Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.726/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_726/2008

Urteil vom 14. Januar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Eduard M. Barcikowski,

gegen

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Regierungsrat des Kantons Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Kammer,
vom 20. August 2008.

Erwägungen:

1.
Der pakistanische Staatsangehörige X.________, geboren 1967, reiste im Juni
1991 in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Nach Abweisung des Gesuchs reiste
er nicht aus. Am 25. November 1993 heiratete er eine ursprünglich aus den
Philippinen stammende Schweizer Bürgerin; gestützt auf diese Heirat erhielt er
eine Aufenthaltsbewilligung, die regelmässig verlängert wurde. Am 4. März 1998
wurde X.________ erleichtert eingebürgert. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde
am 15. Juni 1999 geschieden.
Bereits zuvor, am 27. Februar 1997, hatte X.________ in seiner Heimat eine
Landsfrau geheiratet; am 29. April 2000 brachte sie in Pakistan
Zwillingsmädchen zur Welt. Am 7. August 2001 reisten die pakistanische Ehefrau
und die zwei Kinder in die Schweiz ein. Nach Ablauf des Visums reisten sie
nicht aus; vielmehr ersuchte X.________ für sie zweimal - erfolglos - um
Einreise und Familiennachzug, wobei er ein falsches Heiratsdatum (30. Juli
1999) angab. Am 3. März 2003 erklärte das Bundesamt für Ausländerfragen (heute:
Bundesamt für Migration) die 1998 erfolgte Einbürgerung von X.________ wegen
der in Pakistan parallel eingegangenen (und den Behörden gegenüber
verschwiegenen) Ehe für nichtig. Am 18. März 2004 lehnte die
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Migrationsamt) das Gesuch von
X.________ um Erteilung (bzw. Verlängerung) der Aufenthaltsbewilligung ab und
setzte ihm eine Frist zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit und zum Verlassen des
zürcherischen Kantonsgebiets an. Den gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs
wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 2. April 2008 ab. Am 20. August
2008 sodann wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den
regierungsrätlichen Rekursentscheid erhobene Beschwerde ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. Oktober 2008
beantragt X.________ dem Bundesgericht, die Verfügung vom 18. März 2004
aufzuheben und ihm die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen; sinngemäss wird auch
die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 20. August 2008
beantragt.
Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht angeordnet
worden.

2.
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist auf dem Gebiet
des Ausländerrechts gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen
Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das
Völkerrecht einen Anspruch einräumt.
2.1.1 Wie es sich mit dem Bestehen eines auf Bundesrecht gestützten
Bewilligungsanspruchs verhält, beurteilt sich hier gemäss Art. 126 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR
142.20) noch nach dem Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer (ANAG) und den Ausführungsbestimmungen hierzu.
2.1.2 Der Beschwerdeführer verfügte vorübergehend über das Schweizer
Bürgerrecht. Allerdings wurde die Einbürgerung für nichtig erklärt. Die
Aufenthaltsbewilligung, über die der Beschwerdeführer vor der Einbürgerung
verfügte, erlosch durch Zeitablauf (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a ANAG) und konnte
nach der Nichtigerklärung der Einbürgerung nicht wieder aufleben; anders
verhielte es sich, wenn er zuvor eine Niederlassungsbewilligung gehabt hätte
(vgl. BGE 2C_306/2008 vom 12. November 2008 E. 3, zur Publikation bestimmt),
was nicht der Fall ist. Der Beschwerdeführer befindet sich in der Situation des
Ausländers, der um Erteilung bzw. Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung
ersucht.
2.1.3 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines
Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen
Aufenthalt von fünf Jahren hat er gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG Anspruch auf
die Niederlassungsbewilligung (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG). Für die Annahme
eines solchen Anspruchs genügt schon der formelle Bestand der Ehe (BGE 128 II
145 E. 1.1.4 S. 149; 122 II 145 E. 3a und 3b S. 146 ff.; 121 II 97 E. 4c S. 104
f.); ob Gründe für die Nichtverlängerung der Aufenthalts- bzw. für die
Verweigerung der Niederlassungsbewilligung vorliegen, ist nicht als
Eintretensfrage zu prüfen, sondern bildet Gegenstand der materiellen Prüfung
(BGE 128 II 145 E. 1.12 - 1.1.5 S. 148 f.).
2.1.4 Der Beschwerdeführer war vom 25. November 1993 bis zum 15. Juni 1999 mit
einer Schweizer Bürgerin verheiratet und lebte während dieser ganzen, mehr als
fünf Jahre dauernden Zeitspanne in der Schweiz. Er hat damit einen - bedingten
- Rechtsanpruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung und erst recht auf
Erteilung der von ihm beantragten Aufenthaltsbewilligung; insofern greift der
Unzulässigkeitsgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG nicht, und die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht offen, soweit die Anwendung von
Art. 7 ANAG streitig ist.
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG besteht kein Bewilligungsanspruch im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechts- oder Scheinehe).
Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann
sich die Berufung auf die gesetzliche Anspruchsnorm als rechtsmissbräuchlich
erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt
Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur noch
formell besteht, weil entweder ihm selber jeglicher Wille zum Führen der
ehelichen Gemeinschaft fehlt oder weil, für ihn erkennbar, keine ernsthafte
Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer
Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehegatten mehr besteht, wobei es auf
die Ursachen der Trennung nicht ankommt. Das durch die Rechtsordnung
vorgesehene Anwesenheitsrecht kann nicht unabhängig vom wirklichen Bestand
einer ehelichen Beziehung beansprucht werden (vgl. BGE 130 II 113 E. 4.2 S.
117; 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E . 5 S. 56 ff. mit Hinweisen); eine
inhaltslos gewordene, bei objektiver Betrachtung als gescheitert erscheinende
Ehe fällt als Grundlage für einen Bewilligungsanspruch nach Art. 7 ANAG ausser
Betracht. Da der mit einem Schweizer Bürger verheiratete Ausländer nach einem
ordnungsgemässen Aufenthalt von fünf Jahren einen Anspruch auf Niederlassung
erwirbt, kann der Bewilligungsanspruch nur dann wegen Rechtsmissbrauchs
erlöschen, wenn die Voraussetzungen hierfür sich vor Ablauf der massgeblichen
fünf Jahre verwirklicht haben.
2.2.2 Das Verwaltungsgericht ist von diesen von der Rechtsprechung entwickelten
Kriterien ausgegangen. Es hat folgende für das Bundesgericht verbindlichen
(vgl. 105 Abs. 1 BGG) Sachverhaltsfeststellungen getroffen:
Kurz nachdem der Beschwerdeführer im November 1993 eine Schweizer Bürgerin
geheiratet hatte, zog diese anfangs 1994 in ihre ursprüngliche Heimat
(Philippinen), wo sie sich während fast zwei Jahren aufhielt (bis gegen Ende
1995). Der Beschwerdeführer, der sich ab und zu nach Pakistan begab, heiratete
dort am 27. Februar 1997 eine Landsfrau, mit der er auch heute noch verheiratet
ist und mit welcher er im Sommer 1999 seine Zwillingstöchter zeugte. Die
schweizerische Ehefrau ihrerseits nahm im Frühjahr 1998 eine Beziehung zu einem
anderen Mann auf, von welchem sie schwanger wurde; sie verliess das eheliche
Domizil definitiv am 15. Juli 1998. Der von den kantonalen Behörden aus diesen
Gegebenheiten und aus den zeitlichen Abläufen gezogene tatsächliche (vgl. BGE
128 II 145 E. 2.2 und 2.3 S. 151 f.) Schluss, dass die Ehe spätestens im Sommer
1998 von keinem der beiden Ehepartner mehr als echte Beziehung gewollt war,
drängt sich auf. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich dem
Verwaltungsgericht diesbezüglich eine im Sinne von Art. 105 Abs. 2 bzw. 97 Abs.
1 BGG qualifiziert unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsermittlung
vorwerfen liesse. Insbesondere beruht der Verzicht auf eine Befragung der
ehemaligen Ehefrau auf willkürfreier antizipierter Beweiswürdigung. Was die
angeblich ungenügend abgeklärten besonderen Verhältnisse in Pakistan und den
gesellschaftlichen Druck betrifft, dem der Beschwerdeführer im Hinblick auf die
1997 erfolgte Heirat ausgesetzt gewesen sein will, durften die entsprechenden
Vorbringen jedenfalls schon darum stark relativiert werden, weil die zweite
Ehefrau seine Lebenspartnerin geworden ist, mit welcher zusammen er eine
Familie gegründet hat. Dass er vorerst während Jahren nicht mit ihr zusammen
lebte, war unvermeidlich, wenn er den Erwerb eines gefestigten
Anwesenheitsstatus in der Schweiz nicht gefährden wollte; daraus lässt sich
entgegen den Vorbringen in der Beschwerde nicht ableiten, dass diese Ehe bis im
Sommer 1999 nicht gewollt war. Es darf mithin davon ausgegangen werden, dass
die Ehe des Beschwerdeführers mit der Schweizer Bürgerin deutlich vor dem 25.
November 1998 (fünf Jahre Ehedauer) jeglichen Sinnes entleert war und keine
Aussicht auf eine Wiederaufnahme einer echten Lebensgemeinschaft mehr bestand;
so erweist sich die Berufung auf Art. 7 ANAG als rechtsmissbräuchlich. Damit
mag offen bleiben, ob angesichts der fast zweijährigen Landesabwesenheit der
schweizerischen Ehefrau unmittelbar nach dem Eheschluss die Voraussetzung des
ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalts als Ehemann einer Schweizerin
im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG überhaupt erfüllt wäre.

2.3 Soweit ein Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 7 ANAG geltend gemacht
wird, erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs.
2 lit. a BGG). Da sodann keine andere Norm dem Beschwerdeführer einen
Bewilligungsanspruch verschafft, hatten die kantonalen Behörden über die
Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung nach freiem Ermessen
zu befinden (Art. 4 ANAG). Hinsichtlich dieses Ermessensentscheids ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c
Ziff. 2 BGG unzulässig, und auf die diesbezüglichen Ausführungen in der
Beschwerde ist nicht einzugehen.

2.4 Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, ist sie im vereinfachten
Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen.

2.5 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sicherheitsdirektion, dem
Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt
für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Januar 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller