Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.668/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_668/2008

Urteil vom 9. April 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Dr. Helena Hess,

gegen

Kantonale Steuerverwaltung des Kantons Freiburg, Rue Joseph-Piller 13, 1700
Freiburg,

Gegenstand
Grundstückgewinnsteuer (Nichtigkeit einer Veranlagungsverfügung;
Wiedererwägung; Revision),

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg,
Steuergerichtshof, vom 4. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Kaufvertrag vom 3. Dezember 2003 erwarb X.________ die Liegenschaft
Grundbuch Dorf A.________, Art. 000, von Y.________ zum Preis von Fr.
517'288.--. Im Kaufvertrag verpflichtete sich der Erwerber, zusätzlich zum
vereinbarten Kaufpreis die der Verkäuferin erwachsende allfällige
Grundstückgewinnsteuer zu übernehmen.

Das Formular Steuererklärung für die Grundstückgewinnsteuer wurde zunächst
Y.________ zugestellt. In der Folge kam es zu einem umfangreichen
Schriftenwechsel zwischen X.________ und der kantonalen Steuerverwaltung.
Schliesslich wurde X.________ (als vertraglicher Steuerschuldner) aufgefordert,
die vollständig ausgefüllte Steuererklärung einzureichen. Mit Veranlagung vom
7. Oktober 2004 wurde der Grundstückgewinn auf Fr. 147'288.-- festgelegt. Für
die Anlagekosten ging die Veranlagungsbehörde mangels genauer Angaben vom
Steuerwert (Fr. 370'000.--) als Ersatzwert im Sinne von Art. 48 Abs. 3 des
Gesetzes vom 6. Juni 2000 über die direkten Kantonssteuern (DStG) aus. Diese
Veranlagung wurde "Frau Y.________ p.A. Herrn X.________" eröffnet.

Eine Beschwerde von X.________ gegen diese Veranlagung wies das Kantonsgericht
(Steuergerichtshof) des Kantons Freiburg mit Urteil vom 16. Dezember 2005 ab,
soweit es darauf eintrat. In der Folge bezahlte X.________ den Steuerbetrag von
Fr. 17'543.30.
A.b Am 20. Dezember 2007 liess X.________ durch seine Rechtsanwältin ein Gesuch
um Wiedererwägung bzw. Revision der Grundstückgewinnsteuer-Verfügung vom 7.
Oktober 2004 stellen. Zugleich ersuchte er um Steuererlass. Er machte u.a.
geltend, er sei im Besitz neuer Unterlagen zu den Anlagekosten. Die kantonale
Steuerverwaltung nahm das Gesuch um Wiedererwägung als Revisionsgesuch
entgegen. Es gab diesem nicht statt, da keine neuen Tatsachen oder Beweismittel
gegeben seien. Eine Einsprache wurde mit Entscheid vom 22. Februar 2008
abgewiesen.

B.
Mit Urteil vom 4. Juli 2008 wies der Steuergerichtshof des Kantonsgerichts
Freiburg die Beschwerde ab, soweit er darauf eintrat.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________,
es sei der Entscheid des Steuergerichtshofs des Kantonsgerichts Freiburg
aufzuheben und es sei festzustellen, dass er nicht Steuersubjekt sei "und somit
sämtliche auf dieser Tatsache basierenden Verfügungen und Entscheide betreffend
Grundstückgewinnsteuer nichtig sind".

Die kantonalen Instanzen beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichtete auf
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1
BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht worden. Sie richtet sich gegen einen
von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten
Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art.
82 lit. a BGG). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die
Vorinstanz betrachtete den Beschwerdeführer als (vertraglichen) Schuldner der
Grundstückgewinnsteuer, der die Steuer auch bezahlt hat, stillschweigend als
beschwert und zur Beschwerde legitimiert. Insofern ist auch das schutzwürdige
Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheides im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG zu bejahen.

1.1 Mit der Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden
(Art. 95 lit. a BGG). Gemäss Art. 106 Abs. 1 BGG wendet das Bundesgericht das
Recht von Amtes wegen an. Soweit sich die Besteuerung nach kantonalem Recht
richtet, prüft es dessen Anwendung nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel
des verfassungsmässigen Willkürverbots (Art. 9 BV). Hierfür gilt die
qualifizierte Rügepflicht nach Art. 106 Abs. 2 BGG; das heisst, das
Bundesgericht prüft die Anwendung des kantonalen Rechts unter dem
Gesichtswinkel der verfassungsmässigen Rechte nur insoweit, als eine
entsprechende Rüge erhoben worden ist. Die Feststellung des Sachverhalts kann
nur gerügt werden, wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht.

2.
Der Beschwerdeführer legt dar, dass er nicht Steuersubjekt der streitigen
Grundstückgewinnsteuer sei, und macht Nichtigkeit des angefochtenen Entscheides
sowie sämtlicher "auf dieser Tatsache basierenden Verfügungen und Entscheide
betreffend Grundstückgewinnsteuer" geltend.

2.1 Nach der Rechtsprechung ist eine Verfügung nichtig, wenn der ihr anhaftende
Mangel besonders schwer wiegt und offensichtlich oder zumindest leicht
erkennbar ist. Voraussetzung ist, dass die Rechtssicherheit durch die Annahme
der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgründe kommen
namentlich die funktionelle oder sachliche Unzuständigkeit der verfügenden
Behörde sowie schwer wiegende Verfahrensfehler in Betracht. Die Nichtigkeit von
Verfügungen ist durch jede Behörde, die mit der Sache befasst ist, jederzeit
und von Amtes wegen zu beachten (BGE 132 II 342 E. 2.1 mit Hinweisen).

2.2 Die Steuerpflicht ist eine gesetzliche und kann durch Parteivereinbarung
nicht abgeändert werden. Steuerschuldner der Grundstückgewinnsteuer ist gemäss
Art. 44 Abs. 1 DStG der Veräusserer. Nach einzelnen kantonalen
Grundstückgewinnsteuergesetzen (vgl. etwa § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die
Grundstückgewinnsteuer des Kantons Luzern vom 31. Oktober 1961, GGStG/LU) kann
zwar auch der Erweber sich vertraglich verpflichten, die Grundstückgewinnsteuer
zu vergüten, und wird damit einsprache- und beschwerdeberechtigt (§ 28 und 47
GGStG/LU). Das wird allerdings nur als Einräumung der prozessualen Stellung
eines Hauptintervenienten verstanden, welche das gesetzliche Steuerverhältnis
und namentlich die Steuerpflicht nicht berührt. Die Schuldübernahme durch den
Erwerber (oder eine Drittperson) begründet insbesondere kein Forderungsrecht
des steuererkennenden Gemeinwesens gegenüber dem Erwerber, sondern lediglich
einen privatrechtlichen Anspruch des Veräusserers auf Ersatz der Steuer (LGVE
1979 II Nr. 24 E. 1; s. auch Richner/Frei/Kaufmann/ Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N. 6 zu § 211, N. 11 zu §
217).

2.3 Vorliegend haben die kantonalen Steuerbehörden den Beschwerdeführer nicht
als Steuersubjekt behandelt. Die kantonale Steuerverwaltung hat aufgrund der
vorangegangenen umfangreichen Korrespondenz mit dem Beschwerdeführer ihm
lediglich die an die Verkäuferin gerichtete Veranlagungsverfügung vom 7.
Oktober 2004 zugestellt ("Y.________ p.A. Herrn X.________"). Sie hat ihn somit
als Vertreter der Verkäuferin und allenfalls als vertraglichen Steuerschuldner
behandelt, was aber den tatsächlichen Verhältnissen entsprach. Zwar wurde in
der Folge der Einspracheentscheid vom 4. Februar 2005 gegenüber dem
Beschwerdeführer persönlich eröffnet (ohne Hinweis auf das
Vertretungsverhältnis). Im Urteil vom 16. Dezember 2005 (E. 3) stellte das
Verwaltungsgericht (Steuergerichtshof) die Sachlage indessen wieder richtig,
indem es ausdrücklich darauf hinwies, dass die Verkäuferin steuerpflichtig sei
und der heutige Beschwerdeführer lediglich als ihr Vertreter handle. Inwiefern
die Veranlagungsverfügung und die weiter ergangenen Entscheide nichtig sein
könnten, ist unter diesen Umständen nicht zu sehen.

3.
Hinsichtlich der Anlagekosten ergibt sich Folgendes:

In der Veranlagungsverfügung ging die Veranlagungsbehörde mangels genauerer
Angaben gemäss Art. 48 Abs. 3 DStG vom Steuerwert (Fr. 370'000.--) als
Ersatzwert für die Anlagekosten aus. Diese Vorschrift lautet:
"Art. 48 c) Anlagekosten Erwerbspreis

(...)

3 Liegt der Erwerb mehr als 15 Jahre zurück, kann die steuerpflichtige Person
als Anlagekosten (Erwerbspreis erhöht um die Aufwendungen) den wenigstens 4
Jahre vor der Veräusserung bestimmten Steuerwert geltend machen. In diesem Fall
werden die Aufwendungen der letzten vier Jahre berücksichtigt. Vorbehalten
bleibt die Berücksichtigung des wieder angelegten Gewinnes."
Wie die Vorinstanz bereits in ihrem Urteil aus dem Jahre 2005 (S. 9 f.) erwogen
hat, war das mit der Beschwerde eingereichte Schätzungsprotokoll der
Schätzungskommission der kantonalen Gebäudeversicherung vom 6. Februar 2002
(Versicherungswert Fr. 655'000.--) in der Sache unbehelflich. Mit diesem Wert
würden nicht die effektiv seit 1978 entstandenen Anlagekosten bewiesen, sondern
die jeweils aktuellen Kosten für einen Wiederaufbau des Gebäudes im
Schadensfall. Keinen genügenden Beweiswert habe auch die vom Beschwerdeführer
verfasste "Bewertung nach meinen Erfahrungen & Berechnungen", wo dieser mit
einem Kubikmeterpreis von Fr. 500.-- und einem Landpreis von Fr. 53.-- einen
Gesamtwert von Fr. 579'000.-- ermittelt habe. Die eingereichte
Bankkorrespondenz aus den Jahren 1994, 1998 und 2002 vermöge ebenfalls keinen
rechtgenügenden Beweis für die in den Jahren 1978/79 effektiv bezahlten
Anlagekosten erbringen. Daraus sei lediglich die Höhe der gewährten Hypothek
(Fr. 575'000.--) ersichtlich, nicht jedoch die wahren Anlagekosten, zumal in
jenen Jahren die Banken die Liegenschaften weit über ihrem Wert belehnt hätten.
Im Jahre 2004 habe denn auch die Bank die Rückzahlung der Hypothek verlangt,
soweit sie den Betrag von Fr. 400'000.-- übersteige. Da der damalige Bauherr
(Z.________) zugleich Architekt gewesen sei, sei zudem nicht auszuschliessen,
dass es beim Bau zu Eigenleistungen, Gegengeschäften, Sonderrabatten u.dgl.
gekommen sei, was ebenfalls berücksichtigt werden müsste. Mit dieser Begründung
hat die Vorinstanz im Jahre 2005 die Veranlagung mit dem Steuerwert (Fr.
370'000.--) als Ersatzwert gemäss Art. 48 Abs. 3 DStG bestätigt.

Mit seinem Revisionsgesuch reichte der Beschwerdeführer namentlich ein
Protokoll der Schätzungskommission der kantonalen Gebäudeversicherung vom 8.
November 1978 mit einem Wert von Fr. 261'610.-- sowie eine
Versicherungsbestätigung vom 23. Januar 2002 (Versicherungswert Fr. 653'000.--)
ein. Er rekonstruiert daraus einen Wert der Anlagekosten von Fr. 598'500.--
(Mittelwert). Dabei handelt es sich um einen hypothetischen Wert, der aber
nicht besser abgestützt wäre als der als massgebend erachtete. Die Vorinstanz
durfte daher ohne in Willkür zu verfallen die neuen Unterlagen als nicht
entscheidwesentlich betrachten.

4.
Das führt zur Abweisung der Beschwerde. Die Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 65, 66 Abs. 1 BGG). Anspruch auf eine
Parteientschädigung besteht nicht (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg
(Steuergerichtshof) und der Eidgenössische Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. April 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Wyssmann