Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.632/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_632/2008

Urteil vom 11. September 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch, Gotthardstrasse 21, 8002 Zürich,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich.

Gegenstand
Ausweisung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Kammer, vom 25. Juni 2008.

Erwägungen:

1.
X.________, geboren 1973, ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er reiste am 15.
August 1996 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Nach dessen
definitiver Abweisung (16. Juli 1997) tauchte er unter. Am 8. Februar 1999
heiratete er in Lagos eine Schweizer Bürgerin und am 16. Mai 1999 reiste er zu
ihr in die Schweiz ein; er erhielt gestützt auf Art. 7 ANAG eine
Aufenthaltsbewilligung. Das Ehepaar hat eine am 20. Juni 2001 geborene Tochter,
E.________. Die Eheleute leben getrennt und die Ehefrau strebt die Scheidung
an.
X.________ wurde am 13. März 1997, während der Hängigkeit des Asylverfahrens,
ein erstes Mal wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz mit zwei
Monaten Gefängnis bedingt bestraft. Mit Urteil vom 10. Januar 2003 bestätigte
das Obergericht des Kantons Zürich eine vom Bezirksgericht Zürich am 18.
September 2002 unter anderem wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz ausgesprochene Gefängnisstrafe von 15 Monaten bedingt.
Am 13. Dezember 2006 sodann verurteilte das Bezirksgericht Zürich X.________
wegen weiterer Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer
Zuchthausstrafe von 24 Monaten sowie einer Busse von Fr. 30'000.--.
Am 19. Dezember 2007 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich X.________ für
die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich wies die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde am 25. Juni
2008 ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. September 2008
beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Verwaltungsgerichts
sei aufzuheben und es sei ihm weiterhin der Aufenthalt in der Schweiz
zuzugestehen bzw. ihm die Niederlassungsbewilligung "zu verlängern" und von
einer Wegweisung aus der Schweiz abzusehen; eventualiter sei er auf den Status
des Aufenthaltsberechtigten zurückzustufen, mithin sei ihm eine
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen; subeventualiter sei die Wegweisung auf eine
Dauer von drei Jahren zu beschränken.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2.
2.1 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20 bzw. AS 2007 5437) in Kraft
getreten. Massgebend für die Überprüfung der vorliegend streitigen, am 19.
Dezember 2007 verfügten Ausweisung ist in analoger Anwendung von Art. 126 Abs.
1 AuG noch das bisherige Recht, nämlich das Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG), wie das Verwaltungsgericht
zutreffend dargelegt hat (E. 1.2 des angefochtenen Entscheids).

2.2 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz
ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich
bestraft wurde. Gegen den Beschwerdeführer sind drei Straferkenntnisse
ergangen, wobei gegen ihn Freiheitsstrafen von einer gesamten Dauer von drei
Jahren und fünf Monaten verhängt wurden, zuletzt am 13. Dezember 2006 eine
Zuchthausstrafe von 24 Monaten wegen Betäubungsmitteldelikten. Damit liegt
gegen ihn ein Ausweisungsgrund vor. Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3
ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen
erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit, d.h. der
Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) der Ausweisung erklärt
Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum ANAG (ANAV)
namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer
seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden
Nachteile. Da bei der vorzunehmenden Interessenabwägung die persönlichen und
familiären Verhältnisse zu berücksichtigen sind, hält eine im Sinne von Art. 11
Abs. 3 ANAG verhältnismässige Ausweisung grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK
(Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) stand.

2.3 Ausgangspunkt der Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das
Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten
Strafmass seinen Ausdruck (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Da der heute
35jährige Beschwerdeführer erst im Alter von 23 Jahren in die Schweiz gekommen
ist und zuvor in seinem Heimatland gelebt hat, gelten für die Rechtfertigung
der Ausweisung nicht die erhöhten Anforderungen an die Art und Schwere der
Straftaten wie bei Ausländern, die als Kinder bzw. Kleinkinder in die Schweiz
übersiedelt oder gar hier geboren sind (vgl. BGE 122 II 433 E. 2c S. 436 f.).
Ohnehin sind vorliegend gewichtige Betäubungsmitteldelikte im Spiel; bei
solchen Verbrechen darf eine Ausweisung selbst bei sehr langer
Landesanwesenheit ernsthaft in Betracht gezogen werden (ebenda).

2.4 Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die kantonalen Behörden vorerst das
Verschulden des Beschwerdeführers zu Recht als hoch eingestuft. Es kann hierfür
auf E. 3.1 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden, wo die zur letzten
Verurteilung (Zuchthausstrafe von 24 Monaten) führenden Tatumstände beschrieben
sind (vgl. Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG). Besonders hervorzuheben ist dabei, dass
der Beschwerdeführer, unbeeindruckt von früheren Verurteilungen, sich zuletzt
(und erst kürzlich) die schwerste Straftat zuschulden kommen liess (vgl. Urteil
2A.468/2000 vom 16. März 2001 E. 3b). Er vermag nichts vorzubringen, was die
Überlegungen der Vorinstanz zur Schwere des Verschuldens zu relativieren
vermöchte. Das öffentliche Interesse daran, den Beschwerdeführer, der in einem
für die öffentliche Ordnung und Sicherheit besonders sensiblen Bereich
straffällig geworden ist, von der Schweiz fernzuhalten, ist mithin gross; die
Ausweisung erwiese sich bloss dann als unverhältnismässig, wenn ganz besondere,
in seinen persönlichen Verhältnissen gründende Umstände für seinen weiteren
Verbleib im Land sprechen würden. Solche liegen nicht vor.
2.5
Der Beschwerdeführer reiste vor zwölf Jahren als Erwachsener in die Schweiz ein
und konnte vom Sommer 1996 bis Sommer 1997 allein aufgrund eines -
unbegründeten - Asylgesuchs rechtmässig hier verweilen. In der Folge tauchte er
unter und lebte zumindest teilweise in seinem Heimatland, wo er anfangs 1999
seine Ehefrau heiratete. Seine Einreise erfolgte im Mai 1999, und seither bis
zur am 19. Dezember 2007 verfügten Ausweisung hielt er sich während weniger als
neun Jahren und selbst bis heute seit bloss gut neun Jahren ausländerrechtlich
geregelt in der Schweiz auf, wobei er in diesem Zeitraum während 16 Monaten in
Untersuchungs- bzw. Strafhaft weilte. Das Verwaltungsgericht hat ihm weder
beruflich noch gesellschaftlich eine ausgeprägte Integration attestiert, ohne
dass der Beschwerdeführer etwas Massgebliches gegen diese Einschätzung
vorzubringen vermöchte. Dass er sich seit seiner weniger als ein Jahr
zurückliegenden - bedingten - Entlassung aus dem Strafvollzug offenbar wohl
verhalten hat, lässt ebenso wenig den Schluss auf eine entscheidende Besserung
bzw. eine verstärkte Integration zu wie der Umstand, dass er (nachdem er im
Strafverfahren einen Offizialverteidiger hatte) privat einen Rechtsanwalt
beigezogen hat. Dasselbe gilt für die Tatsache, dass er kürzlich eine
Einzelfirma für den Handel mit Autos gegründet hat; ohnehin handelt es sich
dabei bzw. beim diesbezüglichen Handelsregisterauszug vom 25. Juni 2008 um eine
neue Tatsache und um ein neues Beweismittel, welche das Bundesgericht nicht
berücksichtigen kann (Art. 99 Abs. 1 BGG). Umgekehrt ergibt sich aus den für
das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vgl.
Art. 105 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 und 97 Abs. 1 BGG), dass
der Beschwerdeführer durchaus noch Beziehungen zu seinem Heimatland hat und ihm
die dortigen Verhältnisse nicht unvertraut sind. Hierfür wie auch für die Frage
der Integration bzw. bezüglich der Prognose über künftiges Wohlverhalten kann
auf E. 3.2 und 3.4 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden.
Was schliesslich die familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers betrifft,
hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgehalten, dass die Beziehung zur
Ehefrau heute nicht mehr in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fällt und ihr bei
der ausländerrechtlichen Interessenabwägung kein Gewicht mehr zukommt. Im
Rahmen des Möglichen wird hingegen die Beziehung zur Tochter gepflegt. Indessen
vermag diese nicht im engen Familienverband gelebte Beziehung das grosse
öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers nicht
aufzuwiegen. Insbesondere fällt eine mildere Massnahme wie eine blosse
Ausweisungsandrohung, wie sie der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf
Rückstufung auf den Status des Aufenthaltsberechtigten sinngemäss beantragt,
ausser Betracht, nachdem er sich auch durch zwei bedingte Strafen (im zweiten
Fall durch eine Gefängnisstrafe von immerhin 15 Monaten) nicht davon abhalten
liess, in noch gröberer Weise gegen die Rechtsordnung zu verstossen. Soweit
sich der Beschwerdeführer schliesslich auf das Urteil 2A.468/2000 vom 16. März
2001 beruft, kann er daraus angesichts der dort massgeblichen, völlig anderen
(insbesondere persönlichen) Verhältnisse nichts zu seinen Gunsten ableiten.

2.6 Die Ausweisung verletzt im Grundsatz offensichtlich weder Bundesrecht (Art.
10 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 11 Abs. 3 ANAG) noch Völkerrecht (Art.
8 EMRK). Es bleibt noch zu prüfen, ob die Dauer der Ausweisung von zehn Jahren,
wie vom Beschwerdeführer beantragt, auf drei Jahre zu reduzieren sei.
Das Verwaltungsgericht verweist diesbezüglich auf eine konstante Praxis des
Regierungsrats "in derartigen Fällen", von der abzuweichen im vorliegenden Fall
keine Gründe ersichtlich seien. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass er
angesichts der "Endgültigkeit" der Ausweisungsdauer zu lange an der Entwicklung
seiner heute siebenjährigen Tochter nicht partizipieren könne. Entscheidend
ist, dass er auch nach Gründung einer Familie und ohne in einer Notlage zu sein
noch zweimal in schwerwiegender Weise gegen die Betäubungsmittelgesetzgebung
verstossen hat. Er hat damit in Kauf genommen, so oder anders für mehrere Jahre
fern von seiner Tochter (mit welcher er nach Aufgabe der ehelichen Beziehung
zur Ehefrau und der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts ohnehin nicht eine
eigentliche Familiengemeinschaft bildet) leben zu müssen und in jedem Fall
besonders wichtige Etappen ihres Aufwachsens zu verpassen. Angesichts der
Schwere des Verschuldens lässt sich unter dem Gesichtswinkel des
Verhältnismässigkeitsgebots nicht beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch
die Ausweisungsdauer von zehn Jahren bestätigte.

2.7 Die in jeder Hinsicht offensichtlich unbegründete Beschwerde (Art. 109 Abs.
1 lit. a BGG) ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen.
Mit diesem Sachurteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.8 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. September 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller