs. 2 BGG ist.

1.3 Die Beschwerde in Zivilsachen ist bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten
in arbeitsrechtlichen Fällen grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert
mindestens Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Wird dieser
Streitwert nicht erreicht, ist die Beschwerde ausnahmsweise dennoch zulässig,
wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2
lit. a BGG). Das ist der Fall, wenn ein allgemeines Interesse besteht, dass
eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche
Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit
Rechtssicherheit herzustellen (vgl. BGE 133 III 645 E. 2.4). Eine vom
Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher
Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann
zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der massgebenden
Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (vgl. Urteil 4A_216/2007 vom 13.
September 2007 E. 1.3; Beat Rudin, Basler Kommentar, N. 51 zu Art. 74 BGG;
Karin Müller, Einige Gedanken zum Begriff der "Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung" bei der Beschwerde in Zivilsachen nach dem neuen
Bundesgerichtsgesetz, in: Isaak Meier et al. [Hrsg.], Wege zum Bundesgericht in
Zivilsachen nach dem Bundesgerichtsgesetz; Zürich/St. Gallen 2007, S. 113 ff.,
126). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so ist in der
Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42
Abs. 2 BGG).

1.4 Die Beschwerdeführerin bringt vor, es stelle sich die Frage, wie die
Kündigungsfrist gemäss Art. 336c Abs. 2 OR zu bestimmen sei. In BGE 131 III 467
E. 2.1 habe das Bundesgericht entgegen seiner früheren Praxis angenommen, die
Kündigungsfrist beginne mit der Zustellung der Kündigung zu laufen, ohne von
einer Praxisänderung zu sprechen. Im Entscheid 4C.230/2005 E. 1 kehre das
Bundesgericht zu seiner bisherigen Praxis zurück, ohne auf den davon
abweichenden BGE 131 III 467 einzugehen. Im Rechtsalltag werde daher darüber
spekuliert, welcher dieser Entscheide der "Ausreisser" sei. Es sei wünschbar,
dass das Bundesgericht diese Frage beantworte, zumal die uneinheitliche Praxis
auf kantonaler Ebene zu unterschiedlichen Entscheiden geführt habe. Die
Beschwerdegegnerin stellt die grundsätzliche Bedeutung der zur Diskussion
stehenden materiellen Rechtsfrage nicht in Abrede.

1.5 In der Lehre wird BGE 131 III 467 kritisiert und die Meinung vertreten, das
Bundesgericht habe damit wohl keine Änderung der Rechtsprechung vornehmen
wollen (Gabriel Aubert, Calcul du délai de congé: revirement de jurisprudence?
in: Zeitschrift für Arbeitsrecht und Arbeitslosenversicherung, ARV 2005, S. 173
ff., 175; Portmann, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2007, N. 12 zu Art. 336c OR).
Das Bundesgericht ging im Urteil 4C.230/2005 E. 1 nicht auf den abweichenden
BGE 131 III 467 ein, weshalb nicht geklärt ist, ob mit diesem Entscheid eine
Praxisänderung gewollt war. Damit besteht insoweit eine Rechtsunsicherheit,
deren Beseitigung im allgemeinen Interesse liegt (Jean-Philippe Dunand, Entre
flexibilisation et protection: le droit du travail en évolution (2005-2007),
in: Aktuelle Anwaltspraxis 2007, S. 315 ff., 324; vgl. auch Wolfgang Portmann/
Jean-Fritz Stöckli, Schweizerisches Arbeitsrecht, 2. Aufl. Zürich/Basel/Bern
2007, S. 202 Rz. 718, die angeben, die zukünftige Entwicklung sei ungewiss.).
Demnach ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu bejahen und auf
die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde in Zivilsachen einzutreten.

2.
2.1 Art. 336c OR mit der Marginalie "Kündigung zur Unzeit durch den
Arbeitgeber" bestimmt:
"1 Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht
kündigen:
a. während die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder
Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet, sowie, sofern die
Dienstleistung mehr als elf Tage dauert, während vier Wochen vorher und
nachher;
b. während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch
Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im
ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr
während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen;
c. während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer
Arbeitnehmerin;
d. während der Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von der
zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im
Ausland teilnimmt.
2 Die Kündigung, die während einer der in Absatz 1 festgesetzten Sperrfristen
erklärt wird, ist nichtig; ist dagegen die Kündigung vor Beginn einer solchen
Frist erfolgt, aber die Kündigungsfrist bis dahin noch nicht abgelaufen, so
wird deren Ablauf unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist
fortgesetzt.
3 Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin, wie das Ende
eines Monats oder einer Arbeitswoche, und fällt dieser nicht mit dem Ende der
fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlängert sich diese bis zum
nächstfolgenden Endtermin."

2.2 In einem Entscheid aus dem Jahr 1989 ging das Eidgenössische
Versicherungsgericht davon aus, der Beginn der Kündigungsfrist gemäss Art. 336c
Abs. 2 OR sei durch Rückrechnung vom Endtermin aus zu bestimmen. Zur Begründung
wurde ausgeführt, der Zweck von Art. 336c Abs. 2 OR bestehe darin, dem
gekündigten Arbeitnehmer trotz zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit eine ungekürzte
Kündigungsfrist zu garantieren, damit er in der Lage ist, sich nach einer neuen
Stelle umzusehen. Der Arbeitnehmer sei aber gerade gegen Ende seines
gekündigten Arbeitsverhältnisses darauf angewiesen, dass eine allfällige
Krankheit ihn beim Suchen einer Stelle möglichst nicht behindert. Dies treffe
insbesondere dann zu, wenn Stellen in seiner Branche regelmässig kurzfristig
besetzt werden. Der Zweck von Art. 336c Abs. 2 OR lasse sich demzufolge in
befriedigender Weise nur verwirklichen, wenn die Möglichkeit der Stellensuche
während der Schlussphase des bisherigen Arbeitsverhältnisses gewährleistet
werde (BGE 115 V 437 E. 3b S. 441). Das Bundesgericht hat diesen Entscheid
später in konstanter Rechtsprechung bestätigt (Urteil vom 23. Oktober 1992 E.
2, publ. in: SJ 1993 S. 366; BGE 119 II 449 E. 2a; Urteil vom 20. Juli 1994 E.
3a, publ. in: SJ 1995 S. 801; BGE 121 III 107 E. 2a; Urteil 4C.331/2001 vom 12.
Februar 2002 E. 3d). Davon abweichend nahm das Bundesgericht in einem
publizierten Entscheid vom 14. April 2005 an, beim zeitlichen Kündigungsschutz
beginne die Kündigungsfrist stets mit der Zustellung der Kündigung bzw. am
darauf folgenden Tag zu laufen (BGE 131 III 467 E. 2.1). Mit diesem Entscheid
wurde jedoch keine Änderung der bisherigen Rechtsprechung beabsichtigt, da
nicht darauf Bezug genommen und die Abweichung nicht begründet wurde. Dies wird
dadurch bestätigt, dass das Bundesgericht in einem nicht publizierten Urteil
vom 1. September 2005 wieder gemäss früherer Praxis entschied (Urteil 4C.230/
2005 E. 1). Demnach ist klarzustellen, dass diese Rechtsprechung nach wie vor
massgebend ist.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt, entgegen der Meinung des Arbeitsgerichts sei
die vom Bundesgericht in BGE 131 III 467 vorgesehene Lösung richtig. Art. 336c
Abs. 2 OR bezwecke, dem Arbeitnehmer zur Suche nach einer neuen Stelle die
volle Kündigungsfrist zu gewährleisten. Habe aber diese Frist zur Verfügung
gestanden, gebe es gemäss BGE 124 III 474 keinen Grund für eine nochmalige
Verlängerung der Kündigungsfrist. Zudem sei verfehlt anzunehmen, der
Arbeitnehmer brauche besonders gegen Ende des Arbeitsverhältnisses mehr Schutz.
Nicht selten würden Arbeitnehmer nach der Mitteilung der Kündigung, z.B. aus
Schock oder Verzweiflung darüber, vorübergehend arbeitsunfähig. In diesen
Konstellationen verdiene der Arbeitnehmer ebenso Schutz wie in jenen, in denen
er gegen Ende des Arbeitsverhältnisses krank werde. Dazu komme, dass die
Bemühungen, eine neue Stelle zu finden, im Regelfall sofort nach Erhalt der
Kündigung an die Hand genommen werden. Finde der Arbeitnehmer bald eine neue
Stelle, so werde er sich im Regelfall auch nicht auf Art. 336c Abs. 2 und 3 OR
berufen, wenn er gegen Ende des alten Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig
werde. Habe indessen der Arbeitnehmer auch kurz vor Ende des
Arbeitsverhältnisses noch keine neue Stelle gefunden, werde die nahtlose
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ungeachtet einer möglichen
Arbeitsunfähigkeit immer unwahrscheinlicher. Daher sei die Beeinträchtigung bei
der Stellensuche durch eine Krankheit in der Endphase des Arbeitsverhältnisses
nicht mehr so belastend.

3.2 Mit diesen Vorbringen verlangt die Beschwerdeführerin eine Änderung der
Rechtsprechung. Eine solche ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Gerichten
ist es nicht verwehrt, eine bisher geübte Praxis zu ändern, wenn sie zur
Einsicht gelangen, dass eine andere Rechtsanwendung dem Sinn des Gesetzes oder
veränderten Verhältnissen besser entspricht. Eine Praxisänderung muss sich
jedoch auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die umso gewichtiger
sein müssen, je länger die als nicht mehr richtig erkannte bisherige Praxis
befolgt wurde (BGE 133 III 335 E. 2.3 mit Hinweisen). Ob die Voraussetzungen
für eine Änderung der Rechtsprechung gegeben sind, ist im Folgenden zu prüfen.

3.3 Soweit sich die Beschwerdeführerin auf BGE 124 III 474 beruft, lässt sie
ausser Acht, dass dieser Entscheid bloss die Frage betrifft, ob eine
Arbeitsunfähigkeit während der Fristverlängerung gemäss Art. 366c Abs. 3 OR
ebenfalls zu einer Hemmung der Kündigung führe. Dies hat das Bundesgericht
verneint, da diese Fristverlängerung nur bezwecke, beiden Parteien den Übergang
des Arbeitsverhältnisses und den Ersatz des entlassenen Arbeitnehmers zu
erleichtern (BGE 124 III 474 E. 2b/aa S. 477). Die Annahme des Bundesgerichts,
dass der Arbeitnehmer in der Regel speziell gegen Ende des Arbeitsverhältnisses
darauf angewiesen ist, während der vollen Kündigungsfrist eine neue Stelle
suchen zu können, vermag die Beschwerdeführerin nicht zu widerlegen. Sie
bestreitet nicht, dass es Stellen gibt, welche kurzfristig besetzt werden.
Zudem wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Stellensuche - wenn sie
nicht bereits vorher zum Erfolg geführt hat - gegen das Ende des
Arbeitsverhältnisses intensiviert. Weiter kann entgegen der Annahme der
Beschwerdeführerin nicht gesagt werden, dass nach der Wahrnehmung eines
"Durchschnittsmenschen", die Kündigung den Lauf der Kündigungsfrist auslöse.
Vielmehr ist diese Frist ausgehend vom Ende des Arbeitsverhältnisses zu
bestimmen, wobei die Kündigung - anders als bei einer Rechtsmittelfrist - nicht
innerhalb, sondern vor Beginn der Kündigungsfrist auszusprechen ist. Zudem
trifft es nicht zu, dass bei der Anwendung der Methode der Rückwärtsrechnung
die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Kündigung
unbeachtlich wäre, wenn er während der Kündigungsfrist wieder arbeitsfähig ist.
Damit vermag die Beschwerdeführerin für eine Praxisänderung keine hinreichenden
Gründe anzuführen. Solche sind auch nicht ersichtlich, zumal die neuere Lehre
der bisherigen Rechtsprechung zustimmt (Portmann, a.a.O., N. 12 zu Art. 336c
OR; Wolfgang Portmann/Jean-Fritz Stöckli, a.a.O., S. 202 Rz. 718; Streiff/von
Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl. Zürich 2006, N. 3 zu Art. 336c OR; Brunner/
Bühler/Waeber/Bruchez, Kommentar zum Arbeitsvertragsrecht, 3. Aufl. Basel 2005,
N. 12 zu Art. 336c OR; Aubert, Commentaire Romand, N. 3 zu Art. 336c-d OR;
Hans-Peter Egli, in: Kren Kostkiewicz/Bertschinger/Breitschmied/ Schwander
[Hrsg.], Handkommentar OR, Zürich 2002, N. 14 zu Art. 336c in Verb. mit N. 1 zu
Art. 335a OR; offen gelassen: Aubert, a.a.O., ARV 2005, S. 175 f.). An dieser
Rechtsprechung ist daher festzuhalten.

4.
Für den Fall, dass von der Methode der Rückrechnung auszugehen sei, anerkennt
die Beschwerdeführerin die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung der
Kündigungsfrist als zutreffend. Damit erübrigen sich weitere Erörterungen.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Diese werden nach Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG festgelegt, da der
Streitwert unter Fr. 30'000.-- liegt. Die Beschwerdeführerin hat zudem die
Beschwerdegegnerin 1 für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin 1 für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Arbeitsgericht St. Gallen,
Arbeitsgerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. April 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer