Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.813/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_813/2008

Urteil vom 6. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Ausländeramt St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32,
9001 St. Gallen.

Gegenstand
Ausweisung u. Widerruf der Niederlassung/Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Rechtsverbeiständung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 6. Oktober 2008.

Erwägungen:

1.
X.________, geb. 1953, reiste 1992 mit seiner Familie in die Schweiz ein und
stellte ein Asylgesuch. Diesem wurde am 30. März 1993 entsprochen; die
Flüchtlingseigenschaft sämtlicher Familienangehörigen wurde anerkannt und es
wurde ihnen Asyl gewährt. In der Folge wurde ihnen eine Aufenthaltsbewilligung
und schliesslich die Niederlassungsbewilligung erteilt. Am 20. Juni 2006
widerrief das Bundesamt für Flüchtlinge das Asyl von X.________, und es
aberkannte ihm gestützt auf Art. 1 lit. C Ziff. 1 des Abkommens vom 28. Juli
1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (SR 0.142.30) die
Flüchtlingseigenschaft, weil er sich freiwillig wieder unter den Schutz des
Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, gestellt habe, indem er im Laufe
des Jahres 2001 bei den iranischen Behörden einen Pass beschafft habe und Ende
2002 dorthin habe zurückkehren wollen.

Am 28. Dezember 2002 ermordete X.________ seine Ehefrau, die damals zusammen
mit den gemeinsamen vier Kindern seit rund eineinhalb Jahren getrennt von ihm
gelebt hatte. Am 26. Januar 2006 erkannte ihn das Obergericht des Kantons Bern
in zweiter Instanz insbesondere des Mordes und der versuchten Vergewaltigung
schuldig und verurteilte ihn zu 19 Jahren Zuchthaus. Er befindet sich seit 26.
Januar 2006 im Strafvollzug und kann frühestens am 5. Februar 2015 vorzeitig
aus der Haft entlassen werden.

Im Laufe des Jahres 2007 leitete das Kantonale Ausländeramt St. Gallen ein
Ausweisungsverfahren ein, und mit Verfügung vom 11. Juni 2008 wies es
X.________ gestützt auf Art. 10 ANAG für unbestimmte Dauer aus der Schweiz aus.
Das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen wies den gegen
die Verfügung des Ausländeramtes erhobenen Rekurs am 15. September 2008 ab,
wobei es intertemporalrechtlich (Art. 126 Abs. 1 AuG) den Zeitpunkt der
erstinstanzlichen Verfügung für massgeblich erachtete, weshalb es anstelle der
Ausweisung gemäss Art. 10 ANAG den Widerruf der Niederlassungsbewilligung (Art.
63 AuG) anordnete und auf den Zeitpunkt der bedingten Entlassung aus dem
Strafvollzug die Wegweisung aus der Schweiz verfügte (Art. 66 AuG). Das für das
Rekursverfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies es ab.
X.________ focht diesen Rekursentscheid beim Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen an, wobei er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersuchte.
Mit Verfügung vom 6. Oktober 2008 wies das Verwaltungsgericht das Gesuch ab und
setzte eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'500.-- bis zum
24. Oktober 2008 an.

Mit Beschwerde vom 6. November (Postaufgabe 7. November) 2008 beantragt
X.________ dem Bundesgericht, die Verfügung des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben, es sei ihm ein amtlicher Verteidiger beizugeben und es sei ein
faires Verfahren zu gewähren.
Die kantonalen Akten sind eingeholt, weitere Instruktionsmassnahmen nicht
angeordnet worden.

2.
Das Verwaltungsgericht hat das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung gestützt auf das (vom Beschwerdeführer nicht diskutierte)
kantonale Recht sowie auf Art. 29 Abs. 3 BV abgewiesen. Gemäss Art. 29 Abs. 3
BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch
auf unentgeltliche Rechtspflege und, soweit dies zur Wahrung ihrer Rechte
notwendig ist, auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, wenn ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos ist. In der angefochtenen Verfügung wird die
Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege mit der Aussichtslosigkeit der
kantonalen Beschwerde begründet.

In der Beschwerde wird in knapp den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG
genügender Weise die Aussichtslosigkeit der kantonalen Beschwerde bestritten.
Die Rüge der Verletzung des Rechts auf unentgeltliche Rechtspflege ist jedoch
offensichtlich unbegründet: Was den Begriff der Aussichtslosigkeit betrifft,
kann auf die angefochtene Verfügung sowie auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S.135 f.; 128 I 225 E. 2.5.3 S. 235; 125
II 265 E. 4b S. 275; 124 I 304 E. 2c S. 306) verwiesen werden. Angesichts des
im Strafmass zum Ausdruck kommenden ausserordentlich schweren Verschuldens des
Beschwerdeführers, der erst im Alter von 40 Jahren in die Schweiz gekommen ist
und gegen dessen Rückschaffung in sein Heimatland nach Widerruf des Asyls und
nach Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft keine flüchtlingsrelevanten Gründe
sprechen und dessen Beziehung zu seinen Kindern, die zum frühest möglichen
Haftentlassungszeitpunkt allesamt volljährig sein werden, unter den Umständen
des vorliegenden Falles bei der Interessenabwägung kaum ausgesprochen grosses
Gewicht zukommen kann, liegt offensichtlich keine Verletzung schweizerischen
Rechts vor (Art. 95 BGG), wenn das Verwaltungsgericht die bei ihm anhängig
gemachte Beschwerde als aussichtslos einschätzt.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Das (zumindest sinngemäss) auch für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da
auch die vorliegende Beschwerde als aussichtslos erscheint (Art. 64 BGG).
Dementsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 400.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St.
Gallen, dem Sicherheits- und Justizdepartement und dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Feller