Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Revision 2F.9/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2F_9/2008

Urteil vom 20. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli,
nebenamtlicher Bundesrichter Camenzind,
Gerichtsschreiber Winiger.

Parteien
X.________,
Gesuchstellerin,
vertreten durch Mayer & Roth, Rechtsanwälte AG,

gegen

Liechtensteinische Steuerverwaltung,
Lettstrasse 37, 9490 Vaduz.

Parteien
Revisionsgesuch gegen das bundesgerichtliche Urteil vom 8. Januar 2008 (2C_195/
2007).

Sachverhalt:

A.
In einem Beschwerdeverfahren betreffend Löschung aus dem liechtensteinischen
Mehrwertsteuer-Register gelangte die X.________, die ihren Sitz in A.________
hat, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs des Fürstentums Liechtenstein
vom 29. März 2007 an das Bundesgericht. Dieses wies mit Urteil vom 8. Januar
2008 (zugestellt am 16. September 2008) die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren
2C_195/ 2007).

B.
Am 15. Oktober 2008 reichte die X.________ beim Bundesgericht ein
Revisionsgesuch ein. Sie beantragt, "auf die Revision sei einzutreten, sie sei
gutzuheissen und das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 8. Januar
2008 zu 2C_195/2007 sei dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gutgeheissen und das Urteil des
Verwaltungsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein vom 29. März 2007 zu VGH
2007/3 dahingehend abgeändert wird, dass der Säumnisbeschwerde der
Beschwerdeführerin vom 16. Januar 2007 Folge gegeben und die angefochtene
Verfügung der Liechtensteinischen Steuerverwaltung vom 6. Juni 2005 dahingehend
abgeändert wird, dass sie wie folgt lautet: [es folgt eine Aufzählung der
beantragten steuerbaren Entgelte resp. der Vorsteuern der Beschwerdeführerin
vom 3. Quartal 2001 bis und mit 4. Quartal 2004]".

Im Eventualantrag beantragt die Gesuchstellerin Gutheissung und Abänderung des
bundesgerichtlichen Urteils vom 8. Januar 2008 sowie Rückweisung zu neuem
Entscheid. Dabei soll insbesondere die Frage der Prüfung des Optionsgesuches
durch den Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein bzw.
subeventuell durch die Liechtensteinische Steuerverwaltung neu geprüft werden.

C.
Die Steuerverwaltung des Fürstentums Liechtenstein beantragt die Abweisung des
Revisionsgesuchs und die Bestätigung des bundesgerichtlichen Urteils. Den
gleichen Antrag stellt die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung
Mehrwertsteuer. Der Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

In ihrer unaufgefordert eingereichten, als "Replik" bezeichneten Eingabe vom 9.
Februar 2009 hält die Gesuchstellerin an den gestellten Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Revision eines Bundesgerichtsurteils kann unter anderem verlangt
werden, wenn das Bundesgericht einzelne Anträge unbeurteilt liess (Art. 121
lit. c BGG) oder in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht
berücksichtigt hat (Art. 121 lit. d BGG). Findet das Bundesgericht, dass ein
Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet
neu (Art. 128 Abs. 1 BGG). Revisionsbegehren gestützt auf Art. 121 lit. c und d
BGG sind innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des
angefochtenen Entscheides beim Bundesgericht einzureichen (Art. 124 Abs. 1 lit.
b BGG).

1.2 Das Revisionsgesuch wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist und Form
von einer durch das Urteil des Bundesgerichts besonders betroffenen Partei mit
einem aktuellen Rechtschutzinteresse an dessen Aufhebung oder Änderung
eingereicht. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Eingabe ist demnach
einzutreten.

2.
2.1 Letztinstanzliche liechtensteinische Entscheidungen über materielle
Vorschriften der Mehrwertsteuer können ausschliesslich "in Bezug auf
Rechtsfragen" beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 11 der Vereinbarung
vom 28. November 1994 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem
Fürstentum Liechtenstein zum Vertrag betreffend die Mehrwertsteuer im
Fürstentum Liechtenstein [SR 0.641.295.142.1]). Eine Sachverhaltsprüfung steht
dem Bundesgericht somit nicht zu, auch nicht in dem durch Art. 97 BGG
eingeschränkten Rahmen.

2.2 Liegt ein Revisionsgrund nach Art. 121 lit. c BGG vor, so hat das
Bundesgericht die von den Parteien gestellten Anträge in der Sache oder, soweit
dies zulässig ist, bezüglich der Beweisführung zu behandeln. Nicht zu den
Anträgen gehören die einzelnen Parteivorbringen (ELISABETH ESCHER, in: Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N 8 zu Art. 121 BGG).

Die Gesuchstellerin macht vorab geltend, es seien "einzelne Anträge, nämlich
das Optionsgesuch, unbeurteilt geblieben". Aus den Akten ergibt sich jedoch
klar, dass die Gesuchstellerin im Beschwerdeverfahren 2C_195/2007 in ihrer
Beschwerdeschrift vom 3. Mai 2007 keinen Antrag auf Beurteilung eines
Optionsgesuches für die subjektive Steuerpflicht durch das Bundesgericht
gestellt hat. Ihre im Revisionsverfahren vorgetragene Rüge trifft deshalb nicht
zu. Daraus ergibt sich, dass der Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. c BGG
nicht gegeben ist.

2.3 Ein Revisionsgrund liegt auch dann vor, wenn das Gericht in den Akten
liegende erheblichen Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (Art. 121
lit. d BGG). Ein solches Versehen ist dann gegeben, wenn beim
bundesgerichtlichen Urteil eine Aktenstelle übergangen oder wenn diese
unrichtig wahrgenommen wurde (BGE 115 II 399 E. 2a S. 400) und wenn sie
überdies für die Entscheidfindung erheblich war (BGE 122 II 17 E. 3 S. 18 f.).

Die Gesuchstellerin macht geltend, das Bundesgericht habe aktenwidrig
entschieden; es sei davon ausgegangen, aufgrund der vorhandenen Akten stehe
nicht fest, ob überhaupt ein entsprechendes Optionsgesuch für die subjektive
Steuerpflicht gestellt worden sei.
2.3.1 Aufgrund des Gesetzeswortlautes ist ein bundesgerichtliches Urteil nur
dann in Revision zu ziehen, wenn das Gericht in den Akten liegende, erhebliche
Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Solche erhebliche Tatsachen
sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Im bundesgerichtlichen Urteil vom
8. Januar 2008 wurde ausführlich dargelegt, weshalb die eingereichte Beschwerde
abzuweisen war (vgl. insbesondere E. 2.1 bis 2.4). An dieser Begründung würde
sich auch nichts ändern, wenn man das Ankreuzen der Frage nach freiwilliger
Unterstellung als Stellen eines Optionsgesuchs verstehen wollte, weshalb es
sich nicht um eine für das Verfahren wesentliche Tatsache handelt.

Hinzu kommt, dass die Gesuchstellerin bis zur Einleitung des
Revisionsverfahrens nie geltend gemacht hat, dass von ihr bereits mit der
Anmeldung als Mehrwertsteuerpflichtige bei der Liechtensteinischen
Steuerverwaltung ein "ausdrückliches" Optionsgesuch gestellt worden sei. Die
Frage bildete demnach nicht Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens
und kann aus diesem Grunde in einem Revisionsverfahren nicht neu eingebracht
werden. Im Übrigen ist das Bundesgericht an die Tatsachenfeststellungen der
Vorinstanz gebunden, beschränkt sich doch seine Beurteilung lediglich auf
Rechtsfragen (vgl. E. 2.1).
2.3.2 Die vom Bundesgericht im Beschwerdeverfahren vorgenommene rechtliche
Würdigung, wonach die Praxis des Fürstentums Liechtenstein für Holding- und
Sitzgesellschaften eine freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht nicht
zulässt, stützt sich auf Art. 27 Abs. 1 des liechtensteinischen Gesetzes vom
16. Juni 2000 über die Mehrwertsteuer (MWSTG/FL; LGBL 2000, Nr. 163). Diese
sieht eine Optionsmöglichkeit nur für die in Art. 25 Abs. 1 MWSTG/FL genannten
Tatbestände vor, nicht aber für die Holdinggesellschaften nach Art. 25 Abs. 3
MWSTG/FL. Da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, ist eine
Neubeurteilung im vorliegenden Revisionsverfahren nicht möglich, selbst wenn
man diesbezüglich zu einem anderen Schluss kommen würde. Das Revisionsverfahren
steht nicht zur Verfügung, um bloss eine als falsch erachtete rechtliche
Beurteilung im gewünschten Sinn zu korrigieren. Eine Revision setzt stets
voraus, dass einer der in Art. 121 ff. BGG genannten Revisionsgründe vorliegt.
Ein solcher ist hier aber nicht gegeben, weshalb das Revisionsgesuch
vollumfänglich abzuweisen ist.

3.
Das Revisionsgesuch erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und ist
abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Es ist keine Parteientschädigung
auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Gesuchstellerin, der Liechtensteinischen
Steuerverwaltung, dem Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein und
der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Winiger