Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.850/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_850/2008

Urteil vom 29. August 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Merz.

Parteien
Steuerverwaltung des Kantons Glarus,
Beschwerdeführerin,

gegen

A und B X.________,
vertreten durch dipl. Steuerexperte Werner Ott,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Zweitverdienerabzug (Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus, I.
Kammer, vom 29. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
A X.________ betrieb im Jahr 2005 in C.________ eine Zahnarztpraxis. Seine
Ehefrau, ebenfalls Zahnärztin, arbeitete in der Praxis mit, wofür ihr gemäss
Jahresrechnung 2005 ein Lohn von Fr. 16'800.-- ausgerichtet wurde. Diesen
Betrag deklarierte das Ehepaar auch als Einkommen aus unselbständiger
Erwerbstätigkeit der Ehefrau.

Bei der Veranlagung der Staats- und Gemeindesteuern 2005 setzte die
Steuerverwaltung den Sonderabzug aufgrund Erwerbstätigkeit beider Ehegatten
(sog. Zweitverdienerabzug) auf Fr. 1'680.-- (10 Prozent des Einkommens der
Ehefrau) fest, während sie in den Jahren zuvor jeweils einen Abzug von Fr.
5'000.-- zugelassen hatte. Die Einsprache, die das Ehepaar X.________ gegen die
Veranlagung 2005 erhob, wurde am 30. Oktober 2006 bezüglich des
Zweitverdienerabzugs abgewiesen. Gleich entschied am 25. Juni 2007 die
Steuerrekurskommission des Kantons Glarus. Das Verwaltungsgericht des Kantons
Glarus hiess dagegen am 29. Oktober 2008 die Beschwerde der Eheleute X.________
gut und liess als Zweitverdienerabzug bei den Staats- und Gemeindesteuern 2005
den Betrag von Fr. 5'000.-- zu. Es wies die Sache zur Neuveranlagung im Sinne
der Erwägungen an die Steuerverwaltung zurück.

B.
Die Steuerverwaltung des Kantons Glarus beantragt dem Bundesgericht mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. November 2008, den
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2008 aufzuheben und die
Veranlagung gemäss Einspracheentscheid vom 5. September 2007 (recte: 30.
Oktober 2006) vorzunehmen.

Das Verwaltungsgericht ersucht um Abweisung der Beschwerde. Denselben Antrag
stellen sinngemäss die Beschwerdegegner. Die ebenfalls zur Vernehmlassung
eingeladene Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf eine Stellungnahme zur
Beschwerde verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die kantonale Steuerverwaltung Glarus ist gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG und
Art. 73 Abs. 1 und 2 StHG (SR 642.14) in Verbindung mit Art. 132 des
Steuergesetzes des Kantons Glarus vom 7. Mai 2000 (StG/GL) zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Sie kann den
Rückweisungsentscheid des Verwaltungsgerichts anfechten, gleich ob dieser als
End- oder als Zwischenentscheid zu qualifizieren ist (vgl. Art. 90 und 93 Abs.
1 lit. a BGG; BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127 f.; Urteil 2C_258/2008 vom 27. März
2009 E. 3 mit Hinweisen). Trotz Art. 73 Abs. 3 StHG - kassatorische Natur der
Beschwerde im Steuerharmonisierungsrecht - ist nicht nur der Antrag auf
Aufhebung des angefochtenen Urteils zulässig, sondern auch derjenige auf
Veranlagung gemäss dem Einsprache- bzw. Rekursentscheid (vgl. Art. 107 Abs. 2
BGG als lex posterior; BGE 134 II 186 E. 1.5 S. 190 ff.).

2.
Streitgegenstand bildet die Höhe des Zweitverdienerabzugs, der den
Beschwerdegegnern bei den Staats- und Gemeindesteuern 2005 zusteht.

2.1 Nach Art. 31 Abs. 2 StG/GL in der für das Steuerjahr 2005 geltenden Fassung
steht gemeinsam steuerpflichtigen Ehegatten, die beide erwerbstätig sind, vom
niedrigeren der beiden Erwerbseinkommen ein Abzug von 10 Prozent, höchstens
aber Fr. 5'000.-- zu (Halbsatz 1); ein gleicher Abzug bis zu Fr. 5'000.-- wird
bei erheblicher Mitarbeit eines Ehegatten im Beruf, Geschäft oder Gewerbe des
andern Ehegatten gewährt (Halbsatz 2). Diese Norm führt auf kantonaler Ebene
den in Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG vorgesehenen Abzug näher aus. Nach der
Letzteren ist bis zu einem nach kantonalem Recht bestimmten Betrag ein Abzug
vom Erwerbseinkommen zu gewähren, das ein Ehegatte unabhängig vom Beruf,
Geschäft oder Gewerbe des andern Ehegatten erzielt; die Kantone können
ausserdem einen gleichartigen Abzug vorsehen bei erheblicher Mitarbeit eines
Ehegatten im Beruf, Geschäft oder Gewerbe des andern Ehegatten.

2.2 Bei der direkten Bundessteuer galt bis zum 31. Dezember 2007 eine
vergleichbare Regelung. Nach Art. 33 Abs. 2 DBG (AS 1991 1184 1197) wurden,
wenn Ehegatten in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebten, vom
Erwerbseinkommen, das ein Ehegatte unabhängig vom Beruf, Geschäft oder Gewerbe
des anderen Ehegatten erzielt, ursprünglich Fr. 5'400.-- abgezogen; dieser
Betrag war unter anderem für das Steuerjahr 2005 gemäss Art. 3 Abs. 3 der
bundesrätlichen Verordnung vom 4. März 1996 über die kalte Progression (SR
642.119.2 und AS 1996 1118) auf Fr. 6'400.-- erhöht worden. Ein gleicher Abzug
war zulässig bei erheblicher Mitarbeit eines Ehegatten im Beruf, Geschäft oder
Gewerbe des anderen Ehegatten (aArt. 33 Abs. 2 Halbsatz 2 DBG). Der
Bundesgesetzgeber beschloss am 6. Oktober 2006 Sofortmassnahmen im Bereich der
Ehegattenbesteuerung und regelte dabei den Zweitverdienerabzug neu. Nach dieser
seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung von Art. 33 Abs. 2 DBG (AS 2007 615
f.) werden, wenn Ehegatten in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben
und beide ein Erwerbseinkommen erzielen, vom niedrigeren Erwerbseinkommen 50
Prozent, jedoch mindestens Fr. 7'000.-- und höchstens Fr. 11'500.-- abgezogen.
Bei erheblicher Mitarbeit eines Ehegatten im Beruf, Geschäft oder Gewerbe des
andern Ehegatten oder bei gemeinsamer selbständiger Erwerbstätigkeit wird jedem
Ehegatten die Hälfte des gemeinsamen Erwerbseinkommens zugewiesen. Eine
abweichende Aufteilung ist vom Ehepaar nachzuweisen.

3.
Die Vorinstanz erklärt, dass Art. 31 Abs. 2 StG/GL im Lichte von Art. 9 Abs. 2
lit. k StHG und der Praxis, wie sie bei der direkten Bundessteuer bestehe,
auszulegen sei. Da die Ehefrau keine vom Gewerbe des Ehemanns unabhängige
Tätigkeit ausübe, sondern in der Praxis mitarbeite, sei der Zweitverdienerabzug
nicht vom niedrigeren Einkommen vorzunehmen. Er habe vielmehr von der Hälfte
des gemeinsam erzielten Einkommens zu erfolgen. Das bedeute, dass die Eheleute
X.________ den maximal zulässigen Betrag von Fr. 5'000.-- abziehen könnten.

Die kantonale Steuerverwaltung macht demgegenüber geltend, nach dem
Massgeblichkeitsprinzip sei auf die von den Eheleuten eingereichte
Jahresrechnung 2005 abzustellen. Danach belaufe sich das Einkommen der Ehefrau
für das Jahr 2005 auf Fr. 16'800.--. Dieser Betrag sei im Vergleich zum
gesamten aus der Zahnarztpraxis erzielten Einkommen nicht erheblich im Sinne
von Art. 31 Abs. 2 StG/GL, so dass ein Abzug wegen Mitarbeit eines Ehegatten im
Geschäft des anderen nicht in Betracht komme. Es sei nur ein
Zweitverdienerabzug von 10 Prozent des deklarierten Einkommens der Ehefrau,
also Fr. 1'680.--, zulässig.

4.
Die vorinstanzliche Rechtsanwendung wird von der kantonalen Steuerverwaltung
als Beschwerdeführerin zwar in verschiedener Hinsicht kritisiert. Sie legt
jedoch nicht ausdrücklich dar, welche Normen inwiefern verletzt sein sollen.
Anstatt sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen, wie dies Art.
42 Abs. 2 BGG verlangt, beschränkt sie sich weitgehend auf die Wiederholung
ihres früheren Standpunkts und auf die Wiedergabe von Erwägungen, die sich im
Entscheid der Steuerrekurskommission vom 25. Juni 2007 finden. Sinngemäss kann
der Beschwerde immerhin die Rüge einer Verletzung von Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG
sowie von Art. 31 Abs. 2 StG/GL entnommen werden. Eine Verletzung kantonalen
Rechts kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten indessen
nicht vorgebracht werden (vgl. Art. 95 BGG). Zulässig wäre einzig die Rüge,
Art. 31 Abs. 2 StG/GL sei willkürlich angewendet worden. Eine solche Rüge
müsste allerdings ausdrücklich erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2
BGG und BGE 134 II 349 E. 3 S. 351 f. mit Hinweisen). Hieran fehlt es.

Es ist daher lediglich zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid Art. 9 Abs. 2
lit. k StHG verletzt.

5.
Die zuletzt genannte Bestimmung sieht den Zweitverdienerabzug für zwei Fälle
vor. Einerseits kommt er zum Zug, wenn ein Ehegatte unabhängig von der
Tätigkeit des anderen ein Einkommen erzielt; anderseits findet er Anwendung,
wenn ein Ehegatte im Beruf, Geschäft oder Gewerbe des andern erheblich
mitarbeitet.

Nach den vorinstanzlichen Feststellungen hat B X.________ das fragliche
Einkommen durch Arbeit in der Zahnarztpraxis ihres Ehemanns erzielt. Die
Vorinstanz hat zu Recht angenommen, dass in dieser Situation der
Zweitverdienerabzug nach der zweiten Variante von Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG zu
bestimmen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die fragliche Mitarbeit in der
Steuererklärung als unselbständige Erwerbstätigkeit deklariert wird (vgl. Ziff.
2 und 3 des Kreisschreibens Nr. 13 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 28.
Juli 1994 zum Abzug bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten, in ASA 63 S. 281 f.;
Peter Locher, Kommentar zum DBG, 2001, N. 97 - 101 zu Art. 33 DBG).

Ebenso wenig ist zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Mitarbeit der Ehefrau
als erheblich qualifiziert. Nach der Praxis ist die Erheblichkeit zu bejahen,
wenn die Mitarbeit regelmässig und in einem Ausmass erfolgt, dass einem Dritten
dafür ein jährlicher Lohn mindestens in der Höhe des gesetzlichen Abzugs
bezahlt werden müsste (vgl. Ziff. 2 Ingress des erwähnten Kreisschreibens;
Urteil 2A.76/1992 vom 30. September 1992 E. 4, auszugsweise publ. in StR 48/
1993 S. 552). Diese Voraussetzung ist ohne weiteres erfüllt, da der Abzug
gemäss Art. 33 Abs. 2 DBG, auf den sich diese Praxis bezieht, Fr. 5'400.-- bzw.
ab dem Jahr 1996 Fr. 6'400.-- (s. E. 2.2 hievor) betrug und der Lohn der
Ehefrau für ihre Mitarbeit höher ist. Es kommt hinzu, dass weder Art. 9 Abs. 2
lit. k StHG noch Art. 31 Abs. 2 StG/GL einen solchen fixen Abzug vorsehen, so
dass die Erheblichkeit allenfalls auch bei einer geringfügigeren Mitarbeit
bejaht werden könnte.

Es verletzt demnach Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG nicht, wenn die Vorinstanz den
Beschwerdegegnern einen Zweitverdienerabzug nach der zweiten Variante
(Mitarbeit eines Ehegatten im Geschäft des anderen) gewährt.

6.
Das Steuerharmonisierungsgesetz überlässt es ausdrücklich den Kantonen, die
Höhe und Bemessung des Zweitverdienerabzugs zu bestimmen. Die Vorinstanz nimmt
demgegenüber an, Art. 9 Abs. 2 lit. k StHG schreibe den Kantonen vor, der
Berechnung des Abzugs die Hälfte des gemeinsam erzielten Einkommens
zugrundezulegen. Diese Lösung wurde bei der Revision von Art. 33 Abs. 2 DBG
getroffen, um die Bestimmung des Abzugs zu vereinfachen (vgl. Botschaft vom 17.
Mai 2006 zu den Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung, BBl 2006 S.
4492). Diese Revision bezog sich jedoch allein auf die direkte Bundessteuer und
erstreckte sich nicht auf das Steuerharmonisierungsgesetz. Die Kantone können
deshalb die Bemessung des Abzugs auch nach der erwähnten Revision selber
festlegen. Das gilt erst recht für den Zeitraum vor deren Inkrafttreten.

Die Vorinstanz legt ihrem Entscheid somit eine unzutreffende Auslegung von Art.
9 Abs. 2 lit. k StHG zugrunde. Sie hat dadurch Bundesrecht angewendet, anstatt
den fraglichen Zweitverdienerabzug allein nach Art. 31 Abs. 2 StG/GL zu
bestimmen. Dieses Vorgehen stellt eine Bundesrechtsverletzung dar (vgl. BGE 110
Ib 10 E. 1 S. 12; 133 II 220 E. 2.8 S. 227).

7.
Die Beschwerde erweist sich somit in dem Umfang, in dem auf sie einzutreten
ist, als begründet. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Da sich die
Vorinstanz nicht zur Anwendung von Art. 31 Abs. 2 StG/GL unter Berücksichtigung
des den Kantonen insoweit überlassenen Freiraumes geäussert hat, ist ihr die
Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG).

8.
Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdegegnern
aufzuerlegen (Art. 65 und 66 Abs. 1 und 5 BGG). Parteientschädigungen werden
für das vorliegende Verfahren nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). Die
Vorinstanz wird über die Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale
Verfahren neu zu befinden haben (vgl. Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 29. Oktober 2008 wird aufgehoben
und die Sache zur Neubeurteilung an diese Instanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdegegnern zu gleichen
Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I.
Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. August 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Merz