Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.622/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_622/2008

Urteil vom 10. März 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Küng.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Leitender Ausschuss für die eidgenössischen
Medizinalprüfungen.

Gegenstand
Zulassung zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Entscheid des Leitenden Ausschusses für die eidgenössischen
Medizinalprüfungen (nachfolgend: Leitender Ausschuss) vom 20. Oktober 2006
wurde X.________ (geb. 1956 in Tunesien) gestützt auf sein in Frankreich
abgeschlossenes Medizinstudium zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen
zugelassen, worauf er sich für Juli 2007 zu den Prüfungen in Zürich anmeldete
und von der Ortspräsidentin Humanmedizin die Zutrittsbewilligung erhielt.

B.
Das Amtsstatthalteramt Luzern führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung
u.a. wegen Urkundenfälschung und Fälschung von Ausweisen. Ihm wird vorgeworfen,
Ausweise und Zeugnisse gefälscht zu haben und sich unter Vorlage der
gefälschten Dokumente jeweils an der medizinischen Fakultät von in- und
ausländischen Universitäten immatrikuliert zu haben. Das Verfahren wurde mit
einer Strafanzeige der Universität Genf vom 9. Dezember 2004 eingeleitet. Am
27. März 2006 folgte eine weitere Strafanzeige der gleichen Institution.
Mit Eingabe vom 4. Januar 2008 reichte X.________ bei der Staatsanwaltschaft
des Kantons Luzern eine Beschwerde ein. Dabei warf er der für die
Strafuntersuchung zuständigen Amtsstatthalterin namentlich eine unrechtmässige
Verfahrensverzögerung vor. Gleichzeitig stellte er gegen sie ein
Ausstandsgesuch. Die Staatsanwaltschaft wies die Beschwerde und das
Ausstandsgesuch am 27. März 2008 ab, soweit sie darauf eintrat. Eine hiergegen
gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom
6. Mai 2008 ab, soweit es darauf eintrat.
Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die gegen diesen
Entscheid erhobene Beschwerde von X.________ am 13. November 2008 abgewiesen.

C.
Nachdem er vom Amtsstatthalteramt Luzern im Rahmen eines Auskunftsbegehrens in
der von diesem Amt geführten Untersuchung über eine am 28. Juni 2000 erfolgte
Namensänderung informiert worden war, widerrief der Leitende Ausschuss am 19.
Juni 2007 die Zulassung vom 20. Oktober 2006 mit der Begründung, X.________ sei
seit dem 24. Mai 1996 endgültig von den eidgenössischen Medizinalprüfungen
(Berufsarten Human- und Zahnmedizin) ausgeschlossen, nachdem er beim ersten
Teil der Schlussprüfungen für Ärzte an der Universität Genf - damals noch unter
dem Namen Y.________ - dreimal gescheitert war.
Gegen diesen Widerruf gelangte X.________ ans Bundesverwaltungsgericht, welches
seine Beschwerde am 21. Juli 2008 abwies.

D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________
dem Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und die
Vorinstanzen anzuweisen, ihm Zutritt zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen
zu gewähren.
Die an die Stelle des Leitenden Ausschusses getretene Eidgenössische
Medizinalberufekommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Das Eidgenössische Departement des Innern und das Bundesverwaltungsgericht
haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz betrifft die im öffentlichen Recht
des Bundes geregelte Zulassung zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen (vgl.
Art. 17 Abs. 1 der Allgemeinen Medizinalprüfungsverordnung [AMV; SR 811.112.1]
in Verbindung mit Art. 62 Abs. 3 des Medizinalberufegesetzes [MedBG; SR
811.11]). Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG liegt nicht vor; insbesondere
geht es nicht um das Ergebnis von Prüfungen (lit. t). Auf die Beschwerde des
durch den angefochtenen Entscheid betroffenen Beschwerdeführers ist
grundsätzlich einzutreten.

2.
2.1 Gemäss Art. 39 Abs. 1 AMV ("Endgültiger Ausschluss") wird, wer eine
Schlussprüfung oder einen Teil davon dreimal nicht bestanden hat, von jeder
weiteren Prüfung der gleichen Berufsart ausgeschlossen.

2.2 Gestützt auf eine Mitteilung der Universität Genf vom 6. Dezember 1993,
wonach Y.________ den ersten Teil der medizinischen Schlussprüfungen (nach
Misserfolgen 1990 und 1991) im August 1993 zum dritten Mal nicht bestanden
habe, wurde die diesem am 16. Oktober 1995 erteilte Zulassung zu den
eidgenössischen Medizinalprüfungen am 24. Mai 1996 widerrufen und die Zulassung
verweigert; er hatte im Zulassungsgesuch wahrheitswidrig verneint, jemals in
der Schweiz studiert bzw. Prüfungen abgelegt zu haben. Mit Entscheid vom 26.
Mai 1999 bestätigte das Eidgenössische Departement des Innern den Widerruf und
den endgültigen Ausschluss des Beschwerdeführers von den eidgenössischen
Medizinalprüfungen. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesgericht
am 5. Oktober 1999 abgewiesen (Urteil 2A.293/1999). Das gegen dieses Urteil
eingereichte Revisionsbegehren blieb ebenfalls ohne Erfolg (Urteil 2A.563/1999
vom 20. Dezember 1999).
Damit ist rechtskräftig entschieden, dass der Beschwerdeführer endgültig von
den eidgenössischen Medizinalprüfungen ausgeschlossen ist.

3.
3.1 Am 20. Oktober 2006 erteilte der Leitende Ausschuss dem nunmehr als
X.________ an der Universität Zürich immatrikulierten Beschwerdeführer die
Zulassung zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen. Nach Kenntnisnahme der
Identität von Y.________ und X.________ widerrief der Leitende Ausschuss die
Zulassung am 19. Juni 2007.

3.2 Der leitende Ausschuss kann eine bestandene Prüfung für ungültig erklären,
wenn sich herausstellt, dass der Kandidat die Zulassung zur Prüfung durch
falsche oder unvollständige Angaben erschlichen hat (Art. 45 Abs. 1 AMV). Es
ist mit der Medizinalberufekommission davon auszugehen, dass gestützt auf diese
Bestimmung - nach dem Auslegungsgrundsatz a majore minus - nicht nur die
bereits absolvierte und bestandene Prüfung für ungültig erklärt, sondern aus
denselben Gründen auch lediglich die erschlichene Zulassung widerrufen werden
kann.

3.3 In seinem Zulassungsgesuch vom 31. Januar 2007 hat der Beschwerdeführer nur
den Namen X.________ angegeben. Insbesondere hat er aber die Fragen, ob sein
Gesuch um Zulassung zur gleichen Prüfung schon einmal abgewiesen worden sei und
ob in anderen eidgenössischen Medizinalprüfungen der endgültige Ausschluss
ausgesprochen worden sei, wahrheitswidrig verneint. Dies, nachdem ihm der
Leitende Ausschuss in Bezug auf seinen Wunsch, das Studium in Bern
weiterzuführen, bereits am 27. Dezember 2000 (und am 19. Februar 2001 erneut)
ausdrücklich bestätigt hat, der Ausschluss sei endgültig. Korrespondenzen hat
der Beschwerdeführer im Übrigen bis Februar 2005 unter dem Namen Y.________
geführt.

3.4 Unter diesen Umständen durfte der Leitende Ausschuss ohne Bundesrecht zu
verletzen die zu Unrecht erfolgte Zulassung widerrufen. Sind somit bereits die
Voraussetzungen des Widerrufsgrundes von Art. 45 Abs. 1 AMV erfüllt, brauchen
die allgemeinen Voraussetzungen für den Widerruf für Verfügungen nicht mehr
geprüft zu werden. Insoweit hat die Vorinstanz zu Recht erkannt, der
Beschwerdeführer habe Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des
Zulassungsentscheides gehabt, weshalb ihm das Vertrauensschutzinteresse fehle.
Da sich der Widerruf bereits auf die falschen und unvollständigen Angaben des
Beschwerdeführers in Bezug auf das dreimalige Scheitern stützen kann, ist ohne
Belang, ob es sich bei der Namensänderung nun um eine neue Tatsache gehandelt
hat oder nicht.

3.5 Angesichts des grossen öffentlichen Interesses daran, dass keine Kandidaten
zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen zugelassen werden, die die
Voraussetzungen dafür offensichtlich nicht erfüllen, erweist sich der wenige
Tage vor der Prüfung erfolgte Widerruf der Zulassung auch als verhältnismässig.
Die zwischen Zulassung und Widerruf liegende kurze Zeitspanne ist auf das späte
Entdecken des Widerrufsgrundes zurückzuführen und lässt den Widerruf keineswegs
als unverhältnismässig oder unhaltbar erscheinen. Dass seine
Prüfungsvorbereitungen vergeblich waren, hat der Beschwerdeführer seinem
eigenen, krass gegen Treu und Glauben verstossenden Fehlverhalten
zuzuschreiben.

3.6 Die Vorinstanz durfte somit ohne Verletzung von Bundesrecht erkennen, der
Widerruf des Zulassungsentscheids vom 20. Oktober 2006 sei rechtmässig gewesen.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der
Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Eidgenössischen
Medizinalberufekommission, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Eidgenössischen
Departement des Innern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. März 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Küng