Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.759/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_759/2008

Urteil vom 6. März 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Bundesrichter Zünd,
Gerichtsschreiber Merz.

Parteien
X.________ SA,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch lic.iur. R.________,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung.

Gegenstand
Mehrwertsteuer (1. Quartal 1997 bis 2. Quartal 2002); Rückerstattung der
Steuer, Parteientschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 18.
August 2008.

Sachverhalt:

A.
Zwischen der X.________ SA und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV)
bestand Uneinigkeit, ob Erstere auf ihre Leistungen den normalen
Mehrwertsteuersatz oder den reduzierten Steuersatz des Gastgewerbes anzuwenden
habe. In der Folge verlangte die X.________ SA die Rückerstattung eines Teils
der von ihr - gestützt auf den normalen Steuersatz - an die EStV bezahlten
Beträge. Die EStV lehnte dies ab. Die von der X.________ SA dagegen erhobene
Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. August 2008
gut und wies die Sache "zur Festsetzung des zurückzuerstattenden Betrags im
Sinne der Erwägungen" an die EStV zurück (Ziff. 1 und 2 des Dispositivs). Im
Übrigen ordnete es an, dass keine Verfahrenskosten erhoben werden und der von
der X.________ SA geleistete Kostenvorschuss zu erstatten ist (Ziff. 3 des
Dispositivs) sowie dass keine Parteientschädigungen zugesprochen werden (Ziff.
4 des Dispositivs).

B.
Mit Beschwerde vom 16. Oktober 2008 beantragt die X.________ SA dem
Bundesgericht sinngemäss, Ziff. 3 (recte: Ziff. 4) des Urteilsdispositivs des
Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und zu verfügen, dass die EStV ihr für das
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht "eine angemessene
Parteientschädigung auszurichten" habe.

C.
Die EStV stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Das
Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die X.________
SA hat am 5. bzw. 7. Dezember 2008 unaufgefordert eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil ist in Deutsch abgefasst, obwohl die Beschwerdeführerin
ihren Sitz in einer italienischsprachigen Gemeinde der Schweiz hat. Die
Beschwerdeführerin hat dagegen allerdings keine Einwendungen erhoben und sich
ebenfalls der deutschen Sprache für ihre Eingaben an das Bundesgericht bedient.
Zudem handelt es sich bei der EStV um eine Bundesbehörde. Demnach besteht keine
Veranlassung, von der Regel abzuweichen, dass das bundesgerichtliche Verfahren
in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt wird (vgl. Art. 54 Abs. 1
und 2 BGG).

2.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Eintretensvoraussetzungen
von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 135 III 1 E.
1.1 S. 3 mit Hinweisen).

2.1 Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde an das Bundesgericht gegen
Entscheide, die das Verfahren abschliessen (sog. Endentscheide), zulässig. Das
Gleiche gilt für Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG. Gegen Vor- und
Zwischenentscheide steht die sofortige Beschwerde hingegen nur unter den
Voraussetzungen der Art. 92 und 93 Abs. 1 BGG offen.

2.2 Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 2008, die Beschwerde gutzuheissen und
die Sache zur Festsetzung des zurückzuerstattenden Betrages im Sinne der
Erwägungen an die EStV zurückzuweisen. Dabei hielt das Bundesverwaltungsgericht
in seinen Erwägungen unter anderem fest (dortige E. 3.4), es bleibe der EStV
unbenommen, zumindest die Bekanntgabe der Leistungsempfänger, denen zuviel
Mehrwertsteuer fakturiert wurde, zur Voraussetzung der Steuerrückerstattung an
die Beschwerdeführerin zu machen. Zusätzlich sei der zu erstattende Betrag noch
festzusetzen, zumal die EStV die Höhe des von der Beschwerdeführerin
geforderten Betrages bisher nicht näher geprüft hatte, da sie die
Voraussetzungen für eine Rückerstattung schon aus grundsätzlichen Erwägungen
als nicht erfüllt betrachtete.
Somit schliesst das Urteil der Vorinstanz das Verfahren nicht ab, sondern weist
die Sache zu neuem Entscheid an die EStV zurück. Auf diesen
Rückweisungsentscheid hin verbleibt der EStV namentlich noch ein gewisser
Entscheidungsspielraum. Es geht insbesondere nicht um eine bloss rechnerische
Vollzugsoperation. Deshalb ist das angefochtene Urteil nicht als Endentscheid
gemäss Art. 90 BGG zu behandeln, sondern als Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 BGG (vgl. BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127; Urteil 2C_596/2007 vom
24. Juni 2008 E. 1.2, in: RDAF 2008 II S. 390; Hansjörg Seiler,
Rückweisungsentscheide in der neueren Sozialversicherungspraxis des
Bundesgerichts, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.],
Sozialversicherungsrechtstagung 2008, St. Gallen 2009, S. 26-31).

2.3 Unter diesen Umständen wird nach ständiger Praxis aber auch die Regelung
der Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rückweisungsurteil als
Zwischenentscheid angesehen (vgl. BGE 133 V 645 E. 2.1 S. 647; Urteile 2C_222/
2007 vom 15. Oktober 2007 E. 2 und 9C_567/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 4.1;
Seiler, a.a.O., S. 40 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Daran ändert
nichts, dass für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
endgültig über diese Punkte entschieden worden ist. Die Regelung der Kosten-
und Entschädigungsfolgen ist immer ein Nebenpunkt zur Hauptsache (vgl. Art. 51
Abs. 3 BGG) und kann daher nicht als selbständig anfechtbarer Teilentscheid
über ein unabhängig von der Hauptsache gestelltes Begehren nach Art. 91 lit. a
BGG betrachtet werden (erwähntes Urteil 9C_567/2008 E. 4.1).

2.4 Fragen kann sich einzig, ob der Entscheid über die Parteientschädigung
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG verursachen kann, wenn er nicht selbständig vor dem Endentscheid
angefochten wird. Das wäre zu bejahen, wenn dieser Punkt später nicht mehr
anfechtbar wäre.

2.5 Gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG sind Vor- und Zwischenentscheide, gegen welche
die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig war oder nicht
ergriffen wurde, durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, "soweit
sie sich auf dessen Inhalt auswirken". Vom Wortlaut her fehlt es daran, wenn
nur die Kostenregelung im Rückweisungsentscheid streitig ist.

2.6 Eine Bestimmung ist indes nicht nur nach ihrem Wortlaut auszulegen;
vielmehr befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus
(siehe Näheres in BGE 134 I 184 E. 5.1 S. 193; 133 III 175 E. 3.3.1 S. 178, 497
E. 4.1 S. 499 mit Hinweisen).
Gemäss Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege
ist die in Art. 93 Abs. 3 BGG verlangte Auswirkung auf den Inhalt des
Endentscheids gegeben, wenn der Zwischenentscheid die Zulassung eines
Beweismittels zum Inhalt hat, nicht aber bei der Anordnung von vorsorglichen
Massnahmen (BBl 2001 S. 4334, Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 88). Mehr wird in der
Botschaft nicht ausgeführt. Im Parlament wurde diese Bestimmung ohne weitere
Debatten angenommen (vgl. AB 2003 S 909; AB 2004 N 1607). Soweit sich die
Literatur mit dieser Bedingung näher befasst, meint sie, dieses Erfordernis
entspreche dem aktuellen Rechtsschutzinteresse, das fortbestehen müsse (vgl.
Bernard Corboz, Introduction à la nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, SJ 2006
II S. 326; Niklaus Schmid, Die Strafrechtsbeschwerde nach dem Bundesgesetz über
das Bundesgericht, ZStrR 124/2006 S. 176; Yves Donzallaz, Loi sur le Tribunal
fédéral, 2008, N. 3404 zu Art. 92 und 93 BGG; Felix Uhlmann, in: Basler
Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 12 zu Art. 93 BGG).
Unter dem Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 1943 (OG; BS 3 531), das
die interessierende Zusatzbedingung nach Art. 93 Abs. 3 BGG nicht aufführte,
konnte die Kosten- und Entschädigungsregelung eines Zwischenentscheids
grundsätzlich erst nach Ergehen des Endentscheids beim Bundesgericht
angefochten werden (vgl. Art. 101 lit. b OG für die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde). Bei der staatsrechtlichen Beschwerde wurde
insoweit ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 87 Abs. 2
OG verneint (vgl. BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407; 122 I 39 E. 1a/aa und bb S. 41
f.). Der Gesetzgeber wollte, dass Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG der geltenden
Regelung für die staatsrechtliche Beschwerde entspreche (BBl 2001 S. 4334 zu
Art. 88). Damit sollte auch die Praxis zu Art. 87 Abs. 2 OG weiterhin Bestand
haben (vgl. Urteil 6B_309/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 1.1). Demnach war es
nicht die Absicht des Gesetzgebers, die Möglichkeit zur sofortigen Beschwerde
gegen einen Zwischenentscheid bzw. gegen die darin enthaltenen Kosten- und
Entschädigungsfolgen neu einzuführen. Es genügt, dass diese Punkte erst nach
Erlass des Endentscheids angefochten werden.
Der gegenteilige Schluss hätte zudem zur Folge, dass sich das Bundesgericht
unter Umständen zweimal mit dem gleichen Prozess befassen müsste. Bei
gesonderter direkter Anfechtung der Kosten- und Entschädigungsregelungen hätte
es allenfalls sogar vorfrageweise die Begründetheit des Rückweisungsentscheids
zu prüfen. Das widerspräche der Prozessökonomie und dem Hauptziel der
Rechtspflegereform, das Bundesgericht zu entlasten (vgl. BBl 2001 S. 4208 ff.
Übersicht und Ziff. 1.1.1). Wenn möglich soll sich das Bundesgericht nur einmal
mit einer Sache befassen müssen (vgl. BGE 133 V 645 E. 2.1 S. 647; Urteile
2C_222/2007 vom 15. Oktober 2007 E. 2 und 1C_324/2007 vom 18. Dezember 2007 E.
2.3).
Dem Dargelegten zufolge ist in Bezug auf die Kosten- und Entschädigungsfolgen
von Rückweisungsentscheiden vom Wortlaut des Art. 93 Abs. 3 BGG abzuweichen.

2.7 Demnach wird die Beschwerdeführerin die Regelung über die
Parteientschädigung im Rückweisungsentscheid vom 18. August 2008 noch nach
Ergehen des Endentscheids anfechten können, auch wenn sich diese im Grunde
nicht auf den Inhalt des zuletzt genannten Entscheids auswirkt (vgl. zur
Publikation bestimmtes Urteil 4A_542/2008 vom 3. März 2009 und vom Ergebnis her
die in E. 2.3 hievor erwähnten Urteile). Sie verfügt insoweit immerhin über ein
fortbestehendes Rechtsschutzinteresse. Das gilt selbst dann, wenn das Verfahren
in der Hauptsache mit einem für sie günstigen Entscheid enden sollte (vgl.
Urteile 6B_309/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 1.2; 1C_324/2007 vom 18. Dezember
2007 E. 2.3; 1B_69/2008 vom 26. März 2008 E. 2). Unter diesen Umständen droht
der Beschwerdeführerin aber kein irreparabler Schaden im Sinne von Art. 93 Abs.
1 lit. a BGG, wenn sie die Entschädigungsregelung vor Bundesgericht nicht
anfechten kann, solange es an einem Endentscheid fehlt (vgl. Näheres im Urteil
9C_567/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 4.2).
Sollte das Verfahren in der Hauptsache nicht mehr vor das
Bundesverwaltungsgericht gelangen, beispielsweise weil die EStV auf das
Rückweisungsurteil hin voll zu Gunsten der Beschwerdeführerin entscheidet, wird
Letztere gegen den diesbezüglichen Endentscheid der EStV unmittelbar und
innerhalb der Frist des Art. 100 BGG Beschwerde beim Bundesgericht einreichen
und dabei die streitige Entschädigungsregelung anfechten können (BGE 133 V 645
E. 2.2 in fine S. 648 mit Hinweis auf die Praxis zum OG: BGE 122 I 39 E. 1a/bb
S. 42 f.; 117 Ia 251 E. 1b S. 254 f.).

3.
Somit ist auf die Beschwerde vom 16. Oktober 2008 nicht einzutreten. Diesem
Ausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu übernehmen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Steuerverwaltung
sowie dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. März 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Merz