Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.754/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_754/2008

Urteil vom 23. Dezember 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
S.________ AG in Liquidation,
Konkursliquidatorin A.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwältin B.________,

gegen

Eidgenössische Bankenkommission, Schwanengasse 12, 3011 Bern.

Gegenstand
Unerlaubter Effektenhandel/Konkurseröffnung bzw. Liquidation/Werbeverbote,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 3.
September 2008.

Erwägungen:

1.
Mit Urteil vom 3. September 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht eine
Beschwerde von X.________ sowie der S.________ AG betreffend unerlaubten
Effektenhandel usw. ab. Das Urteil wurde deren Rechtsvertreterin am 10.
September 2008 eröffnet. Diese, eine in Deutschland domizilierte bzw.
praktizierende Rechtsanwältin, erklärte mit Fax-Eingabe vom 17. September 2008,
gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts namens von X.________ und der
S.________ AG in Liquidation Beschwerde zu führen, wobei sie in Aussicht
stellte, dass die Begründung der Beschwerde mit gesondertem Schriftsatz
innerhalb der Frist von 30 Tagen nach Eröffnung des Urteils am 10. September
2008 unter Beilegung des angefochtenen Urteils und der Beweismittel beim
Schweizerischen Bundesgericht eingereicht werde. Die vollständige, mit
Begründung versehene Rechtsschrift wurde am 10. Oktober 2008 vorab per Fax an
das Bundesgericht übermittelt. Gleichentags wurde die Rechtsschrift bei der
Deutschen Post zu Handen des Bundesgerichts als Einschreibesendung aufgegeben.
Bei der Schweizerischen Post traf die Sendung am 11. Oktober 2008 ein
("aufgegeben" gemäss Sendungsinformationen Track & Trace der Post am 11.
Oktober 2008 um 19.27 Uhr beim Briefzentrum International 8010
Zürich-Mülligen).

Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des
Abteilungspräsidenten vom 29. Oktober 2008 über die vorerwähnten Daten bzw.
Sendungsabläufe informiert; es wurde ihr Frist bis zum 17. November 2008
angesetzt, um sich zur Frage der Beschwerdefrist bzw. der Fristwahrung zu
äussern bzw. um gegebenenfalls die Beschwerde zurückzuziehen. Mit Schreiben vom
8. November 2008 (am 10. November 2008 per Fax übermittelt) teilte sie mit,
dass an der Beschwerde festgehalten werde. Sie machte geltend, dass sie sich am
10. Oktober 2008 bei der Bundesgerichtskanzlei über die Fristwahrung bei
Postsendungen erkundigt habe; sie verwies dabei auf die entsprechenden
e-mail-Unterlagen. Am 11. November 2008 wurde die Sekretärin der Zentralen
Kanzlei, die sich am 10. Oktober 2008 mit der Anfrage befasst hatte, zu den
Modalitäten der Auskunftserteilung befragt. Die darüber erstellte Aktennotiz
wurde der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer am 12. November 2008 zur
Kenntnis gebracht, verbunden mit der Aufforderung, bis spätestens zum 24.
November 2008 eine allfällige weitere Stellungnahme zur Frage der Fristwahrung
einzureichen. Die Vertreterin nahm mit Schreiben vom 23. November 2008 (vorab
per Fax übermittelt am 24. November, Postaufgabe bei der Poststelle 8280
Kreuzlingen am 25. November 2008) Stellung.

2.
2.1 Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung
der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1
des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
[Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110]). Fristen, die durch eine Mitteilung
ausgelöst werden, beginnen am folgenden Tag zu laufen (Art. 44 Abs. 1 BGG).
Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht
eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer
schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden
(Art. 48 Abs. 1 BGG). Bedürfen Eingaben der Schriftform (Rechtsschriften),
genügt die Einreichung per Fax auch unter der Herrschaft des
Bundesgerichtsgesetzes zur Fristwahrung nicht (Urteile 4A_258/2008 vom 7.
Oktober 2008 E. 2; 5A_1/2007 vom 12. Februar 2007; vgl. auch BGE 121 II 252 E.
4 zum Ende 2006 ausser Kraft getretenen Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über
die Organisation der Bundesrechtspflege [Bundesrechtspflegegesetz, OG; BS 3
531]).

2.2 Vorliegend ist unbestritten, dass der angefochtene Entscheid am 10.
September 2008 eröffnet worden und die Beschwerdefrist mithin am 10. Oktober
2008 abgelaufen ist, ferner dass am 10. Oktober 2008 selber die Beschwerde per
Fax ans Bundesgericht versandt und am gleichen Tag bei der Deutschen Post zu
Handen des Bundesgerichts aufgegeben worden ist. Weiter sprechen die Unterlagen
Track & Trace der Post ebenso wie die allgemeine Erfahrung über die Postabläufe
dafür, dass die Sendung erst am 11. Oktober 2008 von der Schweizerischen Post
zur Weiterbeförderung in Empfang genommen worden ist; dass es sich anders
verhält, behaupten die diesbezüglich beweisbelasteten Beschwerdeführer (vgl.
nebst BGE 92 II 215 die Urteile 2C_265/2008 vom 9. April 2008 E. 2.2.2 und
5A_163/2007 vom 2. August 2007) nicht. Da einzig die Fax-Eingabe bei einer der
in Art. 48 Abs. 1 BGG aufgezählten Amtsstellen innert Beschwerdefrist
eingegangen ist, mit dieser Handlung die Frist aber nicht gewahrt wird, ist die
Beschwerde, vorbehältlich besondere Umstände, verspätet; ob solche vorliegen,
ist nachfolgend zu prüfen.

2.3 Art. 48 Abs. 1 BGG entspricht (abgesehen von einer hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahme) Art. 32 Abs. 3 Satz 2 OG. Bei der erst kürzlich erfolgten
Revision der Bundesrechtspflege hat der Gesetzgeber davon abgesehen,
insbesondere die Frage der Fristwahrung durch Eingaben bei einer Poststelle neu
zu regeln. Fristwahrend wirkt einzig die Aufgabe bei einer Schweizerischen
Poststelle oder bei einem Postschalter in Liechtenstein (angesichts der
fortwährend engen Verflechtung bzw. Zusammenarbeit zwischen der
Liechtensteinischen Post AG und der Schweizerischen Post, s. dazu
Notenaustausch vom 4. März 1999 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der
Regierung des Fürstentums Liechtenstein zur Beendigung des Vertrags vom 9.
Januar 1978 und der Vereinbarung vom 2. November 1994 über die Post- und
Fernmeldedienste sowie die künftige Zusammenarbeit in den Bereichen Post,
Personenbeförderung, Fernmeldedienste und Radio/Fernsehen [SR 0.783.595.14]).
Für die Postämter sämtlicher übrigen ausländischen Staaten gilt hingegen, dass
die dortige Aufgabe einer Sendung nicht der Aufgabe bei einer Schweizer
Poststelle gleichkommt und nicht fristwahrend wirkt (Urteil 4A_258/2008 vom 7.
Oktober 2008 E. 2). Eine strikte Anwendung dieser Regel drängt sich aus
Rechtsgleichheitsgründen auf und ist nicht überspitzt formalistisch (BGE 125 V
65 E. 1). Angesichts des unmissverständlichen Gesetzeswortlauts lässt sich eine
andere Auslegung nicht ernsthaft rechtfertigen. Anders verhält es sich bloss,
wenn ein Staatsvertrag etwas Abweichendes vorsieht, was vorliegend nicht der
Fall ist.

2.4 Die Beschwerdeführer machen geltend, sie seien durch eine ihrer
Rechtsvertreterin erteilte Auskunft der Bundesgerichtskanzlei über die für die
Fristwahrung einzuhaltenden Modalitäten in einen Irrtum versetzt worden.

Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer wandte sich am 10. Oktober 2008
telefonisch an die Bundesgerichtskanzlei. Sie wurde, wie bei solchen Anfragen
üblich, eingeladen, schriftlich anzufragen, was sie in Form eines e-mails mit
folgendem Text tat: "Bezug nehmend auf meine telefonische Anfrage von eben,
bitte ich um Auskunft darüber, ob ... zur Wahrung einer Frist zur Eingabe einer
Beschwerde gegen ein Urteil der Poststempel ausreichend ist. Fristablauf ist
heute, ich würde den gesamten Schriftsatz gerne per Einschreiben Rückschein
(A-Post) versenden und bitte um Auskunft, ob es ausreicht, wenn der heutige
Poststempel auf dem Umschlag vermerkt ist." Die Antwort (ebenfalls per e-mail)
der Bundesgerichtskanzlei lautete wie folgt: "Gerne bestätigen wir Ihnen, dass
das Aufgabedatum bei der Post massgebend ist. Der heutige Poststempel ist also
ausreichend, um die erwähnte Frist zu wahren."

Der Antwort der Bundesgerichtskanzlei lässt sich, im Lichte der Anfrage, einzig
entnehmen, dass die Aufgabe bei der Post fristwahrend ist und der Poststempel
zum Nachweis der Fristwahrung genügt. Weder in der Anfrage noch in der Antwort
wird der Aufgabeort thematisiert; die Bundesgerichtskanzlei hatte keinen Anlass
zu einer entsprechenden Spezifizierung, dies umso weniger, als sich dem e-mail
nicht entnehmen liess, dass die Anfrage aus dem Ausland kam. Es mag sein, dass
die Kanzleisekretärin bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme hätte
feststellen können, dass der Anruf von einem ausländischen Telefonanschluss aus
geführt wurde; sie musste dem - schon darum - nicht Beachtung schenken, weil
sie eben gerade keine Auskunft zu erteilen hatte. Jedenfalls darf aus der
Antwort nicht unbesehen geschlossen werden, dass die Aufgabe der Beschwerde
auch an einer ausländischen Poststelle fristwahrend sei. Dem steht vorliegend
insbesondere Folgendes entgegen:

Die Beschwerdeführer liessen sich für das Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht
durch eine Rechtsanwältin vertreten. Wer als Fachperson berufsmässig
Rechtsvertretungen übernimmt und Eingaben an Gerichte macht, ist verpflichtet,
sich über die dabei einzuhaltenden Regeln zu informieren. Auf die in der
Rechtsmittelbelehrung des Bundesverwaltungsgerichts enthaltenen Angaben durfte
sich die Vertreterin der Beschwerdeführer verlassen. Diese sind recht
umfassend, aber notwendigerweise und erkennbar unvollständig; es war
unerlässlich, vor Beschwerdeerhebung das Bundesgerichtsgesetz zu konsultieren,
auf welches die Rechtsmittelbelehrung ergänzend verwies. Der Rechtsvertreterin
der Beschwerdeführer war, wie ihre Anfrage vom 10. September 2008 beweist,
bewusst, dass sich im Zusammenhang mit der Postaufgabe Fragen der Fristwahrung
stellten. Als umsichtiger Rechtsanwältin musste ihr angesichts des Wortlauts
von Art. 48 Abs. 1 BGG klar sein, dass die Beschwerdefrist wohl nur mit der
Aufgabe der Rechtsschrift bei einer inländischen Poststelle genügt. Es ist
nicht nachvollziehbar, dass sie unter diesen Umständen ihre Anfrage nicht in
diesem Sinne und im Hinblick auf diese Problematik thematisierte. Jedenfalls
besteht vorliegend kein Anlass, von der strikten Anwendung von Art. 48 Abs. 1
BGG abzusehen; die Beschwerdeführer wurden nicht durch die Antwort der
Bundesgerichtskanzlei daran gehindert, die Beschwerde im Sinne dieser
Bestimmung rechtzeitig einzureichen. Es mag darum offenbleiben, ob die
Beschwerde bei einer präziseren Anfrage (und einer entsprechend umfassenderen
Antwort) rechtzeitig bei einer Poststelle in der Schweiz hätte aufgegeben
werden können, nachdem die Auskunft erst am letzten Tag der Beschwerdefrist
eingeholt worden war.

2.5 Auf die verspätet eingereichte Beschwerde ist ohne Schriftenwechsel oder
zusätzliche Instruktionsmassnahmen nicht einzutreten.

2.6 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte
unter Solidarhaft auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Eidgenössischen Bankenkommission
und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Dezember 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller