Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.440/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_440/2008 /len

Urteil vom 29. Dezember 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Rabian,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Lucius Richard Blattner.

Gegenstand
Anerkennung und Vollstreckung eines
ausländischen Urteils,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh.,
Abteilung Zivil-
und Strafgericht, vom 3. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Die X.Y.________ AG mit Sitz in B.________ bezweckt gemäss
Handelsregistereintrag insbesondere die Vermögensverwaltung für
mittelständische Unternehmungen und Einzelpersonen.
A.________ ist selbständiger Optiker mit Wohnsitz im deutschen Bundesland
Sachsen. Er legte mit der Unterstützung der X.Y.________ AG Kapital in der
Schweiz an. Im März 2006 kündigte A.________ die mit der X.Y.________ AG
geschlossenen Vereinbarungen und verlangte Schadenersatz.

B.
B.a Mit Urteil vom 25. Januar 2007 verpflichtete das Landgericht Leipzig die
X.Y.________ AG (Beklagte), A.________ (Kläger) EUR 19'056.92 nebst Zins zu
bezahlen. Dieses Urteil bestätigte das Oberlandesgericht Dresden am 20. Juni
2007. Zur Begründung führte es zusammengefasst aus, der Kontakt zwischen den
Parteien sei durch ein Call-Center in Deutschland hergestellt worden. Daraufhin
habe der Kläger in Deutschland bei jeweiligen Gesprächsterminen mit einem
Vertreter der Beklagten am 19. und 25. August 2003 mit
"Vermögensverwaltungsauftrag" und "Anlageauftrag - Schweizer
Vermögensaufbauprogramm" bezeichnete Verträge unterzeichnet. Der Kläger habe
dem Kundenbetreuer der Beklagten an diesen Terminen Barbeträge von EUR 7'200.--
und EUR 9'700.-- ausgehändigt und eine einmalige "Auslands-Bearbeitungsgebühr"
von EUR 1'700.-- in bar bezahlt. Tatsächlich habe die Beklagte für den Kläger
zwei Lebensversicherungen mit jeweils jährlicher Dynamisierung von 10 %
abgeschlossen. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Kreditwesen
(Kreditwesengesetz, KWG) bedürfe, wer im Inland gewerbsmässig Bankgeschäfte
betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen wolle, der vorherigen
schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt. Diese Pflicht greife jedenfalls
dann, wenn der ausländische Anbieter von Finanzportofolioverwaltung wie im
vorliegenden Fall deutsche Kunden durch Mitarbeiter oder Repräsentanten im
Inland unaufgefordert zielgerichtet anspreche und sie im persönlichen Gespräch
zum Abschluss eines entsprechenden Vermögensverwaltungsvertrages veranlasse. Da
die Beklagte gewerbsmässig gehandelt habe, habe sie gegen die Erlaubnispflicht
gemäss § 32 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG verstossen, zumindest
fahrlässig. Der Kläger könne Ersatz des durch die schuldhafte
Schutzgesetzverletzung entstandenen Schadens verlangen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Mai 2007 verpflichtete das Landgericht
Leipzig die Beklagte weiter, dem Kläger eine ausseramtliche Entschädigung von
EUR 2'899.86 zu bezahlen.
B.b In der Folge verlegte die Beklagte ihren Sitz von B.________ nach
C.________ und änderte am 29. Juni 2007 ihre Firma in X.________ AG. Um diese
Änderungen für die Vollstreckung festzuhalten, erliess das Oberlandesgericht
Dresden am 27. August 2007 einen Beschluss zur Anpassung des erst- und
zweitinstanzlichen Urteils. Mit gleichlautendem Beschluss vom 28. September
2007 passte das Landgericht Leipzig seinen Kostenfestsetzungsbeschluss
entsprechend an.
B.c Der Kläger liess mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Appenzell vom 6.
Dezember 2007 die Beklagte über Fr. 41'842.40 nebst Zins betreiben, worauf
diese Rechtsvorschlag erhob. Am 8. Januar 2008 reichte der Kläger beim
Bezirksgerichtspräsidenten von Appenzell I.RH. ein Begehren um
Vollstreckbarerklärung und definitive Rechtsöffnung ein. Mit Urteil vom 14.
Februar 2008 erklärte das Bezirksgericht das Urteil des Landgerichts Leipzig
vom 25. Januar 2007 betreffend die Parteien inklusive des
Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 3. Mai 2007 für vollstreckbar und erteilte in
der Betreibung Nr. 000 des Betreibungsamtes Appenzell für den Betrag von Fr.
41'842.40 nebst Zins zu 8,19 % seit 4. Dezember 2007 sowie
Zahlungsbefehlskosten von Fr. 100.-- definitive Rechtsöffnung.
Die Beklagte erhob gegen die Vollstreckbarkeitserklärung den in Art. 36 des
Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (SR 0.275.11;
Lugano-Übereinkommen; LugÜ) vorgesehenen Rechtsbehelf, den das Kantonsgericht
Appenzell I.Rh. mit Urteil vom 3. Juni 2008 abwies, soweit es darauf eintrat.

C.
Die Beklagte (Beschwerdeführerin) beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
Zivilsachen, das Urteil des Kantonsgerichts vom 3. Juni 2008 aufzuheben und das
Urteil des Landgerichts Leipzig vom 25. Januar 2007 sowie den
Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Mai 2007 als in der Schweiz nicht
vollstreckbar zu erklären; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Kläger (Beschwerdegegner) beantragt, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Das Kantonsgericht schliesst auf
Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 BGG) in einem Verfahren zur Vollstreckung eines
Urteils in Zivilsachen. Solche Entscheide unterliegen gemäss Art. 72 Abs. 2
lit. b Ziff. 1 BGG der Beschwerde in Zivilsachen. Der erforderliche Streitwert
von Fr. 30'000.-- ist gegeben (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. auch Urteil
4A_31/2008 vom 6. März 2008 E. 1). Auf die form- und fristgerecht eingereichte
Beschwerde in Zivilsachen ist demnach grundsätzlich einzutreten.

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für
den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführerin, die die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten
will, muss substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme
gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350
E. 1.3). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden,
als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Dies kann auf Tatsachen zutreffen, die erst aufgrund einer neuen überraschenden
rechtlichen Argumentation der Vorinstanz Rechtserheblichkeit erlangt haben
(Urteil 4A_36/2008 vom 18. Februar 2008 E. 4.1). Soweit die Beschwerdeführerin
in ihrer Beschwerdebegründung von den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz abweicht, ohne substantiiert Ausnahmen von der Sachverhaltsbindung
gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG geltend zu machen oder Tatsachen vorbringt, welche
im angefochtenen Urteil keine Stütze finden, haben ihre Vorbringen unbeachtet
zu bleiben.

2.
2.1 Gemäss Art. 27 Ziff. 1 LugÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn
die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend
gemacht wird, widersprechen würde. Ähnlich sieht auch Art. 27 Abs. 1 IPRG vor,
dass eine ausländische Entscheidung in der Schweiz nicht anerkannt werden kann,
wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen Ordre public offensichtlich
unvereinbar wäre. Eine Unvereinbarkeit mit dem materiellen Ordre public liegt
vor, wenn das einheimische Rechtsgefühl durch die Anerkennung und Vollstreckung
eines ausländischen Entscheids in unerträglicher Weise verletzt würde, weil er
grundlegende Vorschriften der schweizerischen Rechtsordnung missachtet (BGE 131
III 192 E. 4.1 S. 185 mit Hinweisen). Dies kann zutreffen, wenn ein
ausländisches Urteil gegen qualifiziert zwingende Bestimmungen des
schweizerischen Rechts verstösst (BGE 130 III 336 E. 2.4 S. 340). Der formelle
Ordre public ist verletzt, wenn das anzuerkennende Urteil gegen die
fundamentalen Prinzipien, wie sie sich aus der Konzeption des schweizerischen
Zivilprozessrechts ergeben, verstösst. Ein solcher Verstoss liegt nicht bereits
vor, wenn eine gerichtliche Zahlungsaufforderung in Verletzung einer
staatsvertraglichen Verpflichtung per Post anstatt rechtshilfeweise zugestellt
wird (Urteil 5A_633/2007 vom 14. April 2008 E. 3 und E. 3.3).

2.2 Vor dem Kantonsgericht machte die Beschwerdeführerin geltend, in der
Schweiz könnten die deutschen Urteile gemäss Art. 27 Ziff. 1 LugÜ nicht
vollstreckt werden, weil sie das Allgemeine Abkommen über den Handel mit
Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS, SR 0.632.20)
und damit den schweizerischen Ordre public verletzen.

2.3 Das Kantonsgericht erwog, das GATS sei nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts nicht direkt anwendbares (self-executing) Völkerrecht, weshalb
sich die Beschwerdeführerin nicht darauf berufen könne.

2.4 Die Beschwerdeführerin wendet vor Bundesgericht ein, für die Frage, ob
Staatsvertragsrecht zum schweizerischen Ordre public gehöre, sei nicht
massgebend, ob ein Staatsvertrag self executing sei oder nicht. Andernfalls
könnte nationales Recht die Nichterfüllung internationaler Verträge
rechtfertigen. Dies würde dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge
und dem darin statuierten Grundsatz "pacta sunt servanda" widersprechen. Das
Völkerrecht sei für in der Schweiz ansässige Unternehmen mit international
ausgerichteter Leistungserbringung eine wichtige Entscheidungs- und
Vertrauensgrundlage, welche als Bestandteil der öffentlichen Ordnung der
Schweiz angesehen werden müsse. Die zu vollstreckenden Urteile verstiessen
gegen den in Art. II GATS vorgesehenen Grundsatz der Meistbegünstigung. Gemäss
dem von der Schweiz und Deutschland ratifizierten Zweiten Anhang zum GATS
könnten die Mitgliedstaaten in Erklärungen Massnahmen aufführen, welche der
Meistbegünstigung im Bereich der Finanzdienstleistungen entgegenstehen. So habe
Belgien für die Erbringung der Anlageberatung einen nationalen Vorbehalt
angebracht, wonach diese Dienstleistung nur erbracht werden darf, wenn eine
zugelassene Niederlassung im Inland errichtet werde. Deutschland habe jedoch
keine entsprechende Vorbehaltserklärung abgegeben.

2.5 Nach Rechtsprechung und Lehre kann sich der Einzelne nur auf
staatsvertragliche Bestimmungen berufen, soweit diese direkt anwendbar bzw.
"self-executing" und in einem Vertrag enthalten sind, der dem Einzelnen
überhaupt eine rechtlich geschützte Stellung verschafft (BGE 130 I 26 E. 1.2.3
S. 30 f. mit Hinweisen; ULRICH HÄFELI UND ANDERE, Schweizerisches
Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, S. 571 Rz. 1915, MARKUS SCHOTT, in: Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 54 zu Art. 95 BGG; vgl. auch RENÉ
RHINOW, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, 2003, S. 571 Rz. 3234
ff.). Das Bundesgericht hat in BGE 125 II 293 (E. 4d S. 305) ausgeführt, das
GATS verpflichte lediglich die Signatarstaaten, es schaffe keine unmittelbar
anwendbaren Rechte, auf die sich Fernmeldeunternehmungen berufen könnten. In
einem späteren Entscheid lehnte es das Bundesgericht ab, aus dem GATS ein
subjektives Recht der Leistungserbringer auf "Entbündelung" von Mietleitungen
abzuleiten (Urteil 2A.503/2000 und 2A.505/2000 vom 3. Oktober 2001, E. 9c).

2.6 Dass das GATS entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichts direkt
anwendbar sei, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Sie konnte demnach
nicht darauf vertrauen, dieses Übereinkommen verschaffe ihr eine rechtlich
geschützte Stellung. Damit ist eine Verletzung des schweizerischen Ordre public
wegen enttäuschten Vertrauens in staatsvertragliche Bestimmungen zu verneinen.

2.7 Zudem wäre selbst bei direkter Anwendbarkeit des GATS kein Verstoss gegen
den schweizerischen Ordre public gegeben. Dieser wird durch eine mögliche
Staatsvertragsverletzung nur verletzt, wenn grundlegende Prinzipien des
schweizerischen Rechts missachtet werden (vgl. E. 2.1). Die Beschwerdeführerin
bringt selbst vor, dass die Bundesrepublik Deutschland im vorliegenden Fall die
Geltung der Meistbegünstigungsklausel des GATS durch einen Vorbehalt hätte
ausschliessen können. Somit erweist sich die Beachtung dieser Klausel unter
Umständen als verzichtbar, weshalb ihre Verletzung keinen Verstoss gegen
grundlegende Prinzipien des schweizerischen Rechts bedeuten kann.

3.
Nach dem Gesagten kommt der Erwägung des Kantonsgerichts, wonach die
Beschwerdeführerin die Völkerrechtswidrigkeit des zu vollstreckenden Urteils im
Vollstreckungsverfahren nicht mehr beanstanden kann, weil sie diese Rüge
bereits im Erkenntnisverfahren beim Bundesgerichtshof hätte erheben können und
müssen, keine entscheiderhebliche Bedeutung zu. Auf die gegen diese Erwägung
gerichtete Kritik der Beschwerdeführerin ist daher nicht einzutreten.

4.
4.1 Alsdann bringt die Beschwerdeführerin vor, der schweizerische Ordre public
werde verletzt, weil das zu vollstreckende Urteil einen ungerechtfertigten
Eingriff in die Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV darstelle. Danach könne der
Beschwerdegegner bei der Rückabwicklung des Vermögensverwaltungsvertrages nicht
nur zurückverlangen, was er anvertraut habe, sondern auch, was er der
Lebensversicherungsgesellschaft übergeben habe, ohne dass die Frage der
Kausalität zur unerlaubten Handlung geprüft worden sei.

4.2 Die Rüge ist unbegründet. Die Beschwerdeführerin lässt ausser Acht, dass
das Oberlandesgericht die Frage der Kausalität durchaus prüfte und in der
Annahme bejahte, ohne den Verstoss der Beschwerdeführerin gegen das KWG wäre es
nicht zum Abschluss der Versicherungen gekommen. Von einer Verletzung des Ordre
public kann auch insoweit nicht die Rede sein.

5.
5.1 Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, das deutsche KWG
verbiete in der Schweiz ansässigen unabhängigen Vermögensverwaltern, sich
grenzüberschreitend von der Schweiz aus an den deutschen Markt zu wenden, um
Kunden zu werben. Unabhängige Vermögensverwalter hätten nach den Bestimmungen
des KWG keine Möglichkeit, in Deutschland die Zulassung für die Errichtung
einer Zweigniederlassung zu erhalten, da der Hauptsitz in der Schweiz nicht
einer vom KWG geforderten Aufsicht nach gleichwertigen Standards unterliege.
Damit unterstünden in der Schweiz ansässige unabhängige Vermögensverwalter in
Deutschland einem Totalverbot der grenzüberschreitenden Information an
potentielle Kunden. Dieses Verbot gehe über den Rahmen der zulässigen
Einschränkungen nach Art. 10 Abs. 2 EMRK hinaus, weshalb das "Leipziger Urteil"
die Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit gemäss Art. 10 Abs. 1 EMRK und
damit auch den schweizerischen Ordre public verletzte.

5.2 Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts schützt die Meinungs- und
Informationsfreiheit (Art. 16 BV) nur Meinungen ideellen Inhalts, nicht jedoch
zu kommerziellen Zwecken abgegebene Äusserungen. Diese unterstehen nur dem
weniger weit gehenden Schutz der Wirtschaftsfreiheit (BGE 128 I 295 E. 5a mit
weiteren Hinweisen). Wohl deshalb, weil die EMRK keine der Wirtschaftsfreiheit
entsprechende Garantie enthält, erfasst nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) der Schutzbereich der
Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 10 EMRK auch kommerzielle Werbung. Der
EGMR wendet insoweit jedoch einen zurückhaltenden Prüfungsmassstab an und räumt
den Staaten einen weiten Beurteilungsspielraum ein. Rein wirtschaftliche
Werbung wird deshalb von Art. 10 EMRK weniger intensiv geschützt als andere
Äusserungen im Geltungsbereich dieses Grundrechts (JÖRG PAUL MÜLLER/MARKUS
SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Auflage, S. 368 f. mit Hinweisen; vgl.
auch ULRICH HÄFELIN UND ANDERE, a.a.O., S. 137 Rz. 455).

5.3 Die Beschwerdeführerin hat gemäss den Feststellungen des Oberlandesgerichts
den Beschwerdegegner über ein deutsches Call-Center angesprochen und ihn in
Deutschland im Gespräch zum Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrages
veranlasst. Damit lag eine rein kommerzielle Kommunikation vor, welche zudem
mit einer aktiven persönlichen Kontaktaufnahme verbunden war. Dass der deutsche
Gesetzgeber derartige Werbeaktivitäten durch ausländische Vermögensverwalter
mittels eines Bewilligungsvorbehalts einschränkt, lässt sich ohne Weiteres mit
dem öffentlichen Interesse des Konsumentenschutzes rechtfertigen (vgl. Art. 36
Abs. 2 BV), weshalb eine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit zu verneinen
ist. Auch insoweit liegt kein Verstoss gegen den Ordre public vor.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs.
1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh.,
Abteilung Zivil- und Strafgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Dezember 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer