Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.702/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_702/2008

Urteil vom 15. Mai 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Verfahrensbeteiligte
X.________ Holding AG (vormals X.________ AG),
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Danielle Wenger und Michael Fischer, Rechtsanwälte,

gegen

Kantonales Steueramt St. Gallen,
Dienststelle Steuern des Kantons Luzern,
Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich,
Kantonales Steueramt Zürich.

Gegenstand
Steuerperiode 2004 (interkantonale Doppelbesteuerung),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
19. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ Holding AG übernahm mit Fusionsvertrag vom 14. Dezember 2005
ihre damalige Tochtergesellschaft X.________ AG durch Absorption. Diese hatte
im Geschäftsjahr per 31. Januar 2004 in verschiedenen Kantonen - unter anderem
auch in den Kantonen St. Gallen, Zürich und Waadt - aus der Veräusserung von
Kapitalanlageliegenschaften Gewinne erzielt. An ihrem Hauptsteuerdomizil in
Luzern wies sie demgegenüber einen namhaften Verlust aus. Sie wurde am 24.
Februar 2005 im Kanton Luzern für die Staats- und Gemeindesteuern aufgrund des
Rechnungsabschlusses per 31. Januar 2004 unter Berücksichtigung der
Grundstückgewinne in den diversen Kantonen mit einem Reingewinn von null und
mit einem steuerbaren Kapital von Fr. ________, satzbestimmend Fr. ________,
veranlagt.
Am 17. Februar 2005 veranlagte die Kommission für die Grundsteuern der Stadt
Zürich die X.________ AG zu einem steuerbaren Grundstückgewinn von Fr.
________. Im Kanton Waadt wurde sie am 2. November 2006 zu einem steuerbaren
Gewinn von Fr. ________ veranlagt. Beide Veranlagungen blieben unangefochten
und erwuchsen in Rechtskraft.

B.
Im Kanton St. Gallen veräusserte die X.________ AG die ehemaligen
Betriebsstätteliegenschaften und realisierte hierdurch im Geschäftsjahr per
Ende Januar 2004 Kapitalgewinne von insgesamt Fr. ________. Diese
Kapitalgewinne wies das Steueramt des Kantons St. Gallen in der interkantonalen
Steuerausscheidung objektmässig dem Kanton St. Gallen zu und veranlagte die
Steuerpflichtige - unter Berücksichtigung des auf den Kanton St. Gallen
entfallenden Betriebsverlusts und dem anteilmässigen Vorjahresverlust - zu
einem steuerbaren Reingewinn von Fr. ________ und einem steuerbaren
Eigenkapital von Fr. ________ (Veranlagungsverfügung vom 7. April 2005).
Da sich im Laufe des Einspracheverfahrens eine Praxisänderung durch das
Bundesgericht abgezeichnet und dieses am 19. November 2004 entschieden hatte,
dass der Betriebsstättekanton einen allfälligen Gesamtverlust der Unternehmung
in anderen Kantonen an den Gewinn aus der Veräusserung von
Betriebsliegenschaften anzurechnen habe (BGE 131 I 249), und es in einem
weiteren Entscheid vom 8. Mai 2006 dieses Prinzip auch auf Gewinne aus
Kapitalanlageliegenschaften angewendet hatte (BGE 132 I 220), hielt das
Steueramt des Kantons St. Gallen im Einspracheentscheid vom 19. Juli 2007 an
dieser Steuerausscheidung nicht mehr fest und veranlagte die X.________ AG -
unter Anrechnung des Gesamtbetriebsverlustes - zu einem Reingewinn null und
einem steuerbaren Eigenkapital von Fr. ________.

C.
Im Anschluss an diesen Einspracheentscheid des Kantons St. Gallen vom 19. Juli
2007 reichte die Steuerpflichtige (nunmehr X.________ Holding AG) am 20. August
2007 bei der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen sowie bei der
Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich und bei den Steuerverwaltungen
der Kantone Luzern und Waadt eine als "vorsorglicher Rekurs/Einsprache/
vorsorgliche Einsprache" bezeichnete Rechtsschrift ein. Sie beantragte, der
Eintritt der Rechtskraft des St. Galler Entscheids sei vorsorglich zu
suspendieren, bis die gestellten Anträge auf Verlustverrechnung von den anderen
Kantonen behandelt worden seien; der Zürcher Entscheid und der Waadtländer
Entscheid seien aufzuheben und die bezahlten Steuern zurückzuerstatten; der
Eintritt der Rechtskraft des Luzerner Entscheids sei zu suspendieren, bis die
Behörden der anderen Kantone über die gestellten Anträge befunden hätten.
Am 13. September 2007 führte die X.________ Holding AG zudem staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung des Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung
gegenüber den Kantonen St. Gallen, Zürich, Luzern und Waadt. Das Bundesgericht
nahm die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
entgegen, trat auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Sache an die
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, weil nach dem neuen
Bundesgerichtsgesetz (BGG) bei Beschwerden wegen interkantonaler
Doppelbesteuerung der kantonale Instanzenzug mindestens in einem Kanton
erschöpft sein muss (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; nicht publiziertes
Urteil 2C_502/2007 vom 20. September 2007).
Die Steuerverwaltung des Kantons Waadt zog ihre Veranlagung am 30. Oktober 2007
in Wiedererwägung und hob die Gewinnbesteuerung der X.________ Holding AG auf.
Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich und die Steuerverwaltung
des Kantons Luzern reagierten auf die Eingabe der Steuerpflichtigen nicht.
Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen trat mit Entscheid vom
14. Februar 2008 auf den Rekurs vom 20. August 2007 nicht ein, weil sie nicht
zuständig sei, die umstrittene doppelbesteuerungsrechtliche Frage zwischen den
Kantonen Luzern, Zürich und Waadt zu prüfen. In Bezug auf die Veranlagung im
Kanton St. Gallen sei die Rekurrentin nicht beschwert. Zudem sei fraglich, ob
sie über die vom Kompetenzkonflikt nicht betroffene sanktgallische Veranlagung
die rechtskräftigen Veranlagungen der anderen Kantone der materiellen Prüfung
der Doppelbesteuerungsfrage durch das Bundesgericht zuführen könne.

D.
Gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen vom
14. Februar 2008 führte die X.________ Holding AG Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses bestätigte den
Nichteintretensentscheid und wies die Beschwerde ab (Urteil vom 19. August
2008).

E.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. August
2008 führt die X.________ Holding AG am 23. September 2008 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Die Beschwerde richtet sich auch gegen
die Steuerverwaltung des Kantons Luzern (jetzt Dienststelle Steuern des Kantons
Luzern) und die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich. Die
Beschwerdeführerin beantragt, die Kommission für die Grundsteuern der Stadt
Zürich sei anzuweisen, die Veranlagung unter Vermeidung eines
Ausscheidungsverlusts neu vorzunehmen und die zuviel bezogenen Steuern
zurückzuerstatten. Soweit notwendig sei auch die Steuerverwaltung des Kantons
Luzern anzuweisen, ihre Veranlagungsverfügung und Steuerausscheidung vom 24.
Februar 2005 zu korrigieren. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des
Schlechterstellungsverbots (Art. 127 Abs. 3 BV), des Grundsatzes der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV)
sowie von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3, Art. 9 BV).
Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit sie sich gegen sein Urteil richte. Die Steuerverwaltung des
Kantons St. Gallen verzichtete auf eine Vernehmlassung. Das Steueramt der Stadt
Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Kantonale Steueramt Zürich
beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Dienststelle Steuern des
Kantons Luzern verzichtete auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Art. 127 Abs. 3 Satz 1 BV untersagt die interkantonale Doppelbesteuerung. Nach
der Rechtsprechung (BGE 134 I 303 E. 2.1; 133 I 19 E. 2.1, 308 E. 2.1; 132 I 29
E. 2.1; 130 I 205 E. 4.1) liegt eine interkantonale Doppelbesteuerung vor, wenn
eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche
Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle
Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden
Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die
einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein
Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker
belasten, weil sie nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht,
sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen
Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot).

2.
Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) oberer
kantonaler Gerichte (Art. 86 Abs. 2 BGG) kann wegen interkantonaler
Doppelbesteuerung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ergriffen werden (Art. 82 lit. a BGG). Erforderlich ist mithin die Erschöpfung
des kantonalen Instanzenzuges. Ist der Instanzenzug durchlaufen, kann in die
Beschwerde wegen interkantonaler Doppelbesteuerung innert der Beschwerdefrist
von dreissig Tagen (Art. 100 Abs. 1 BGG) auch noch die konkurrierende
Veranlagung eines anderen Kantons (oder mehrerer anderer Kantone) mit
einbezogen werden, und zwar auch dann, wenn diese Veranlagung bereits
rechtskräftig ist. Art. 100 Abs. 5 BGG bestimmt denn auch, dass bei Beschwerden
wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte die Beschwerdefrist "spätestens dann
zu laufen (beginnt), wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind,
gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann".

3.
Während das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16.
Dezember 1943 (OG) mit den seitherigen Änderungen noch eine Ausnahme vom
Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges bei Beschwerden auf
dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung vorsah (Art. 86 Abs. 2 OG),
lässt das BGG keine derartige Ausnahme mehr zu (BGE 133 I 300 E. 2.3 S. 305 f.,
308 E. 2.3 S. 312). Immerhin ist der mehrfach Besteuerte - entgegen dem nicht
ganz klaren Wortlaut des Art. 100 Abs. 5 BGG - nicht verpflichtet, in jedem
Kanton den Instanzenzug zu durchlaufen. Es genügt, wenn er das in demjenigen
Kanton tut, dessen Entscheid er schliesslich beim Bundesgericht anfechten will,
wie bereits die Botschaft vorsah und das Bundesgericht unter der Geltung des
BGG bestätigte (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28.
Februar 2001, BBl 2001 S. 4326 ad Art. 80, und dazu BGE 133 I 300 E. 2.4 S.
306, 308 E. 2.4 S. 313).
Nach wie vor ist es auch möglich, eine unzulässige interkantonale
Doppelbesteuerung sofort geltend zu machen, ohne dass bereits ein zweiter
Kanton entschieden hat (virtuelle Doppelbesteuerung). Art. 100 Abs. 5 BGG,
wonach die Beschwerdefrist spätestens (au plus tard) zu laufen beginnt, wenn in
beiden Kantonen Verfügungen getroffen worden sind, bringt das besser zum
Ausdruck als früher Art. 89 Abs. 3 OG, wonach bei Beschwerden wegen
interkantonaler Kompetenzkonflikte die Frist erst (seulement après) zu laufen
begann, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden waren (BGE 133 I
308 E. 2.3 i.f. S. 312).
Abgesehen davon, dass die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges zur
Anfechtung mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nunmehr
vorgeschrieben ist, hat das neue Recht indessen keine Änderung gebracht und
behält die bisherige Rechtsprechung ihre Bedeutung bei.

4.
4.1 Die Beschwerde nach Art. 127 Abs. 3 BV kann somit auch noch an den
Entscheid des zuletzt verfügenden Kantons, der eine Kollision erkennen lässt,
angeschlossen werden. Das kann nach einer schon älteren und wiederholt
bestätigten Rechtsprechung auch ein Nichteintretensentscheid sein, sofern die
Behörde die Doppelbesteuerungsfrage materiell entschieden hat oder hätte
entscheiden müssen. Es kommt daher nicht auf die Form oder Bezeichnung, sondern
auf den materiellen Gehalt des angefochtenen Entscheides an (BGE 72 I 75 E. 1
S. 80; 48 I 349 E. 1 S. 360; Urteil P.1236/1981 vom 15. Oktober 1982 E. 1a, c,
in: ASA 53 S. 292; s. auch Urteil P.1270/1980 vom 25. Mai 1984 E. 2b, in: ASA
56 S. 144; Urteil 2P.212/2004 E. 2.2, in: StR 60/2005 S. 113; zum Ganzen:
Locher/Locher, Interkantonale Doppelbesteuerung, § 12, III A, 2 Nr. 3, 28, 32).

4.2 Im Hinblick auf die bundesrechtlich vorgeschriebene Erschöpfung des
kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) erkannte das
Bundesgericht zudem, dass in Doppelbesteuerungssachen der Weiterzug in einem
Kanton möglich sein muss, auch wenn der mehrfach Besteuerte den
Besteuerungsanspruch dieses Kantons anerkennen will. Es handelt sich um das
bereits vorn im Sachverhalt, Abschnitt C, erwähnte Urteil in Sachen der
Beschwerdeführerin (Urteil 2C_502/2007 vom 20. September 2007, E. 2.4 in fine).
Auch in einem solchen Fall ist aber erforderlich, dass im betreffenden Kanton
sich die Doppelbesteuerungsfrage tatsächlich stellt. Mit der Beschwerde gegen
einen Entscheid ohne doppelbesteuerungsrechtlichen Bezug konnte schon bisher
der bereits rechtskräftige Entscheid eines anderen Kantons wegen
Doppelbesteuerung nicht mehr angefochten werden. Das kam in der Rechtsprechung
in der Formulierung zum Ausdruck, dass die Beschwerde wegen Doppelbesteuerung
auch im Anschluss an die Geltendmachung "des zweiten der einander allenfalls
ausschliessenden Steueransprüche" ("de la dernière prétention fiscale, qui,
selon le recourant, constitue une double imposition") geführt werden kann (BGE
115 Ia 73 E. 2a S. 74; 114 Ia 317 E. 2a S. 318; 111 Ia 44 E. 1a S. 45; 104 Ia
256 E. 1 S. 257; 98 Ia 86 E. 1 S. 89; Urteil 2P.289/2000 vom 8. Januar 2002,
in: ASA 71 S. 416 E. 1a). An dieser Rechtsprechung ist auch unter der neuen
Verfahrensordnung des BGG festzuhalten.

5.
Die vorliegende Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde im
Anschluss an den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
erhoben. Die Beschwerdeführerin wirft diesem Kanton nicht vor, er habe seine
Steuerhoheit überschritten. Es steht ausser Frage, dass im Kanton St. Gallen
weder eine aktuelle noch eine virtuelle Doppelbesteuerung vorliegt und auch das
Schlechterstellungsverbot nicht berührt ist. Der Kanton St. Gallen hat vielmehr
entsprechend der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichts in dieser Frage (BGE
131 I 249; 132 I 220) den Gesamtverlust der Unternehmung soweit möglich mit den
Liegenschaftsgewinnen auf den Betriebsliegenschaften im Kanton St. Gallen
verrechnet und die Beschwerdeführerin mit einem Reingewinn von null und einem
steuerbaren Eigenkapital von Fr. 1'303'000.-- veranlagt. Es war denn auch im
gesamten Verfahren der Verwaltungsrekurskommission und des Verwaltungsgerichts
nie die Rede davon, dass die Veranlagung des Kantons St. Gallen falsch sein
oder eine Doppelbesteuerung bewirken könnte.
Die Beschwerdeführerin focht den Entscheid des sanktgallischen
Verwaltungsgerichts vielmehr deshalb an, weil sie über die Anfechtung dieses
Entscheids mit Doppelbesteuerungsbeschwerde eine erneute Prüfung der bereits
rechtskräftigen Veranlagungen, insbesondere im Kanton Zürich, zu erreichen
hoffte. Das ist zwar verständlich. Die Beschwerdeführerin hatte aufgrund der
damaligen Rechtslage und Praxis keinen Anlass, die
Grundstückgewinnsteuerveranlagung der Stadt Zürich in Frage zu stellen und
anzufechten. Sogenannte Ausscheidungsverluste, die sich bei einer
interkantonalen Unternehmung daraus ergaben, dass dem Kanton der gelegenen
Sache der Wertzuwachs auf Liegenschaften ohne Rücksicht auf den Gesamtverlust
der Unternehmung zur ausschliesslichen Besteuerung zustand (vgl. die Nachweise
in BGE 131 I 249 E. 6.2 S. 260 f. und 132 I 220 E. 4.1 S. 224), waren
hinzunehmen. Erst mit BGE 131 I 249 E. 6.3 S. 261 und 132 I 220 E. 5 S. 227
änderte das Bundesgericht diese Praxis und verpflichtete den Kanton, einen
allfälligen Geschäftsverlust an den Grundstückgewinn anzurechnen. Diese neue
Praxis war im Zeitpunkt der Luzerner und der Zürcher Veranlagung (17. bzw. 24.
Februar 2005) noch nicht allgemein bekannt.
Dennoch berechtigt diese Interessenlage nicht zur Anfechtung der St. Galler
Veranlagung mit Beschwerde nach Art. 127 Abs. 3 BV. Die Steuerverwaltung des
Kantons St. Gallen nahm im Einspracheverfahren aufgrund der neuen Praxis eine
Berichtigung der Veranlagung vor, indem sie den Gesamtbetriebsverlust auf den
Liegenschaftsgewinn im Kanton St. Gallen anrechnete. Im Rekurs- und
Beschwerdeverfahren vor den kantonalen Instanzen war die Veranlagung nicht mehr
umstritten. Es gibt keine Doppelbesteuerungsfrage, die der Kanton St. Gallen
hätte behandeln oder anders behandeln müssen. Es ist daher nicht möglich, durch
Anfechtung der sanktgallischen Veranlagung den Kompetenzkonflikt zwischen den
übrigen Kantonen der materiellen Prüfung durch das Bundesgericht zuzuführen.
Darauf hat bereits die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen in
ihrem Entscheid zu Recht hingewiesen.

6.
Der Vertrauensgrundsatz (Art. 5 Abs. 3, Art. 9 BV) ist nicht verletzt. Eine
Änderung der Praxis entfaltet nur Wirkung für die Zukunft. In Bezug auf die
noch nicht rechtskräftige Veranlagung im Kanton St. Gallen fand die neue Praxis
unmittelbar Anwendung. Im Kanton St. Gallen profitierte die Beschwerdeführerin
somit von der neuen Praxis.
Dass mit der Rückweisung der Sache durch das Bundesgericht an die
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Urteil 2C_502/2007 vom 20.
September 2007) die Beschwerdeführerin in den Glauben versetzt wurde, der
Kanton St. Gallen müsse sich mit der Doppelbesteuerungsfrage materiell
befassen, erklärt sich aus der besonderen Situation. Das Bundesgericht hatte
damals nur zu prüfen, ob mit Blick auf Art. 86 BGG der kantonale Instanzenzug
erschöpft und die Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zulässig sei. Da dies
nicht der Fall war und die Beschwerdeführerin im Kanton St. Gallen bereits
Rekurs erhoben hatte, lag es nahe, die Beschwerde zur weiteren Behandlung an
die Verwaltungsrekurskommission zu überweisen. Dazu kommt, dass die
Beschwerdeführerin in ihrer damaligen Beschwerde an das Bundesgericht nicht
darauf hinwies, dass sie durch den Einspracheentscheid des Steueramtes des
Kantons St. Gallen nicht mehr beschwert war. Sie äusserte sich nur sehr
allgemein, dass sie "hauptsächlich" durch die Veranlagungen der Kantone Zürich
und Luzern betroffen sei. Die Beschwerdeführerin hat es sich somit selbst
zuzuschreiben, dass das Bundesgericht der Meinung war, es müsse vorab der
Instanzenzug im Kanton St. Gallen ausgeschöpft werden.

7.
Die Beschwerdeführerin wirft der Kommission für die Grundsteuern der Stadt
Zürich mit der vorliegenden Beschwerde vor, sich treuwidrig verhalten zu haben,
weil sie einen Kapitalgewinn veranlagte, obschon sie "mit gleichen oder
ähnlichen Fällen" vor Bundesgericht involviert gewesen sei und sich eine
Praxisänderung abzeichnete.
Wie es sich damit verhält, ist hier nicht zu beurteilen. Es handelt sich um
eine aus Art. 5 Abs. 3 und 9 BV (Treu und Glauben) abgeleitete Rüge, für welche
die Beschwerdefrist von 30 Tagen gegenüber dem angefochtenen Entscheid
eingehalten und der Instanzenzug erschöpft sein muss. Die Rechtsprechung,
wonach in die Beschwerde wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots (Art.
46 Abs. 2 aBV, Art. 127 Abs. 3 BV) auch die Rüge wegen Verletzung des
Willkürverbots (Art. 4 aBV, Art. 9 BV) oder anderer Verfassungsrechte mit
einbezogen werden kann, wenn diese keine selbständige Bedeutung hat, sondern
lediglich der Begründung der Doppelbesteuerungsbeschwerde dient (BGE 83 I 100
E. 1a S. 105; Urteil P.1270/1980 vom 25. Mai 1984 E. 1, in: ASA 56 S. 144;
Locher/Locher, § 12, III B, 2 Nr. 23, 36, 44), findet vorliegend keine
Anwendung, nachdem auf die Doppelbesteuerungsbeschwerde nicht eingetreten
werden kann.
Das trifft auch auf die weitere Rüge zu, der Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach Art. 127 Abs. 2 BV sei verletzt, die
sich gegen die Veranlagung der Stadt Zürich richtet.

8.
Auf die Beschwerde kann nach dem Gesagten nicht eingetreten werden. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Anspruch auf
Parteientschädigung besteht nicht (Art. 68 Abs. 2 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Mai 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Wyssmann