Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.157/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_157/2008 /len

Urteil vom 3. Juni 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokat Dr. Willy Borter,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Ignaz Mengis.

Gegenstand
Werkvertrag; Mehraufwendungen,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Zivilgerichtshof I, vom
13. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG und die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) schlossen am 28./
29. April 1998 einen Werkvertrag bezüglich der Überbauung "B.________" in
C.________. Die A.________ AG verpflichtete sich, die Baumeisterarbeiten
auszuführen und die Gerüste zu montieren. Der Werkpreis gemäss Werkvertrag
betrug Fr. 1'316'226.35 exklusive Mehrwertsteuer.
Infolge Übernahme der A.________ AG ging das Werkvertragsverhältnis auf die
D.________ AG über. Diese wurde am 29. März 2006 gespalten. Die X.________ AG
(Beschwerdeführerin) übernahm Anteile der D.________ AG und trat in deren
Parteistellung ein.

B.
Mit Klage vom 24. Oktober 2001 belangte die Beschwerdeführerin die
Beschwerdegegnerin vor dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Zivilgerichtshof
I, auf Bezahlung eines Restwerklohnes. Gemäss Schlussbegehren forderte sie Fr.
292'186.90 nebst Zins zu 5 % seit dem 7. Juli 2000. Die Beschwerdegegnerin
erhob Widerklage und beantragte in ihrem Schlussbegehren, die
Beschwerdeführerin habe ihr den zu viel bezahlten Werklohn von Fr. 21'570.--
nebst Zins zu 5 % seit 1. März 2002 und überdies als Schadenersatz und
Mängelfolgeschaden den Betrag von Fr. 253'395.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. März
2002 zu bezahlen.
Mit Urteil vom 13. Februar 2008 wies das Kantonsgericht die Klage ab. Der
Widerklage gab es insoweit statt, als es die Beschwerdeführerin verpflichtete,
der Beschwerdegegnerin den zu viel bezahlten Werklohn im Betrag von Fr.
6'838.30 zu erstatten. Alle weiteren Begehren wies es ab.

C.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Kantonsgerichts vom 13. Februar 2008
aufzuheben. Die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin
einen Restwerklohn von Fr. 179'363.43 nebst Zins zu 5 % seit dem 7. Juli 2000
zu bezahlen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen und das
angefochtene Urteil zu bestätigen. Die Vorinstanz verzichtete auf eine
Vernehmlassung.
Erwägungen:

1.
Da vorliegend der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1
lit. b BGG) überschritten ist, ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich
zulässig. Damit fällt eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde ausser Betracht
(Art. 113 BGG). Auf die von der Beschwerdeführerin ebenfalls erhobene - im
Übrigen aber mit keinem Wort begründete - subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist
daher nicht einzutreten.

2.
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96
BGG geltend gemacht werden. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
"Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E.
1.2.2).
Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
anfechten will, muss substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen
einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei
rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre;
andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer kann
sich dabei nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene
tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise
seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und
substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die
Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht
genügt, ist nicht einzutreten (133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1 S. 398, 462 E.
2.4).

3.
Die Beschwerdeführerin beanstandet die Berechnung des geschuldeten Werkpreises
durch die Vorinstanz.

3.1 Die Vorinstanz stellte zunächst fest, die Beschwerdeführerin fordere einen
Restwerkpreis von Fr. 292'186.90 (Fr. 1'662'186.90 abzüglich der
Akontozahlungen von Fr. 1'370'000.--). Aufgrund des Behauptungs- und
Beweisergebnisses ging sie von dem durch die Beschwerdegegnerin anerkannten
Betrag von Fr. 1'364'541.07 aus, nahm davon die von der Beschwerdeführerin
zugestandenen Abzüge vor und rechnete die Mehrwertsteuer hinzu. Es resultierte
ein geschuldeter Werkpreis von Fr. 1'363'161.70. In Berücksichtigung der von
der Beschwerdegegnerin bereits geleisteten Zahlungen von Fr. 1'370'000.-- ergab
sich ein Saldo zu deren Gunsten von Fr. 6'838.30. Diesen Betrag sprach die
Vorinstanz der Beschwerdegegnerin zu.
Der von der Beschwerdegegnerin anerkannte Betrag von Fr. 1'364'541.07 ergab
sich insbesondere nach den Abzügen, welche die Beschwerdegegnerin von den in
Rechnung gestellten Beträgen aufgrund der Überschreitung der Quantitäten von
mehr als 120 % vornahm. Diese Abzüge stützten sich auf Ziffer 2 der von den
Parteien vereinbarten Zusatzbedingungen, welche wie folgt lautet: "Die im
Werkvertrag festgehaltenen Quantitäten sind laufend zu kontrollieren und falls
Mehraufwendungen über 20 % auftreten, so ist dies der Bauleitung vor der
Kostenüberschreitung schriftlich zu melden. Bei Nicht-Einhaltung der Abmachung
des Vertragstextes entfällt der Anspruch auf Bezahlung des Mehraufwandes."
Die Beschwerdeführerin hatte diese Abzüge bestritten, jedoch ohne Erfolg. Die
Vorinstanz schloss, die Beschwerdeführerin sei ihrer Verpflichtung nicht
nachgekommen, im Einzelnen zu behaupten und zu beweisen, welche zusätzlichen
Arbeiten sie in welchem Ausmass und zu welchen Einheitspreisen ausgeführt habe,
um eine Entschädigung von Fr. 1'688'680.10 zu fordern. Ebenso wenig habe sie
behauptet, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen bezüglich der Erstellung
des etappenweisen Ausmasses und der schriftlichen Mitteilung der 120 %
überschreitenden Mehrquantitäten erfüllt habe, noch dass die Beschwerdegegnerin
auf diese Bestimmung verzichtet habe. Sie sei somit ihrer Behauptungspflicht
nicht nachgekommen und die Beschwerdegegnerin habe die entsprechenden Abzüge zu
Recht vorgenommen.

3.2 Die Beschwerdeführerin bezeichnet die Abzüge betreffend die Überschreitung
der Quantitäten als "offensichtlich falsch und unhaltbar". Der angefochtene
Entscheid sei willkürlich, weil er mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch stehe. Die Vorinstanz verkenne, dass bei der Festsetzung der Höhe
der Kostenüberschreitungen zusätzliche Bestellungen und der nicht berechtigte
Abzug bei der Baustelleninstallation nicht berücksichtigt werden dürften.
Die Beschwerdeführerin vermag keinen klaren Widerspruch zur tatsächlichen
Situation aufzuzeigen. Ihre Behauptung, es lägen nicht Kostenüberschreitungen,
sondern Bestellungsänderungen bzw. zusätzliche Bestellungen vor, finden im
angefochtenen Urteil keine Stütze. Das gilt auch für den in Rechnung gestellten
Betrag für die Baustelleninstallationen. Wie erwähnt, erachtete die Vorinstanz
das Behauptungs- und Beweisfundament für den fakturierten Betrag als nicht
erstellt. Sie ging daher vom Betrag aus, den die Beschwerdegegnerin anerkannt
hatte. Eine rechtsgenüglich begründete Willkürrüge erhebt die
Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht. Ebenso genügt sie ihrer
Begründungspflicht nicht, wenn sie lediglich vorbringt, die Vorinstanz wende
Ziffer 2 der Zusatzbedingungen willkürlich an, aber nicht im Einzelnen
aufzeigt, inwiefern dies zutreffen soll.
Die Beschwerdeführerin scheint zu verkennen, dass das Bundesgericht keine
Appellationsinstanz ist, die alle Tat- und Rechtsfragen frei überprüft. Sie
kann daher mit ihren tatsächlichen Behauptungen, die vom vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt abweichen, nicht gehört werden, zumal sie keine
rechtsgenüglich begründeten Ausnahmen von der Sachverhaltsbindung des
Bundesgerichts geltend macht (vgl. Erwägung 2). Eine Verletzung von Bundesrecht
und insbesondere eine willkürliche Beweiswürdigung oder
Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz zeigt die Beschwerdeführerin mit
ihren Ausführungen und neuen Berechnungen nicht auf. Auf ihre Beschwerde kann
daher nicht eingetreten werden.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis, Zivilgerichtshof
I, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Juni 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Corboz Sommer