Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.543/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_543/2008

Urteil vom 27. März 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Winiger.

Parteien
X.________ und Y.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Roland Jeitziner,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern.

Gegenstand
Direkte Bundessteuer 2003,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12.
Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Y.________ wurden am 11. August 2005 von der Steuerverwaltung
des Kantons Bern für das Steuerjahr 2003 abweichend von ihrer Selbstdeklaration
auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 192'700.-- (Kantons- und Gemeindesteuern)
bzw. Fr. 200'300.-- (direkte Bundessteuer) veranlagt. Die Aufrechnungen
erfolgten gestützt auf die Steuerveranlagungen 2003 der A.________ AG, Thun;
Verwaltungsratspräsident dieser Gesellschaft sowie Anteilsinhaber zu mindestens
50% war bis zur deren Auflösung am 20. April 2007 X.________. Neben diversen
Spesen qualifizierte die Steuerverwaltung eine Investition in den Umbau einer
Privatliegenschaft von X.________ in der Höhe von Fr. 69'099.-- als geldwerte
Leistung der AG an X.________ und Y.________ und somit als steuerbares
Einkommen.

B.
X.________ und Y.________ erhoben hiergegen erfolglos Einsprache bei der
Steuerverwaltung des Kantons Bern, welche die Veranlagungsverfügungen mit
Entscheid von 20. Dezember 2005 bestätigte. Gegen diesen Einspracheentscheid
gelangten X.________ und Y.________ mit Rekurs und Beschwerde an die
Steuerrekurskommission des Kantons Bern; diese wies am 17. April 2007 Rekurs
und Beschwerde in Sachen Kantonssteuer wie auch in Sachen direkter Bundessteuer
ab. Mit Urteil vom 12. Juni 2008 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
die gegen den Entscheid der Rekurskommission erhobenen Beschwerden ab.

C.
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern erheben X.________
und Y.________ mit Eingabe vom 16. Juli 2008 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragen die
Aufhebung des Entscheides der Vorinstanz "in Bezug auf die direkte Bundessteuer
2003" und machen geltend, die getätigte Investition in der Höhe von Fr.
69'099.-- könne nicht als geldwerte Leistung beim Einkommen des
Beschwerdeführers angerechnet werden.

D.
Die Steuerverwaltung sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Bern und die
Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Die
Steuerrekurskommission des Kantons Bern verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid über die direkten Steuern des Kantons und des
Bundes. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11) bzw. Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14)
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
offen. Die Beschwerdeführer sind gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf die frist- und
formgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.

1.2 Beschwerdegegenstand bilden vorliegend nur die direkten Bundessteuern, da
die Beschwerdeführer ihr Rechtsbegehren auf die Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheides "in Bezug auf die direkte Bundessteuer 2003" beschränken.

1.3 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es
kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz
abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil
den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1
BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1
BGG).

1.4 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten. Im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift
ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid
beanstandet wird. Dies setzt voraus, dass sich die Beschwerdeführer wenigstens
kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzen (BGE
134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich
der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht.
Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.
Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG sind als Ertrag aus beweglichem Vermögen
steuerbar insbesondere Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und
geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art. Zu den steuerbaren geldwerten
Vorteilen zählen unter anderem auch die in Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG bei der
Unternehmensbesteuerung ausdrücklich erwähnten so genannten "verdeckten
Gewinnausschüttungen". Es handelt sich dabei um Leistungen der Gesellschaft an
den Inhaber von Beteiligungsrechten, denen keine oder keine genügenden
Gegenleistungen gegenüberstehen und die einem an der Gesellschaft nicht
beteiligten Dritten nicht oder in wesentlich geringerem Umfang erbracht worden
wären. Anzustellen ist dazu ein Drittvergleich. Beim Drittvergleich sind in
jedem Einzelfall alle konkreten Umstände des zwischen der Gesellschaft und dem
Anteilseigner abgeschlossenen Geschäfts zu berücksichtigen, und es muss davon
ausgehend bestimmt werden, ob das Geschäft in gleicher Weise mit einem mit der
Gesellschaft nicht Verbundenen auch abgeschlossen worden wäre. Voraussetzung
für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist schliesslich, dass sich
der Leistungserbringer des Charakters der Leistung bewusst ist (BGE 119 Ib 116
E. 2 S. 119 f.; Urteil 2P.129/2003 vom 13. August 2004 E. 3.1 mit Hinweisen,
in: StR 60/2005 S. 24; vgl. auch PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, Bundesgesetz
über die direkte Bundessteuer, I. Teil, 2001, N. 121 ff. zu Art. 20; MARKUS
REICH, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. Aufl. 2008,
N. 46 ff. zu Art. 20).
Bei von der Gesellschaft getätigten Ausgaben kann mitunter das Kriterium der
geschäftsmässigen Begründetheit von Aufwendungen die Funktion des
Drittvergleichs übernehmen. Grundsätzlich sind nur solche Aufwendungen
abziehbar, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsprozess
der Gesellschaft stehen (vgl. RETO HEUBERGER, Die verdeckte Gewinnausschüttung
aus Sicht des Aktienrechts und des Gewinnsteuerrechts, 2001, S. 184; PETER
BRÜLISAUER/ FLURIN POLTERA, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht,
a.a.O, N. 47 zu Art. 58 DBG).

3.
3.1 Der angefochtene Entscheid beruht auf folgender tatsächlicher Grundlage:
Die A.________ AG war bis Ende 2003 Mieterin einer Bürofläche von 240m2 sowie
von Arbeitsräumen (ebenfalls 240m2) in der Privatliegenschaft des
Beschwerdeführers an der Zelglistrasse 2A in Thun. Nach einem Umbau wurden die
bestehenden Büroräumlichkeiten von 240m2 auf 120m2 verkleinert und auf der
nicht mehr von der A.________ AG genutzten Fläche eine Wohnung sowie ein Büro
mit Ausstellungsraum erstellt. Per 1. Januar 2004 schlossen die A.________ AG
sowie der Beschwerdeführer einen neuen Mietvertrag über die reduzierte
Bürofläche sowie die Arbeitsräume ab. Die übrigen Räumlichkeiten vermietete der
Beschwerdeführer an Drittpersonen. Die Umbaukosten von Fr. 69'099.-- bezahlte
die A.________ AG vollumfänglich; dieser Betrag wurde zunächst im Konto
"Investitionen fremde Liegenschaft" verbucht, in der Steuerveranlagung 2003 der
Gesellschaft jedoch als Gewinn qualifiziert und entsprechend aufgerechnet. Der
negative Einspracheentscheid gegen diese Veranlagung wurde von der A.________
AG nicht angefochten.

3.2 Die Vorinstanz hielt dazu fest, dass die A.________ AG dem Beschwerdeführer
im Jahr 2003 ohne entsprechende Gegenleistung nicht geschäftsmässig begründete
Leistungen im Umfang von Fr. 69'099.-- habe zukommen lassen. Die entsprechende
Einkommensaufrechnung in der Steuerveranlagung der Beschwerdeführer aufgrund
erhaltener geldwerter Vorteile sei zu Recht erfolgt.

3.3 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, lässt die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen;
die Beschwerdeführer legen im Übrigen auch nicht dar, inwiefern eine
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG vorliegen soll:
3.3.1 Vorab machen die Beschwerdeführer geltend, die A.________ AG habe zwecks
Sanierung der Gesellschaft ihren Mietaufwand reduzieren müssen und es seien
keine Alternativen zum Umbau der Mietliegenschaft zwecks Verkleinerung der
eigenen Mietfläche zur Verfügung gestanden. Die Investition sei ausschliesslich
im Interesse der Gesellschaft erfolgt. Diese Ausführungen decken sich im
Wesentlichen wörtlich mit der vor dem Verwaltungsgericht eingereichten
Begründung. Insofern ist fraglich, ob die Beschwerdeschrift in diesem Punkt den
Mindestanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG genügt (vgl. E. 1.4). Die Frage
kann indes offen gelassen werden, da sich die Beschwerde in der Sache ohnehin
als unbegründet erweist. Auf jeden Fall gelingt den Beschwerdeführern der
rechtsgenügliche Nachweis, bei der in Frage stehenden Investition handle es
sich um eine "Sanierungsmassnahme", nicht.
3.3.2 Die schon vor der Vorinstanz gestellten Beweisanträge (Parteiverhör und
Augenschein am damaligen Sitz der Gesellschaft) sind unter Hinweis auf das in
den Erwägungen 1.3 und 3.3 (eingangs) hiervor Ausgeführte abzuweisen. Im
Übrigen ist ihre Relevanz von den Beschwerdeführern nicht genügend
substantiiert dargelegt worden.
3.3.3 Auch die weiteren Vorbringen vermögen nicht zu überzeugen: Den
Beschwerdeführern sind durch den Umbau der Mietliegenschaft keinerlei Kosten
entstanden; sie verfügen seit dem Umbau jedoch nicht nur über vermietbare
Büroräumlichkeiten, sondern zusätzlich über eine Wohnung sowie ein Büro mit
Ausstellungsraum. Sie sind Eigentümer der Liegenschaft und profitieren somit
vom Ergebnis der baulichen Investitionen. Das von den Beschwerdeführern geltend
gemachte Argument der tieferen Mietzinseinnahmen verliert damit seine
Bedeutung, umso mehr, als es ohnehin nur um eine kleine Differenz geht.
3.3.4 Die Beschwerdeführer bringen vor, im Rahmen des Umbaus sei auch der von
der A.________ AG weiterhin genutzte Teil der Bürofläche angepasst worden;
dieser Anteil der Umbaukosten stelle keinen geldwerten Vorteil für die
Beschwerdeführer dar. Es handelt sich hier um ein erstmals vor dem
Bundesgericht geltend gemachtes Vorbringen, das ein unzulässiges Novum
darstellt (Art. 99 BGG, vgl. E. 1.3). In diesem Punkt kann auf die Beschwerde
nicht eingetreten werden.
3.3.5 Die Argumentation der Beschwerdeführer, eine Investition müsse nicht
zwingend die Möglichkeit zusätzlicher Gewinnerzielung bezwecken, damit sie als
geschäftsmässig begründet gilt, geht fehl: Die A.________ AG war gemäss
Handelsregisterauszug im Handel mit Lebensmitteln jeglicher Art, insbesondere
Import und Export von Frisch- und Tiefkühlprodukten, tätig. Ein Zusammenhang
mit der Investition in die private Liegenschaft der Beschwerdeführer ist somit
nicht ersichtlich.
3.3.6 Die Begründung der Beschwerdeführer für den Verzicht auf die Anfechtung
des negativen Einspracheentscheids vom 10. Oktober 2005 betreffend die
Veranlagung 2003 der A.________ AG - mit welcher der Betrag von Fr. 69'099.--
als Gewinn qualifiziert und aufgerechnet wurde - vermag nicht zu überzeugen: Es
ist nicht nachvollziehbar, warum der Entscheid als nicht zutreffend bezeichnet
wird, aber die Beschwerdeführer resp. die Gesellschaft trotzdem auf eine
Beschwerde verzichtet haben.
3.3.7 Zusammengefasst ergibt sich, dass die Schlussfolgerung der Vorinstanz,
die A.________ AG habe den Beschwerdeführern im Jahr 2003 ohne entsprechende
Gegenleistung nicht geschäftsmässig begründete Leistungen im Umfang von Fr.
69'099.-- zukommen lassen, nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerdeführer
vermögen nicht darzulegen, inwiefern die entsprechende Aufrechnung als
Einkommen in der Steuerveranlagung 2003 der Beschwerdeführer aufgrund
erhaltener geldwerter Vorteile eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
darstellen soll.

4.
Damit erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art.
65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Steuerverwaltung, der
Steuerrekurskommission und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie der
Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Winiger