Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.849/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_849/2008

Urteil vom 27. Mai 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Matter.

1. Parteien
X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern.

Gegenstand
Direkte Bundessteuer pro 1999/2000
(Zwischenveranlagung),

Parteien
Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom
14. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Die Eheleute X.________ und Y.________ betrieben zusammen die
Personengesellschaft A.________, Personal- und Unternehmensberatung, in
R.________, wobei sie bis Ende 1998 zu je 60% und 40% beteiligt waren. Anfangs
1999 gab die Gattin ihre selbständige Erwerbstätigkeit auf, um fortan nur noch
zu rund 20% als Teilzeitangestellte für die Firma tätig zu sein. Gleichzeitig
wurden zwei neue Mitarbeiter eingestellt. Die Gewinne des Unternehmens
entwickelten sich wie folgt:
1997/1998
1999/2000
2001/2002
2003/2004
CHF 372'856.--
CHF1'692'359.--
CHF 515'646.--
CHF 53'590.--

B.
Am 21. August 2003 wurden die Eheleute X.________ - Y.________ für die direkte
Bundessteuer der Periode 1999/2000 veranlagt. Der Gattin wurde eine
Zwischenveranlagung wegen Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit
verweigert. Dagegen erhob das Ehepaar erfolglos Einsprache und danach
Beschwerde an die Steuerrekurskommission des Kantons Bern.

C.
Am 20. November 2008 haben die Eheleute X.________ - Y.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie
beantragen, das Urteil der Steuerrekurskommission vom 14. Oktober 2008
aufzuheben; per 4. Januar 1999 sei eine Zwischenveranlagung für das
Erwerbseinkommen der Ehefrau vorzunehmen.

D.
Die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie die
Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG)
eingereicht worden und richtet sich gegen den von einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in
einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG; vgl. auch Art.
146 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
[DBG; SR 642.11]). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die
Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und
haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89
Abs. 1 BGG).

1.2 Die sich nach der Rechtsprechung aus der Steuerharmonisierung ergebende
Verpflichtung der Kantone, für Beschwerden betreffend die direkte Bundessteuer
eine zweite kantonale Gerichtsinstanz vorzusehen, wenn (wie im Kanton Bern) für
die direkten kantonalen Steuern ein zweifacher kantonaler Instanzenzug besteht
(vgl. BGE 130 II 65 ff.), kommt hier in Bezug auf die direkte Bundessteuer 1999
/2000 noch nicht zur Anwendung. Die den Kantonen eingeräumte Frist zur
Anpassung ihrer Gesetzgebungen an die harmonisierten Gesetze war dann noch
nicht abgelaufen (vgl. Art. 72 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, StHG;
SR 642.14).

1.3 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellungen können
nur berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Nach Art. 45 lit. b DBG wird eine Zwischenveranlagung durchgeführt bei
dauernder und wesentlicher Änderung der Erwerbsgrundlage infolge Aufnahme oder
Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder Berufswechsels. Diese Bestimmung beruht im -
hier noch anwendbaren - System der zweijährigen Vergangenheitsbemessung auf dem
Grundgedanken, dass es einer Zwischentaxation bedarf, wenn sich die
Einkommensverhältnisse in der Steuerperiode tiefgreifend ändern und deshalb
keine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mehr erfolgt. Es
müssen aber qualitative, zeitliche und persönliche Bedingungen kumulativ
erfüllt sein. Erforderlich ist nicht nur, dass sich das Einkommen während des
massgeblichen Zeitraums in der Höhe wesentlich verändert, sondern auch, dass
einer der in Art. 45 DBG abschliessend genannten Gründe gegeben ist. Der
Übergang zur Gegenwartsbemessung soll grundsätzlich die Ausnahme bleiben,
weshalb jeweils nur mit Zurückhaltung auf eine dauernde und wesentliche
Veränderung der Veranlagungsgrundlagen zu schliessen ist, insbesondere nicht
schon bei teilweiser Verminderung oder Erhöhung der Berufstätigkeit, bei
Aufnahme oder Aufgabe einer Nebenerwerbstätigkeit oder wenn eine von
verschiedenen Erwerbsquellen (auch der selbständigen Erwerbstätigkeit)
versiegt. Die mit solchen Entwicklungen üblicherweise verbundenen
Einkommensschwankungen gleichen sich auf die Dauer aus und können in der
ordentlichen Veranlagung hinreichend berücksichtigt werden.
Eine Zwischentaxation ist nur dann vorzunehmen, wenn es sich nicht mehr
rechtfertigen liesse, das Auseinanderklaffen zwischen Steuerbelastung und
wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit im Rahmen der zweijährigen
Vergangenheitsbemessung aufrecht zu erhalten, also namentlich bei einer
tiefgreifenden strukturellen Änderung der gesamten beruflichen Situation. Die
dadurch verursachten Einkommensveränderungen werden von der Praxis in der Regel
dann als dauerhaft eingestuft, wenn sie mindestens zwei Jahre anhalten;
wesentlich sind sie, wenn sich das Gesamteinkommen um mindestens 20 Prozent
verändert (vgl. zum Ganzen: Pra 2003 Nr. 192 S. 1055 E. 4.1; 1998 Nr. 101 S.
582 E. 2 u. 3a; siehe auch schon: BGE 115 Ib 8 E. 3a S. 10 f.; Kreisschreiben
der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 26. April 1993 zur zeitlichen
Bemessung der direkten Bundessteuer bei natürlichen Personen, ASA 62 312 ff.,
insb. S. 323).

2.2 Das Einkommen der Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter
Ehe leben, wird ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet (Art. 9
Abs. 1 DBG). Sie bilden eine wirtschaftliche Einheit und haben ihr
Gesamteinkommen zu versteuern. Deshalb beurteilt sich die Frage, ob eine
wesentliche Veränderung des Einkommens vorliegt, nach dem gesamten Einkommen
der Eheleute (vgl. u.a. ASA 71 558 E. 2a; Pra 1998 Nr. 101 S. 582 E. 3b; mit
Hinweisen). Somit drängt sich eine Zwischenveranlagung u.a. dann nicht auf,
wenn der eine Ehepartner zwar sein Arbeitspensum auf 50% reduziert, der andere
aber gleichzeitig eine Halbtagesstelle annimmt (vgl. BStP IX 172 E. 2 u. 3;
siehe auch ASA 59 556 E. 4 u. 5; 60 186 E. 2). Dasselbe gilt, wenn der Ehefrau,
die weiterhin im Betrieb ihres Mannes mitarbeitet, wohl kein Gehalt mehr
ausbezahlt wird, aber wegen dieses Lohnverzichts der Gewinn, den der Gatte als
Selbständigerwerbender zu versteuern hat, in annähernd gleichem Masse ansteigt
(vgl. Pra 1998 Nr. 101 S. 582 E. 2 u. 3).

2.3 Hier ist unbestritten, dass die Voraussetzungen für eine
Zwischenveranlagung bei der Ehefrau grundsätzlich erfüllt wären, wenn deren
Einkommensverhältnisse für sich allein zu betrachten wären (Reduzierung des
durchschnittlichen Erwerbseinkommens von Fr. 149'062.-- für 1997/98 auf Fr.
24'000.-- per 1999/2000). Ausser Streit steht auch, dass im Allgemeinen eine
Gesamtbetrachtung der Gewinn- bzw. Lohnsituation beider Ehepartner angestellt
werden muss. Die Beschwerdeführer meinen jedoch, dass eine solche
Gesamtbetrachtung in ihrem konkreten Einzelfall unterbleiben müsse, u.a. weil
ihre Berufssituation in den streitbezogenen Jahren sich massgeblich von den
beiden eben genannten Fällen unterscheide.
Es trifft zu, dass es hier weder um eine Reduzierung des Berufspensums beim
einen Ehepartner und eine gleichzeitige Erhöhung der Arbeitszeit beim anderen
Gatten geht, noch um eine zeitlich unveränderte, aber einfach nicht mehr
bezahlte Weiterarbeit der Ehefrau im Betrieb ihres selbständig erwerbstätigen
Mannes. Die Beschwerdeführer machen geltend, diese wesentlichen tatsächlichen
Unterschiede gegenüber den bisher von der Praxis beurteilten Fällen seien von
der Steuerrekurskommission verkannt worden, insbesondere der Umstand, dass der
hier massgebliche Unternehmensertrag nicht nur durch den der Ehefrau bezahlten
Lohn geschmälert wurde, sondern auch durch die Gehaltsauszahlungen an die
beiden Mitarbeiter, die frisch eingestellt worden waren.
Damit wird in erster Linie die Sachverhaltsermittlung durch die Vorinstanz
kritisiert. Der angefochtene Entscheid erwähnt die beiden Neueinstellungen im
Sachverhalt, nicht aber in den hier wesentlichen Erwägungen (vgl. dort E. 5 u.
7). Es erübrigt sich indessen zu fragen, ob die Steuerrekurskommission die
Neueinstellungen und die dadurch hervorgerufenen Veränderungen der
Gesamteinkommens-, -kosten- und -gewinnlage nicht in die tatsächlichen
Feststellungen mit einbezogen hat, die sie ihrer Rechtsbeurteilung zugrunde
gelegt hat. Denn es gelingt den Beschwerdeführern auf jeden Fall nicht, diese
Feststellungen als geradezu qualifiziert unrichtig oder unvollständig darzutun
(vgl. oben E. 1.3). Aus der Beschwerdeschrift wird u.a. nicht genügend klar, in
welchem Umfang die beiden Mitarbeiter eingestellt wurden, um den Arbeitsausfall
der Ehefrau zu kompensieren oder aber aufgrund der damaligen Branchenkonjunktur
(sog. Informatikblase). Ebenfalls nicht ganz deutlich wird in tatsächlicher
Hinsicht, wie die Gewinnverteilung zwischen den Ehegatten im Hinblick auf die
veränderten Einkommensverhältnisse gehandhabt wurde. Somit erweist sich die
Sachverhaltsermittlung der Vorinstanz nicht als offenkundig fehlerhaft und ist
sie für das Bundesgericht verbindlich.
Auf dieser Grundlage ist aber nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene
Entscheid im Ergebnis gegen Bundesrecht verstossen würde. In einem Fall wie dem
vorliegenden kann es sich erübrigen, eine detaillierte Gegenüberstellung der
verschiedenen Einkommens-, Kosten- und Gewinnfaktoren vorzunehmen. Zu Recht hat
die Steuerrekurskommission als ausschlaggebend betrachtet, dass das
Gesamteinkommen in der hier massgeblichen Zeitspanne nicht ab-, sondern sogar
beträchtlich zugenommen hat (1997/98: Fr. 372'856.--; 1999/2000: Fr.
1'692'359.--). Bundesrechtskonform hat sie davon abgesehen, die Gründe dieser
Zunahme einzeln zu gewichten. Mit der erforderlichen Zurückhaltung hat sie
erwogen, dass es sich hier um Einkommensschwankungen handelt, die sich im
Rahmen der ordentlichen Besteuerung ausgleichen.

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden den Beschwerdeführern unter
Solidarhaft auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Steuerverwaltung und der
Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Mai 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Matter