Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.824/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_824/2008

Urteil vom 20. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Zünd,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Parteien
A.________,
B.________,
C.________, D.________ und E.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Beratungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht,
lic. iur. Dominik Heinzer,

gegen

Ausländeramt des Kantons Schaffhausen, Stadthausgasse 10, 8201 Schaffhausen,
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen,
Postfach, 8201 Schaffhausen.

Gegenstand
Aufenthaltsrecht; unentgeltliche Prozessführung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
24. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
B.________ reiste am 27. Oktober 1990 in die Schweiz ein und erhielt hier im
Familiennachzug eine Niederlassungsbewilligung. Ihr Gatte A.________ kam am 4.
September 1994 in die Schweiz, wobei ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum
Verbleib bei seiner Frau erteilt wurde. A.________ und B.________ haben drei
gemeinsame Kinder, die in den Jahren 1995, 1997 und 2002 geboren sind. Sie
wurden in die Niederlassungsbewilligung ihrer Mutter einbezogen.

B.
Mit Verfügung vom 21. Dezember 2007 widerrief das Ausländeramt des Kantons
Schaffhausen die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies B.________ und
die drei Kinder für fünf Jahre aus der Schweiz aus: Das Verhalten der Familie
A.________ und B.________ habe zu schweren Klagen Anlass gegeben; sie seien mit
Blick auf ihre Schuldenwirtschaft und Fürsorgeabhängigkeit nicht willens oder
fähig, sich in die hiesige Ordnung einzufügen. Der Regierungsrat des Kantons
Schaffhausen bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 23. September
2008.

C.
Hiergegen gelangte die Familie A.________ und B.________ am 16. Oktober 2008 an
das Obergericht des Kantons Schaffhausen, welches am 24. Oktober 2008 ihr
Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung wegen Aussichtslosigkeit
der Eingabe abwies und sie aufforderte, "bis 21. November 2008 für die
mutmassliche Staatsgebühr des Beschwerdeverfahrens einen Vorschuss von Fr.
1'200.-- zu leisten", andernfalls auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werde.
Die Familie A.________ und B.________ beantragt vor Bundesgericht, den
Entscheid des Obergerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, ihnen die
unentgeltliche Prozessführung zu gewähren bzw. auf die Erhebung eines
Kostenvorschusses zu verzichten. Mit Verfügung vom 17. November 2008 legte der
Abteilungspräsident der Eingabe antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei. Das
Obergericht und das Departement des Innern für den Regierungsrat sowie das
Ausländeramt des Kantons Schaffhausen haben auf Vernehmlassungen verzichtet.
Das Bundesamt für Migration beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein in einem hängigen kantonalen Verfahren ergangener
letztinstanzlicher Entscheid über ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege;
hierbei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der in der Regel einen
nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirkt (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129
I 129 E. 1.1). Der Rechtsweg gegen solche folgt jenem in der Hauptsache (vgl.
BGE 133 III 645 E. 2.2); die vorliegende Eingabe ist deshalb als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) entgegenzunehmen.
Soweit die Beschwerdeführer zur Begründung dafür, dass ihre Eingabe nicht
aussichtslos sei, auf die Darlegungen im kantonalen Verfahren verweisen, ist
auf ihre Vorbringen nicht weiter einzugehen: Nach Art. 42 BGG muss in der
Eingabe an das Bundesgericht selber in gedrängter Form dargelegt werden,
inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1;
Urteil 4A_121/2007 vom 9. Juli 2007, E. 2.1). Nicht weiter zu berücksichtigen
ist auch ihre Eingabe vom 4. Dezember 2008 betreffend eines
Teilzeitarbeitsvertrags der Ehegattin und des Engagements von A.________ im
Rahmen eines Beschäftigungsprogramms; hierbei handelt es sich um allenfalls im
Beschwerdeverfahren vor dem Obergericht zu berücksichtigende Noven (vgl. Art.
99 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Die Beschwerdeführer berufen sich ausschliesslich auf Art. 29 Abs. 3 BV,
weshalb nicht weiter zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang das kantonale
Recht die unentgeltliche Rechtspflege regelt. Nach der
bundesverfassungsrechtlichen Garantie hat die bedürftige Partei in einem für
sie nicht aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege
und, soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, auf Beigabe eines
unentgeltlichen Rechtsbeistands. Als aussichtslos gelten praxisgemäss
Prozessbegehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als
die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden
können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich
Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder die
Gewinnaussichten nur wenig geringer sind als die Verlustgefahren. Massgebend
ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger
Überlegung ebenfalls zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll
einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führte, nicht auf
Kosten des Gemeinwesens anstrengen können. Die Prozesschancen sind in
vorläufiger und summarischer Beurteilung des Prozessstoffs mit Blick auf die
Erfolgsaussichten des Rechtsmittels als Ganzes abzuschätzen. Ob ein Begehren
aussichtslos erscheint, beurteilt sich aufgrund der Verhältnisse im Zeitpunkt
des Gesuchs (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.).
2.2
Wenn das Obergericht vorliegend die Verlustgefahren als deutlich höher
bewertete als die Erfolgschancen, ist dies nicht zu beanstanden:
2.2.1 Nach Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG kann die Aufenthaltsbewilligung widerrufen
werden, wenn das Verhalten des Ausländers Anlass zu schweren Klagen gibt. Die
Ausweisung ist möglich, wenn sein Verhalten im allgemeinen und seine Handlungen
im besonderen darauf schliessen lassen, dass er nicht gewillt oder nicht fähig
ist, sich in die hiesige Ordnung einzufügen (Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG). Das
ver-schuldete dauernde Nichtbezahlen von erheblichen Verbindlichkeiten kann
einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung darstellen (vgl. BGE 122 II 385 E.
3b S. 391). Die Beschwerdeführer haben Schulden von Fr. 158'412.90 angehäuft.
Sie mussten zudem mit Fürsorgeleistungen von insgesamt Fr. 141'857.--
unterstützt werden. Obwohl A.________ am 15. Juli 1999 wegen der hohen
Verschuldung die Niederlassungsbewilligung verweigert und er am 13. Oktober
2005 wegen seines Verhaltens verwarnt und aufgefordert worden war, sich künftig
"absolut klaglos" zu verhalten und "insbesondere seinen Zahlungsverpflichtungen
nachzukommen", wuchsen sowohl seine Verschuldung wie jene seiner Gattin weiter
an, ohne dass eine Besserung ernsthaft in Aussicht stand.
2.2.2 Die Familie A.________ und B.________ hat - trotz ihrer Anwesenheit von
17 bzw. 12 Jahren - nicht vermocht, sich in die hiesigen Verhältnisse
einzugliedern; Ermahnungen und zahlreiche Bussen wegen Nichtbefolgens von
Aufgeboten des Betreibungsamts blieben über Jahre hinweg ohne Erfolg und
vermochten sie nicht dazu zu veranlassen, ihr Verhalten zu ändern. Sie waren
jeweils nur punktuell arbeitstätig; wiederholt verlor A.________ seine
Arbeitsstelle verschuldeterweise, indem er dieser fernblieb. Weder der
Regierungsrat noch das Obergericht, das sich im angefochtenen Entscheid dessen
Einschätzung anschloss, haben verkannt, dass den hier geborenen Kindern eine
Umsiedlung nach Mazedonien schwer fallen dürfte; diese befinden sich jedoch
noch in einem anpassungsfähigen Alter. Die Eltern sprechen mit ihnen Albanisch,
so dass sie diese Sprache beherrschen dürften, auch wenn sie im schriftlichen
Ausdruck allenfalls noch Probleme haben könnten. Ihr Schulbesuch in der Schweiz
scheint überdies nicht problemlos verlaufen zu sein: Für den Zeitraum vom 13.
November 2003 bis 21. Dezember 2007 mussten die Eltern insgesamt neunmal im
Gesamtbetrag von Fr. 1'916.-- gebüsst werden. Die Niederlassungsbewilligungen
der Kinder beruhen auf jener der Mutter; der Vater verfügte hier lediglich über
eine Aufenthaltsbewilligung. Es ist ihnen deshalb zumutbar, die Schweiz
gemeinsam mit den Eltern zu verlassen (vgl. BGE 127 II 60 E. 2b S. 67; 122 II
289 E. 3c S. 298). Die Auffassung des Obergerichts, dass die Erfolgsaussichten
im Rahmen des bei ihm angestrengten Verfahrens "beträchtlich" geringer seien
als die Verlustgefahren, ist somit vertretbar.
2.2.3 Was die Beschwerdeführer hiergegen weiter einwenden, überzeugt nicht:
Entgegen ihrer Kritik ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid hinreichend
klar, weshalb das Obergericht zum Schluss gekommen ist, die Eingabe der
Beschwerdeführer habe in allen Punkten als "aussichtslos" zu gelten. Beiden
Ehegatten musste spätestens ab der Verwarnung von 2005 klar sein, dass die
kantonalen Behörden nicht bereit waren, eine weitere Schuldenwirtschaft zu
dulden und die Familie massiv mit Fürsorgegeldern zu unterstützen. Bei einem
Verbleib allein der Gattin und der Kinder in der Schweiz wäre nicht
ersichtlich, wovon diese hier leben könnten. Eine weitere Fürsorgeabhängigkeit
über Jahre hinweg wäre kaum zu vermeiden. Entgegen der Kritik der
Beschwerdeführer stützte das Obergericht seine Einschätzung nicht lediglich auf
einen summarischen Entscheid; der regierungsrätliche Beschluss war eingehend
begründet und ging detailliert auf die einzelnen Einwendungen der
Beschwerdeführer ein, was es der Vorinstanz erlaubte, sich hinsichtlich der
Erfolgschancen ein hinreichend klares Bild zu machen.

3.
Die vorliegende Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Da die Eingabe keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg hatte, ist das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Bei
der Festsetzung der Höhe der Gerichtskosten wird der finanziellen Lage der
Beschwerdeführer Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und
dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Hugi Yar