Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.809/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_809/2008

Urteil vom 6. August 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Winiger.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Reber,

gegen

Steueramt des Kantons Solothurn,
Werkhofstrasse 29c, 4509 Solothurn,
Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Kreis Emmental-Oberaargau, Postgasse 9, 3401 Burgdorf.

Gegenstand
Steuerdomizil (Doppelbesteuerung)

Beschwerde gegen das Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 8.
September 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________, geboren 1973, arbeitet seit April 2005 als Systemspezialist IT in
Solothurn. Er zog im Mai 2005 von Wyssachen/BE in eine 1-Zimmerwohnung in der
Stadt Solothurn und meldete sich als Wochenaufenthalter an. Seinen
polizeilichen Wohnsitz behielt er in Wyssachen/BE bei.

B.
Nachdem der Steuerpflichtige einen Fragebogen zur Klärung des Steuerdomizils
ausgefüllt hatte, verfügte die Veranlagungsbehörde Solothurn am 13. Dezember
2006, dass das Steuerdomizil von X.________ in Solothurn liege und für die
Steuerperiode 2006 das ordentliche Veranlagungsverfahren durchgeführt werde,
sofern die Voraussetzungen Ende 2006 noch erfüllt seien; diese Verfügung blieb
unangefochten. Im Februar 2007 stellte das Steueramt des Kantons Solothurn
X.________ die Steuererklärung 2006 zu. Dieser reichte in der Folge das
Hauptformular mit Kopien der bernischen Steuererklärung ein und wies darauf
hin, dass er seiner Meinung nach im Kanton Solothurn nicht steuerpflichtig sei.
Die Veranlagungsbehörde eröffnete jedoch am 26. November 2007 die definitive
Veranlagung für die Staatssteuer und direkte Bundessteuer 2006. Eine dagegen
erhobene Einsprache wies die Veranlagungsbehörde Solothurn mit Entscheid vom
28. Februar 2008 ab. Den gegen diesen Entscheid (nur betreffend Staatssteuer)
erhobenen Rekurs wies das Steuergericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 8.
September 2008 ab und stellte fest, dass X.________ in der Steuerperiode 2006
seinen steuerrechtlichen Wohnsitz in Solothurn hatte.

Mit Datum vom 19. Februar 2008 eröffnete auch die Steuerverwaltung des Kantons
Bern X.________ die definitive Veranlagung 2006 für die Kantons- und
Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer. Diese Veranlagungsverfügung
blieb unangefochten.

C.
Gegen das Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn hat X.________ mit
Eingabe vom 6. November 2008 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt, das Urteil des
Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 8. September 2008 "und somit die
Eröffnungsverfügung der Veranlagungsbehörde Solothurn betreffend die
Staatssteuer 2006" sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass der
Beschwerdeführer sein Steuerdomizil in Wyssachen/BE habe. Eventualiter
beantragt X.________, die rechtskräftige Veranlagung des Kantons Bern für das
Jahr 2006 aufzuheben und den Kanton Bern zu verpflichten, dem Beschwerdeführer
die bezahlten Steuern für die Steuerperiode 2006 zuzüglich Zins zu 5%
zurückzuerstatten. Gerügt wird die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere des
interkantonalen Doppelbesteuerungsverbots.

D.
Das Steueramt des Kantons Solothurn beantragt die Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Die Steuerverwaltung des Kantons Bern beantragt
sinngemäss die Gutheissung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
verzichtet auf eine Stellungnahme. Mit verspäteter Eingabe beantragt das
Steuergericht des Kantons Solothurn die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
1.1 Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid des Steuergerichts des
Kantons Solothurn betreffend die Feststellung des Steuerdomizils für das Jahr
2006 ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig
(Art. 82 lit. a in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Der
Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Anfechtung des
vorinstanzlichen Urteils legitimiert. Auf die frist- und formgerecht
eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (Art. 42 und 100 BGG).

1.2 Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte kann eine
allenfalls bereits rechtskräftige Veranlagung eines anderen Kantons für
dieselbe Steuerperiode mit angefochten werden (vgl. Art. 100 Abs. 5 BGG),
obwohl diese in der Regel kein Urteil im Sinne von Art. 86 BGG bildet (BGE 133
I 300 E. 2.4 S. 307, 308 E. 2.4 S. 313). Im vorliegenden Fall richtet sich die
Beschwerde gegen ein Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn. Der
Beschwerdeführer stellt jedoch den Eventualantrag, es sei der
Veranlagungsentscheid des Kantons Bern aufzuheben, "sofern das Steuerdomizil
wider Erwarten nicht in Wyssachen/BE, sondern in Solothurn festgestellt" werde.
Damit gilt die Berner Veranlagung als mitangefochten.

1.3 Bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung des
Doppelbesteuerungsverbots prüfte das Bundesgericht Rechts- und Tatfragen frei;
es konnte auch neue Tatsachen und Beweismittel berücksichtigen (vgl. u.a. BGE
131 I 145 E. 2.4 S. 149 mit Hinweisen). Für die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hat es erwogen, angesichts der
Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens in Doppelbesteuerungssachen sei es
selbst bei Vorliegen des Entscheids einer letztinstanzlichen kantonalen
richterlichen Behörde nicht in jedem Fall davon entbunden, den Sachverhalt frei
zu überprüfen. Zudem sei das Novenverbot wohl zu relativieren, wenn bzw. soweit
der Instanzenzug nur in einem Kanton durchlaufen worden sei (vgl. BGE 133 I 300
E. 2.3 S. 306); zu denken ist vor allem an den Fall, dass der andere Kanton den
Sachverhalt bestreitet und eigene Beweismittel vorlegt, wozu sich der
Beschwerdeführer unter Umständen äussern können muss. Das neue Recht (Art. 86
BGG) schreibt nun aber auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung
ebenfalls vor, dass der kantonale Instanzenzug zumindest in einem Kanton
durchlaufen werden muss. Dieses Erfordernis hätte keinen Sinn, wenn der
Beschwerdeführer seine Behauptungen und Beweismittel nicht bereits im
kantonalen Verfahren vorbringen müsste und wenn die dort getroffenen
Feststellungen für das Bundesgericht im Rahmen von Art. 105 BGG nicht
verbindlich wären. Anders kann es sich nur verhalten, wenn der Zweitkanton, für
den die Bindungswirkung nicht gilt, diese Feststellungen bestreitet; das ist
hier indessen nicht der Fall. Dies heisst aber, dass gegen den kantonal
letztinstanzlichen Entscheid des Solothurner Steuergerichts neue Tatsachen und
Beweismittel nur in dem Ausmass zuzulassen sind, als dieser Entscheid dazu
Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zudem legt das Bundesgericht seinem Urteil
den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG); von deren Sachverhaltsfeststellungen kann nur abgewichen werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. Urteil 2C_748/2008 vom 19. März 2009
E. 1.3); der Beschwerdeführer kann sich also nicht damit begnügen, solche
Feststellungen einfach zu bestreiten oder Beweisanträge zu stellen.

1.4 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift
ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid
beanstandet wird (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Eine qualifizierte
Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge
nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet
worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

1.5 Anfechtungsobjekt im vorliegenden Verfahren ist das Urteil des
Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 8. September 2008. Soweit vorliegend
auch die unterinstanzlichen Verfügungen angefochten werden, ist daher -
abgesehen von der Mitanfechtung der Berner Veranlagung (vgl. E. 1.2) - auf die
Beschwerde nicht einzutreten.

2.
Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn
eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche
Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle
Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden
Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die
einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein
Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker
belasten, weil sie nicht im vollen Umfang seiner Steuerhoheit untersteht,
sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen
Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot, vgl. BGE 134 I 303 E.
2.1 S. 306 f. mit Hinweisen).

Im vorliegenden Fall wird das Hauptsteuerdomizil des Beschwerdeführers für die
Steuerperiode 2006 aufgrund des angefochtenen Urteils vom Kanton Solothurn
beansprucht, obschon der Beschwerdeführer für die Steuerperiode 2006 bereits im
Kanton Bern rechtskräftig eingeschätzt worden ist. Damit liegt eine aktuelle
Doppelbesteuerung vor.

3.
3.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 127 Abs. 3 BV ist der
steuerrechtliche Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) einer unselbständig erwerbenden
Person derjenige Ort, wo sich die betreffende Person mit der Absicht dauernden
Verbleibens aufhält bzw. wo sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen
befindet (vgl. Art. 23 Abs. 1 ZGB; Art. 3 Abs. 2 DBG; Art. 3 Abs. 2 StHG).
Dieser Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich nach der Gesamtheit der
objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen,
nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Auf die
gefühlsmässige Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerrechtliche
Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar. Dem polizeilichen Domizil, wo die
Schriften hinterlegt sind oder wo die politischen Rechte ausgeübt werden, kommt
dagegen keine entscheidende Bedeutung zu; das sind bloss äussere Merkmale, die
ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das
übrige Verhalten der Person dafür spricht (statt vieler: BGE 132 I 29 E. 4.1
S.35 f.). Wenn sich eine Person abwechslungsweise an zwei Orten aufhält,
namentlich wenn ihr Arbeitsort und ihr sonstiger Aufenthaltsort
auseinanderfallen, ist für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes
darauf abzustellen, zu welchem Ort sie die stärkeren Beziehungen unterhält. Bei
unselbständig erwerbenden Steuerpflichtigen ist das gewöhnlich der Ort, wo sie
für längere oder unbestimmte Zeit Aufenthalt nehmen, um von dort aus der
täglichen Arbeit nachzugehen, ist doch der Zweck des Lebensunterhalts dauernder
Natur. Die Frage, zu welchem der Aufenthaltsorte die steuerpflichtige Person
die stärkeren Beziehungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der
Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGE 132 I 29 E. 4.2 S. 36 f. mit
Hinweisen).
Bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten werden die
persönlichen und familiären Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie aufhält, als
stärker erachtet als diejenigen zum Arbeitsort, wenn sie in nicht leitender
Stellung unselbständig erwerbstätig sind und täglich oder an den Wochenenden
regelmässig an den Familienort zurückkehren. Demnach unterstehen verheiratete
Pendler oder Wochenaufenthalter grundsätzlich ausschliesslich der Steuerhoheit
desjenigen Kantons, in dem sich ihre Familie aufhält (BGE 132 I 29 E. 4.2 und
4.3 S. 36 f. mit Hinweisen).
Diese Praxis findet auch auf ledige Personen Anwendung, zählt die
Rechtsprechung doch Eltern und Geschwister ebenfalls zur Familie des
Steuerpflichtigen. Allerdings werden die Kriterien, nach denen das
Bundesgericht entscheidet, wann anstelle des Arbeitsorts der Aufenthaltsort der
Familie als Hauptsteuerdomizil anerkannt werden kann, besonders streng
gehandhabt; dies folgt aus der Erfahrung, dass die Bindung zur elterlichen
Familie regelmässig lockerer ist als diejenige unter Ehegatten. Bei ledigen
Steuerpflichtigen ist vermehrt noch als bei verheirateten Personen zu
berücksichtigen, ob weitere als nur familiäre Beziehungen zum einen oder
anderen Ort ein Übergewicht begründen. Dadurch erhält der Grundsatz, wonach das
Hauptsteuerdomizil von Unselbständigerwerbenden am Arbeitsort liegt, grösseres
Gewicht: Selbst wenn ledige Steuerpflichtige allwöchentlich zu den Eltern oder
Geschwistern zurückkehren, können die Beziehungen zum Arbeitsort überwiegen.
Dies kann namentlich dann zutreffen, wenn sie sich am Arbeitsort eine Wohnung
eingerichtet haben oder über einen besonderen Freundes- und Bekanntenkreis
verfügen. Besonderes Gewicht haben in diesem Zusammenhang auch die Dauer des
Arbeitsverhältnisses und das Alter des Steuerpflichtigen (BGE 125 I 54 E. 2b/bb
S. 57 mit Hinweisen). Die bundesgerichtliche Praxis geht dabei davon aus, dass
die Beziehungen des Steuerpflichtigen zur elterlichen Familie regelmässig nicht
mehr so stark sind, wenn der Steuerpflichtige das 30. Altersjahr überschritten
hat, oder aber sich seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen am selben
Arbeitsort aufhält (vgl. Urteil 2P.25/1993 vom 20. Januar 1994 E. 3c, in: ASA
63 S. 836).

3.2 In Bezug auf die Beweisführung sind folgende Grundsätze massgebend: Der
Umstand, dass der unverheiratete, im fraglichen Jahr 2006 bereits 33-jährige
Steuerpflichtige vom Ort aus, wo er sich während der Woche aufhält, einer
unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, begründet nach der Rechtsprechung
die natürliche Vermutung, dass der Steuerpflichtige dort sein
Hauptsteuerdomizil hat. Diese Vermutung lässt sich nur entkräften, wenn er
regelmässig, mindestens ein Mal pro Woche, an den Ort zurückkehrt, wo seine
Familie lebt, mit welcher er aus bestimmten Gründen besonders eng verbunden
ist, und wo er andere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt. Nur
wenn der steuerpflichtigen Person der Nachweis solcher familiärer und
gesellschaftlicher Beziehungen am Ort, wo die Familie wohnt, gelingt, obliegt
es dem Kanton des Wochenaufenthalts- oder Arbeitsorts nachzuweisen, dass die
Person gewichtige wirtschaftliche und allenfalls persönliche Beziehungen zu
diesem Ort unterhält (Urteil 2C_748/2008 vom 19. März 2008 E. 3.2 mit
Hinweisen; vgl. auch BGE 125 I 54 E. 3a S. 58).

3.3 Aus diesen Grundsätzen ergibt sich zunächst die natürliche Vermutung, dass
sich das Hauptsteuerdomizil des Beschwerdeführers, der seit dem Jahr 2005 bei
einem Arbeitgeber in Solothurn tätig ist, in der fraglichen Steuerperiode in
der Stadt Solothurn befand. Gegenüber dieser natürlichen Vermutung vermag zwar
der Beschwerdeführer hier recht enge Beziehungen zu Wyssachen/BE, wohin er
regelmässig übers Wochenende zurückkehrt, aufzuzeigen. Dort ist er - zusammen
mit seiner Schwester - Stockwerkeigentümer einer 2½-Zimmerwohnung, an welcher
allerdings seine Eltern ein lebenslanges Wohnrecht haben; der Beschwerdeführer
wohnt am Wochenende bei seinen Eltern in dieser 2½-Zimmerwohnung. Er macht
weiter geltend, das Zentrum seiner Lebensinteressen liege klar in Wyssachen/BE,
wo er eine intensive Familienbeziehung pflege. Auch sein Haus- und sein
Zahnarzt seien in der Umgebung von Wyssachen/BE. Da der Beschwerdeführer das
30. Altersjahr überschritten hat, ist jedoch gemäss Praxis davon auszugehen,
dass die Beziehungen zur elterlichen Familie nicht mehr so stark sind. Im
Weiteren wird nicht näher dargelegt, dass die Frequenz der Arztbesuche eine
Dimension aufweist, welche für eine Verschiebung des Lebensmittelpunktes
spräche. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in
Wyssachen/BE am Vereinsleben teilnehmen würde oder anderweitig besonders
engagiert wäre. Der Beschwerdeführer vermag damit keine Beziehungen zu
Wyssachen/BE aufzuzeigen, die erheblich weiter gehen und enger sind als die
üblichen Kontakte zum regelmässig besuchten Wochenendort; diese sind somit
nicht dermassen aussergewöhnlich, dass sie die natürliche Vermutung umstossen
könnten.

Von einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art.
97 Abs. 1 BGG (vgl. E. 1.3) kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein.
Angesichts der Bindung an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt hat das
Bundesgericht im Übrigen keinen Anlass, einen Augenschein durchzuführen. Die
Ausführungen des Beschwerdeführers, er pflege mit seinem Nachbarn in Wyssachen/
BE eine kleine bis mittlere IT-Infrastruktur und betätige sich als
Hobby-Automechaniker, werden erstmals vor dem Bundesgericht vorgebracht und
sind deshalb als unzulässige Noven aus dem Recht zu weisen (vgl. Art. 99 Abs. 1
BGG; BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Im Übrigen erscheint es ohnehin zweifelhaft,
inwiefern diese Umstände im Blick auf die weiteren Gegebenheiten, insbesondere
die engen Wohnverhältnisse in Wyssachen/BE, auf das Vorhandensein eines
eigentlichen Lebensmittelpunktes schliessen lassen könnten. Die Betreuung der
IT-Anlage wäre zudem - mit einem gewissen technischen Aufwand - auch von einem
externen Standort aus möglich, so dass der (hobbymässige) Betrieb der
IT-Infrastruktur nicht an den Standort Wyssachen/BE gebunden ist.

3.4 Selbst wenn es dem Beschwerdeführer gelänge, die zu Gunsten des
Wochenaufenthaltsortes bestehende natürliche Vermutung umzustossen, vermöchte
hier der Kanton Solothurn wiederum den Nachweis zu erbringen, dass der
Beschwerdeführer gewichtige Beziehungen zur Stadt Solothurn unterhält: Der
heute 36-jährige Beschwerdeführer arbeitet und wohnt seit seinem Zuzug im Mai
2005 in einer selbst möblierten 1-Zimmerwohnung in Solothurn und hält sich
überwiegend darin auf. Selbst wenn die Wohnung nur einfach eingerichtet ist,
sind die Wohnverhältnisse damit komfortabler als in Wyssachen/ BE, wo er sich
eine 2½-Zimmerwohnung mit seinen Eltern teilen muss und damit über keine eigene
Wohnung verfügt. Der Beschwerdeführer verbringt auch einen wesentlichen Teil
seiner Freizeit in Solothurn, indem er sich dort regelmässig abends aufhält und
ein Fitness-Center besucht.

4.
4.1 Die Beschwerde erweist sich somit gegenüber dem Kanton Solothurn als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Soweit
sie sich gegen den Kanton Bern richtet, ist sie demzufolge gutzuheissen, die
rechtskräftige Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom
19. Februar 2008 ist aufzuheben und die gestützt darauf erhobenen Staats- und
Gemeindesteuern sind dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten.

4.2 Der Beschwerdeführer beantragt neben der Rückerstattung eine Verzinsung zu
5 % für die im Kanton Bern bezahlten Steuern. Die Frage der Verzinsung von
zuviel bezahlten Staats- und Gemeindesteuern richtet sich indessen nach dem
kantonalen Recht und ist - im Anschluss an das vorliegende Verfahren - von der
Steuerverwaltung des unterliegenden Kantons selbst zu beantworten. Deshalb kann
auf diesen Antrag im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht eingetreten
werden (vgl. Urteil 2C_112/2007 vom 11. September 2007 E. 1.3, in: StE 2008 A
24.24.3 Nr. 3).

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer, der mit seinem
Hauptantrag nicht durchdringt, kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Kanton
Solothurn wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Kanton Bern
wird gutgeheissen, und die Veranlagungsverfügung vom 19. Februar 2008 für die
Steuerperiode 2006 wird aufgehoben. Die bereits bezogenen Staats- und
Gemeindesteuern sind zurückzuerstatten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Steueramt und dem Steuergericht
des Kantons Solothurn, der Steuerverwaltung des Kantons Bern sowie der
Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. August 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Winiger