Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.36/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_36/2008 /len

Urteil vom 18. Februar 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Emch,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Remigius Küchler.

Gegenstand
Unerlaubte Handlung; Wiederherstellung einer Frist,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Solothurn, Zivilkammer,
vom 11. Dezember 2007.

Sachverhalt:
A.
Am 5. Januar 2006 erhob B.________ (Beschwerdegegner) beim Richteramt
Solothurn-Lebern gegen A.________ (Beschwerdeführer) Klage "betreffend
Forderung (Organhaftung usw.)" mit dem Begehren, dieser sei zu verpflichten,
dem Beschwerdegegner Fr. 524'500.-- zuzüglich Zins zu bezahlen. Mit Urteil vom
12. April 2007 verpflichtete das Amtsgericht den Beschwerdeführer, dem
Beschwerdegegner Fr. 522'462.20 nebst Zins zu 4 % auf Fr. 375'000.-- seit dem
1. Dezember 2004 und Zins zu 5 % auf Fr. 53'342.20 seit dem 1. Dezember 2004 zu
bezahlen. Dieses Urteil wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 13. April
2007 zugestellt.
B.
Mit einem vom 23. April 2007 datierten Schreiben erklärte der Beschwerdeführer
Appellation an das Obergericht des Kantons Solothurn. Der Präsident der
Zivilkammer des Obergerichts forderte den Beschwerdeführer mit Verfügung vom
23. Mai 2007 auf zu belegen, dass seine Appellationserklärung rechtzeitig der
Post übergeben worden ist. Für den Unterlassungsfall wurde Nichteintreten auf
die Appellation angedroht.
Am 4. Juni 2007 stellte der Beschwerdeführer ein Wiedereinsetzungsgesuch mit
dem Antrag, die am 23. April 2007 auslaufende Appellationsfrist gegen das
Urteil des Amtsgerichts Solothurn-Lebern vom 12. April 2007 sei wieder
herzustellen.
Mit Urteil vom 11. Dezember 2007 wies das Obergericht das
Wiedereinsetzungsgesuch ab und trat auf die Appellation nicht ein.
C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben, das Obergericht sei anzuweisen, das
Wiedereinsetzungsgesuch vom 4. Juni 2007 gutzuheissen und auf die Appellation
des Beschwerdeführers vom 23. April 2007 einzutreten.
Der Beschwerdegegner und die Vorinstanz beantragen, die Beschwerde sei
abzuweisen.

D.
Mit dem heutigen Entscheid in der Sache wird das Gesuch des Beschwerdeführers
um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

Erwägungen:
1.
Der angefochtene Nichteintretensentscheid des Obergerichts als der letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 BGG) schliesst das kantonale Verfahren ab und
stellt demnach einen Endentscheid dar (Art. 90 BGG). Der für die Beschwerde in
Zivilsachen erforderliche Streitwert ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).
Der Beschwerdeführer ist mit seinen Anträgen unterlegen und zur Einreichung der
Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG). Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und
Form (Art. 42 BGG) sind eingehalten. Auf die Beschwerde ist demnach
einzutreten.
2.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich"
(BGE 133 II 249 E. 1.2.2).
Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
anfechten will, kann sich nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen
eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die
Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und
substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die
Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht
genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393
E. 7.1, 462 E. 2.4).
Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon
dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgrundsatz zuwiderläuft. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht
bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist
(BGE 132 III 209 E. 2.1; 131 I 57 E. 2 S. 61, 217 E. 2.1).
Zudem steht dem Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf
Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht sein Ermessen missbraucht,
insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise
übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (vgl. BGE 132 III 209 E.
2.1; 129 I 8 E. 2.1; 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b S. 30).
3.
3.1 Die Vorinstanz stellte fest, die Appellationserklärung sei erst am 24.
April 2007 bei der Schanzenpost in Bern aufgegeben worden. Die 10-tägige
Appellationsfrist, welche am 23. April 2007 endete, sei damit nicht
eingehalten. Auf die Appellation könne daher nur eingetreten werden, wenn die
Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der Frist bzw. Wiedereinsetzung
erfüllt seien.
3.2 Gegen einen Rechtsnachteil, der durch die Versäumnis einer gesetzlichen
oder richterlichen Frist entstanden ist, kann sich die säumige Partei nach § 89
lit. b ZPO-SO wieder in den vorigen Stand einsetzen lassen, wenn sie oder ihren
Vertreter an der Versäumnis kein Verschulden trifft.
Die Solothurner Zivilprozessordnung macht damit - wie Art. 50 BGG - die
Wiedereinsetzung in eine verpasste gesetzliche Frist davon abhängig, dass das
Fristversäumnis ohne Verschulden der Partei oder ihres Vertreters eingetreten
ist. Die Auslegung des kantonalen Prozessrechts obliegt in erster Linie dem
kantonalen Obergericht. Die Vorinstanz führte diesbezüglich aus, nach der
Praxis der Solothurnischen Gerichte werde das Fehlverhalten einer Hilfsperson
des Vertreters diesem (und damit auch der Partei) nicht als eigenes Verschulden
zugerechnet. Es sei aber zu prüfen, ob dem Vertreter "culpa in eligendo,
instruendo vel custodiendo" vorzuwerfen sei. Die Praxis, welche das Verschulden
der Hilfspersonen nicht anrechne, dürfe nicht dazu führen, dass die Schuld am
Versäumnis allzu leicht auf diese Personen geschoben werden könne. Um der
Rechtssicherheit willen sei deshalb an die Sorgfalt, welche vom Anwalt
bezüglich Auswahl, Instruktion und Überwachung der Hilfspersonen (inkl.
Organisation des Bürobetriebs) erwartet wird, ein sehr strenger Massstab
anzulegen. Überdies sei zu beachten, dass die Partei, welche die
Wiedereinsetzung verlange, nachweisen müsse, dass der Anwalt die
Sorgfaltspflichten betreffend Hilfspersonen erfüllt habe.
Von dieser Auslegung von § 89 lit. b ZPO-SO ist auszugehen; sie wird denn auch
vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.
3.3 Die Vorinstanz legte dar, der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe
die Appellationserklärung am 23. April 2007 um ca. 14.30 Uhr unterzeichnet.
Noch vor 17.00 Uhr sei sie von der Sekretärin verpackt und und mit der
Frankiermaschine frankiert worden. Anschliessend habe die Sekretärin die
Appellationserklärung an einem bestimmten Ort im vierten Stock deponiert, wo
sie mit weiteren zum Versand bestimmten Schriftstücken liegen geblieben sei,
was erst am nächsten Morgen entdeckt worden sei. Nach den Angaben im
Restitutionsgesuch sei am Abend des 23. April 2007 C.________, der
administrative Praktikant, für den Postdienst zuständig gewesen.
Die Vorinstanz erwog sodann, die cura in eligendo sei wahrgenommen worden. Auch
die cura in custodiendo habe als erbracht zu gelten, könne doch vom Anwalt
nicht erwartet werden, den Versand der Post persönlich zu überwachen.
Betreffend die cura in instruendo vermisste die Vorinstanz klare Regeln über
die Erledigung des Postdienstes. Sie berücksichtigte diesen Gesichtspunkt unter
dem Kriterium der genügenden Betriebsorganisation. Dieser komme in einer
grösseren Anwaltskanzlei wie derjenigen des Vertreters des Beschwerdeführers
mit 20 Rechtsanwälten und entsprechendem Kanzleipersonal erhebliche Bedeutung
zu. Zu prüfen sei somit, ob die Organisation des Postbetriebs in der Kanzlei
des Vertreters des Beschwerdeführers Merkmale aufweise, welche generell
geeignet seien, den fristgerechten Postversand zu gefährden, und sich auch im
konkreten Fall entsprechend ausgewirkt hätten.
Die Vorinstanz gelangte dabei mit eingehender Begründung zum Schluss, dass das
Unterbleiben des Versands der Appellationserklärung vom 23. April 2007 nicht in
erster Linie auf eine von der Betriebsorganisation unabhängige persönliche
Fehlleistung des Praktikanten C.________ zurückzuführen sei, sondern auf eine
ganze Reihe gravierender Mängel in der Betriebsorganisation: unklare Regelung
der Zuständigkeit für den Postdienst am Montag-Nachmittag, Belastung des
Praktikanten mit einem besonders umfangreichen und zeitlich dringlichen Auftrag
zu jener Uhrzeit, als er den Postdienst hätte besorgen sollen, und damit
Hinderung an der Erfüllung des Postdienstes durch die Anwaltskanzlei selbst
sowie häufig vorkommende Postgänge durch die Sachbearbeiter mit den von ihnen
bearbeiteten Rechtsschriften.
4.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, den Sachverhalt in allen
entscheidwesentlichen Elementen offensichtlich unrichtig und damit willkürlich
festgestellt zu haben. Es sei schlicht nicht nachvollziehbar und stimme mit den
tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise überein, dass eine Reihe
gravierender Mängel der Betriebsorganisation das Unterbleiben des Versands der
Appellationserklärung zur Folge gehabt habe. Die Vorinstanz habe im Ergebnis
eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen und das kantonale Verfahrensrecht
willkürlich angewendet.
4.1 Der Beschwerdeführer führt aus, er trage neue tatbeständliche Vorbringen
vor und lege neue Beweismittel ins Recht. Dazu sieht er sich zwecks Nachweises
der Verletzung kantonalen Verfahrensrechts durch die Vorinstanz berechtigt bzw.
soweit er zur willkürlichen Begründung im angefochtenen Entscheid Stellung
nehmen und auf Sachverhalte hinweisen müsse, die bereits die kantonale Instanz
hätte berücksichtigen müssen.
Im bundesgerichtlichen Verfahren dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so
weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt, was in der Beschwerde näher darzulegen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zu den
Tatsachen, zu deren Vorbringen erst der angefochtene Entscheid Anlass gibt,
zählen insbesondere alle Umstände, die für die Anfechtung des Entscheids von
Bedeutung sind (Eröffnung, Zustellung, Fristwahrung etc.), ferner Tatsachen zur
Begründung gewisser formellrechtlicher Mängel (Verletzung des rechtlichen
Gehörs, unrichtige Besetzung der Richterbank), mit denen nicht zu rechnen war,
und schliesslich tatsächliche Vorbringen, die erst aufgrund einer neuen
überraschenden rechtlichen Argumentation der Vorinstanz Rechtserheblichkeit
erlangt haben (Ulrich Meyer, Basler Kommentar, N. 45-47 zu Art. 99 BGG; von
Werdt, in Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum BGG, Bern 2007, N. 6 zu
Art. 99 BGG). Dazu gehören aber nicht Tatsachenbehauptungen, die der
Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren vorzutragen unterlassen hat, und die
deshalb von der Vorinstanz auch nicht berücksichtigt werden konnten. Der
Beschwerdeführer kann nicht mit neuen tatsächlichen Vorbringen, die er schon
vor der Vorinstanz hätte vorbringen können und müssen, nachzuweisen versuchen,
dass die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig oder
die Beweiswürdigung willkürlich sei. Soweit der Beschwerdeführer solche neuen
Tatsachenbehauptungen vorträgt, ist er demnach nicht zu hören.
4.2 Der Beschwerdeführer betont zunächst, die Kanzlei des Vertreters arbeite
seit vielen Jahren mit einem umfangreichen Führungshandbuch, das in
Zusammenarbeit mit einer befreundeten und ausgezeichneten Anwaltskanzlei
entwickelt worden sei. Es ist unklar, wie der Beschwerdeführer damit einen
Willkürvorwurf begründen will, zumal nicht dargetan ist, dass die konkret
vorgeworfenen Mängel in der Organisation des Postdienstes in offenem
Widerspruch zum Inhalt dieses Führungshandbuches stünden. Auch trifft der
Vorwurf nicht zu, die Vorinstanz sei mit keinem Wort auf die Organisation
gemäss Führungshandbuch eingegangen. Vielmehr hat sie dieses Führungshandbuch
durchaus berücksichtigt (Urteil S. 7 E. 3g).
4.3 Zum Mangel der unklaren Zuständigkeit für den Postdienst am
Montag-Nachmittag führte die Vorinstanz aus, es ergebe sich aus dem "Plan für
den Postdienst", welche der insgesamt rund zehn für den Postdienst in Betracht
kommenden Personen an einem bestimmten Halbtag diese Aufgabe zu erledigen habe.
Dieser nenne für Montag-Nachmittag die Kürzel "D.________" und "E.________".
Ursprünglich sei offensichtlich sogar ein dritter Name aufgeführt gewesen, der
in der Folge durch Tippex gelöscht worden sei. Auf welcher Regelung es basiere,
dass am 23. April 2007 C.________ und nicht die im Postdienst-Plan ebenfalls
erwähnte Person "D.________" den Postdienst zu besorgen gehabt habe, werde im
Wiedereinsetzungsgesuch nicht erläutert.
Indem der Beschwerdeführer diese Erläuterung nun in der Beschwerde an das
Bundesgericht nachholt und darlegt, an den Halbtagen, an denen mehrere Kürzel
eingetragen seien, bestimme jeweils F.________, die das Kürzel "D.________"
trage und die direkte Vorgesetzte von C.________ sei, wer den Postdienst zu
besorgen habe, kann er keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz dartun. Vielmehr trägt er unzulässige neue Tatsachen vor, mit denen
er nicht zu hören ist (Erwägung 4.1). Im Übrigen spricht die Darlegung in der
Beschwerde, F.________ habe im Rahmen ihres Ausbildungsprogramms jeweils
C.________ am Montagabend mit dem Postdienst beauftragt oder sei selber zur
Schanzenpost gegangen, wiederum dafür, dass nicht von vornherein klar war, wer
am Montagabend den Postdienst zu besorgen hatte.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der Beweis für die Beauftragung von
C.________ mit dem Postdienst für den 23. April abends sei durch das Telefonat
von G.________, Sekretärin im dritten Stock, an C.________ erbracht, der
G.________ geantwortet habe "er sei noch nicht zur Post gegangen und gehe erst
später". Nach dieser Darstellung von G.________ (Gesuchsbeilage 7) ist in der
Tat zu folgern, es sei C.________ bewusst gewesen, dass er an jenem Montagabend
den Postdienst zu versehen hatte. Dies schafft aber den sinngemässen Vorwurf
der Vorinstanz nicht aus der Welt, dass die Organisation des Postdienstes
insofern ungenügend sei, als an den Halbtagen, an denen mehrere Kürzel im Plan
für den Postdienst eingetragen sind, nicht von vornherein Klarheit darüber
bestehe, wer zuständig sei. Die Bejahung eines Organisationsmangels kann
aufgrund der festgestellten Sachlage, nach der Unklarheiten und Fehlannahmen
über die Zuständigkeit zum Postdienst nicht ausgeschlossen sind, nicht als
willkürlich betrachtet werden.
4.4 Betreffend den Zeitpunkt, zu dem der Postdienst zu versehen war, hielt die
Vorinstanz fest, es sei nicht klar geregelt, wann dieser zu besorgen sei.
Immerhin könne aus dem Telefonat von G.________ geschlossen werden, dass der
Transport der im 4. Stock zum Versand bereit liegenden Korrespondenz zur
Schanzenpost jeweils ungefähr um 17.30 Uhr erfolge.
Der Beschwerdeführer rügt die Feststellung, dass der Zeitpunkt, zu dem der
Postdienst zu erledigen war, nicht klar geregelt sei, bzw. die "Konstruktion"
einer diesbezüglichen Unklarheit durch die Vorinstanz, als willkürlich und
offensichtlich unrichtig. Er übersieht dabei, dass die fehlende klare Regelung
hinsichtlich des Zeitpunkts nicht zu den von der Vorinstanz vorgeworfenen
Mängeln in der Betriebsorganisation zählt. Es ist daher nicht ersichtlich und
wird vom Beschwerdeführer auch nicht dargelegt, inwiefern die gerügte
Feststellung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein soll, so dass es
sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Vorbringen weiter einzugehen (Erwägung 2
vorne).
Den vorinstanzlichen Schluss, dass der Transport der Korrespondenz zur Post
jeweils ungefähr, d.h. in der Regel um 17.30 Uhr erfolge, beanstandet der
Beschwerdeführer nicht. Vielmehr führt er selber aus, dass der Postdienst
abends ungefähr um 17.30 Uhr besorgt werde, sofern die damit betraute Person
nicht noch andere Arbeiten erledigen müsse, und dass keine fixe Zeit für den
Postdienst bestehe.
4.5 Die Vorinstanz ortete unter dem Aspekt der Zuverlässigkeit des Postdienstes
insofern einen prinzipiellen und zentralen Mangel der Betriebsorganisation, als
die für den Postdienst zuständige Person für diese gerade in einer grösseren
Anwaltskanzlei ausserordentlich wichtige Funktion in keiner Weise von ihren
sonstigen Aufgaben entlastet werde. Dieser Faktor habe sich am 23. April 2007
entscheidend ausgewirkt: C.________ habe sich um ca. 17.30 Uhr einzig deshalb
nicht in den 4. Stock begeben, um die zu versendende Post zu holen, weil er
unter hohem zeitlichen Druck eine Klageantwort mit 73 Beilagen zu bearbeiten
gehabt habe. Ein Exemplar habe zwingend zwischen 17.45 und 18.00 Uhr
fertiggestellt sein müssen und auch die weiteren Exemplare seien am selben
Abend fertig zu stellen und zur Post zu bringen gewesen. Diese Arbeit, welche
bis ca. 18.30 Uhr gedauert habe, habe es C.________ verunmöglicht, den
Postdienst zur üblichen Zeit zu erledigen. Dieser Ablauf zeige, dass die
Bedeutung des Postdienstes in dem Sinn zu relativieren sei, als der Versand
durchaus nicht nur auf diese Art erfolgt sei. Vielmehr sei es häufig
vorgekommen, dass Briefe noch nicht versandbereit gewesen seien, als die Post -
in der Regel um 17.30 Uhr - im 4. Stock abgeholt worden sei. Der Versand der
Post habe somit nicht allein der für den Postdienst zuständigen Person oblegen,
sondern in einer relativ grossen Anzahl von Fällen auch dem mit einer
Rechtsschrift befassten Sachbearbeiter selbst. Die parallele Zuständigkeit von
Postdienst einerseits und Sachbearbeiter andererseits für den Postversand sei
dafür entscheidend gewesen, dass C.________, nachdem er die Arbeit an der
Klagantwort für H.________ erledigt hatte, die im 4. Stock für den Postdienst
bereitliegende Post nicht zur Schanzenpost mitgenommen habe. Er habe nur die
Klageantwort in seiner Funktion als zuständiger Sachbearbeiter zur Schanzenpost
getragen. In diesem Moment sei ihm nicht präsent gewesen, dass er darüber
hinaus auch für den - üblicherweise eine Stunde früher zu besorgenden -
Postdienst zuständig gewesen wäre. Gemäss seiner Stellungnahme habe er vielmehr
angenommen, der Postdienst sei bereits erledigt worden und er müsse nur noch
die Klageantwort zur Post bringen.
Der Beschwerdeführer bezeichnet den Vorhalt der Vorinstanz, die für den
Postdienst zuständige Person werde in keiner Weise von ihren sonstigen Aufgaben
entlastet, als völlig sachfremd und unverständlich. Jede Sekretärin, die
Lehrtochter wie auch der Praktikant nähmen diese arbeitsvertragliche Kumulation
von Aufgaben in selbstverständlicher Weise wahr.
Dem Beschwerdeführer ist wohl beizupflichten, dass von den genannten
Arbeitnehmern die Erledigung mehrerer Arbeiten erwartet werden darf und dass
darin noch keine unzureichende Büroorganisation erblickt werden kann. Die
Vorinstanz verlangt denn auch nicht die Anstellung eines besonderen Postboten.
Jedoch erscheint ihre Folgerung nicht als unhaltbar, dass die parallelen
Zuständigkeiten mit Priorität auf der Sachbearbeitung zu Missverständnissen
bzw. Unklarheiten über die Erledigung des Postdienstes führen können oder dazu,
dass der Auftrag zur Erledigung des Postdienstes dem Verantwortlichen entgeht.
Sie stellte entgegen dem Beschwerdeführer auch nicht fest, C.________ sei die
Erledigung des Postdienstes wegen der Arbeit an der Klagantwort am 23. April
2007 überhaupt verunmöglicht worden. Sie stellte nur fest, dass er den
Postdienst wegen dieses dringenden Auftrags nicht zur üblichen Zeit, um 17.30
Uhr, habe wahrnehmen können und später gemeint habe, der Postdienst sei schon
erledigt worden. Letztere Annahme, die sich auf die Angaben von C.________ in
seiner Stellungnahme stützt, erscheint vor dem Hintergrund nicht abwegig, dass
es häufig vorkam, dass die Sachbearbeiter nach 17.30 Uhr "ihre" Korrespondenz
noch selber zur Post bringen mussten, weil der Rest mit dem Postdienst schon
aufgegeben war. Offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen oder
Willkür in der Beweiswürdigung sind nicht dargetan.
4.6 Insgesamt kann es nicht als willkürlich bezeichnet werden, wenn die
Vorinstanz schloss, das Unterbleiben des Versands der Appellationserklärung am
23. April 2007 sei primär auf gravierende Mängel in der Büroorganisation und
nicht bloss auf eine davon unabhängige persönliche Fehlleistung von C.________
zurückzuführen gewesen. Die Beurteilung mag streng und die Bezeichnung der
Mängel als gravierend allzu hart erscheinen. Indessen kann der Vorinstanz bei
Zugrundlegung der massgebenden Auslegung des kantonalen Prozessrechts, die von
einem sehr strengen Massstab ausgeht (Erwägung 3.2), nicht vorgeworfen werden,
geradezu in Willkür verfallen zu sein.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. Februar 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Widmer