Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.148/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_148/2008 /len

Urteil vom 18. April 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Mazan.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Monika Steiner Conrad,

gegen

X.________ AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mietvertrag; Ausweisung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantons-
gerichts des Kantons Schwyz, 1. Rekurskammer,
vom 3. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Anfangs 2006 schlossen die X.________ AG (Beschwerdegegnerin) und die
Y.________ AG, für welche A.________ (Beschwerdeführer) zeichnet, einen
Mietvertrag über eine 1 1/2-Zimmerwohnung sowie einen Garagenplatz in der
Liegenschaft B.________ zu einem Bruttomietzins von Fr. 950.-- monatlich ab. Am
17. August 2007 vereinbarten der Beschwerdeführer, die Beschwerdegegnerin sowie
die Y.________ AG - vertreten durch den Beschwerdeführer -, dass das
Mietverhältnis mit der Y.________ AG per Ende Juli beendet werde und dass der
Beschwerdeführer das Mietobjekt ohne die Garage per Anfang August zu einem
Nettomietzins von Fr. 840.-- übernehme.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2007 setzte die Beschwerdegegnerin der damaligen
Mieterin - der Y.________ AG - wegen Zahlungsrückstands gestützt auf Art. 257d
OR eine Zahlungsfrist für die ausstehenden Mietzinse und drohte für den Fall
des Ausbleibens der Zahlung die vorzeitige Kündigung an. Mit amtlichem Formular
vom 12. Dezember 2007 kündigte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer und
der Y.________ AG unter Hinweis auf die Mahnung vom 17. Juli 2007 den
Mietvertrag gestützt auf Art. 257d OR auf Ende Januar 2008.

B.
Mit Klage vom 14. Januar 2008 beantragte die Beschwerdegegnerin dem
Einzelrichter am Bezirksgericht March, dem Beschwerdeführer zu befehlen, die 1
1/2-Zimmerwohnung in der Liegenschaft B.________ per 31. Januar 2008 zu räumen.
Der Beschwerdeführer beantragte, auf die Klage sei nicht einzutreten, eventuell
sei sie abzuweisen. Mit Verfügung vom 1. Februar 2008 befahl der Einzelrichter
am Bezirksgericht March dem Beschwerdeführer, die 1 1/2-Zimmerwohnung in der
Liegenschaft B.________ bis spätestens drei Tage nach Rechtskraft der Verfügung
ordnungsgemäss zu verlassen und der Beschwerdegegnerin zu übergeben.
Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer Nichtigkeitsbeschwerde ans
Kantonsgericht Schwyz. Mit Beschluss vom 3. März 2008 nahm das Kantonsgericht
die Nichtigkeitsbeschwerde als Rekurs entgegen (Ziff. 1). Sodann wies es den
Rekurs ab, soweit darauf einzutreten war, und bestätigte die angefochtene
Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts March (Ziff. 2).

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. März 2008 beantragt der Beschwerdeführer
dem Bundesgericht, Ziff. 2 des Beschlusses des Kantonsgerichts Schwyz
aufzuheben und dahingehend zu entscheiden, dass zwischen dem Beschwerdeführer
und der Beschwerdegegnerin bezüglich der 1 1/2-Zimmerwohnung in der
Liegenschaft B.________ nach wie vor ein gültiger Mietvertrag bestehe.
Gleichzeitig stellt der Beschwerdeführer das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege. Weiter beantragt er, dass der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu erteilen sei.

D.
Auf die Einholung einer Vernehmlassung wurde verzichtet, weil sich die
Beschwerde ohne Weiteres als aussichtslos erweist.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 74 Abs. 1 BGG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die
Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert in arbeits- und mietrechtlichen
Fällen mindestens Fr. 15'000.-- (lit. a) und in allen übrigen Fällen mindestens
Fr. 30'000.-- beträgt (lit. b). Bei einem Ausweisungsverfahren, bei dem auch
die Gültigkeit der Kündigung strittig ist, bestimmt sich der Streitwert
aufgrund der Miete, die für diejenige Dauer geschuldet ist, während welcher der
Mietvertrag unter der Annahme, dass die Kündigung zu Recht angefochten wurde,
zwingend weiter bestehen würde, bevor eine neue Kündigung ausgesprochen werden
könnte (BGE 119 II 147 E. 1 S. 149 und 111 II 384 E. 1 S. 386 betreffend OG;
Urteil 4A_516/2007 vom 6. März 2008 E. 1.1 betreffend BGG). Da der
Beschwerdeführer bei einer Gutheissung der Anfechtung von einem dreijährigen
Kündigungsschutz profitieren würde (Art. 271a Abs. 1 lit. e OR), ist unter
Berücksichtigung eines Nettomietzinses von Fr. 840.-- pro Monat der Streitwert
von Fr. 15'000.-- erreicht.
Im Übrigen wird die Beschwerde von einer Partei erhoben, die im kantonalen
Verfahren unterlegen ist (Art. 76 Abs. 1 BGG), und die Beschwerde richtet sich
gegen ein Endurteil (Art. 90 BGG) in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG)
einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), so dass auf die
Beschwerde einzutreten ist.

2.
In seiner Verfügung vom 1. Februar 2008 bejahte der Einzelrichter am
Bezirksgericht March zunächst die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin, die
Ausweisung des Beschwerdeführers zu verlagen. Sodann hielt er den Einwand, es
bestehe kein Mietvertrag zwischen den Prozessparteien, angesichts der
Vereinbarung vom 17. August 2007 für unbegründet. Schliesslich hielt er fest,
dass sich der Beschwerdeführer in Zahlungsverzug befinde, dass die
Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer diesen Rückstand angezeigt und das
Mietverhältnis unter Beachtung der Formvorschriften gekündigt habe, nachdem der
ausstehende Mietzins innert der angesetzten Frist nicht bezahlt worden sei.
Im Rekursverfahren vor Kantonsgericht machte der Beschwerdeführer in erster
Linie geltend, dass die Kündigungsandrohung vom 17. Juli 2007 nicht an ihn,
sondern die Y.________ AG gerichtet gewesen sei. Dazu führte das Kantonsgericht
einerseits aus, dass der Beschwerdeführer zwar zutreffend darauf hinweise, dass
die Mahnung und Kündigungsandrohung vom 17. Juli 2007 an die Y.________ AG -
unter Kopie an den Beschwerdeführer - adressiert gewesen sei. Allerdings sei es
rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Beschwerdeführer darauf berufe, die Mahnung
und die Kündigungsandrohung sei nicht an ihn gerichtet gewesen. Da er sich in
der Vereinbarung vom 17. August 2007 als einzelzeichnungsberechtigter
Verwaltungsrat der Y.________ AG zur Begleichung der Mietzinsausstände
verpflichtet habe, verdiene sein Argument, die Mahnung und Kündigungsandrohung
sei nicht an ihn als natürliche Person gerichtet worden, keinen Schutz.
Andererseits sei die Behauptung, die Abmahnung sei einzig an die Y.________ AG
- nicht jedoch an den Beschwerdeführer als natürliche Person - gerichtet
gewesen, als neu zu qualifizieren, ohne dass begründet worden sei, warum das
Novum erst jetzt in den Prozess eingeführt werde.

3.
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass aufgrund der
Vereinbarung vom 17. August 2007 davon auszugehen sei, dass der
Beschwerdeführer per 1. August 2007 mit der Beschwerdegegnerin einen neuen
Mietvertrag abgeschlossen habe. Der Beschwerdeführer müsse sich daher die
Mahnung vom 17. Juli 2007 an die Adresse der Y.________ AG nicht anrechnen
lassen und könne auch nicht für die Mietzinsschulden seiner Vormieterin belangt
werden.

3.1 Vorab ist festzuhalten, dass das Kantonsgericht im angefochtenen Beschluss
festgehalten hat, der im Rekursverfahren eingenommene Standpunkt des
Beschwerdeführers, die Abmahnung vom 17. Juli 2007 sei einzig an die Y.________
AG - und nicht an den Beschwerdeführer als natürliche Person - gerichtet
gewesen, sei als neu zu qualifizieren. Die Behauptung des Beschwerdeführers,
dem Einzelrichter am Bezirksgericht March habe die Abmahnung vom 17. Juli 2007
vorgelegen und der Beschwerdeführer sei damit seiner Mitwirkungspflicht
nachgekommen, ist nicht überzeugend. Die im Mietrecht geltende soziale
Untersuchungsmaxime (Art. 274d Abs. 3 OR) entbindet die Parteien nicht, die
entscheidwesentlichen Behauptungen aufzustellen und Unterlagen vorzulegen,
sondern verpflichtet den Richter lediglich, seine Fragepflicht auszuüben (BGE
125 III 231 E. 4a S. 238). Nachdem die Vorinstanz unangefochten festgestellt
hat, dass der Einzelrichter die Parteien zur Klärung des Sachverhaltes befragt
habe, wäre es dem Beschwerdeführer - auch wenn er damals noch nicht
rechtskundig vertreten war - zumutbar gewesen, darauf hinzuweisen, er habe die
Zahlungsaufforderung und Kündigungsandrohung vom 17. Juli 2007 nicht erhalten.
Schon aus diesem Grund ist die Beschwerde abzuweisen.

3.2 Die Beschwerde erweist sich aber auch als unbegründet, soweit sie sich
gegen die Begründung der Vorinstanz in der Sache richtet. Ob die
Beschwerdegegnerin mit dem Beschwerdeführer aufgrund der Vereinbarung vom 17.
August 2007 einen neuen Mietvertrag abschloss - in welchem Fall der
Beschwerdeführer eine an einen früheren Mieter gerichtete Mahnung und
Kündigungsandrohung nicht gegen sich gelten lassen müsste -, ist durch
Auslegung zu ermitteln. Das Kantonsgericht hat keinen tatsächlichen Konsens
festgestellt, wie die Parteien die Vereinbarung übereinstimmend verstanden
haben. Der Vertragsinhalt ist daher durch Auslegung aufgrund des
Vertrauensprinzips zu ermitteln. Dabei sind die Erklärungen der Parteien so
auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten
Umständen verstanden werden durften und mussten. Die Auslegung nach dem
Vertrauensprinzip ist eine Rechtsfrage, wobei das Bundesgericht an die
Feststellungen der kantonalen Instanz über die äusseren Umstände sowie das
Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (BGE 133 III 626
E. 3.1 mit Hinweisen). Nach den Feststellungen der Vorinstanz wohnt der
Beschwerdeführer seit Beginn des Mietverhältnisses mit der Y.________ AG seit
Anfang Februar 2006 in der 1 1/2-Zimmerwohnung in der Liegenschaft B.________.
Ferner steht fest, dass ausschliesslich der Beschwerdeführer als
einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat dafür besorgt gewesen war, dass die
Y.________ AG aus dem Mietvertrag entlassen wurde, weil die Vereinbarung vom
17. August 2007 vom Beschwerdeführer sowohl für sich selbst als auch für die
Y.________ AG unterschrieben wurde. Unter diesen Umständen ist davon
auszugehen, dass mit der Vereinbarung vom 17. August 2007 nicht der bestehende
Mietvertrag mit der Y.________ AG aufgehoben und ein neuer Mietvertrag mit dem
Beschwerdeführer abgeschlossen werden sollte, sondern dass der Beschwerdeführer
an Stelle der Y.________ AG auch formell als Mietpartei in das bisherige
Mietverhältnis eintreten sollte. Anders ist nicht zu erklären, dass auch diese
Gesellschaft an der Vereinbarung vom 17. August 2007 mitwirkte und diese -
durch den Beschwerdeführer - unterzeichnete. Das bedeutet, dass alle Rechte und
Pflichten aus dem Mietverhältnis auf den Beschwerdeführer persönlich
übergingen. Zutreffend weist die Vorinstanz denn auch darauf hin, dass eine
eigentliche Übergabe des Mietobjektes als typisches Merkmal eines neuen
Mietvertrages nicht erforderlich gewesen sei, weil der Beschwerdeführer das
Mietobjekt, das er bereits bewohnte, von der Gesellschaft, für die er handelte,
übernommen habe. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er sei bis 31. Juli 2007
Untermieter der Y.________ AG gewesen, ist neu und unzulässig, weil nicht erst
der angefochtene Entscheid Anlass für diese neue Behauptung gab (Art. 99 Abs. 1
BGG). Nachdem aber davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer das
bestehende Mietverhältnis übernahm, muss er sich die Mahnung und
Kündigungsandrohung vom 17. Juli 2007, die ihm übrigens auch persönlich in
Kopie zugestellt worden war, entgegen halten lassen. Sein Einwand, die Mahnung
und Kündigungsandrohung beziehe sich auf ein anderes Mietverhältnis, welches
ihn nicht betreffe, erweist sich somit als nicht stichhaltig. Damit stellt sich
die Frage nicht, ob sich der Beschwerdeführer rechtsmissbräuchlich auf einen
neuen Mietvertrag beruft. Entscheidend ist einzig, dass der Beschwerdeführer
als Übernehmer des bisherigen Mietverhältnisses die Mahnung und
Kündigungsandrohung vom 17. Juli 2007 gegen sich gelten lassen muss, dass nach
den Feststellungen der Vorinstanz die Mietzinsausstände nicht beglichen waren
und dass die formellen Anforderungen an eine Zahlungsverzugskündigung
eingehalten sind. Im Übrigen ist auch nicht mehr umstritten, dass die
Handlungen von X.________ der Beschwerdegegnerin anzurechnen sind und dass die
Beschwerdegegnerin aktivlegitimiert ist.

4.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da
keine Vernehmlassung eingeholt wurde, entfällt eine Entschädigungspflicht.

5.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen.
Da die vom Beschwerdeführer erhobenen Beanstandungen offensichtlich unbegründet
sind, erweist sich die Beschwerde als aussichtslos, was zur Abweisung des
Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege führt (Art. 64 Abs. 1 BGG).

6.
Mit dem heutigen Urteil wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung
gegenstandslos.

erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

2.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, 1.
Rekurskammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. April 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Klett Mazan