Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.111/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_111/2008 /len

Urteil vom 16. Juni 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiberin Feldmann.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Yolanda Schweri,

gegen

X.________ Versicherungen AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versicherungsvertrag; Krankentaggelder,

Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau, 3.
Kammer, vom 15. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1955 geborene A.________ (Beschwerdeführer) war vom 24. April 1990 bis 30.
November 2005 bei der Y.________ AG, Bauunternehmen, B.________, angestellt,
zuletzt als Lastwagenchauffeur. Am 9. Juli 2004 stürzte er rückwärts von der
Ladebrücke eines Lastwagens, wobei er sich eine Unterschenkelfraktur links
sowie stabile LWK1- und BWK11-Impressionsfrakturen zuzog. Vom 1. März bis 12.
April 2005 hielt sich der Beschwerdeführer in der Rehaklinik Bellikon auf. Die
SUVA, bei welcher er unfallversichert war, entrichtete Taggelder und kam für
die Heilungskosten auf. Mit Verfügung vom 15. September 2005 sprach ihm die
SUVA eine Rente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 19 % sowie eine
Integritätsentschädigung von 10 % zu. Die Verfügung bzw. der
Einspracheentscheid der SUVA wurde mit Urteil des Bundesgerichts vom 30. August
2007 bestätigt. Per 1. Dezember 2005 trat der Beschwerdeführer in die
Einzeltaggeldversicherung der X.________ Versicherungen AG (Beschwerdegegnerin)
über, welche ihm bei Eintritt der versicherten Arbeitsunfähigkeit nach einer
Wartefrist von 30 Tagen Leistungen in der Höhe von Fr. 117.-- zusicherte. Seit
dem Unfalltag war der Beschwerdeführer zu 100 % arbeitsunfähig. Am 8. August
2006 wurde im Auftrag der Beschwerdegegnerin durch das Institut für
Medizinische Begutachtung, Zürich, ein Gutachten erstattet. Mit Schreiben vom
10. April 2007 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, dass
seit 1. September 2005 eine volle Arbeitsfähigkeit bestehe, so dass keine
Leistungen geschuldet seien.

B.
Am 3. Mai 2007 erhob der Beschwerdeführer beim Versicherungsgericht des Kantons
Aargau Klage mit dem Antrag, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, dem
Beschwerdeführer das Krankentaggeld ab 1. September 2005 auszurichten. Mit
Urteil vom 15. Januar 2008 wies das Versicherungsgericht die Klage ab mit der
Begründung, ab 1. September 2005 liege keine relevante Arbeitsunfähigkeit mehr
vor.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht,
das Urteil des Versicherungsgerichts vom 15. Januar 2008 sei aufzuheben und die
Sache zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung sowie Beweiswürdigung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Beschwerde gutzuheissen und die
Beschwerdegegnerin zur Ausrichtung von Krankentaggeldern für eine volle
krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ab 1. September 2005 zu verpflichten. Der
Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung.
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Versicherungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Die Klage und die Beschwerde sind gegen die X.________ AG bzw. X.________
gerichtet. Hinsichtlich der Parteibezeichnung führt die Beschwerdegegnerin aus,
das Versicherungsgericht habe begründet, wieso sie nicht die X.________ AG,
sondern die X.________ Versicherungen AG sei und habe die formelle Berichtigung
der falschen Parteibezeichnung angeordnet. Fälschlicherweise sei im Rubrum nun
lediglich "X.________" aufgeführt. Das Versicherungsgericht hielt fest, die
falsche Parteibezeichnung, "X.________ AG", sei formell zu berichtigen, und es
sei "X.________ Versicherungen AG" ins Rubrum aufzunehmen, bezeichnete die
Beschwerdegegnerin im Rubrum jedoch nur als "X.________". Vorliegend ist die
Beschwerdegegnerin als "X.________ Versicherungen AG" zu bezeichnen.

2.
2.1 Streitig sind im vorliegenden Fall Leistungen aus einer Zusatzversicherung
zur sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen
gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die
Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem VVG. Streitigkeiten aus solchen
Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb die Beschwerde in
Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f.).

2.2 Der angefochtene Entscheid wurde vom Versicherungsgericht des Kantons
Aargau gefällt. Dieses entscheidet gemäss kantonalem Recht als einzige
kantonale Instanz. Es nimmt zwar von der Einbettung in die aargauische
Gerichtsorganisation her die Stellung eines oberen Gerichts ein, fungiert aber
im vorliegenden Fall nicht als Rechtsmittelinstanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2
BGG. Da das Bundesrecht für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen nicht eine
einzige kantonale Instanz vorschreibt, muss die kantonale Ordnung gemäss Art.
130 Abs. 2 BGG zu gegebener Zeit angepasst werden (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.2
S. 443 f.).

2.3 Mit der Beschwerde werden Krankentaggeldleistungen von Fr. 117.-- ab 1.
September 2005 verlangt. Dabei handelt es sich um eine vermögensrechtliche
Angelegenheit; der Streitwert übersteigt Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b
BBG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde wurde rechtzeitig
eingereicht (Art. 100 BGG).

3.
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Soweit das
Bundesgericht das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 106 BGG), ist zwar eine
ausdrückliche Nennung bestimmter Gesetzesartikel nicht erforderlich. Es muss
aber aus den Vorbringen hervorgehen, gegen welche Regeln des Bundesrechts die
Vorinstanz verstossen haben soll (BGE 134 V 53 E. 3.3 S. 60; 133 IV 286 E. 1.4
S. 287; 116 II 745 E. 3 S. 748 f.). Es ist nicht ersichtlich, welche Norm des
Bundesrechts der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall als verletzt rügen will,
wenn er auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur sozialen
Krankenversicherung (Krankentaggeld nach KVG) verweist, wonach dem Versicherten
zur Stellensuche und zur Anpassung an die veränderten Verhältnisse eine
angemessene Übergangsfrist einzuräumen ist. Aus dem Sachverhalt des
angefochtenen Entscheids ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür und es wird
auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet, dass der dem VVG unterstehende
Versicherungsvertrag eine entsprechende Regelung vorsieht.

4.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz willkürliche Sachverhaltsfeststellung
vor.

4.1 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge kann sich der Beschwerdeführer nicht damit
begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen
gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu
würdigen gewesen wären. Vielmehr hat er klar und substantiiert darzulegen,
inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer
verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls
können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen
im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 133
III 462 E. 2.4 S. 466; 133 III 350 E. 1.3 S. 351; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).

4.2 Das Versicherungsgericht ging in Würdigung der Aktenlage davon aus, dass
kein selbständiges, von den psychogenen Syndromen losgelöstes depressives
Leiden im Sinne einer psychischen Komorbidität vorliegt. Ob eine somatoforme
Schmerzstörung zu bejahen ist, liess es offen, da eine solche in der Regel
nicht zu einer relevanten Arbeitsunfähigkeit führe. In rechtlicher Hinsicht kam
es zum Schluss, dass - unabhängig davon, auf welchen ärztlichen Bericht
abgestellt werde - ab 1. September 2005 keine relevante Arbeitsunfähigkeit mehr
gegeben war. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sich
ausschliesslich auf das nicht beweiskräftige Gutachten von Dr. med. C.________
des Instituts für Medizinische Begutachtung gestützt zu haben, wobei zahlreiche
anderslautende medizinische Gutachten vorlägen. Insbesondere macht der
Beschwerdeführer geltend, dass Dr. med. C.________ auf die von allen anderen
Ärzten konstatierten Störungen wie beispielsweise Depression, Ängste,
Schlafstörungen, psychische Überlagerung der Dauerschmerzen, Rückzug aus dem
Familienleben nicht eingegangen sei; diese Faktoren hätten aber zur Bejahung
des Vorliegens einer somatoformen Schmerzstörung führen müssen. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, warum die Beweiswürdigung des
Versicherungsgerichts offensichtlich unhaltbar sein soll, sondern begnügt sich
im Wesentlichen damit, die verschiedenen Gutachten zusammenzufassen und seine
eigene Interpretation des Beweisergebnisses darzulegen. Die Rüge ist
unzureichend begründet. Ebenso wenig begründet er seine Behauptung, die
Feststellung der Vorinstanz, das Gutachten von Dr. med. C.________ stimme mit
den Resultaten der Untersuchung der Psychiater der SUVA (Rehaklinik Bellikon)
weitgehend überein, sei falsch.

5.
Da die Beschwerde nach dem Gesagten den Begründungsanforderungen nicht genügt,
ist auf sie nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG), da die grundsätzliche
Kostenfreiheit nur für das kantonale Verfahren gilt (Art. 85 Abs. 3 VAG). Die
Beschwerdegegnerin reichte eine Beschwerdeantwort ein, wobei sie durch ihre
Organe und nicht durch einen selbständigen Anwalt vertreten war. Da ihr kein
ausserordentlicher Aufwand entstanden ist, entfällt praxisgemäss die
Zusprechung einer Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 133
III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons
Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juni 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Corboz Feldmann