Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.436/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_436/2008/ble

Urteil vom 20. Juni 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern.

Gegenstand
Ausländerrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 7.
Mai 2008.

Erwägungen:

1.
Der aus dem Kosovo stammende X.________, geboren 1969, reiste im August 1991 in
die Schweiz ein und erhielt im Rahmen des Familiennachzugs die
Aufenthaltsbewilligung; seine Ehefrau verfügt seit 1998 über die
Niederlassungsbewilligung. Das Ehepaar hat zwei Kinder, geboren 1999 und 2001.
Die Scheidung der Ehe steht bevor; die Ehegatten haben am 4./12. März 2008 eine
Scheidungskonvention unterzeichnet; das Sorgerecht für die Kinder wird der
Ehefrau übertragen.
X.________ wurde verschiedentlich straffällig. Am 24. Januar 2006 verurteilte
ihn das Obergericht des Kantons Luzern wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Zurzeit
befindet er sich im Strafvollzug; zugleich ist beim Kriminalgericht des Kantons
Luzern ein weiteres Strafverfahren gegen ihn hängig wegen mehrfacher
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (schwerer Fall).
Am 14. November 2007 verfügte das Amt für Migration des Kantons Luzern die
Ausweisung von X.________. Die gegen die Ausweisungsverfügung erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern am 7. Mai 2008 ab.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Juni 2008
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben, seine Ausweisung aus der Schweiz sei "abzulehnen" und es sei ihm zu
bewilligen, auch nach der Strafverbüssung in der Schweiz zu bleiben.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2.
2.1 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20 bzw. AS 2007 5437) in Kraft
getreten. Massgebend für die Überprüfung der vorliegend streitigen, vor dem 1.
Januar 2008 verfügten Ausweisung ist aber in analoger Anwendung von Art. 126
Abs. 1 AuG das bisherige Recht, nämlich das Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG), wie schon das
Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat.

2.2 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz
ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich
bestraft wurde. Der Beschwerdeführer ist insbesondere zu einer Freiheitsstrafe
von fünf Jahren wegen qualifizierter Betäubungsmitteldelikte verurteilt worden,
womit gegen ihn ein Ausweisungsgrund vorliegt.
Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach
den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der
Angemessenheit, d.h. der Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S.
523) der Ausweisung erklärt Art. 16 Abs. 3 ANAV namentlich als wichtig die
Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der
Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Da bei der
vorzunehmenden Interessenabwägung die persönlichen und familiären Verhältnisse
zu berücksichtigen sind, hält eine im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG
verhältnismässige Ausweisung grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK (Recht auf
Achtung des Privat- und Familienlebens) bzw. der Interessenabwägung gemäss Art.
8 Abs. 2 EMRK stand.

2.3 Ausgangspunkt der Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das
Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten
Strafmass seinen Ausdruck (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Insbesondere im
vorliegenden Fall besteht kein Anlass, für die Gewichtung des Verschuldens von
der strafrichterlichen Beurteilung abzuweichen; es kann hierzu auf E. 3b des
angefochtenen Urteils verwiesen werden (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG). Von
Bedeutung ist dabei, dass der heute 39jährige Beschwerdeführer erst als
Erwachsener in die Schweiz gekommen ist und für die Rechtfertigung der
Ausweisung nicht die erhöhten Anforderungen an die Art und Schwere der
Straftaten gelten wie bei Ausländern, die als Kleinkinder in die Schweiz
übersiedelt oder gar hier geboren sind (vgl. BGE 122 II 433 E. 2c S. 436 f.).
Im Übrigen ist vorliegend ein schweres Betäubungsmitteldelikt im Spiel; bei
solchen Verbrechen verfolgt das Bundesgericht eine strenge Praxis, und es
gewichtet das Verschulden bei der ausländerrechtlichen Interessenabwägung
schwer; eine Ausweisung darf selbst bei sehr langer Landesanwesenheit ernsthaft
in Betracht gezogen werden (BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 526 f.). Die anfangs
2006 zur Verurteilung führenden Taten gehen auf das Jahr 1999 zurück; dies
rechtfertigt für sich, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, keine ins
Gewicht fallende Relativierung des Verschuldens: Zum Einen liegt das strafbare
Verhalten noch nicht übermässig lange zurück und verbüsst der Beschwerdeführer
nach wie vor und noch für einige Zeit die dafür ausgesprochene Strafe; zum
Andern ist nicht ohne Belang, dass gegen ihn bereits wiederum ein
Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten hängig ist, was zumindest darauf
schliessen lässt, dass er weiterhin einen Bezug zum entsprechenden kriminellen
Milieu hat. Das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers
ist sehr gross. Es wird durch seine persönlichen und familiären Interessen, die
für sein Verbleiben in der Schweiz sprechen könnten, nicht aufgewogen:
Wohl befindet er sich seit mittlerweile bald 17 Jahren in der Schweiz, wohin er
erst als Erwachsener gekommen ist. Seine Kindheits- und Jugendzeit hat er in
seiner Heimat verbracht; die dortigen Verhältnisse sind für ihn nicht völlig
unbekannt. Nicht mehr von Bedeutung ist die Beziehung zu seiner Ehefrau,
nachdem die Scheidung im Gange ist. Was seine minderjährigen Kinder betrifft,
so würde er, selbst bei weiterem Aufenthalt in der Schweiz, die Beziehung zu
ihnen nach Beendigung des Strafvollzugs nicht im Familienverband, sondern nur
im Rahmen eines Besuchsrechts pflegen können. Durch die Ausweisung wird zwar
die Kontaktpflege erheblich erschwert, nicht aber eine enge
Familiengemeinschaft aufgelöst. Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete
Massnahme erweist sich als im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG bzw. Art. 8 Abs. 2
EMRK verhältnismässig.

2.4 Indem das Verwaltungsgericht die vom Amt für Migration verfügte Ausweisung
bestätigte, hat es schweizerisches Recht (vgl. Art. 95 BGG) nicht verletzt. Die
Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG) und ist im vereinfachen Verfahren abzuweisen.

2.5 Der Beschwerdeführer hat um Kostenbefreiung ersucht. Dem Begehren kann
wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juni 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller