Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.846/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_846/2008

Urteil vom 26. Mai 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung.

Gegenstand
Mehrwertsteuer (1. Quartal 1997 bis 2. Quartal 2002); Revision,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 23.
Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 2. und 3. September 2002 unterzog die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)
die X.________ AG einer Kontrolle gemäss Art. 62 MWSTG (SR 641.20). Die
Kontrolle betraf die Abrechnungsperioden vom 1. Januar 1997 bis zum 30. Juni
2002. Sie fand in den Räumlichkeiten des Besonderen Untersuchungsrichteramtes
des Kantons Basel-Landschaft (BUR) in Liestal statt, da dieses die Buchhaltung
der X.________ AG beschlagnahmt hatte. Gestützt auf diese Prüfung wurden von
der ESTV am 5. September 2002 drei Ergänzungsabrechnungen erlassen. Insgesamt
ergab sich eine Steuernachforderung von Fr. 225'829.-- nebst Verzugszinsen zu
Lasten der X.________ AG. Ebenfalls am 5. September 2002 setzte die ESTV der
X.________ AG Frist bis zum 30. September 2002, um allfällige Vorsteuerbelege
einzureichen. Die ESTV stellte in Aussicht, sie werde bei fristgerechter
Einreichung dieser Unterlagen eine Korrektur der Nachbelastung bzw. eine
entsprechende Gutschrift prüfen. Die X.________ AG liess die Frist in der Folge
jedoch ungenutzt verstreichen.
Am 17. März, 9. April und 10. April 2003 erliess die ESTV drei anfechtbare
Entscheide, mit welchen sie ihre Nachforderungen gemäss den drei erwähnten
Ergänzungsabrechnungen bestätigte. Auf diese Entscheide reagierte die
X.________ AG erst mit Eingabe vom 16. September 2003: Sie berief sich darauf,
dass ihr Verwaltungsrat R.________ überraschend am 12. März 2003 verstorben sei
und beantragte deswegen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit einer
weiteren Eingabe vom 16. März 2004 ergänzte die X.________ AG, dass sie dem
Kontrollergebnis der ESTV selbst dann widerspreche, falls dieses in Rechtskraft
erwachsen sein sollte. Die X.________ AG begründete dies damit, dass bei der
durchgeführten Kontrolle keiner ihrer Mitarbeiter persönlich habe anwesend sein
können, um allfällige Fragen der ESTV zu beantworten und um gewünschte Belege
vorzulegen.
Am 16. Februar 2005 erliess die ESTV erneut zwei anfechtbare Entscheide, mit
welchen sie ihre drei ursprünglichen Ergänzungsabrechnungen vollumfänglich
bestätigte. Gegen die Entscheide vom 16. Februar 2005 erhob die X.________ AG
am 14. März 2005 Einsprache.
Mit Entscheid vom 9. November 2006 vereinigte die ESTV die Verfahren und wies
die Einsprachen ab. Zur Begründung führte die ESTV unter anderem aus, ihre
Entscheide vom 17. März, 9. April und 10. April 2003 seien mangels
rechtzeitiger Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Aus diesem Grund habe sie
das Schreiben der X.________ AG vom 16. März 2004 als Revisionsgesuch
entgegengenommen und dieses mit den Entscheiden vom 16. Februar 2005 sinngemäss
abgewiesen, indem sie die Steuernachforderungen bestätigt habe.

B.
Gegen diesen Einspracheentscheid der ESTV beschwerte sich die X.________ AG bei
der damaligen Eidgenössischen Steuerrekurskommission und verlangte mit ihrem
Hauptbegehren die Herabsetzung der Nachforderung. Eventualiter beantragte sie
sinngemäss eine Gutheissung der Beschwerde in dem Sinne, als das Vorliegen von
Revisionsgründen zu bejahen sei.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht, welches den
Fall von der Eidgenössischen Steuerrekurskommission übernommen hatte, die
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat: Zwar beanstandete es, dass die ESTV
das Gesuch der X.________ AG vom 16. September 2003 um Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nicht formell behandelt habe. Es verzichtete indes auf eine
Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz, sondern beurteilte das Gesuch
selbst und erachtete dieses als unbegründet. Ferner verneinte das
Bundesverwaltungsgericht auch das Vorliegen von Revisionsgründen.

C.
Gegen das Urteil der Vorinstanz führt die X.________ AG mit Eingabe vom 23.
November 2008 Beschwerde beim Bundesgericht. Sie ersucht darum, "die
entschuldigenden Umstände zu berücksichtigen". Sodann ersucht die X.________ AG
um eine Nachfrist zwecks Erweiterung der Beschwerde und Beschaffung weiterer
Beweismittel.
Die ESTV beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
könne. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Mit Schreiben vom 26. November 2008 hat das Bundesgericht der X.________ AG
unter Hinweis auf die Nichterstreckbarkeit der Beschwerdefrist (47 Abs. 1 i.V.
mit Art. 100 Abs. 1 BGG) mitgeteilt, dass dem Ersuchen um eine Nachfrist nicht
entsprochen werden könne.

Erwägungen:

1.
1.1 Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet der
Mehrwertsteuer ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an
das Bundesgericht zulässig (Art. 82 lit. a in Verbindung mit Art. 83 sowie Art.
86 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1
BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert; auf
das frist- und formgerecht eingereichte Rechtsmittel ist daher grundsätzlich
einzutreten (vgl. aber nachfolgend E. 1.2 und 1.3).

1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der
Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur
soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift
ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid
beanstandet wird. Dies setzt voraus, dass sich die Beschwerdeführerin
wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides
auseinandersetzt (BGE 134 II 244). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt
hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern,
als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.
Die Beschwerdeführerin beschreibt in ihrer Eingabe verschiedene Ereignisse in
der Firmengeschichte, um gemäss eigenen Angaben die im angefochtenen Urteil
"genannten Tatsachen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen". Die Relevanz
dieser sachverhaltsergänzenden Ausführungen ist indes nicht ohne weiteres zu
erkennen. Soweit die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen sinngemäss
vorbringen will, dass entgegen den Feststellungen des vorinstanzlichen Urteils
der Revisionsgrund der neuen Tatsachen und Beweismittel (Art. 66 Abs. 2 lit. a
VwVG) zu bejahen sei, und sie diese neuen Tatsachen bzw. Beweismittel
insbesondere auch nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt habe einreichen
können, zielen ihre Einwendungen jedenfalls ins Leere:
Die Behauptung, es habe im Juli 2003 in den Räumlichkeiten der
Beschwerdeführerin ein Brand stattgefunden, welcher die Firma mehrere Wochen
stillgelegt hätte, wurde erstmals vor Bundesgericht vorgebracht und stellt
somit ein unzulässiges Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG dar; dies zumal
nicht ersichtlich ist und auch nicht dargelegt wurde, inwiefern erst der
Entscheid der Vorinstanz hierzu Anlass gegeben hätte (vgl. E. 1.2).
Zu der Behauptung der Beschwerdeführerin, die Firmenunterlagen seien vom
Besonderen Untersuchungsrichteramt beschlagnahmt und deshalb nur eingeschränkt
verfügbar gewesen, hat sich bereits das Bundesverwaltungsgericht geäussert. Es
hat festgestellt, dass der Beschwerdeführerin eine Akteneinsicht beim
Untersuchungsrichteramt und die Erstellung von Kopien möglich gewesen ist.
Inwiefern diese sachverhaltliche Feststellung der Vorinstanz eine
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG darstellen sollte, legt die
Beschwerdeführerin nicht dar. Sie beschränkt sich stattdessen auf die unbelegte
Behauptung, dass sie nur in Teile der beschlagnahmten Akten habe Einsicht
nehmen können und der "aufschlussreichste oder interessantere Teil"
möglicherweise in jenen Unterlagen zu finden sei, welche ihr nicht zugänglich
seien. Mit diesem Vorgehen vermag sie ihrer Substantiierungslast und den
Anforderungen an eine Sachverhaltsrüge (vgl. E. 1.2 und 1.3) nicht zu genügen,
so dass in diesem Umfang auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.

3.
Sodann scheint die Beschwerdeführerin implizit rügen zu wollen, dass die
Vorinstanz den Revisionsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 66
Abs. 2 lit. c VwVG) zu Unrecht verneint habe: Sie, die Beschwerdeführerin,
beanstandet sinngemäss, dass die ESTV die Angelegenheit lediglich mit der
Geschäftsführerin, S.________, und nicht mit T.________ besprochen habe;
letzterer sei jedoch die für die Finanz- und Steuerangelegenheiten der
Beschwerdeführerin zuständige Person gewesen.
Auch in diesem Zusammenhang ist fraglich, ob die Beschwerdeschrift den
Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügt. Die Frage kann offen bleiben, da
sich die Beschwerde diesbezüglich in jedem Fall als unbegründet erweist: Wie
das Bundesverwaltungsgericht unter zutreffender Wiedergabe der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung festgehalten hat, beinhaltet der
verfassungsmässige Gehörsanspruch kein Recht auf eine mündliche Stellungnahme
(E. 6.2.3 und 3.5.2 des angefochtenen Entscheids; vgl. BGE 130 II 425 E. 2.1 S.
428). Es erweist sich mithin als unerheblich, mit welchem Exponenten der
Beschwerdeführerin die ESTV eine (fakultative) mündliche Besprechung abgehalten
hat. Im Übrigen wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, dafür besorgt zu
sein, dass die intern zuständige Person an dieser Besprechung anwesend war.

4.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich
unbegründet und ist gemäss Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG im vereinfachten
Verfahren abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten ist.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen
Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Mai 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Zähndler