Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.477/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_477/2008

Urteil vom 24. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiberin Dubs.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Bialas,

gegen

Kantonales Ausländeramt St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32,
9001 St. Gallen.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
22. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1952), Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, reiste
1982 in die Schweiz ein und erhielt eine Jahresaufenthaltsbewilligung. 1984
folgten ihm seine Ehefrau Y.________ und der gemeinsame Sohn A.________ (geb.
1979) im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz.
Am 6. November 1984 wurde X.________ vom Kreisgericht Fünf Dörfer wegen
Gehilfenschaft zu Diebstahl mit drei Monaten Gefängnis bedingt bestraft. Am 2.
Januar 1986 sprach die Fremdenpolizei des Kantons St. Gallen (heute:
Ausländeramt) gegen ihn eine Verwarnung aus. Die Aufenthaltsbewilligung wurde
widerrufen und es wurde ihm eine sogenannte Toleranzbewilligung (Ausweis D)
erteilt. In der Folge erhielt er dann wieder eine Aufenthaltsbewilligung. Im
Jahre 1988 kam der Sohn B.________ zur Welt. 1992 wurde das Gesuch von
X.________ um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung abgewiesen.
Die Eheleute X.________ und Y.________ liessen sich 1994 scheiden. Am 18.
November 1994 wies das Ausländeramt das erneute Gesuch von X.________ um
Erteilung der Niederlassungsbewilligung ab mit der Begründung, der
Gesuchsteller komme seinen finanziellen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäss
nach.

B.
In der Folge wurde X.________ wiederholt straffällig: Am 12. April 1995 wurde
er wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit Fr. 400.-- gebüsst. Mit
Strafbescheid vom 23. Oktober 1995 wurde er wegen Widerhandlung gegen die
Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische
Staatsangehörige mit zehn Tagen Gefängnis und Fr. 400.-- Busse bestraft. Am 15.
September 1998 wurde er mit Fr. 1'000.-- gebüsst, weil er um hohe Geldbeträge
gespielt hatte. Am 21. Oktober 1998 wies das Ausländeramt ein erneutes Gesuch
von X.________ um Erteilung der Niederlassungsbewilligung ab.
In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 1998 schoss X.________ im Verlauf
einer Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Personen aus dem ehemaligen
Jugoslawien einem Widersacher mit einer Faustfeuerwaffe nach und verletzte ihn
mit einem Streifschuss im Lendenbereich. Das Kreisgericht St. Gallen erklärte
X.________ mit Urteil vom 12./17. Februar 2003 der versuchten vorsätzlichen
Tötung, des Angriffs, der Widerhandlung gegen das Waffengesetz sowie der
mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu
6 Jahren und 9 Monaten Zuchthaus. Ferner verwies es ihn für 5 Jahre des Landes,
unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von 5 Jahren.
Auf Berufung hin sprach ihn das Kantonsgericht St. Gallen mit Urteil vom 30.
Juni 2004 der versuchten vorsätzlichen Tötung, der Widerhandlung gegen das
Waffengesetz sowie der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig
und verurteilte ihn zu 5 ½ Jahren Zuchthaus. Von der Anklage der einfachen
Verletzung von Verkehrsregeln und des Angriffs sprach es ihn frei. Die bedingte
Landesverweisung wurde bestätigt. Am 15. November 2004 trat X.________ in den
Strafvollzug ein. Mit Urteil vom 15. Dezember 2004 (6P.140/2004, 6S.385/2004)
wies das Bundesgericht die von X.________ gegen den Entscheid des
Kantonsgerichts eingereichten Beschwerden ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Am 10. März 2006 heiratete X.________ eine Schweizer Bürgerin, die ursprünglich
ebenfalls aus Bosnien und Herzegowina stammt.
X.________ beging am 4. November 2007 auf der Rückfahrt vom Urlaub in die
Strafanstalt eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung um rund 40 km/h auf
der Autobahn.
Mit Verfügung vom 28. November 2007 verweigerte das Ausländeramt des Kantons
St. Gallen die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von X.________. Dagegen
erhob X.________ erfolglos Rekurs an das Sicherheits- und Justizdepartement und
sodann Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Im April
2008 wurde er bedingt aus dem Strafvollzug entlassen.

D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Juni 2008
beantragt X.________, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St.
Gallen vom 22. Mai 2008 sowie den Entscheid des Sicherheits- und
Justizdepartements "vom 4. Februar 2008 vom 27. Juli 2007" aufzuheben und seine
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
Das Verwaltungsgericht und das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons
St. Gallen sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Kantonale Ausländeramt St. Gallen liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
1.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlichrechtlichen
Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts ausgeschlossen gegen die
Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht
noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt.

1.2 Gemäss Art. 126 Abs. 1 des neuen Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über
die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20), welches am 1. Januar 2008 in
Kraft getreten ist, bleibt für Gesuche, die vor diesem Zeitpunkt gestellt
worden sind, das bisherige Recht anwendbar. Das muss auch gelten für Verfahren,
die von Amtes wegen noch unter altem Recht eingeleitet worden sind, wie dies
hier der Fall war.

1.3 Der Beschwerdeführer, der mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet ist,
besitzt gemäss Art. 7 Abs. 1 des hier noch massgebenden (E. 1.2) Bundesgesetzes
vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer grundsätzlich
einen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Zusätzlich
kann er sich auch auf das in Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. in Art. 13 Abs. 1 BV
garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens berufen. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig. Soweit damit auch
die Aufhebung des Entscheids des Sicherheits- und Justizdepartements vom 4.
Februar 2008 und allenfalls der Verfügung des Ausländeramts (auf was sich das
Datum 27. Juli 2007 bezieht, ist nicht klar) beantragt wird, kann auf die
Beschwerde jedoch nicht eingetreten werden (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).

1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann
nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig erfolgt ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art.
105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge, welche rechtsgenüglich substantiiert
vorzubringen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG), setzt zudem voraus, dass die Behebung
des Mangels sich für den Ausgang des Verfahrens als entscheidend erweisen kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das
Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insoweit, als sie in der Beschwerde
präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133
II 249 E. 1.4.2 S. 254; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers - wie erwähnt - grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung (erster Satz). Der Anspruch erlischt, wenn ein
Ausweisungsgrund vorliegt (dritter Satz).

2.2 Der Ausländer kann aus der Schweiz unter anderem ausgewiesen werden, wenn
er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde (Art. 10
Abs. 1 lit. a ANAG). Die Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn sie nach
den gesamten Umständen "angemessen", d.h. verhältnismässig, erscheint (Art. 11
Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des Verschuldens des
Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 der
Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer). Eine vergleichbare Interessenabwägung setzt im
Übrigen gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK auch ein Eingriff in das Recht auf Achtung
des Familienlebens voraus (BGE 134 II 10 E. 4.1 S. 22 f.).
Ob die Ausweisung gemäss den massgeblichen Bestimmungen verhältnismässig ist,
ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht im vorliegenden Beschwerdeverfahren
frei geprüft wird. Dem Bundesgericht ist es jedoch verwehrt, sein eigenes
Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit der Ausweisung - an
die Stelle des Ermessens der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 129
II 193 E. 5.1 S. 208 mit Hinweis).

2.3 Ausgangspunkt für die ausländerrechtliche Interessenabwägung gemäss Art. 11
Abs. 3 ANAG ist das Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom
Strafrichter verhängten Strafmass seinen Ausdruck. Dabei sind umso strengere
Anforderungen an die Schwere des strafrechtlichen Verschuldens zu stellen, je
länger ein Ausländer in der Schweiz gelebt hat. Zu berücksichtigen ist auch, in
welchem Alter der Ausländer in die Schweiz eingereist ist. Selbst bei einem
Ausländer, der bereits hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in der
Schweiz verbracht hat ("Ausländer der zweiten Generation"), ist bei Gewalt-,
Sexual- oder Betäubungsmitteldelikten bzw. wiederholter Straffälligkeit eine
Ausweisung jedoch nicht ausgeschlossen (BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190 mit
Hinweisen). Unter Berücksichtigung aller entscheidenden Umstände kann schon
eine einzige Verurteilung wegen einer besonders schwer wiegenden Straftat zur
Ausweisung führen. Dem Gesichtspunkt der Rückfallgefahr kommt ausserhalb des
Geltungsbereichs des Freizügigkeitsabkommens nicht vorrangige Bedeutung zu und
es muss im Zusammenhang mit Gewaltdelikten selbst ein relativ geringes
Restrisiko nicht hingenommen werden (zum Ganzen: BGE 130 II 176 E. 4.2 bis 4.4
S. 185 ff. mit Hinweisen).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer wurde zu einer Zuchthausstrafe von 5 ½ Jahren
verurteilt. Damit liegt ein Ausweisungsgrund nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG
vor. Zu prüfen bleibt, ob die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung
verhältnismässig ist.

3.2 Der Beschwerdeführer macht vorab geltend, es sei unzulässig, im
Strafregister gelöschte Vorstrafen ausländerrechtlich zu berücksichtigen.
3.2.1 Zutreffend ist, dass nach Art. 369 Abs. 7 StGB, in der seit 1. Januar
2007 in Kraft stehenden Fassung, aus dem Strafregister entfernte Urteile dem
Betroffenen nicht mehr entgegengehalten werden dürfen. An diese Urteile dürfen
somit generell keine Rechtsfolgen mehr geknüpft werden (vgl. BGE 135 I 71 E.
2.10 mit Hinweisen; zur Publikation bestimmtes Urteil 6B_538/2008 vom 7. Januar
2009 E. 2.4-2.5). Dieses Verwertungsverbot von gelöschten Strafen gilt nicht
nur für die Strafverfolgungsbehörden, sondern für sämtliche Behörden, die
Strafregisterdaten aus VOSTRA beziehen (PATRICK GRUBER, Basler Kommentar, N 8/9
zu Art. 369 StGB), somit auch für das Bundesamt für Migration (Art. 367 Abs. 2
lit. e StGB) und für die kantonalen Fremdenpolizeibehörden (Art. 367 Abs. 2
lit. g StGB). Aus den Materialien (BBl 1999 II 2168) ergibt sich allerdings,
dass der Gesetzgeber nur strafrechtlich überlegt hat. Wohl wird (allgemein)
ausgeführt, es lasse sich nicht rechtfertigen, einem Straftäter noch nach
Jahrzehnten nach Verbüssung der Strafe eine Straftat von Staates wegen
vorzuhalten. Aus dem Textzusammenhang und der Bezugnahme auf die
Strafverbüssung ergibt sich hingegen, dass einzig strafrechtliche Zusammenhänge
angesprochen sind. Im Bereich des Ausländerrechts kann Art. 369 Abs. 7 StGB nur
zur Folge haben, dass die Bewilligungsverweigerung, der Widerruf einer
ausländerrechtlichen Bewilligung, deren Nichtverlängerung sowie die
altrechtliche Ausweisung nicht gestützt auf eine gelöschte Straftat verfügt
werden können, was logischerweise ohnehin nicht in Betracht fällt. Es muss
somit ein genügend gewichtiger aktueller Anlass vorliegen, um eine
entsprechende fremdenpolizeiliche Massnahme zu rechtfertigen.
3.2.2 Bei der im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmenden
ausländerrechtlichen Interessenabwägung kann indessen nicht ausgeblendet
werden, wie sich der betroffene Ausländer während seiner gesamten Anwesenheit
in der Schweiz verhalten hat. Eine lange Aufenthaltsdauer fällt grundsätzlich
zu Gunsten eines weiteren Verbleibs ins Gewicht, sofern sich der Ausländer
während dieser Zeit klaglos verhalten hat. Müssten für die ausländerrechtliche
Würdigung der Anwesenheitsdauer inzwischen gelöschte Strafen, die den
Fremdenpolizeibehörden bekannt sind, sowie allenfalls eine gestützt darauf
schon früher verfügte fremdenpolizeiliche Verwarnung oder eine Einreisesperre
ausser Acht gelassen werden, käme es zu einer verzerrten Beurteilung. Es wäre
widersprüchlich, gestützt auf das absolute Verwertungsverbot davon auszugehen,
dass sich ein Ausländer während Jahren hier wohl verhalten hat und dies gar
noch zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, nur weil die während dieser
Zeitspanne erwirkten Sanktionen im Strafregister gelöscht worden sind und
obwohl der Betroffene in Wirklichkeit damals Anlass zu Klagen gegeben hat. Für
die ausländerrechtliche Interessenabwägung ist demnach das Verwertungsverbot
gemäss Art. 369 Abs. 7 StGB insofern zu relativieren, als es den
Fremdenpolizeibehörden nicht verwehrt ist, strafrechtlich relevante Daten, die
sich in ihren Akten befinden oder ihnen anderweitig bekannt sind bzw. werden,
namentlich solche, die Anlass zu einer fremdenpolizeilichen Verwarnung gaben,
nach deren Löschung im Strafregister in die Beurteilung des Verhaltens des
Ausländers während seiner gesamten Anwesenheit in der Schweiz einzubeziehen,
wobei selbstverständlich weit zurückliegenden Straftaten in der Regel keine
grosse Bedeutung mehr zukommen kann, insbesondere wenn es sich wie hier um
relativ geringfügige Verfehlungen handelt.
3.3
3.3.1 Ausgangspunkt und Massstab für die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung
ist - wie erwähnt - die vom Strafrichter verhängte Freiheitsstrafe, d.h. das
strafrechtliche Verschulden.
Der Beschwerdeführer hat ein schweres Gewaltdelikt begangen: Im Verlauf einer
handgreiflichen Auseinandersetzung unter Staatsangehörigen des ehemaligen
Jugoslawien schoss der Beschwerdeführer einem Widersacher, der die Flucht
ergriff, aus kurzer Distanz mit einer Faustfeuerwaffe nach und verletzte ihn
mit einem Streifschuss im Lendenbereich. Er wurde deshalb unter anderem der
versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen. Die Vorinstanz ist
gestützt auf das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 30. Juni 2004 zu
Recht von einem schweren Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen. Im
ausländerrechtlichen Verfahren besteht regelmässig kein Raum, die Beurteilung
des Strafrichters in Bezug auf das Verschulden zu relativieren (Urteile 2C_488/
2007 vom 6. Februar 2008 E. 3.1; 2A.16/2007 vom 10. Mai 2007 E. 3.1.1; 2A.373/
2006 vom 15. September 2006 E. 3.1). Im Übrigen hat das Kantonsgericht bei der
Festsetzung des Strafmasses von 5 ½ Jahren Zuchthaus der langen Verfahrensdauer
Rechnung getragen.
Aufgrund der hohen Gewaltbereitschaft, die er beim versuchten Tötungsdelikt
erkennen liess, vermögen seine Beteuerungen betreffend sein zukünftiges
Wohlverhalten diesbezügliche Bedenken nicht auszuräumen. Im Übrigen beging er
noch während des Strafvollzugs eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung auf
der Autobahn, was nicht auf eine grundlegende Haltungsänderung bezüglich der
hier geltenden gesetzlichen Ordnung hindeutet. Dass der Beschwerdeführer seit
der bedingten Entlassung im April 2008 bzw. während des hängigen
fremdenpolizeilichen Verfahrens nicht mehr straffällig geworden ist, steht
dieser Würdigung nicht entgegen. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt,
erscheint ein psychiatrisches Gutachten zum Vornherein nicht als geeignet, für
das vorliegende Verfahren entscheidende neue Erkenntnisse betreffend
Rückfallgefahr zu liefern. Aus dem Umstand, dass die Landesverweisung bedingt
ausgesprochen wurde, kann der Beschwerdeführer sodann nichts zu seinen Gunsten
ableiten, zumal dies die verfügte ausländerrechtliche Massnahme nicht
ausschliesst (BGE 129 II 215 E. 3.2 und 7.4 S. 216 f. und 222 f.). Soweit es
hier aufgrund der Schwere der Straftat und des damit verbundenen Verschuldens
überhaupt noch auf eine Rückfallgefahr ankommt, kann jedenfalls selbst ein
geringes Risiko nicht hingenommen werden. Zusammenfassend ergibt sich, dass ein
gewichtiges öffentliches Interesse an der Entfernung des Beschwerdeführers aus
der Schweiz besteht.
3.3.2 Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit 26 Jahren in der Schweiz auf. Zu
berücksichtigen ist jedoch, dass er erst im Alter von 30 Jahren einreiste. Er
ist somit in seinem Heimatland aufgewachsen und hat dort auch die prägenden
Jugendjahre verbracht. Die verhältnismässig lange Aufenthaltsdauer wird zudem
durch die Umstände seiner Anwesenheit relativiert: Aufgrund des bereits ein
Jahr nach seiner Einreise verfügten Widerrufs der Aufenthaltsbewilligung und
der in der Folge wegen seines Verhaltens dreimal verweigerten Erteilung der
Niederlassungsbewilligung konnte der Beschwerdeführer nicht davon ausgehen,
dass sein Verbleiben in der Schweiz ohne weiteres auf Dauer gewährleistet war,
zumal er über keinen Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung verfügte. Umso mehr
musste er nach seiner schwersten Straftat im Dezember 1998 damit rechnen, die
Schweiz verlassen zu müssen. Vorerst konnte er wegen des hängigen
Strafverfahrens und ab November 2004, weil er sich im Strafvollzug (bis April
2008) befand, in der Schweiz verbleiben.
Trotz relativ langem Aufenthalt ist weder beruflich noch gesellschaftlich eine
gute Integration in der Schweiz ersichtlich, auch wenn der Beschwerdeführer
seine hohe Verschuldung inzwischen offenbar abgebaut hat und keine Betreibungen
mehr aufweist. Den Akten ist zu entnehmen, dass er mehrheitlich zu Leuten aus
dem ehemaligen Jugoslawien Kontakt pflegt und trotz langjährigem Aufenthalt die
deutsche Sprache nicht beherrscht. Obwohl der Beschwerdeführer schon lange in
der Schweiz lebt, kann unter diesen Umständen nicht von einer eigentlichen
Verwurzelung gesprochen werden. Nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz spricht der Beschwerdeführer die heimatliche Sprache und ist mit den
sozialen und kulturellen Gepflogenheiten in Bosnien und Herzegowina nach wie
vor vertraut, weshalb er sich dort wieder wird zurecht finden können. Die
Rückkehr in sein Heimatland, wo sich die Verhältnisse seit seinem Weggang
nachhaltig verändert haben, mag ihn hart treffen, ist aber grundsätzlich
zumutbar. Die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme stehen einer Ausreise
nicht entgegen, selbst wenn die medizinische Versorgung in den ländlichen
Gebieten von Bosnien und Herzegowina nicht dem schweizerischen Standard
entsprechen sollte. Die Notwendigkeit für einen Verbleib in der Schweiz
aufgrund des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers ist jedenfalls
nicht ausgewiesen. Gemäss Arztzeugnis steht der Beschwerdeführer in lockerer
medizinischer Kontrolle. Dass die Medikamente, die er regelmässig einnehmen
muss, im Heimatland nicht erhältlich wären, wird nicht dargetan. Im Übrigen
könnten ihm auch seine beiden in der Schweiz wohnhaften Söhne nötigenfalls beim
Besorgen der Medikamente behilflich sein.
3.3.3 Die vom Beschwerdeführer im März 2006 während des Strafvollzugs
eingegangene Ehe ist für die vorliegende Interessenabwägung bloss von
untergeordneter Bedeutung. Im Zeitpunkt der Heirat hatte die Ehegattin von der
Straffälligkeit und, da sie den Beschwerdeführer bereits seit längerem kannte,
von seinem Vorleben bestens Kenntnis und musste folglich damit rechnen, die Ehe
mit ihm nicht in der Schweiz leben zu können. Ob es der hier eingebürgerten
Ehefrau, die ursprünglich ebenfalls aus Bosnien und Herzegowina stammt,
zumutbar wäre, dem Beschwerdeführer ins Heimatland zu folgen, kann unter diesen
Umständen dahingestellt bleiben. Falls die Ehefrau sich entscheiden sollte, in
der Schweiz zu verbleiben, ist es dem Beschwerdeführer zudem nicht verwehrt,
sie hier zu besuchen, da bloss eine Bewilligungsverweigerung und keine
Ausweisung verfügt wurde.
3.3.4 Die beiden Söhne aus erster Ehe sind volljährig. Der Beschwerdeführer
macht jedoch geltend, der jüngere Sohn befinde sich noch in der Ausbildung und
wohne bei ihm. Selbst wenn die Ehefrau des Beschwerdeführers den
zwanzigjährigen Stiefsohn noch finanziell unterstützt, besteht zwischen diesem
und dem Beschwerdeführer jedenfalls nicht ein eigentliches
Abhängigkeitsverhältnis, das ausserhalb der Kernfamilie einen Anspruch auf
Aufenthalt gestützt auf den Familienschutz nach Art. 8 EMRK entstehen lassen
könnte. Abgesehen davon, dass der Sohn erwachsen ist, leben zudem auch seine
leibliche Mutter sowie sein älterer Bruder in der Schweiz, weshalb er auch nach
Ausreise des Vaters und allenfalls der Stiefmutter ohnehin nicht auf sich
allein gestellt wäre.
3.3.5 Aufgrund des Gesagten überwiegt das öffentliche Interesse an der
Entfernung des Beschwerdeführers aus der Schweiz dessen privates Interesse an
einem weiteren Verbleib.

3.4 Wenn das Verwaltungsgericht bei dieser Sachlage die Voraussetzungen für
eine Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers als
erfüllt erachtete, verstiess es damit weder gegen Bundesrecht noch gegen
staatsvertragliche Verpflichtungen.

4.
4.1 Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

4.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St.
Gallen, dem Sicherheits- und Justizdepartement sowie dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Februar 2009

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Müller Dubs