Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.629/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

2C_629/2008
{T 0/2}

Urteil vom 30. März 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Moser.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Marco Lanter und Cathrine
Jung,

gegen

Gemeinde Churwalden, 7075 Churwalden,
vertreten durch Rechtsanwalt Fridolin Hubert.

Gegenstand
Doppelbesteuerung; Erbschaftssteuer,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 3.
Kammer, vom 4. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Die verwitwete Z.________, geb. 9. Juli 1918, verstarb am 29. November 2003 in
Zumikon/ZH. Bis Ende März 1996 hatte sie zusammen mit ihrer Schwester in einer
dieser gehörenden Liegenschaft in Erlenbach/ZH gewohnt. Nach dem Verkauf dieser
Liegenschaft logierten die beiden Schwestern im Hotel A.________ in Zürich. Auf
den 1. Januar 2000 meldete sich Z.________ in Churwalden/GR an, wo ihr seit
Jahren die Liegenschaft "M.________" gehörte. lm Juli 2002 erlitt sie einen
Schlaganfall und hielt sich danach bis Mitte September 2002 in der Klinik
R.________ in Oetwil am See/ZH auf. Anschliessend lebte sie bis zu ihrem Tod in
der Alters- und Pflegeresidenz S.________ in Zumikon. Am 8. November 2002 hatte
die Vormundschaftsbehörde Churwalden über Z.________ eine Beiratschaft
errichtet. Anfangs 2003 erschien sie in Begleitung von X.________ auf der
Gemeindekanzlei Churwalden, angeblich um sich nach Zumikon abzumelden. Weil sie
nach Ansicht des Gemeindeschreibers nicht in der Lage war, ihren persönlichen
Willen zu äussern, wurde die Abmeldung sistiert und um Abklärung ihrer
Handlungsfähigkeit bei der Vormundschaftsbehörde des Kreises Churwalden
ersucht. Diese erachtete eine solche Abklärung als nicht erforderlich, weil
Z.________ unter Beiratschaft stand. Der Beirat teilte der Gemeinde in der
Folge mit, der Wohnsitz werde in Churwalden belassen. Mit Schreiben vom 27.
August 2003 ersuchte Z.________ die Gemeinde Churwalden, ihren Heimatschein der
Gemeinde Zumikon zuzustellen. Weil bekannt wurde, dass die Gesuchstellerin in
eine psychiatrische Anstalt eingeliefert worden und ihre Handlungsfähigkeit
zweifelhaft war, sollte der als Beirat eingesetzte Amtsvormund die
erforderlichen Abklärungen treffen. Hierzu kam es aber infolge Ablebens von
Z.________ am 29. November 2003 nicht mehr.

B.
Mit Veranlagungsverfügung vom 30. September 2004, adressiert an die
Willensvollstreckerin der Verstorbenen (Bank G.________ AG), erhob die
Steuerverwaltung des Kantons Graubünden auf dem Reinvermögen von Z.________ von
Fr. 3'039'494.-- (abzüglich Todesfall- und Grabunterhaltskosten/
Unterhaltskosten der Hausgenossen von Fr. 10'000.--) die kantonale
Nachlassteuer von 4 %, ausmachend Fr. 121'176.--.

Dagegen erhob der eingesetzte Haupterbe X.________, dem diese Verfügung nicht
eröffnet worden war, nachträglich Einsprache, mit welcher er die Steuerhoheit
des Kantons Graubünden bezüglich des Nachlasses bestritt. Mit Entscheid vom 14.
Februar 2005 trat die kantonale Steuerverwaltung wegen verspäteter Einreichung
(in Abweisung des gestellten Fristwiederherstellungsgesuchs) auf die Einsprache
nicht ein.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden schützte diesen
Nichteintretensentscheid mit Urteil vom 24. Mai 2005. Es erwog, die
Steuerverwaltung habe davon ausgehen dürfen, dass die Willensvollstreckerin
alle Erben und folglich auch ihn, X.________, vertrete, und sei befugt gewesen,
die Veranlagungsverfügung rechtsgültig allein dieser zu eröffnen. Wenn er erst
zu spät davon erfahren habe, um selber rechtzeitig Einsprache erheben zu
können, liege dies an einem Kommunikationsmangel im Innenverhältnis zwischen
der Willensvollstreckerin und ihm, worin kein unverschuldetes Hindernis zu
erblicken sei, welches eine Fristwiederherstellung hätte rechtfertigen können.
Dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

C.
Mit Verfügung vom 2. Februar 2005 veranlagte die Gemeinde Churwalden die Erben
von Z.________ zur kommunalen Erbschaftssteuer von insgesamt Fr. 378'255.40.
Dagegen erhoben elf der insgesamt neunzehn Erben, worunter auch X.________, auf
welchen ein Erbschaftssteueranteil von Fr. 192'540.-- entfiel, Einsprache und
bestritten den letzten Wohnsitz der Erblasserin in Churwalden und damit die
Steuerhoheit des Kantons Graubünden. Diese Einsprache wies der Gemeindevorstand
Churwalden mit Entscheid vom 1. März 2007 ab.

Mit Urteil vom 4. April 2008 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden, 3. Kammer, die von X.________ hiegegen eingereichte Beschwerde ab.

D.
Mit Eingabe vom 1. September 2008 erhebt X.________ beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 4. April 2008 sei
aufzuheben, und es sei festzustellen, dass sich der letzte Wohnsitz von
Z.________ im Kanton Zürich befand; das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden sei anzuweisen, die Erbschaftssteuer lediglich auf dem unbeweglichen
Teil des Nachlasses zu veranlagen und zuviel bezahlte Steuern seien
zurückzuzahlen. Er rügt eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung
sowie eine Verletzung von Bundesrecht, nämlich des Doppelbesteuerungsverbots
(Art. 127 Abs. 3 BV), des Willkürverbots (Art. 9 BV), des rechtlichen Gehörs
(Art. 29 BV) sowie von Treu und Glauben (Art. 5 BV).

E.
Die Gemeinde Churwalden sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die als
mitbeteiligte Behörden ins Verfahren einbezogene Steuerverwaltung des Kantons
Graubünden sowie das Kantonale Steueramt Zürich verzichten auf eine
Vernehmlassung.

F.
Mit Eingabe vom 23 Dezember 2008 reichte X.________ unaufgefordert eine
Stellungnahme zur Vernehmlassung der Gemeinde Churwalden ein.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
inwiefern auf eine Beschwerde einzutreten ist (BGE 134 Il 272 E. 1.1 S. 275,
120 E. 1 S. 121).

1.2 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss
Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a,
Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).

1.3 Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten legitimiert, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Abänderung hat.

Der Kanton Graubünden kennt eine kantonale, als sog. Erbmassesteuer
ausgestaltete Nachlasssteuer (Art. 106 ff. des Steuergesetzes des Kantons
Graubünden vom 8. Juni 1986) und ermächtigt die Gemeinden, ihrerseits (nach
Massgabe eines kommunalen Gesetzes im formellen Sinne) eine Erbschaftssteuer zu
erheben, welche (nach heutiger Rechtslage) in Form einer Erbanfallsteuer zu
konzipieren ist (Art. 2 Abs. 3 lit. a, Art. 21 sowie Art. 26 ff. des
bündnerischen Gesetzes über die Gemeinde- und Kirchensteuern vom 31. August
2006; vgl. zum Ganzen auch JÜRG ANDREA VON RECHENBERG, Bündner
Erbschaftssteuern, Diss. Basel 1981, S. 33 ff. und S. 83 ff. MAGNUS HINDERSMANN
/MICHAEL MYSSEN, Die Erbschafts- und Schenkungssteuern der Schweizer Kantone,
Köln 2003, S. 481 ff.; ferner: ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des
schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 206). Bis anhin waren
die Gemeinden frei, ihre kommunale Erbschaftssteuer alternativ auch als
Nachlasssteuer auszugestalten (vgl. VON RECHENBERG, a.a.O., S. 91 ff.,
insbesondere S. 103). Vorliegend streitig ist einzig die Erhebung der
kommunalen Erbschaftssteuer nach dem Steuergesetz der Gemeinde Churwalden vom
10. Dezember 1992 (vom Regierungsrat genehmigt am 18. Januar 1993; im
Folgenden: Gemeindesteuergesetz, GStG). Gemäss Art. 13 GStG wird der
Vermögensanfall besteuert; es liegt damit eine Erbanfallsteuer vor. Als
Steuersubjekt und Steuerpflichtiger erscheint der Empfänger der Zuwendung und
damit der einzelne Erbe (oder Vermächtnisnehmer) selber (vgl. Art. 14 GStG).
Daran ändert nichts, dass die Steuer für alle steuerpflichtigen Erben
gesamthaft bezogen wird und aus dem Nachlass vor dessen Verteilung zu bezahlen
ist (Art. 18 GStG). Die Erbschaftssteuer wurde in der streitigen
Veranlagungsverfügung denn auch individuell berechnet und für die einzelnen
Begünstigten je gesondert ausgewiesen. Dass die genannte Verfügung
(ausschliesslich) der Willensvollstreckerin zugestellt wurde, hängt - nebst
allfälligen dieser obliegenden Verfahrenspflichten im
erbschaftssteuerrechtlichen Veranlagungsverfahren - hauptsächlich damit
zusammen, dass sie aufgrund ihrer Funktion als Verwalterin der Erbschaftswerte
(Art. 518 in Verbindung mit Art. 596 Abs. 1 ZGB) als primär
Verfügungsberechtigte am für die Steuererhebung herangezogenen Substrat - dem
unverteilten Nachlass - erscheint. Dass damit ausschliesslich sie selber (in
Prozessstandschaft) befugt wäre, Rechtsmittel gegen eine
erbschaftssteuerrechtliche Veranlagung einzulegen, trifft angesichts der den
einzelnen Miterben obliegenden Steuerpflicht aber nicht zu. Insofern erscheint
der Beschwerdeführer als allein beschwerdeführender steuerpflichtiger Miterbe
als im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Ergreifung des vorliegenden
Rechtsmittels legitimiert. Ein Fall von notwendiger Streitgenossenschaft
(Erbengemeinschaft) oder Prozessstandschaft (Willensvollstrecker) liegt nicht
vor.

1.4 Zu beachten ist indessen, dass vorliegend - wie erwähnt - allein die
Erhebung der kommunalen Erbschaftssteuer, wie sie in der Verfügung der
Gemeindeverwaltung Churwalden vom 2. Februar 2005 gestützt auf das
Gemeindesteuergesetz veranlagt wurde, Streitgegenstand bildet. Über die
kantonale Nachlasssteuer wurde demgegenüber bereits zu einem früheren Zeitpunkt
befunden (oben Sachverhalt lit. B). Die kantonale Steuerhoheit kann im
vorliegenden, gegen den kommunalen Veranlagungsentscheid gerichteten
Beschwerdeverfahren nicht (nochmals) wegen virtueller (interkantonaler)
Doppelbesteuerung in Frage gestellt werden. Anders lägen die Dinge, wenn
zwischenzeitlich oder inskünftig der Kanton Zürich einen Besteuerungsanspruch
geltend machen würde, in welchem Fall sich der Beschwerdeführer gegen die
aktuelle Doppelbesteuerung wehren und hiebei die Zulässigkeit der kantonalen
Steuerhoheit des Kantons Graubünden, d.h. die kantonale Nachlasssteuer mitsamt
der kommunalen Erbschaftssteuer, erneut zur Diskussion stellen könnte. Eine
aktuelle Doppelbesteuerung wird jedoch nicht geltend gemacht und liegt soweit
ersichtlich auch nicht vor. Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer nichts vor,
was die Berechtigung der Gemeinde Churwalden zur Erhebung der vorliegend
streitigen kommunalen Erbschaftssteuer in Frage stellen oder die erhobene
Steuer anderweitig als verfassungswidrig erscheinen lassen könnte. Seine Rügen
beschränken sich auf solche in Zusammenhang mit der - bereits rechtskräftig
beurteilten - kantonalen Steuerhoheit. Darauf ist im vorliegenden
Beschwerdeverfahren jedoch nicht einzugehen.

1.5 Auf die Beschwerde ist demzufolge nicht einzutreten.

2.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 BGG). Auf die Zusprechung von
Parteientschädigungen besteht kein Anspruch, was namentlich auch für die in
ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegende Gemeinde Churwalden gilt (vgl. Art. 68
Abs. 3 BGG; BGE 134 II 117 E. 7 S. 118 f.).

Für eine Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids im Kostenpunkt (Art. 67 BGG)
oder die Zusprechung einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer für
jenes Verfahren (Art. 68 Abs. 5 BGG) besteht kein Anlass.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Churwalden, den
Steuerverwaltungen der Kantone Graubünden und Zürich sowie dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. März 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Moser