Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.483/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_483/2008

Urteil vom 25. Juli 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsamt des Kantons Aargau.

Gegenstand
Ausschaffungshaft,

Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons
Aargau vom 23. Juni 2008.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________, geboren 1980, stammt aus der Türkei. Er reiste am 10. Juli 2002
als Asylbewerber in die Schweiz ein. Nach der Heirat mit einer Schweizer
Bürgerin (2003) erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung, worauf er sein
Asylgesuch zurückzog. Das Migrationsamt des Kantons Aargau lehnte am 29. August
2006 wegen längerem Getrenntleben von der Ehefrau eine weitere Verlängerung der
Bewilligung ab (Bestätigung durch Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht
des Kantons Aargau vom 30. März 2007); die damit verbundene Wegweisung dehnte
das Bundesamt für Migration am 13. August 2007 auf das ganze Gebiet der Schweiz
aus. X.________ leistete der Ausreiseaufforderung keine Folge, vielmehr tauchte
er unter. Schliesslich stellte er ein neues, erfolglos gebliebenes Asylgesuch
(vgl. E. 2.2.1).

1.2 Am 25. März 2008 nahm das Migrationsamt des Kantons Aargau X.________ in
Ausschaffungshaft, welche der Präsident des Rekursgerichts im Ausländerrecht
als Haftrichter am 27. März 2008 prüfte und bis zum 23. Juni 2008 genehmigte.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
wies das Bundesgericht mit Urteil 2C_270/2008 vom 11. April 2008 ab, soweit es
darauf eintrat. Am 8. Mai 2008 wies der Präsident des Rekursgerichts im
Ausländerrecht des Kantons Aargau ein Haftentlassungsgesuch von X.________ ab.
Auch die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat (Urteil
2C_403/2008 vom 29. Mai 2008).
Am 13. Juni 2008 stellte X.________ ein Haftentlassungsgesuch. Gleichentags
beantragte das Migrationsamt des Kantons Aargau die Verlängerung der
Ausschaffungshaft. Der Präsident des Rekursgerichts im Ausländerrecht des
Kantons Aargau bestätigte mit Urteil vom 23. Juni 2008 die Verlängerung der
Ausschaffungshaft unter Vorbehalt der Urteilserwägungen bis zum 23. September
2008 (Ziff. 1 des Urteilsdispositivs). Zugleich wies er das Migrationsamt an,
die im Ausschaffungszentrum Aarau an die Hand zu nehmenden infrastrukturellen
und organisatorischen Anpassungen zu überwachen und den Präsidenten des
Rekursgerichts bis zum 15. Juli 2008 über die getroffenen und geplanten
Massnahmen zu orientieren (Ziff. 2 des Urteilsdispositivs). Weiter wurde
erkannt, dass die Haft im Ausschaffungszentrum Aarau, im Ausschaffungsgefängnis
Bässlergut in Basel oder im Flughafengefängnis Kloten zu vollziehen sei; einer
allfälligen Verlegung in die Psychiatrische Klinik Königsfelden oder in das
Inselspital Bern werde bei akuter Suizidgefahr zugestimmt (Ziff. 3 des
Urteilsdispositivs).

1.3 Mit Schreiben vom 2. Juli 2008 erklärt X.________ dem Bundesgericht, gegen
die Verlängerung der Ausschaffungshaft Beschwerde zu führen.
Das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau hat die Akten
eingereicht; es beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf
einzutreten sei; zugleich erwähnt es, dass im angefochtenen Urteil monierte
Mängel im Ausschaffungszentrum Aarau sukzessive behoben würden (Stand 17. Juli
2008). Das Migrationsamt des Kantons Aargau hat, gleich wie das Bundesamt für
Migration, auf eine Stellungnahme verzichtet.

1.4 Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 2. Juli 2008 ein
Haftentlassungsgesuch eingereicht hat, nachdem ihm im Flughafengefängnis
Zürich, wohin er am 30. Juni 2008 verlegt worden ist, keine Arbeitsmöglichkeit
geboten wurde. Der Präsident des Rekursgerichts im Ausländerrecht wies das
Gesuch mit Urteil vom 3. Juli 2008 vorläufig ab, hielt aber das Migrationsamt
an, dafür besorgt zu sein, dass der Beschwerdeführer spätestens ab dem 8. Juli
2008 einer Beschäftigung nachgehen könne, ansonsten er aus der Haft zu
entlassen wäre. Dieses Urteil ist bis heute beim Bundesgericht nicht
angefochten worden.
Am 22. Juli 2008 liess die Vorinstanz dem Bundesgericht eine verfahrensleitende
Verfügung vom 21. Juli 2008 zukommen, woraus sich ergibt, dass dort gestützt
auf ein Haftentlassungesuch des Beschwerdeführers vom 18. Juli 2008 ein
Verfahren betreffend Haftentlassung hängig ist.

2.
2.1 Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 2. Juli 2008 gegen die
Verlängerung der Ausschaffungshaft genügt den gesetzlichen Anforderungen an
eine Rechtsschrift (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) kaum. Soweit seine Ausführungen
überhaupt die Überprüfung des angefochtenen Urteils erlauben, erweist sich die
Beschwerde aus den nachstehenden Gründen als offensichtlich unbegründet.
2.2
2.2.1 Gegen den Beschwerdeführer liegt seit Sommer 2007 eine rechtskräftige
Wegweisung vor. Zudem ist das Bundesamt für Migration am 20. Mai 2008 auf das
erneute Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten und hat seinerseits
die Wegweisung verfügt; auch diese Wegweisung ist rechtskräftig, nachdem das
Bundesverwaltungsgericht die gegen die Verfügung des Bundesamtes erhobene
Beschwerde mit Urteil E-3169/2008 vom 3. Juni 2008 abgewiesen hat. Die
Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des Vollzugs dieser
Wegweisungsverfügungen und verfolgt mithin einen vom Gesetz vorgesehenen Zweck
(vgl. Art. 76 Abs. 1 AuG). Da sich der Beschwerdeführer nun auch nach im
Asylverfahren angeordneter Wegweisung klar weigert, in die Türkei
zurückzukehren, sind die Haftgründe von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AuG
nach wie vor bzw. erst recht erfüllt (s. dazu auch die beiden bisher ergangenen
bundesgerichtlichen Urteile 2C_403/2008 und 2C_270/2008 betreffend die
Ausschaffungshaft des Beschwerdeführers). Offensichtlich stehen sodann dem
Vollzug der Wegweisung (nicht von den Behörden zu verantwortende) besondere
Hindernisse im Sinne von Art. 76 Abs. 3 AuG entgegen, die eine Verlängerung der
Haft über drei Monate hinaus erlauben; es genügt hierzu der Verweis auf E. 3.5
und 3.6 des angefochtenen Urteils (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG). Es sind sodann
keine die Haft ausschliessenden bzw. beendenden Gründe im Sinne von Art. 80
Abs. 6 AuG erkennbar.
2.2.2 Damit könnten die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der
Ausschaffungshaft höchstens wegen unzulänglicher Haftbedingungen (Art. 81 AuG)
in Frage gestellt werden. Dazu schreibt der Beschwerdeführer, dass es während
seines Aufenthalts im Ausschaffungszentrum Aarau nicht einfach für ihn gewesen
sei, er habe unter psychischem Druck und strengen Haftbedingungen gelitten; er
habe dem Druck nicht standhalten können und einen Selbstmordversuch
unternommen; er bitte darum, den negativen Entscheid "nochmals durch(zu)gehen";
er möchte wie jeder andere frei sein, weil er nichts gemacht habe.
Der Haftrichter hat sich mit den Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum Aarau
ausführlich auseinandergesetzt, dies sowohl in allgemeiner Form als auch unter
Berücksichtigung der konkreten Situation des Beschwerdeführers. Namentlich hat
er erkannt, dass die bauliche Infrastruktur des Ausschaffungszentrums eine
ausländerrechtliche Inhaftierung von insgesamt maximal sechs Monaten zulasse.
Im Einzelnen hat er Handlungsbedarf bei der Ausstattung des Spazierhofs, den
wesentlich zu verbessernden Beschäftigungsmöglichkeiten, den
Zellenöffnungszeiten und vereinzelt im Hinblick auf die Anpassung der
Hausordnung festgestellt und konkrete Hinweise betreffend das Angebot von
Arbeit gemacht. Speziell unter Berücksichtigung der Verhältnisse des
Beschwerdeführers (z.B. Suizidabsichten, die aber der Hafterstehungsfähigkeit
nicht entgegenstünden) hat er schliesslich dargelegt, unter welchen Umständen
dieser in ein anderes Ausschaffungsgefängnis bzw. in ein spezielles Institut
zur psychiatrischen Betreuung zu verbringen sei. Dazu nimmt der
Beschwerdeführer, welchem im Kanton ein Rechtsanwalt beigegeben worden ist,
nicht Stellung. Die Erwägungen im angefochtenen Urteil geben dem Bundesgericht
keinen Anlass, die Zulässigkeit der Haftverlängerung vom 23. Juni 2008 unter
dem Gesichtswinkel von Art. 81 AuG in Frage zu stellen. Was die seitherige
Entwicklung anbelangt, so ergibt sich aus den Akten, dass der Beschwerdeführer,
in Befolgung der Auflagen im angefochtenen Haftverlängerungsurteil, seit dem
30. Juni 2008 nicht mehr im Ausschaffungszentrum Aarau weilt. Die Überprüfung
der neuen Haftvollzugs-Umstände steht dem Bundesgericht nicht zu, zumal das
inzwischen ergangene, ein Haftentlassungsgesuch abweisende Urteil vom 3. Juli
2008 nicht angefochten worden ist.

2.3 Soweit es gestützt auf die Beschwerdeschrift überprüft werden kann, hält
das angefochtene Urteil der bundesgerichtlichen Prüfung stand. Die Beschwerde
ist offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG), und sie ist im
vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.4 Dem Verfahrensausgang entsprechend wären die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen. Indessen rechtfertigen es die Umstände, auf die
Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt des Kantons Aargau,
dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für
Migration sowie (zur Kenntnisnahme) Rechtsanwalt Dr. Marcel Buttliger
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juli 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Hungerbühler Feller