Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.675/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_675/2008

Urteil vom 30. September 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokatin Ursula Metzger Junco,

gegen

Bundesamt für Migration.

Gegenstand
Verweigerung der Zustimmung zur Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom
14. Juli 2008.

Erwägungen:

1.
X.________, geboren 1973, ist tunesischer Staatsangehöriger. Am 3. März 2002
heiratete er eine Schweizer Bürgerin. Er reiste am 4. Mai 2002 in die Schweiz
ein und erhielt im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung im
Kanton Basel-Landschaft; diese wurde letztmals bis zum 3. Mai 2006 verlängert.
Das kinderlos gebliebene Ehepaar trennte sich im August 2004;
eheschutzrichterlich wurde das Getrenntleben am 14. Dezember 2004 genehmigt. Am
19. Juni 2006 unterbreitete die kantonale Migrationsbehörde dem Bundesamt für
Migration die Frage einer weiteren Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von
X.________ zur Zustimmung. Mit Verfügung vom 11. August 2006 verweigerte das
Bundesamt die Zustimmung und ordnete die Wegweisung an. Das
Bundesverwaltungsgericht wies die seinerzeit noch beim Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartement eingereichte Beschwerde am 14. Juli 2008 ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. September 2008
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben, es sei dem Antrag des Kantons
Basel-Landschaft auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zuzustimmen und
dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, eventualiter
gestützt auf Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung [BVO]) zu erteilen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2.
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist auf dem Gebiet
des Ausländerrechts gemäss Art. 83 lit. c BGG unzulässig gegen Entscheide
betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht
einen Anspruch einräumt (Ziff. 2), und betreffend Wegweisung (Ziff. 4). Das
angefochtene Urteil betrifft die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers
(bzw. die Zustimmung dazu) und die Wegweisung. Die Beschwerde ist bloss
hinsichtlich der Bewilligung und allein insofern zulässig, als der
Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch darauf hat.
2.1.1 Wie es sich mit dem Bestehen eines auf Bundesrecht gestützten
Bewilligungsanspruchs verhält, beurteilt sich hier gemäss Art. 126 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer
(AuG; SR 142.20 bzw. AS 2007 5437) noch nach dem Bundesgesetz vom 26. Mai 1931
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) und den
Ausführungsbestimmungen hierzu.
2.1.2 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines
Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Hat die Ehe des Ausländers mehr als fünf Jahre gedauert
und hielt er sich in dieser Zeit ununterbrochen in der Schweiz auf, so besteht
gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG Anspruch auf Erteilung der
Niederlassungsbewilligung. Für die Annahme eines solchen Anspruchs auf
Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung genügt schon der formelle Bestand
der Ehe (BGE 128 II 145 E. 1.1.4 S. 149; 122 II 145 E. 3a und 3b S. 146 ff.;
121 II 97 E. 4c S. 104 f.); ob Gründe für die Nichtverlängerung der
Aufenthalts- bzw. für die Verweigerung der Niederlassungsbewilligung vorliegen,
ist nicht als Eintretensfrage zu prüfen, sondern bildet Gegenstand der
materiellen Prüfung (BGE 128 II 145 E. 1.1.2 - 1.1.5 S. 148 f.).
Der Beschwerdeführer ist seit März 2002 mit einer Schweizerin verheiratet und
lebt seit Mai 2002 ununterbrochen in der Schweiz; insofern greift der
Unzulässigkeitsgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG nicht, und die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht offen.
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG besteht kein Bewilligungsanspruch im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechts- oder Scheinehe).
Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann
sich die Berufung auf die gesetzliche Anspruchsnorm als rechtsmissbräuchlich
erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt
Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur noch
formell besteht, weil entweder ihm selber jeglicher Wille zum Führen der
ehelichen Gemeinschaft fehlt oder weil, für ihn erkennbar, keine ernsthafte
Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer
Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehepartner mehr besteht, wobei es
auf die Ursachen der Trennung nicht ankommt. Das durch die Rechtsordnung
vorgesehene Anwesenheitsrecht kann nicht völlig unabhängig vom Bestand einer
ehelichen Beziehung beansprucht werden (vgl. BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128
II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen); eine bei
objektiver Betrachtung als gescheitert erscheinende Ehe fällt als Grundlage für
einen Bewilligungsanspruch nach Art. 7 ANAG ausser Betracht. Da der mit einem
Schweizer Bürger verheiratete Ausländer nach einem ordnungsgemässen und
ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren einen Anspruch auf die
Niederlassungsbewilligung erwirbt, kann der Bewilligungsanspruch nur dann wegen
Rechtsmissbrauch erlöschen, wenn die Voraussetzungen hierfür sich vor Ablauf
der massgeblichen fünf Jahre verwirklicht haben.
2.2.2 Die Vorinstanz ist von diesen in der Rechtsprechung entwickelten
Kriterien ausgegangen (E. 4.1.1). In tatsächlicher Hinsicht hat sie Folgendes
festgehalten: Die Eheleute trennten sich im Sommer 2004 und unterhielten noch
bis zum Februar 2005 Beziehungen; die Kontakte kühlten anschliessend ab und
brachen sodann ganz ab; die Ehefrau, die die Scheidung anstrebt, sah die Ehe
schon bald als definitiv gescheitert an; trotz seines Widerstandes gegen eine
Scheidung schätzte der Beschwerdeführer selber die Lage - spätestens - Mitte
2006 ebenso ein. Diese Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG); sie werden nicht
bestritten und schon gar nicht als offensichtlich unrichtig oder als durch eine
Rechtsverletzung zustande gekommen gerügt (vgl. Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97
Abs. 1 BGG). Vielmehr beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, geltend zu
machen, es komme nicht darauf an, ob die Ehe tatsächlich noch gelebt werde,
allein ausschlaggebend sei, ob die Ehe formell noch bestehe. Dass dem nicht so
ist, ergibt sich aus dem Vorstehenden (E. 2.2.1).
Bei der geschilderten Sachlage hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass die
eheliche Lebensgemeinschaft definitiv gescheitert war, lange bevor die Ehe fünf
Jahre gedauert hatte und dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2
ANAG ein vom Zustand der Ehe unabhängiger Anspruch auf Niederlassungs- oder
auch nur Aufenthaltsbewilligung hätte erwachsen können. Damit entfällt für ihn
die Möglichkeit, sich im vorliegenden Zustimmungsverfahren auf Art. 7 ANAG zu
berufen. Dass eine Berufung auf eine nicht mehr gelebte Ehe unter dem
Gesichtswinkel von Art. 8 EMRK ausser Betracht fällt, bedarf keiner näheren
Erläuterung (vgl. BGE 129 II 193 E. 5.3.1 S. 211; 127 II 60 E. 1d/aa S. 64).
Die Beschwerde erweist sich, soweit ein Bewilligungsanspruch gestützt auf die
Ehe des Beschwerdeführers mit einer Schweizer Bürgerin geltend gemacht wird,
als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

2.3 Wie die Vorinstanz dargelegt hat (E. 4.2.2 des angefochtenen Urteils), sind
im Falle des (im Alter von 29 Jahren in die Schweiz eingereisten)
Beschwerdeführers die strengen Anforderungen nicht erfüllt, damit er sich im
ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren insofern anspruchsbegründend auf
Art. 8 EMRK berufen könnte, als diese Konventionsnorm den Schutz des
Privatlebens garantiert (vgl. BGE 130 II E. 3.2.1 S. 286 f. mit Hinweisen).
Ferner ergeben sich aus den Bestimmungen der Begrenzungsverordnung, deren
Anwendung die Vorinstanz geprüft hat, keine Bewilligungsansprüche (BGE 130 II
281 E. 2.2 S. 284 mit Hinweisen; s. zudem Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG). Gebricht
es dem Beschwerdeführer in jeder Hinsicht an einem Rechtsanspruch auf
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, war darüber bzw. über die Zustimmung
dazu nach freiem Ermessen zu entscheiden (Art. 4 ANAG). Hinsichtlich des vom
Bundesverwaltungsgericht überprüften Ermessensentscheids ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG
unzulässig. Ebenso wenig steht sie hinsichtlich der Erwägungen der Vorinstanz
zur Rechtmässigkeit der Wegweisung (E. 8 des angefochtenen Urteils) offen (Art.
83 lit. c Ziff. 4 BGG).

2.4 Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, ist sie im vereinfachten
Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen. Mit diesem Endurteil wird das Gesuch
um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.5 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

1.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. September 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller