Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.119/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_119/2008 /len

Urteil vom 10. Juni 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Jürg Zinsli,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mario Cavigelli.

Gegenstand
Einfache Gesellschaft; Konkurrenzverbot,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer,
vom 8. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Im April 1996 unterzeichneten A.________ (Beschwerdeführer) und B.________
(Beschwerdegegnerin) eine Vereinbarung, wonach sie, wie bereits seit Dezember
1995 gehandhabt, vorerst einmal bis Dezember 1999 gemeinsam ein Solarium
betreiben würden. Danach sollte ein neuer Vertrag geschlossen werden. Nebst
Ausführungen über die Aufgabenverteilung unter den Partnern und die
Finanzierung des Betriebes enthielt die Vereinbarung unter Ziff. 11 folgende
Klausel:
"Konkurrenzverbot: Beiden Parteien ist es untersagt, weder Frau B.________ noch
Herrn A.________, alleine im Oberengadin ein Bräunungsstudio zu eröffnen.
Vertragsbruch: Entschädigung von Fr. 40'000.-- an den Partner."

B.
Die Parteien führten das Solarium über den Dezember 1999 hinaus weiter, ohne
dass entsprechende Verhandlungen zu einer neuen Vereinbarung geführt hätten.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 kündigte die Beschwerdegegnerin das
Geschäftsverhältnis auf den 30. Juni 2004. Am 28. Oktober 2004 unterschrieben
die Parteien eine Vereinbarung über die Auflösung des zwischen ihnen
bestehenden als einfache Gesellschaft bezeichneten Gesellschaftsverhältnisses.
Danach übernahm die Beschwerdegegnerin gegen eine Zahlung an den
Beschwerdeführer den Betrieb des Solariums auf eigenen Namen und auf eigene
Rechnung. Offen gelassen wurde, ob dem Beschwerdeführer eine
Goodwillentschädigung auszurichten sei und ob die Beschwerdegegnerin wegen
Verletzung des Konkurrenzverbotes Strafzahlung fordern dürfe. Sie warf dem
Beschwerdeführer vor, das gemeinsam betriebene Solarium zu konkurrenzieren,
indem er, sein Lebenspartner und seine Angestellten für ein in derselben
Galerie auf demselben Stockwerk im Januar 2004 eröffnetes
Selbstbedienungssolarium Dienstleistungen erbrächten.

C.
Die Beschwerdegegnerin machte beim Kreispräsidenten Oberengadin als Vermittler
eine Klage hängig und verlangte Fr. 40'000.-- nebst Zins. Der Beschwerdeführer
schloss auf Abweisung der Klage und erhob zunächst Widerklage auf eine
Goodwillentschädigung von ebenfalls Fr. 40'000.--. An der Widerklage hielt er
indessen nicht fest, nachdem die Beschwerdegegnerin ihre Forderung dem
Bezirksgericht Maloja unterbreitet hatte. Dieses hiess die Klage am 13. März
2007 im Umfang von Fr. 20'000.-- nebst Zins gut.

D.
Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien kantonale Berufung. Das
Kantonsgericht von Graubünden hiess die Klage gut und verpflichtete den
Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin Fr. 40'000.-- nebst Zins zu bezahlen.
D.a Das Kantonsgericht liess offen, ob das Vertragsverhältnis der Parteien als
einfache Gesellschaft oder Kollektivgesellschaft zu qualifizieren sei.
Jedenfalls hätten die Parteien die Gesellschaft ab Januar 2000 weitergeführt,
so dass das Konkurrenzverbot bis zum 30. Juni 2004 Geltung behalten habe. Für
das Kantonsgericht war offenkundig, dass vom Verbot, ohne den anderen Partner
im Oberengadin ein Solarium zu eröffnen, ohne weiteres auch der anschliessende
Betrieb einer solchen Einrichtung erfasst werde, gehe doch erst hiervon die
konkurrenzierende Wirkung aus. Diesem Verbot hätten die Parteien durch die
Konventionalstrafe noch zusätzliches Gewicht verliehen. Das Konkurrenzverbot
solle sicherstellen, dass der Betrieb des Solariums möglichst ungestört
ausgeübt werden könne, und verhindern, dass ein Partner im Oberengadin offen
oder verdeckt eine konkurrenzierende Tätigkeit entfalte. Dagegegen verstosse
nicht nur, wer als Inhaber oder als Geschäftsführer die Verantwortung für ein
anderes Solarium trage, sondern auch, wer sonst zum Gedeihen eines
Konkurrenzunternehmens beitrage und damit ein Verhalten zeige, das nach den
dispositiven Gesetzesbestimmungen grundsätzlich nicht mit der Stellung eines
Mitglieds einer einfachen Gesellschaft oder einer Kollektivgesellschaft
vereinbar sei. Nichts deute darauf hin, dass die Parteien derartige
Dienstleistungen vom Verbot hätten ausnehmen wollen.
D.b Das Kantonsgericht hielt für erstellt, dass der Beschwerdeführer die
Geschehnisse im Konkurrenzsolarium aus seinem ein Stockwerk höher gelegenen
Coiffeursalon über einen Bildschirm verfolgen konnte und dass ein Anschlag im
Bräunungsstudio dessen Besucher darauf hinwies, dass sie sich bei Bedarf
unmittelbar oder über eine Telefonnummer beim Coiffeurgeschäft des
Beschwerdeführers melden könnten. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer gemäss
einer Videoaufzeichnung vom 6. Februar 2004 gegenüber einem Kunden des
gemeinsam betriebenen Solariums die Vorzüge des Konkurrenzsolariums erwähnt
habe. Schliesslich habe eine Mitarbeiterin des Beschwerdeführers, welche nicht
nur im Coiffeursalon, sondern auch im gemeinsamen Solarium gearbeitet habe, ein
Teilpensum im Konkurrenzsolarium übernommen, aller Wahrscheinlichkeit nach mit
Billigung des Beschwerdeführers. Aus diesen Gründen war nach Auffassung des
Kantonsgerichts die Konventionalstrafe verfallen. Da der Beschwerdeführer keine
Reduktionsgründe geltend gemacht hatte, sprach das Kantonsgericht der
Beschwerdegegnerin die volle Konventionalstrafe zu.

E.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht
im Wesentlichen, die Klage abzuweisen. Seinem Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung gab das Bundesgericht mit Verfügung vom 18. März 2008
statt. Die Beschwerdegegnerin und das Kantonsgericht schliessen auf Abweisung
der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Eine qualifizierte
Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht. Diesbezüglich wendet das Bundesgericht
das Recht nicht von Amtes wegen an, sondern prüft nur präzise vorgebrachte und
hinreichend begründete Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 393 E. 6 S. 397;
133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Grundsätzlich unzulässig sind Rügen,
die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Entscheides
richten, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs.
2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet
dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Entsprechende
Beanstandungen sind ebenfalls nach Massgabe von Art. 106 Abs. 2 BGG zu
begründen. Es ist in der Beschwerdeschrift im Einzelnen darzulegen, inwiefern
die Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer
verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Vorbehalten
bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG,
die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254
f. mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer ist im Wesentlichen der Auffassung, die Parteien hätten in
Ziff. 11 ihrer Vereinbarung das Konkurrenzverbot im Vergleich zu den
dispositiven gesetzlichen Bestimmungen betreffend die einfache Gesellschaft
oder die Kollektivgesellschaft eingeschränkt. Nach dieser Vereinbarung verletze
einzig die Eröffnung eines anderen Bräunungsstudios im Oberengadin das
Konkurrenzverbot und verpflichte zur Bezahlung einer Entschädigung von Fr.
40'000.--. Hätten sich die Parteien gegen sämtliche Handlungen, welche von Art.
536 OR erfasst werden, absichern wollen, hätte ein einfacher Hinweis auf jene
Bestimmung genügt. In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz nach Auffassung
des Beschwerdeführers sowohl Art. 18 als auch Art. 19 OR sowie Art. 158 der
Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden (ZPO) vom 1. Dezember 1985 verletzt
und ist bei der Beweiswürdigung in Willkür verfallen.

2.1 Mit Bezug auf die Weitergeltung des Konkurrenzverbots ab Januar 2000 hat
die Vorinstanz den tatsächlich übereinstimmenden Willen der Parteien
festgestellt, denn es hat dabei das nachträgliche Parteiverhalten
berücksichtigt, welches nur Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen der
Parteien zulässt (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632 mit Hinweisen). Soweit die
Ausführungen der Vorinstanz zum Umfang des Konkurrenzverbots ebenfalls den
tatsächlichen Willen betreffen, wie die Beschwerdegegnerin anführt und wovon
auch der Beschwerdeführer auszugehen scheint, wenn er eine willkürliche
Beweiswürdigung rügt, ist auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung
nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer begnügt sich damit, auf den Wortlaut
der Bestimmung zu verweisen und kommt allein gestützt darauf zu einem von der
Vorinstanz abweichenden Ergebnis. Dies genügt nicht, um die Auffassung der
Vorinstanz, welche neben dem Wortlaut der Bestimmung den mit dieser verfolgten
Zweck berücksichtigte, als offensichtlich unhaltbar auszuweisen.

2.2 Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers davon ausgehen wollte, die
Vorinstanz habe den Umfang des Konkurrenzverbots nach dem Vertrauensprinzip
ausgelegt, womit das Bundesgericht die Frage frei prüfen könnte, würde dies im
Ergebnis nichts ändern.
2.2.1 Die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip stellt nicht allein auf den
Wortlaut einer Vereinbarung ab. Abzuklären ist vielmehr, welche Bedeutung die
Parteien der Klausel unter Berücksichtigung der gesamten Umstände bei
Vertragsschluss beimessen durften und mussten (BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67
mit Hinweisen).
2.2.2 Die Übertretung des Konkurrenzverbots verpflichtet zur Zahlung einer
Konventionalstrafe. Diese soll sicherstellen, dass das Konkurrenzverbot
respektiert wird. Sie bewirkt mithin eine Verschärfung des Konkurrenzverbots.
2.2.3 Gemäss Art. 536 OR darf kein Gesellschafter zu seinem besonderen Vorteil
Geschäfte betreiben, durch die der Zweck der Gesellschaft vereitelt oder
beeinträchtigt würde. Der Beschwerdeführer weist an sich zu Recht darauf hin,
dass nach dem Wortlaut der Vereinbarung nur die Eröffnung eines
Bräunungsstudios untersagt ist, was eine Einschränkung gegenüber der
dispositiven gesetzlichen Regelung bedeuten würde. Die Vorinstanz hat
bundesrechtskonform geprüft, ob ausser dem Wortlaut irgendwelche Hinweise
darauf bestehen, dass eine derartige Einschränkung gewollt war, und dies
verneint. Es ist denn auch kaum nachvollziehbar, weshalb die Parteien mit Bezug
auf eine Art der Konkurrenzierung, die Eröffnung eines Bräunungsstudios, die
gesetzliche Regelung durch die Androhung einer Konventionalstrafe verschärfen,
gleichzeitig aber andere Konkurrenzierungsformen, wie den Betrieb eines
Bräunungsstudios oder die Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens, welche
sich wirtschaftlich ebenso nachteilig auswirken können, gestatten sollten. Die
Auslegung des Beschwerdeführers lässt sich zwar mit dem Wortlaut der
Konkurrenzklausel vereinbaren, würde aber den Sinn des Konkurrenzverbotes
weitgehend aushöhlen. Dies musste der Beschwerdeführer nach Treu und Glauben
erkennen und sich demgemäss bewusst sein, dass im Oberengadin
vereinbarungsgemäss nur gemeinsame Projekte für Bräunungsstudios verfolgt
werden durften. Er konnte daher bei Unterzeichnung nicht in guten Treuen
annehmen, die Gründung eines Konkurrenzsolariums sei verboten, nicht aber der
Betrieb oder die Unterstützung eines solchen. Wenn die Vorinstanz vor diesem
Hintergrund annahm, es verstosse gegen das vertraglich vereinbarte und mit
einer Konventionalstrafe bewehrte Konkurrenzverbot, wenn der Beschwerdeführer
den Betrieb eines Konkurrenzunternehmens über einen Bildschirm in seinem
Coiffeursalon überwachte und für dessen Kunden gegebenenfalls als
Ansprechperson zur Verfügung stand, verletzt dies kein Bundesrecht.

2.3 Ob der Beschwerdeführer (neben der unzulässigen Mithilfe beim
Konkurrenzunternehmen durch die Überwachung des Betriebs und die Funktion als
Ansprechperson für Kunden bei Bedarf) aktiv Kunden abgeworben hat oder seine
Arbeitnehmer zur Mitarbeit im Konkurrenzbetrieb animierte, könnte höchstens für
die Frage der Herabsetzung der Konventionalstrafe eine Rolle spielen. Da keine
Reduktionsgründe geltend gemacht wurden, bleibt die Frage, ob die Vorinstanz
dem Beschwerdeführer zu Recht auch diese weiteren Verfehlungen angelastet hat,
ohne Prozessrelevanz, weshalb auf die damit zusammenhängenden Rügen der Willkür
oder der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht einzutreten ist.

2.4 Offen bleiben kann schliesslich auch die Frage, ob die vom Beschwerdeführer
entfaltete Tätigkeit den Gesellschaftszweck beeinträchtigt hat. Massgebend ist
einzig, dass die Vorinstanz ohne Willkür und ohne Verletzung von Bundesrecht
davon ausgehen konnte, das Konkurrenzverbot erfasse grundsätzlich jegliche Form
der Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens im Oberengadin. Davon abgesehen
vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu überzeugen, ist doch
augenfällig, dass durch seine Mithilfe der Betrieb des Konkurrenzunternehmens
erleichtert und so die Gefahr erhöht wird, dass Kunden zur Konkurrenz wechseln.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit überhaupt darauf
einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, wird der
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. Juni 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak