Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.606/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_606/2008

Urteil vom 19. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Merz.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Enrico Dalla Bona,

gegen

Amt für Migration und Personenstand
des Kantons Bern, Migrationsdienst,
Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Beschwerdedienst, Kramgasse 20,
3011 Bern.

Gegenstand
Ausweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 20.
Juni 2008.

Erwägungen:

1.
1.1 Der mazedonische Staatsangehörige X.________ (geb. 1975) kam 1990 im Alter
von fünfzehn Jahren im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz und erhielt
eine Niederlassungsbewilligung. Wegen im Herbst 2001 begangener Delikte
verurteilte das Obergericht des Kantons Bern am 9. März 2005 ihn sowie seinen
Bruder E.________ unter anderem wegen eventualvorsätzlicher schwerer
Körperverletzung zu je dreieinviertel Jahren Zuchthaus und - mit bedingtem
Vollzug - zu fünf Jahren Landesverweisung. Die von X.________ dagegen erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Bundesgericht am 25. März 2006 ab, soweit es
darauf eintrat (Verfahren 6S.391/2005). Mit Blick auf die strafrechtliche
Verurteilung verfügte der Migrationsdienst des Kantons Bern am 8. Februar 2007
die Ausweisung von X.________ und E.________ aus der Schweiz für unbestimmte
Zeit. Die im Kanton hiegegen gerichteten Rechtsmittel blieben erfolglos. Die
von E.________ beim Bundesgericht eingereichte Beschwerde wurde mit Urteil vom
10. Juni 2008 abgewiesen (Verfahren 2C_319/2008).

1.2 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. August
2008 beantragt X.________ dem Bundesgericht sinngemäss, das in seiner Sache
zuletzt ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 20. Juni
2008 aufzuheben und von der Ausweisung abzusehen.

Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, jedoch auf die Einholung
von Vernehmlassungen verzichtet. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde am 1. September 2008
antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2.
2.1 Die Vorinstanz stellt im angefochtenen Entscheid die Voraussetzungen der
Ausweisung nach Art. 10 und 11 des hier noch anwendbaren Bundesgesetzes vom 26.
März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121, in
der Fassung vom 8. Oktober 1948, AS 1949 I 221) und die massgebliche
bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend dar. Unstreitig hat der
Beschwerdeführer einen Ausweisungsgrund gesetzt. Bei der korrekt durchgeführten
Interessenabwägung gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass das öffentliche
Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers die privaten Interessen an
seinem Verbleib in der Schweiz überwiegen.

2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon
aus, dass bei ihm eine Rückfallgefahr bestehe und er in der Schweiz nicht
integriert sei. Auch sei es für seine Ehefrau und die im Jahre 1998 in der
Schweiz geborene Tochter unzumutbar, das Land zu verlassen. Schliesslich weist
er auf einen im Jahre 2007 erlittenen Herzinfarkt und die diesbezüglichen
Behandlungsmöglichkeiten hin. Demzufolge sei die Ausweisung unverhältnismässig.

2.3 Wie schon das Obergericht und das Verwaltungsgericht festgehalten haben,
ging es dem Beschwerdeführer und seinen Verwandten anlässlich der im Voraus
geplanten Straftaten, derentwegen sie verurteilt wurden, ausschliesslich um
Rache und Vergeltung für die einem Cousin eine Woche zuvor bei einer
Auseinandersetzung durch einen Sicherheitsmann zugefügte Körperverletzung.
Diese unerlaubte Selbstjustiz läuft der hiesigen Rechtsordnung fundamental
zuwider; der Beschwerdeführer scheute auch nicht davor zurück, weitere Personen
auf Opferseite einzubeziehen und auf diese mit als Waffen eingesetzten
Gegenständen einzuschlagen. Bei diesem Vorfall erlitt ein Opfer
lebensgefährliche und anhaltende Verletzungen. Der Beschwerdeführer hat in
diesem Zusammenhang den Schluss der Vorinstanzen, dass er nach wie vor
traditionellen Wert- und insbesondere Ehrvorstellungen seines Heimatlandes
verhaftet ist, nicht bestritten. Obwohl er - abgesehen von einem
Strassenverkehrsdelikt - strafrechtlich zuvor nicht aufgefallen war und sich im
Strafvollzug wohl verhalten hat, ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden,
dass die Vorinstanzen beim Beschwerdeführer von einem nicht zu
vernachlässigenden Rückfallrisiko und einem erheblichen Fernhalteinteresse
ausgehen. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers geht es dabei nicht
nur um die bei jeder Person nie ganz auszuschliessende Möglichkeit, dass sie
dereinst straffällig wird. Vielmehr stellt die Vorinstanz bei ihrer Beurteilung
zutreffend auf die Gesamtumstände ab, aus welchen sich ein über das normale
Mass hinausgehendes Risiko ergibt.

2.4 Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz nicht
erklärt, er sei in der Schweiz überhaupt nicht integriert. Sie hat vielmehr
ausgeführt, er sei nach wie vor "sehr stark in seinen ausländischen Wurzeln
verhaftet". Die hierfür angegebene Begründung, auf die verweisen wird (E. 5.1.1
des angefochtenen Entscheids), ist zutreffend. Ein relativ stabiles berufliches
und familiäres Umfeld allein genügt nicht, um von einer guten oder gar
vollständigen Integration zu sprechen. Diese umfasst auch eine
gesellschaftliche und sprachliche Komponente. Die Vorinstanz hat dargelegt,
dass regelmässige ausserfamiliäre und ausserberufliche Kontakte fehlen. Die
schlichte Behauptung des Gegenteils durch den Beschwerdeführer genügt gemäss
Art. 97 Abs. 1 BGG nicht, um die Feststellungen der Vorinstanzen zu widerlegen.
Letztlich räumt der Beschwerdeführer selber ein, kaum regelmässige Kontakte mit
Schweizern zu haben, da er dies als Begründung dafür angibt, dass er nur
schlecht deutsch spricht. Wenn der Beschwerdeführer ausserdem als Ziel der
Integration das friedliche Zusammenleben aller auf der Grundlage der Werte der
Bundesverfassung und der gegenseitigen Achtung und Toleranz erwähnt, so hat er
dies mit Blick auf sein strafrechtliches Verhalten und seine Ehrvorstellungen
eben nicht respektiert bzw. verinnerlicht. Daher ist der Schluss, der
Beschwerdeführer sei nicht besonders gut integriert, richtig. Unwesentlich ist
der Einwand des Beschwerdeführers, seine Eltern befänden sich seit über 40
Jahren in der Schweiz. Er ist volljährig und hatte - seinem Vorbringen zufolge
- schon die fünfzehn ersten Lebensjahre von ihnen getrennt in der Heimat
gelebt.

2.5 In Bezug auf seinen Gesundheitszustand führt der Beschwerdeführer aus, es
könne nicht davon ausgegangen werden, dass die notwendige medizinische
Betreuung in qualitativer Hinsicht in Mazedonien gewährleistet sei. Die
Vorinstanz hält demgegenüber fest, der Beschwerdeführer arbeite seit März 2008
wieder vollzeitlich; zudem habe er nicht geltend gemacht und sei auch nicht
ersichtlich, dass die notwendige Behandlung in seinem Heimatland nicht
gewährleistet sei. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass er - entgegen den
Ausführungen der Vorinstanz - schon bei ihr auf etwaige fehlende
Behandlungsmöglichkeiten in Mazedonien hingewiesen hätte. Ebenso wenig
begründet er, warum die Feststellungen des Verwaltungsgerichts offensichtlich
unrichtig seien oder auf einer Rechtsverletzung beruhen (vgl. Art. 97 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 BGG). Daher ist von den erwähnten Ausführungen
der Vorinstanz auszugehen.

2.6 Dass die Ehefrau nur die letzten vier Jahre vor ihrer Übersiedlung in die
Schweiz in Mazedonien gelebt hat und deshalb heute dort kaum soziale Kontakte
hat, lässt es nicht unzumutbar werden, dass sie dem Beschwerdeführer in die
Heimat folgt. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass sie möglicherweise in
naher Zukunft das Schweizer Bürgerrecht erwerben wird. Sie spricht die
Landessprachen Mazedoniens (albanisch und mazedonisch) und ist auch
Staatsangehörige dieses Landes. In die Schweiz gelangte sie erst im Jahre 1996;
zuvor lebte sie in Bosnien und anschliessend in Mazedonien. Was die im Jahre
1998 geborene Tochter anbetrifft, hat die Vorinstanz zutreffend bemerkt, dass
ein Umzug für sie "schmerzlich" sein kann. Sie hat indes ebenso richtig
dargelegt, warum auch ihr ein solcher Wechsel zumutbar ist (E. 5.3 des
angefochtenen Entscheids). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in der
Schweiz besseren "beruflichen Chancen" der Tochter ist insoweit unbehelflich.

2.7 Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einen anderen Ausländer eine
rechtsungleiche Behandlung geltend zu machen versucht, erweist sich diese Rüge
als unsubstantiiert, soweit sie nicht schon als Novum - da erstmals vor
Bundesgericht erhoben - aus dem Recht zu weisen ist (vgl. Art. 42 Abs. 2, 97,
99 und 106 Abs. 2 BGG). Da die Anordnung von Fernhaltemassnahmen oder der
Verzicht darauf gestützt auf eine Einzelfallbeurteilung zu prüfen ist, kommt
ein Vergleich zweier Fälle allenfalls bei Offenlegung sämtlicher Umstände in
Betracht. Dem kommt der Beschwerdeführer nicht nach. Im Übrigen legt er nicht
dar, geschweige denn behauptet er, dass die kantonalen Instanzen bei ihm von
ihrer ständigen Praxis abgewichen seien.

3.
Dem Gesagten zufolge ist das Ergebnis der von der Vorinstanz durchgeführten
Interessenabwägung nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich als
offensichtlich unbegründet. Sie kann deshalb im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter Bezugnahme auf die
Ausführungen im angefochtenen Entscheid behandelt werden.

4.
Diesem Ausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu übernehmen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsdienst, der Polizei- und
Militärdirektion sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem
Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Merz