Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.762/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_762/2008

Urteil vom 8. Mai 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Andreas Hubacher,

gegen

Erziehungsdirektion des Kantons Bern, Sulgeneckstrasse 70, 3005 Bern,
Regierungsrat des Kantons Bern,
Postgasse 68, 3000 Bern 8,
Beschwerdegegner,

Grosser Rat des Kantons Bern, 3000 Bern 8.

Gegenstand
Subventionen (Staatliche Beiträge für die Jahre 2004 und 2005),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats des Kantons Bern
vom 17. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit zwei Verfügungen vom 5. Dezember 2006 sprach die Erziehungsdirektion des
Kantons Bern (ERZ) der Kollektivgesellschaft X.________ für den Ausbildungsgang
zur diplomierten Erwachsenenbildnerin Subventionsbeiträge für die Jahre 2004
(Fr. 30'816.40) und 2005 (Fr. 73'474.30) zu. Den Beitrag 2004 berechnete die
ERZ nach der Höhe des Defizites, welches die X.________ im betreffenden Jahr
erwirtschaftet hatte. Für das Jahr 2005 wurden Beiträge in Höhe des Defizits
zuzüglich eines Nettoertragsüberschusses von 5 % des anerkannten Aufwandes
gesprochen.

B.
Gegen diese beiden Verfügungen beschwerte sich die X.________ beim
Regierungsrat des Kantons Bern. Dieser wies die Beschwerde mit Entscheid vom
17. September 2008 ab und reduzierte überdies den Subventionsbeitrag für das
Jahr 2005 auf Fr. 61'819.05.

C.
Mit Eingabe vom 17. Oktober 2008 führt die X.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde
beim Bundesgericht. Sie beantragt darin im Wesentlichen, es sei der Entscheid
des Regierungsrates aufzuheben und der Kanton Bern anzuweisen, die
Staatsbeiträge für die Jahre 2004 und 2005 neu zu berechnen, wobei nicht das
erzielte Defizit als Bemessungsgrundlage dienen solle, sondern vielmehr ein
fixer pro Kopf-Beitrag zu entrichten sei.
Der Grosse Rat und die Erziehungsdirektion des Kantons Bern verzichten auf eine
Vernehmlassung. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern
beantragt, es sei auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
nicht einzutreten. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sei ebenfalls nicht
einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil hat die Gewährung einer Subvention zum Gegenstand.
Die Beschwerdeführerin weist selber auf Art. 83 lit. k BGG hin, wonach die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig ist gegen
Entscheide betreffend Subventionen, auf welche kein Anspruch besteht. Für die
Frage, ob im Sinne von Art. 83 lit. k BGG ein Anspruch auf Subvention besteht,
kommt es (gleich wie nach Art. 99 Abs. 1 lit. h OG; Urteil 2C_473/2007 vom
18.09.2007 E. 2.1) insbesondere darauf an, ob der Subventionserlass genügend
konkret umschreibt, unter welchen Bedingungen die im Einzelfall beantragte
Unterstützung zu gewähren ist, ohne dass er es ins Ermessen der
rechtsanwendenden Behörde stellt, ob sie einen Beitrag gewähren will oder nicht
(BGE 118 V 16 E. 3a S. 19; 117 Ib 225 E. 2a S. 227; 116 Ib 309 E. 1b S. 312).
Der Regierungsrat hält im angefochtenen Entscheid fest, dass das kantonale
Gesetz vom 10. Juni 1990 über die Förderung der Erwachsenenbildung (EFG) sowie
das Dekret vom 27. Juni 1991 über die Förderung der Erwachsenenbildung (EFD)
keine Rechtsansprüche auf die in diesen Erlassen vorgesehenen Beiträge
einräumten. Er stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
des Kantons Bern (insb. VGE 22113U vom 9. Februar 2006 E. 1.2, teilweise
wiedergegeben in BVR 2006 S. 289 ff.). Was die Beschwerdeführerin dagegen
vorbringt, ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen. Im Übrigen
hat sie auf Kantonsebene selber den Regierungsrat als Justizbehörde angerufen,
was im Bereich der Subventionen nur möglich war, wenn auf diese kein
Rechtsanspruch besteht (Art. 77 Abs. 1 lit. k i.V.m. Art. 64 des kantonalen
Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG/ BE] in der
vor dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung). Mit ihrer Argumentation setzt sich
die Beschwerdeführerin somit in Widerspruch zu ihrer bisher selber vertretenen
Rechtsauffassung. Somit ist davon auszugehen, dass das bernische Recht der
Beschwerdeführerin keinen Rechtsanspruch auf die anbegehrte Subvention
einräumt. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
demzufolge nicht einzutreten.

1.2 Als bundesrechtliches Rechtsmittel kommt höchstens die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde in Betracht, mit welcher ausschliesslich die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 BGG). Soweit die
Beschwerdeführerin sich auf das Willkürverbot oder das Rechtsgleichheitsgebot
(Art. 8 BV) beruft, ist sie aber - aufgrund des nicht vorgesehenen
Rechtsanspruchs auf die beantragten Subventionen - zur subsidiären
Verfassungsbeschwerde nicht legitimiert, fehlt es ihr doch am gemäss Art. 115
lit. b BGG erforderlichen rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung des
angefochtenen Entscheids (BGE 133 I 185 E. 3 ff.; 131 I 394 E. 4.2 S. 399). In
diesem Umfang kann daher auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht
eingetreten werden.

1.3 Das von der Beschwerdeführerin angerufene Legalitätsprinzip gemäss Art. 5
Abs. 1 BV hat ausserhalb der Sonderbereiche des Abgaberechts und des
Strafrechts keine selbständige Bedeutung und ist im Rahmen der vorliegend zu
behandelnden Beschwerde nur insoweit beachtlich, als zugleich spezifische
Grundrechte angerufen werden und eine genügende gesetzliche Grundlage i.S. von
Art. 36 Abs. 1 BV in Frage steht (BGE 129 I 161 E. 2.1 S. 162; Urteil 2C_367/
2008 E. 4.1).

1.4 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen,
inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die
Vorbringen müssen sachbezogen sein. Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt, dass das
Bundesgericht solche Rügen nur prüft, soweit sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254).

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Treu und Glauben. Im
Wesentlichen macht sie geltend, durch den Wechsel des Subventionsmodus von pro
Kopf-Beiträgen zum System der Defizitdeckung hätten die bernischen Behörden
ihre langjährige und bewährte Praxis unvermittelt geändert. Im Vertrauen auf
die Weiterführung der bisherigen Beitragspraxis habe sie, die
Beschwerdeführerin, umfangreiche und irreversible Dispositionen getroffen, wie
etwa Investitionen in Räumlichkeiten und Einrichtung sowie die Festsetzung der
Schulgelder. Von der Beibehaltung des bewährten Subventionsmodus habe sie auch
deshalb ausgehen dürfen, weil der Regierungsrat des Kantons Bern dem für
Beiträge in dieser Höhe zuständigen Grossen Rat ursprünglich beantragt habe,
ihr für die Jahre 2004 und 2005 Subventionen im Betrag von jeweils Fr.
354'240.--, basierend auf den bisherigen pro Kopf-Beiträgen von Fr. 4'320.--,
zukommen zu lassen. Es stelle ein widersprüchliches Verhalten der verfügenden
Behörde dar, wenn sie einerseits für die Beschwerdeführerin beim Parlament
Staatsbeiträge gemäss der alten Beitragspraxis beantragt habe, und nun
andererseits rückwirkend von einem neuen Bemessungsmodus ausgehe. Die
Unzulässigkeit der Praxisänderung begründet die Beschwerdeführerin sodann mit
dem Argument, dass das Regionale Schulabkommen vom 17. Mai 2000, ein Konkordat,
den Kanton Bern verpflichte, den Leistungserbringern pro Kopf-Beiträge zu
entrichten.

2.2 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben statuiert ein
Verbot widersprüchlichen Verhaltens und verleiht einer Person Anspruch auf
Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges,
bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (BGE 131 II 627 E.
6.1). Voraussetzung für eine Berufung auf Vertrauensschutz ist indes, dass die
betroffene Person sich berechtigterweise auf die Vertrauensgrundlage verlassen
durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie
nicht mehr rückgängig machen kann; die Berufung auf Treu und Glauben scheitert
sodann, wenn ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BGE 131 II
627 E. 6 S. 636 ff.; 129 I 161 E. 4.1 S. 170; 127 I 31 E. 3a S. 36; HÄFELIN/
MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2006, S. 130 ff.).

2.3 Für eine Berufung auf Vertrauensschutz fehlt es vorliegend bereits an einer
genügenden Vertrauensgrundlage:
Die von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Anträge des Regierungsrates
an den Grossen Rat, einen bestimmten Betrag als Kostendach für eine
Subventionierung zu bewilligen, können jedenfalls nicht mit dem entsprechenden
Parlamentsbeschluss selbst oder mit einer verbindlichen Zusicherung des
finanzkompetenten Organs gleichgesetzt werden: Trotz eines bestimmten Antrags
des Regierungsrates bleibt es dem Grossen Rat unbenommen, anderes zu
beschliessen, weshalb ein solcher Antrag zum vornherein nicht geeignet ist, von
der betroffenen potentiellen Subventionsempfängerin als feste Zusage verstanden
zu werden. Auch die in diesem Zusammenhang erfolgte Berufung der
Beschwerdeführerin auf die frühere Beitragspraxis der bernischen Behörden
erweist sich als unbehelflich: Wie dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen
ist, wurde mit der Änderung des Beitragsmodus der Zweck verfolgt, eine
Übersubventionierung zu verhindern. Der Regierungsrat hat den anzuwendenden
Subventionserlass als planwidrig unvollständig erachtet und beabsichtigt, mit
einer lückenfüllenden Auslegung zu einer adäquateren - dem Ziel der sparsamen
Verwendung öffentlicher Mittel besser angepassten - Lösung zu gelangen. Solche
auf sachlichen Gründen beruhende Praxisänderungen sind stets möglich und
begründen kein widersprüchliches Verhalten. Ebenso ist keine unzulässige
Rückwirkung zu erkennen: Wie aus dem Vortrag der ERZ an den Regierungsrat vom
14. Februar 2007 hervorgeht, erfolgte die Änderung der Beitragspraxis für 2004
und 2005 bereits in den entsprechenden Beitragsjahren selbst und nicht
rückwirkend. Auch aus den Bestimmungen des Regionalen Schulabkommens kann die
Beschwerdeführerin nicht auf die Unzulässigkeit der erfolgten Praxisänderung
schliessen, weil dieses Konkordat lediglich Verpflichtungen zwischen den
beteiligten Kantonen zum Gegenstand hat und keine individuellen Ansprüche der
Bildungsträger auf Unterstützungsleistungen durch die beteiligten Kantone
festlegt.

2.4 Selbst wenn aber das Vorliegen einer Vertrauensgrundlage zu bejahen wäre,
könnte die Beschwerdeführerin im Übrigen daraus nichts zu ihren Gunsten
ableiten: Das von den bernischen Behörden verfolgte Ziel, eine
Übersubventionierung und damit eine übermässige Belastung des Staatshaushaltes
zu verhindern, entspricht einem gewichtigen öffentlichen Interesse. Es steht
der Berufung auf Treu und Glauben entgegen und überwiegt die geltend gemachten
privaten Interessen der Beschwerdeführerin. Zwar ist nicht zu übersehen, dass
diese ihre Dispositionen für die fraglichen Beitragsjahre bereits zu einem
Zeitpunkt treffen musste, in welchem ihr die staatlichen Beiträge noch nicht
zugesprochen worden waren, und dass die schliesslich gesprochenen Beträge
deutlich geringer ausfielen, als von der Beschwerdeführerin erwartet worden
war. Indes stellt der Entscheid des Regierungsrates sicher, dass jedenfalls das
in den Beitragsjahren 2004 und 2005 entstandene Defizit der Beschwerdeführerin
gedeckt wird, so dass dieser zumindest keine unzumutbaren Nachteile entstehen.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt sodann eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit. Sie
argumentiert im Wesentlichen, ein kostenneutraler Betrieb der Schule sei ohne
staatliche Beihilfe nicht möglich. Ihre Unternehmensfreiheit basiere daher in
entscheidendem Ausmass auf den gesetzlichen Subventionierungsmodalitäten.
Während der Geltungsdauer eines Gesetzes müssten die privatautonomen
Entscheidungs- und Handlungsspielräume gewahrt bleiben. Die rückwirkende
Änderung des Beihilfesystems von pro Kopf-Beiträgen hin zu einer reinen
Defizitdeckung sei daher nicht statthaft.
Ob diese Rüge den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. E. 1.4) zu
genügen vermag, kann offen bleiben. In jedem Fall erweist sich die Beschwerde
diesbezüglich als offensichtlich unbegründet: Die in Art. 27 BV garantierte
Wirtschaftsfreiheit schützt den Grundrechtsträger nur vor Eingriffen des
Staates; sie begründet dagegen keinen Anspruch auf staatliche
Unterstützungsleistungen (BGE 130 I 26 E. 4.1, mit weiteren Hinweisen).

4.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht
eingetreten.

2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Mai 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Zähndler