Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.245/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_245/2008 /len

Urteil vom 7. August 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer L. Fringeli,

gegen

B.D.________ und C.D.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Advokat Bernhard Simonetti.

Gegenstand
Mietvertrag; Gültigkeit der Appellation,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht,
vom 1. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 30. August 2007 verpflichtete der Gerichtspräsident des
Bezirksgerichts Laufen im Rahmen einer mietrechtlichen Auseinandersetzung
A.________ (Beschwerdeführer) und E.________ als Mieter unter solidarischer
Haftbarkeit Fr. 6'332.40 an B.D.________ und C.D.________ (Beschwerdegegner)
als Vermieter zu bezahlen. Dieses Urteil wurde den Parteien mündlich eröffnet
unter Hinweis auf die Frist zur Appellation von drei Tagen mit Leistung des
Kostenvorschusses von Fr. 1'600.-- innert gleicher Frist als
Gültigkeitsvoraussetzung. Gegen dieses Urteil erklärte der Beschwerdeführer mit
Schreiben vom 3. September 2007 fristgerecht Appellation. Zur Zahlung des
Gerichtskostenvorschusses erteilte er einen elektronischen Zahlungsauftrag an
die Post. Als Fälligkeitstermin ist gemäss Internetausdruck des Zahlungsbelegs
der 4. September 2007 angegeben, während die Frist zur Zahlung des
Kostenvorschusses am 3. September 2007 endete.

B.
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hielt fest, der Beschwerdeführer habe die
Zahlungsanweisung vor Ablauf der gesetzten Frist erteilt, aber einen
verspäteten Fälligkeitstermin angegeben. Er habe den Auftrag am letzten Tag vor
Fristablauf in Auftrag gegeben, jedoch habe die Gutschrift erst nach
Fristablauf erfolgen können. Der Beschwerdeführer hätte aber für einen
Preisaufschlag von Fr. 3.-- eine Express Zahlungsanweisung wählen können. Auf
diesen Expressauftrag werde in den schriftlichen Erläuterungen zum
elektronischen Zahlungsverkehr der Post ausdrücklich hingewiesen. Mit einem
derartigen Auftrag hätte die Überweisung nach Auffassung des Kantonsgerichts
rechtzeitig vorgenommen werden können. Aus diesen Überlegungen trat es mit
Urteil vom 1. April 2008 auf die Appellation nicht ein.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen, welche eventuell als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen sei, beantragt der Beschwerdeführer dem
Bundesgericht, das Kantonsgericht anzuweisen, auf die Appellation einzutreten.
Das Kantonsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei, während die Beschwerdegegner sich nicht haben vernehmen
lassen.

Erwägungen:

1.
Der für die Beschwerde in Zivilsachen notwendige Streitwert wird nicht
erreicht. Der Beschwerdeführer ist allerdings der Auffassung, es stehe eine
Frage von grundsätzlicher Bedeutung zur Debatte, so dass die Beschwerde in
Zivilsachen dennoch zulässig sei.

1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 134 III 115 E. 1 S. 117; 133 III 439 E. 2 S.
441). Dass der Beschwerdeführer keinen materiellen Antrag stellt, schadet ihm
nichts, da das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst
entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz fehlen (BGE 133 III 489 E. 3.1 mit Hinweisen).

1.2 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen
in der Regel nur gegeben, wenn der Streitwert in mietrechtlichen Fällen
mindestens Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Erreicht der
Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist sie dennoch zulässig, wenn sich
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG).

1.3 Zu beurteilen ist, ob die Appellation nach kantonalem Recht rechtzeitig
erfolgte. Die Anwendung kantonalen Rechts kann das Bundesgericht mit der
Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nicht prüfen (vgl. zu den Ausnahmen
Art. 95 lit. c, d und e BGG). Die Rüge, die Anwendung kantonalen Rechts
verletze die verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers, ist in der
Beschwerde in Zivilsachen zwar zulässig, derartige Rügen können dem
Bundesgericht aber mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde mit derselben
Kognition unterbreitet werden (Art. 116 und 117 BGG), so dass der
Beschwerdeführer auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht angewiesen ist. Die
Voraussetzung für eine Anwendung der Ausnahmebestimmung ist damit nicht gegeben
(BGE 134 I 184 E. 1 S. 186 ff.). Die Eingabe des Beschwerdeführers ist daher
als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen.

1.4 Die Verfassungsbeschwerde ist den formellen Anforderungen von Art. 106 Abs.
2 BGG entsprechend zu begründen (Art. 117 BGG). Es ist darzulegen, welche
verfassungsmässigen Rechte oder unbestrittenen Rechtsgrundsätze inwiefern
verletzt worden sein sollen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit
Hinweisen). Denn das Bundesgericht prüft im Verfassungsbeschwerdeverfahren nur
klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (vgl. BGE
130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen).

1.5 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn
die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts
zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was der Beschwerdeführer
präzise geltend zu machen hat (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III
439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).

2.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, er habe die Vorinstanz ersucht, ihm
gegebenenfalls eine Notfrist gemäss § 216 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die
Zivilprozessordnung vom 21. September 1961 (GS 22.34, ZPO/BL) anzusetzen oder
eine Wiedereinsetzung zu bewilligen. Diesen Antrag habe die Vorinstanz ohne
Begründung nicht behandelt und insofern das rechtliche Gehör des
Beschwerdeführers verletzt.

2.1 Damit sich die Parteien ein Bild über die Erwägungen des Gerichts machen
können, ist sein Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die
Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die
sich sein Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der
Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinander setzt und jedes
einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Es genügt, wenn der Entscheid
gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (BGE 133 III 439 E. 3.3 S.
445; 129 I 232 E. 3.2 S. 236, je mit Hinweisen).

2.2 Die Vorinstanz führt aus, bei der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses
handle es sich um eine nicht erstreckbare gesetzliche Frist und verweist auf
den Amtsbericht 2002, S. 92. Im Amtsbericht des Kantonsgerichts an den Landrat
des Kantons Basel-Landschaft im Jahre 2002 findet sich an der angegebenen
Stelle zu § 216 ZPO/BL folgender Eintrag: "Der appellationsbegründende
Vorschuss ist in jedem Fall innert der Frist gemäss § 216 Abs. 1 ZPO zu
leisten. Bei dieser Frist handelt es um eine unerstreckbare gesetzliche Frist.
Die Nachfristregelung gemäss § 216 Abs. 2 Satz 3 ZPO gilt nur für die vom
Kantonsgerichtspräsidium während der Dauer eines Verfahrens zusätzlich
verfügten Kostenvorschüsse". Bei Lektüre dieser im Urteil angeführten Quelle
konnte der Beschwerdeführer ohne Weiteres erkennen, dass und weshalb die
Vorinstanz seinem Begehren um Ansetzung einer Notfrist gemäss § 216 Abs. 2 ZPO/
BL nicht nachgekommen ist (vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 5P.398/2004 vom
23. Februar 2005, E. 5.3).

2.3 Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer hätte mit dem
Expressauftrag das Fälligkeitsdatum auf den letzten Tag der Frist (den 3.
September 2007) festsetzen können. Vor diesem Hintergrund erachtete die
Vorinstanz die vom Beschwerdeführer mit einem gewöhnlichen Auftrag getätigte
Zahlung als verspätet. Damit wird deutlich, weshalb die Vorinstanz dem
Beschwerdeführer keine Wiedereinsetzung bewilligte. Diese setzt voraus, dass
eine Partei oder ihr Vertreter ohne Verschulden verhindert war, eine Frist
einzuhalten (§ 221 ZPO/BL). Die Vorinstanz ging demgegenüber davon aus, dass
der Beschwerdeführer den Expressauftrag hätte wählen müssen und somit die
Fristversäumnis zu verantworten hatte.

2.4 Aus dem angefochtenen Entscheid geht mithin hervor, weshalb keine Notfrist
gemäss § 216 Abs. 2 ZPO/BL angesetzt wurde und dass und weshalb die Vorinstanz
die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht für gegeben hielt, so dass
es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, den Entscheid sachgerecht
anzufechten. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.

3.
Materiell ist der Beschwerdeführer der Auffassung, wenn eine am letzten Tag
einer Frist am Postschalter oder per Giromandat erfolgte Einzahlung zur
Fristwahrung ausreiche, könne nicht der Zeitpunkt der Gutschrift massgebend
sein, sondern die Weggabe der Geldmittel aus dem Machtbereich des
Leistungspflichtigen. Ausschlaggebend sei die Übergabe an die Post innert der
gesetzten Frist. Es könne nicht sein, dass Rechtshandlungen am letzten Tag der
Frist nicht zur Einhaltung derselben genügten, so dass eine Handlungspflicht
der Partei über das Wochenende bestünde. Im Zusammenhang mit seinen
Ausführungen, ob eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, wirft der
Beschwerdeführer der Vorinstanz überdies vor, in überspitzten Formalismus zu
verfallen und weist darauf hin, dass dem Beschwerdeführer keine Manipulation
oder eine Verzögerungstaktik vorgehalten werden könne.

3.1 Der Beschwerdeführer übt appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid,
welche den Begründungsanforderungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht
genügt und überdies an der Sache vorbei geht. Die Vorinstanz verlangt vom
Beschwerdeführer keine Handlungen vor dem letzten Tag der Frist. Sie hält
vielmehr fest, der Beschwerdeführer hätte auch am letzten Tag der Frist dafür
besorgt sein können, dass der Transfer rechtzeitig erfolgte. Damit hat die
Vorinstanz das Risiko einer verzögerten Gutschrift nicht auf den Rechtsuchenden
übertragen. Der angefochtene Entscheid knüpft nicht an den Zeitpunkt der
Gutschrift an, sondern an die Wahl der Auftragsart und damit verbunden den vom
Beschwerdeführer festzusetzenden Fälligkeitstermin.

3.2 Bei der Übergabe des Geldes am Postschalter und beim Giromandat kann die
Gutschrift theoretisch umgehend vorgenommen werden, deren genauer Zeitpunkt
entzieht sich aber dem Einflussbereich des Zahlungspflichtigen (vgl. BGE 117 Ib
220 E. 2a S. 221). Da in diesen Fällen bei Massgeblichkeit des Zeitpunkts der
Gutschrift die Fristwahrung von Zufälligkeiten abhängen würde, stellt die
Vorinstanz bei Giroaufträgen auf den Zeitpunkt ab, in welchem der Auftrag der
Post übergeben wurde, sofern in diesem Zeitpunkt eine hinreichende Deckung
bestand (BJM 1970 S. 160 ff.). Der Beschwerdeführer konnte demgegenüber den
Fälligkeitstermin durch Erteilung eines Expressauftrages auf den 3. September
2007 festsetzen. Darin sieht das Kantonsgericht den massgeblichen Unterschied
zum Giromandat.

3.3 Mit dieser Argumentation setzt sich der Beschwerdeführer nicht
substanziiert auseinander. Damit genügt er den strengen Anforderungen an die
Begründung einer subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht (vgl. Art. 106 Abs. 2
i.V.m. Art. 117 BGG). Da auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei
Angabe eines verspäteten Fälligkeitstermins selbst dann ein Fristversäumnis
angenommen wurde, wenn der Datenträger innerhalb der Frist der Post übergeben
worden war (BGE 117 Ib 220 E. 2a S. 223), kann sich der Beschwerdeführer nicht
damit begnügen zu behaupten, der Zeitpunkt der Geldweggabe müsse massgebend
sein. Damit vermag er keine Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte
aufzuzeigen. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde insoweit
nicht einzutreten.

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Da sich die
Beschwerdegegner nicht haben vernehmen lassen, steht ihnen keine
Parteientschädigung zu.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. August 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak