Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.9/2008
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2C_9/2008/ble

Urteil vom 24. Januar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Ebnöther,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich.

Fortsetzung der Ausschaffungshaft
(Art. 13b Abs. 2 ANAG),

Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom
4. Dezember 2007.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1986) stammt aus der Republik Niger. Er durchlief in der
Schweiz erfolglos ein Asylverfahren, in dessen Rahmen er verpflichtet wurde,
das Land bis zum 4. März 2005 zu verlassen. Vom 15. Mai bis zum 30. August
2006 befand er sich im Strafvollzug (Verletzung von Ausgrenzungen;
Betäubungsmittelhandel ["Ameisendealer"]). Ab dem 11. Dezember 2006 nahm das
Migrationsamt des Kantons Zürich ihn in Ausschaffungshaft, welche wiederholt
verlängert wurde, letztmals am 4. Dezember 2007 bis zum 10. März 2008.
X.________ ist hiergegen am 3. Januar 2008 mit dem Antrag an das
Bundesgericht gelangt, den Entscheid des Haftrichters aufzuheben,
festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der
Ausschaffungshaft nicht mehr gegeben seien, und ihn aus der Haft zu
entlassen. Das Migrationsamt des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde
abzuweisen; das Bezirksgericht Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet; das
Bundesamt für Migration liess sich nicht vernehmen. X.________ hat am
16. Januar 2007 an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten.

1.2 Seit dem 1. Juni 2007 bemüht sich X.________ darum, den Vollzug des
asylrechtlichen Wegweisungsentscheids aussetzen zu lassen und im Kanton
Luzern eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner am 30. Januar 2007
geborenen Tochter sowie deren Mutter zu erwirken; diese verfügt als
anerkannter Flüchtling dort über eine Aufenthaltsbewilligung. Das Bundesamt
für Migration (BFM) trat wiederholt auf entsprechende Wiedererwägungsgesuche
nicht ein (letztmals am 7. Dezember 2007). Am 8. August 2007 weigerte sich
die Instruktionsrichterin am Bundesverwaltungsgericht ihrerseits, den Vollzug
der Wegweisung des Beschwerdeführers vorsorglich auszusetzen; am 30. August
2007 trat sie als Einzelrichterin auf die entsprechende Beschwerde nicht ein.
Mit Urteil vom 23. November 2007 hob das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern eine Nichteintretensverfügung des kantonalen Amts für Migration auf
und hielt dieses gestützt auf Art. 8 EMRK an, ein Bewilligungsverfahren zu
eröffnen.

2.
Die Eingabe vom 3. Januar 2008, welche als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu behandeln ist (vgl. Art. 82 ff.
BGG), erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
2.1 Die Bestimmungen über die Ausschaffungshaft gemäss der Änderung des
Asylgesetzes vom 16. Dezember 2005 decken sich inhaltlich mit jenen im
Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer
(AuG; SR 142.20), welches am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Es kann
dehalb dahingestellt bleiben, welches Recht im vorliegenden Verfahren zur
Anwendung kommt (Urteil 2C_2/2008 vom 9. Januar 2008, E. 2.1).
2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht nicht grundsätzlich die
Zulässigkeit seiner Ausschaffungshaft:
2.2.1 Wie das Bundesgericht im Urteil 2C_541/2007 vom 7. November 2007
festgestellt hat, ist er im Asylverfahren rechtskräftig aus der Schweiz
weggewiesen worden; er hält sich dementsprechend zurzeit illegal im Land auf.
Hieran ändert Art. 1 ANAV nichts, wonach ohne behördlichen Entscheid der
Ausgang eines hängigen Bewilligungsverfahrens in der Schweiz abgewartet
werden darf; dies gilt nur für "rechtmässig" eingereiste Ausländer (vgl. Art.
1 Abs. 2 ANAV); auch Art. 17 Abs. 1 AuG sieht vor, dass der
Bewilligungsentscheid grundsätzlich im Ausland abzuwarten ist. Die
Bewilligungs- und Wegweisungsfrage bildet nicht Gegenstand des
Haftprüfungsverfahrens; in diesem geht es einzig um die Rechtmässigkeit der
Haft als solcher (BGE 130 II 56 E. 2). Der Beschwerdeführer hätte die Schweiz
längst verlassen müssen; statt dies zu tun, wurde er hier straffällig,
weigerte er sich, in seine Heimat zurückzukehren, und verletzte er wiederholt
ihm auferlegte Ausgrenzungen (Zürich, Solothurn), wobei er sich Anhaltungen
teilweise durch Flucht zu entziehen versuchte. Gestützt hierauf kam das
Bundesgericht am 7. November 2007 zum Schluss, dass ihm zugemutet werden
könne, den Ausgang des eingeleiteten neuen Verfahrens im Ausland abzuwarten;
die Ausschaffungshaft sei zur Sicherung des Vollzugs seiner Wegweisung auch
nicht unverhältnismässig im Sinne von BGE 122 II 148 ff. (Urteil 2C_541/2007
vom 7. November 2007, E. 3.4).
2.2.2 Hieran hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert: Zwar hat das
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern das kantonale Amt für Migration
angehalten, das Bewilligungsgesuch des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 8
EMRK materiell zu prüfen; damit ist aber noch nicht gesagt, dass er auch eine
Bewilligung erhalten wird. Hierüber ist im Rahmen einer umfassenden
Interessenabwägung im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu entscheiden (vgl. BGE
130 II 281 ff.); in der Zwischenzeit hat er die Schweiz zu verlassen und
seine familiären Beziehungen (zumindest vorerst) vom Ausland her zu pflegen.
Dies ist ihm zumutbar, nachdem er die Beziehung zu seiner Freundin und die
Geburt seiner Tochter den Behörden gegenüber längere Zeit verschwiegen und
erklärt hat, in der Schweiz über keinen qualifizierten Familienkreis zu
verfügen. Der Beschwerdeführer ist zudem wiederholt in der Drogenszene
angehalten worden; bei einer Kontrolle im April 2006 im Kanton Solothurn,
erklärte er, seine dort lebende Freundin besuchen zu wollen; ob er
tatsächlich seit Sommer 2005 mit der Mutter seines Kindes zusammenlebt, ist
deshalb noch abzuklären; ebenso, ob und welche Fernhaltegründe gegen ihn
vorliegen könnten.

2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Behörden hätten das
Beschleunigungsgebot missachtet, indem sie vom 30. August 2007 bis zum 19.
November 2007 untätig geblieben seien; erst anfangs 2008 - mithin über vier
Monate nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - seien die nächsten
Vorkehren für seine Ausschaffung getroffen worden.

2.3.1 Das Beschleunigungsgebot ist nach der Rechtsprechung verletzt, wenn die
Behörden während mehr als zwei Monaten keine konkreten (möglichen)
Vorkehrungen mehr im Hinblick auf die Ausschaffung getroffen haben und die
Verzögerung nicht auf ein Verhalten der ausländischen Behörde oder des
Betroffenen selber zurückzuführen ist (BGE 124 II 49 ff. E. 4). Die Behörden
dürfen nicht über längere Zeit untätig bleiben, auch wenn der Ausländer sich
unkooperativ zeigt; Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK setzt für die Rechtmässigkeit
der Haft ein "schwebendes" Ausweisungsverfahren voraus. Für die Behörden
besteht jedoch keine Pflicht, in jedem Fall schematisch bestimmte Handlungen
vorzunehmen. Es ist jeweils aufgrund der Umstände im Einzelfall zu
beurteilen, ob sie mit dem nötigen Nachdruck auf den Vollzug der Wegweisung
hingearbeitet haben; dabei kommt ihnen ein gewisser Spielraum bei der
Einschätzung der Geeignetheit der erforderlichen (weiteren) Schritte zu (vgl.
das Urteil 2A.489/1999 vom 7. Oktober 1999, E. 2a).

2.3.2 Nach einer (unbestrittenen) Aktennotiz vom 15. August 2007 war die
Botschafterin der Republik Niger nicht bereit, für den Beschwerdeführer einen
Laissez-passer (LP) auszustellen, "solange die Beschwerdesache noch beim
Bundesverwaltungsgericht pendent" sei, doch "würde sie sofort ein LP
ausstellen", sollte der Betroffene freiwillig ausreisen wollen. Damit hatte
es der Beschwerdeführer in der Hand, seine Ausschaffungshaft jederzeit zu
beenden, indem er in seine Heimat zurückkehrte, um den Ausgang des
Bewilligungsverfahrens dort abzuwarten. Zwar erging der
Nichteintretensentscheid des Bundesverwaltungsgerichts bereits am 30. August
2007, doch war es im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in seiner
Eingabe an das Bundesgericht gegen den Verlängerungsentscheid vom 3.
September 2007 wiederum die Bewilligungs- und Wegweisungsfrage aufgeworfen
hatte, vertretbar, vor weiteren Bemühungen im Zusammenhang mit dem Vollzug
der Wegweisung den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten (Zustellung des
Urteils vom 7. November am 12. November 2007) und nicht voreilig - und
allenfalls vergebens - um die Ausstellung eines zeitlich befristeten
Laissez-Passer-Papiers zu ersuchen. Am 19. November 2007 bat das
Migrationsamt das BFM, sich nun um ein Reisepapier bei der zuständigen
Botschaft zu bemühen; am 29. November 2007 teilte ihm dieses mit, es werde
versuchen, "auf der Botschaft des Niger in Paris aufgrund der Anerkennung vom
April 2007 ein gültiges Reisedokument erhältlich zu machen"; der Fall werde
voraussichtlich im Januar 2008 mit den nigrischen Behörden eingehend
besprochen. Unter diesen Umständen und im Hinblick auf das Verhalten des
Beschwerdeführers kann nicht gesagt werden, dass das Beschleunigungsgebot
verletzt wäre. Die Haftverlängerung ist auch nicht unverhältnismässig, wurde
sie vom Haftrichter doch ausdrücklich um "letztmals" weitere drei Monate
gewährt, um den - aufgrund der Angaben des BFM absehbaren -
Wegweisungsvollzug nicht zu vereiteln.

3.
Die angefochtene Haftverlängerung verletzt somit kein Bundesrecht; die
vorliegende Beschwerde ist deshalb abzuweisen. Aufgrund der Umstände
(Bedürftigkeit, Vollzug der Wegweisung) rechtfertigt es sich, keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist indessen wegen
Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen: War die anwaltliche Vertretung im
kantonalen Verfahren allenfalls noch gerechtfertigt, hatte die Eingabe an das
Bundesgericht keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg, nachdem der
Beschwerdeführer bereits wiederholt darauf hingewiesen worden ist, dass er
den Ausgang des Bewilligungsverfahrens im Ausland abzuwarten hat.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt des Kantons
Zürich, dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, und dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Januar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Hugi Yar