Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.411/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_411/2008

Urteil vom 28. Oktober 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Parteien
Eidgenössische Steuerverwaltung,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________ Limited,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rolf Schilling, Rechtsanwalt.

Gegenstand
Mehrwertsteuer (1/2002-4/2003); Vergütungszins (Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 29.
April 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 5. Juni 2003 stellte die Y.________ Limited mit Sitz auf Bermuda bei der
Eidgenössischen Steuerverwaltung einen Antrag auf Vergütung der Mehrwertsteuer
im Betrag von Fr. 116'627.54 auf den Leistungen, die an sie im Jahre 2002 im
Inland ausgeführt wurden (vgl. Art. 90 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes über
die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999, MWSTG, SR 641.20). Am 17. Januar 2004
stellte sie auch einen Antrag auf Vergütung der Mehrwertsteuer im Betrag von
Fr. 565'830.39 für das Jahr 2003.
Mit Entscheid vom 27. Februar 2004 wies die Eidgenössische Steuerverwaltung die
Vergütungsanträge ab, da die Antragstellerin weder ihre Unternehmereigenschaft
noch die Art der Verwendung der bezogenen Leistungen nachgewiesen hatte. Im
Einspracheverfahren hiess die Eidgenössische Steuerverwaltung mit Entscheid vom
18. Mai 2006 den Antrag der Y.________ Limited auf Vergütung der Mehrwertsteuer
im Betrag von Fr. 116'627.54 und Fr. 565'830.39 aufgrund der neu eingereichten
Unterlagen gut. Einen Vergütungszins richtete die Verwaltung indessen nicht
aus, da Bermuda kein entsprechendes Gegenrecht gewähre. Auch sprach sie keine
Parteientschädigung zu.

B.
Mit Beschwerde vom 14. Juni 2006 beantragt die Y.________ Limited der
Eidgenössischen Steuerrekurskommission, es sei der Einspracheentscheid der
Eidgenössischen Steuerverwaltung aufzuheben, soweit er ihr keinen
Vergütungszins und keine Parteientschädigung zuspreche (Ziffern 3 und 5 des
Einspracheentscheides). Es sei ihr ein Verspätungszins von 5 % per annum auf
Fr. 116'627.54 für die Zeit vom 5. August 2003 bis 30. Mai 2006 und auf Fr.
565'831.00 für die Zeit vom 21. März 2004 bis 30. Mai 2006 zu bezahlen. Sodann
sei ihr für das Einspracheverfahren eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Das Bundesverwaltungsgericht, welches das Verfahren von der Eidgenössischen
Steuerrekurskommission übernommen hatte, hiess mit Urteil vom 29. April 2008
die Beschwerde im Sinne der Erwägungen teilweise gut. Es wies die Sache zur
Berechnung des geschuldeten Vergütungszinses ab dem 61. Tag seit Gesuchstellung
bis zur Zahlung der Steuervergütung an die Eidgenössische Steuerverwaltung
zurück. Dem Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung für das
Einspracheverfahren gab das Bundesverwaltungsgericht nicht statt. Die
Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 2'000.-- auferlegte es mit Fr. 200.-- der
teilweise obsiegenden Y.________ Limited und sprach ihr eine reduzierte
Parteientschädigung zu. Der Vorinstanz wurden keine Kosten auferlegt.

C.
Hiergegen führt die Eidgenössische Steuerverwaltung Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 2008 sei aufzuheben, soweit es nicht
die Parteikostenentschädigung im Einspracheverfahren betreffe (vgl.
angefochtenes Urteil E. 4), und der Einspracheentscheid vom 18. Mai 2006 sei zu
bestätigen.
Die Y.________ Limited schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs.
1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen vom
Bundesverwaltungsgericht (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) gefällten Endentscheid
(Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a
BGG). Die Rückweisung einzig zum Zweck, dass die Verwaltung den Vergütungszins
anhand der bereits bestimmten Tage frankenmässig berechne, ändert nichts daran,
dass es sich um einen Endentscheid handelt (vgl. BGE 134 II 124 E. 1.3). Die
Eidgenössische Steuerverwaltung ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 2
lit. a BGG in Verbindung mit Art. 5 und 17 der Organisationsverordnung für das
Eidgenössische Finanzdepartement vom 11. Dezember 2000, SR 172.215.1, und Art.
45b Abs. 2 der Verordnung zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 29. März
2000, MWSTGV, SR 641.201). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden (vgl. BGE 130 III 136, E. 1.4 S. 140).
Indessen legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat, soweit er nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

1.2 Die Beschwerdegegnerin verlangt Einsichtnahme in die von der
Beschwerdeführerin eingereichten "vertraulichen" Akten. Bei diesen Akten
handelt es sich um die gleichen Dokumente, welche die Beschwerdeführerin ihrer
Beschwerde in anonymisierter Form als Beilagen 23 - 28 den amtlichen Akten
beigelegt hat (vgl. Beschwerde S. 9). Freilich konnte die Beschwerdegegnerin
aus der Formulierung in der Beschwerde dies nicht erkennen. Die anonymisierten
Dokumente standen der Beschwerdegegnerin somit offen. Sie hätte in die
amtlichen Akten Einsicht nehmen können, wenn sie das verlangt hätte. Es wurden
ihre somit keine Dokumente vorenthalten, die sie nicht einsehen durfte. Dass
diese Dokumente zu anonymisieren waren, nachdem sie andere Steuerpflichtige
betrafen, versteht sich von selbst. Damit erübrigt sich auch die Anordnung
eines zweiten Schriftenwechsels, den die Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die
vertraulichen Dokumente vorsorglich beantragt hat.

2.
Vor Bundesgericht ist einzig umstritten, ob die Eidgenössische Steuerverwaltung
auf der Vergütung der Mehrwertsteuer an die Beschwerdegegnerin einen Zins zu
zahlen hat. Die eigentliche Vergütung der Mehrwertsteuern im Betrag von Fr.
116'627.54 und Fr. 565'830.39, wie sie der Beschwerdegegnerin im
Einspracheentscheid zugesprochen wurden, blieb unbestritten. Ebenso steht die
Frage der Parteientschädigung für das Einspracheverfahren nicht mehr zur
Diskussion.

3.
3.1 Gemäss Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG ist der Bundesrat zuständig zu
bestimmen, unter welchen Voraussetzungen den Abnehmern mit Wohn- oder
Geschäftssitz im Ausland die Mehrwertsteuer auf den an sie im Inland
ausgeführten Lieferungen und Dienstleistungen zu erstatten ist. Von dieser
Kompetenz hat der Bundesrat in Art. 28 ff. MWSTGV Gebrauch gemacht und die
Details der Steuerrückvergütung an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im
Ausland geregelt. Dass die Rückvergütungen zu verzinsen wären, sieht die
Verordnung - im Unterschied zur gesetzlichen Regelung über die Verzinsung von
Rückvergütungen, die sich im Zusammenhang mit Vorsteuerüberhängen oder für zu
Unrecht eingeforderte Steuern ergeben (Art. 48 Abs. 4 MWSTG) - nicht vor. Das
Merkblatt Nr. 19 der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die "Vergütung der
Mehrwertsteuer an Abnehmer mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland" (Ziff.
1.10) schliesst die Zahlung von Vergütungszinsen bei Erstattungen nach Art. 90
Abs. 2 lit. b MWSTG gänzlich aus. Es fragt sich, ob die bundesrätliche Regelung
lückenhaft ist.

3.2 Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass für
öffentlich-rechtliche Forderungen ein Verzugszins bezahlt werden muss, sofern
es nicht durch besondere gesetzliche Regelung oder dem Sinn nach ausgeschlossen
ist (BGE 101 Ib 252 E. 4b; 95 I 258 E. 3 S. 263). Im Steuerrecht ist die
Verzinslichkeit der Steuerforderung im Gesetz regelmässig explizit geregelt
(Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, 5. Aufl. 1995, S. 278).
Vom Verzugszins zu unterscheiden ist der Vergütungszins, der auf zuviel
bezahlten und deshalb zurückzuerstattenden Beträgen geschuldet ist. Im
Unterschied zum Verzugszins ist der Vergütungszins wirtschaftlich motiviert und
setzt insbesondere keinen Verzug der Verwaltung voraus. Der Vergütungszins
besteht zugunsten des Steuerpflichtigen, der einen Steuerbetrag vorzeitig
entrichtet, bevor er nach den allgemeinen Fälligkeitsterminen zur Bezahlung
verpflichtet ist, oder der eine Steuer zu Unrecht bezahlt hat und dem die
Steuer zurückerstattet werden muss (ASA 53 S. 558, A.320/1981 E. 4). Eine
solche Verzinsung versteht sich aber nicht von selbst, sondern muss positiv
angeordnet sein. Vergütungszinsen sind daher grundsätzlich nur geschuldet, wenn
dies gesetzlich vorgesehen ist (ASA 68 S. 518, 2A.137/1998 E. 3a; 53 S. 558,
A.320/1981 E. 4; s. auch Locher/Locher, Interkantonale Doppelbesteuerung, § 12
III C 2 Nr. 8, für die Verzinsung bei Rückerstattung zu Unrecht bezogener
Steuern durch den Kanton). Ausnahmsweise ergibt sich aus Sinn und Zweck der
gesetzlichen Regelung, durch Analogieschluss oder aus allgemeinen Prinzipien,
dass ein Vergütungszins zu bezahlen ist (s. auch Blumenstein/Locher, a.a.O., S.
279 mit Hinweis auf ASA 51 S. 650 E. 3). Mitunter schliesst das Gesetz einen
Vergütungszins ausdrücklich aus (vgl. Art. 31 Abs. 4 des Bundesgesetzes über
die Verrechnungssteuer, VStG, SR 642.21).

3.3 Vergütungszinsen rechtfertigen sich besonders dort, wo auch der
Steuerpflichtige bei nicht rechtzeitiger Zahlung der Steuerforderung einen
Verzugszins oder Verspätungszins schuldet. Für das Mehrwertsteuerrecht bestimmt
Art. 48 Abs. 4 MWSTG unter dem Titel "Rückerstattung von Steuern", dass die
Eidgenössische Steuerverwaltung bei Auszahlung des Überschusses an abziehbaren
Vorsteuern oder eines anderen Saldoguthabens ab einem bestimmten Tag - ab dem
61. Tag nach Eintreffen der Steuerabrechnung bzw. des schriftlichen Gesuchs -
einen Vergütungszins zu entrichten hat. Solche Überschüsse können sich ergeben,
wenn die abziehbaren Vorsteuern die geschuldete Steuer übersteigen, bei
Gutschriften oder bei der Verrechnung des Saldos verschiedener
Quartalsabrechnungen. Nach Satz 2 von Art. 48 Abs. 4 MWSTG ist ein solcher
Vergütungszins auch auszurichten, wenn der steuerpflichtigen Person Steuern
zurückzuerstatten sind, die zu Unrecht eingefordert wurden. Diese
Vergütungszinsen sind aber gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und stellen den
Ausgleich zur Verzugszinspflicht des Steuerpflichtigen her. Sie verhindern,
dass der Steuerpflichtige gegenüber der Steuerverwaltung schlechter gestellt
wird (s. auch Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des
Nationalrats [WAK-N] vom 28. August 1996, BBl 1996 V 781 f.). Dass sich
Verzugs- und Vergütungszins bei der Mehrwertsteuer ergänzen, zeigt sich auch
darin, dass der Vergütungszins zum gleichen Zinssatz geschuldet ist wie der
Verzugszins (Art. 48 Abs. 4 Satz 1 MWSTG).
Der Bundesrat hat nunmehr auch für die Einfuhrsteuer einen Verzugs- und
Vergütungszins in den Artikeln 19d - 19f MWSTGV vorgesehen. Diese Bestimmungen
wurden im Zuge der Neuordnung des Zollgesetzes mit der Zollverordnung vom 1.
November 2006 (ZV, SR 631.01) mit Wirkung ab 1. Mai 2007 in die
Mehrwertsteuergesetz-Verordnung eingeführt und stellen das Pendant zur Verzugs-
und Vergütungszinspflicht bei der Erhebung von Zollabgaben dar (vgl. Art. 186
ff. ZV). Wird die Steuer nicht fristgerecht bezahlt, ist ein Verzugszins
geschuldet (Art. 19d Abs. 1 MWSTGV); bei der Rückerstattung einer zuviel
erhobenen oder nicht geschuldeten Steuer wird ab dem 61. Tage nach Stellung des
Antrags ein Vergütungszins ausgerichtet (Art. 19f Abs. 2 lit. a MWSTGV). Nach
lit. b von Art. 19f MWSTGV ist ein Vergütungszins zudem vorgesehen bei der
Rückerstattung der Steuer infolge Wiederausfuhr. Auch in diesen Fällen besteht
zwischen Verzugszinspflicht und Vergütungszinspflicht eine Konnexität.

3.4 Ein solcher Zusammenhang zwischen der Verzugszinspflicht des
Mehrwertsteuerpflichtigen und einem allfällig geschuldeten Vergütungszins auf
der Rückvergütung der Mehrwertsteuer an den Abnehmer mit Wohn- oder
Geschäftssitz im Ausland im Vergütungsverfahren nach Art. 90 Abs. 2 lit. b
MWSTG besteht nicht. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil die
rückerstattungsberechtigte Person mit der steuerpflichtigen Person nicht
identisch ist. Mit der Stellung des Gesuchs um Steuervergütung durch den
Anspruchsberechtigten befindet sich die Eidgenössische Steuerverwaltung
zunächst auch nicht in Verzug. Vielmehr ist der zurückzuerstattende Betrag
verfügungsmässig festzulegen. Im Vergütungsverfahren nach Art. 28 - 31 MWSTGV
ist deshalb kein Vergütungszins vorgesehen. Es handelt sich nicht um eine Lücke
im Gesetz oder in der Verordnung. Eine analoge Anwendung von Art. 48 Abs. 4
MWSTG über den Vergütungszins bei der Rückerstattung von Steuern auf das
Vergütungsverfahren drängt sich daher nicht auf. Art. 48 MWSTG bezieht sich
zudem nach dem Willen des Gesetzgebers nur auf die dort erwähnten Fälle von
Saldoguthaben, hält doch der Gesetzgeber ausdrücklich fest, dass Überschüsse
aus freiwilligen Zahlungen (Vorauszahlungen) "keinesfalls" zu verzinsen sind
(Bericht WAK-N, a.a.O., S. 782).

3.5 Beim Vergütungsverfahren nach Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG zugunsten von
Abnehmern mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland verhält es sich ähnlich wie
bei der Rückerstattung der Mehrwertsteuer an Missionen, internationale
Organisationen usw., die aufgrund des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007 (GSG,
SR 192.12) von der Steuerpflicht ausgenommen sind, und für welche der Bundesrat
gestützt auf Art. 90 Abs. 2 lit. a MWSTG ebenfalls zuständig ist, die
Entlastung von der Mehrwertsteuer zu regeln (vgl. Art. 20 ff. MWSTGV). Für
diese hat der Bundesrat einen Vergütungszins auf Rückerstattungen ausdrücklich
ausgeschlossen (Art. 24 Abs. 5 MWSTGV). Das deutet darauf hin, dass im
Vergütungsverfahren nach Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG ebenfalls (analog) ein
Vergütungszins nicht ausgerichtet wird. So entschieden hat das Bundesgericht
bereits mit Urteil 2C_191/2007 vom 11. Oktober 2007 im Falle des
Vergütungsantrags eines deutschen Unternehmers.

4.
Es fragt sich, ob allenfalls aus völkerrechtlicher Verpflichtung oder Usanz
eine Notwendigkeit zur Bezahlung von Vergütungszinsen folgt. Die Frage kann
offen bleiben. Wesentliche Voraussetzung für die Erstattung der Steuer nach
Art. Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG ist, dass der Sitzstaat des Gesuchstellers
Gegenrecht hält. Es ist deshalb folgerichtig, wenn zumindest für Länder, bei
denen kein Gegenrecht besteht, auch keine Vergütungszinsen bezahlt werden. Dass
Bermuda auf Steuerbeträgen, die es im Vergütungsverfahren erstattet,
Vergütungszinsen leistet, wird nicht behauptet. Es wird von der
Beschwerdegegnerin und der Vorinstanz im Gegenteil dargelegt, dass Bermuda kein
der schweizerischen Mehrwertsteuer vergleichbares Steuersystem kenne. Dennoch
ist gemäss der von der Beschwerdeführerin publizierten Länderliste im Falle von
Bermuda die Vergütung der Mehrwertsteuer "bis auf weiteres möglich". Wie die
Beschwerdeführerin in der Beschwerde darlegt, erfolgt diese Praxis einzig aus
wirtschaftspolitischen Gründen. Sie dient der Verwirklichung des
Bestimmungslandprinzips und der Vermeidung von Schattensteuerbelastungen, damit
die inländischen gegenüber den ausländischen Anbietern nicht benachteiligt
werden. Diese Praxis braucht hier nicht geprüft zu werden. Jedenfalls
verpflichtet die Länderliste die Beschwerdeführerin nicht, auf den Vergütungen
der Mehrwertsteuer auch einen Vergütungszins zu zahlen. Wenn daher die
Eidgenössische Steuerverwaltung unter diesen Umständen keinen Vergütungszins
leistet, verstösst das nicht gegen völkerrechtliche Verpflichtungen.

5.
Es stellt sich die Frage, ob anstelle des Vergütungszinses ein Verzugszins
geschuldet ist. Das ist, wie bereits angetönt worden ist (vgl. vorstehende E.
3.2 und 3.4), zu verneinen. Mit der Stellung des Antrags auf Steuervergütung
nach Art. 90 Abs. 2 lit. b MWSTG oder mit der Erhebung der Einsprache wurde die
Eidgenössische Steuerverwaltung nicht in Verzug gesetzt.
Auch von einer überlangen Verfahrensdauer kann nicht die Rede sein. Die Anträge
der Beschwerdegegnerin auf Vergütung der Mehrwertsteuern datieren vom 5. Juni
2003 und 17. Januar 2004. Nachdem weitere Unterlagen eingefordert und durch die
Eidgenössische Steuerverwaltung Abklärungen getroffen worden waren, erliess die
Beschwerdeführerin bereits am 27. Februar 2004 zwei begründete Entscheide.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin gemäss eigenen
Angaben jährlich zwischen 2'500 - 3'000 Anträge auf Rückerstattung von
Abnehmern mit Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland behandeln muss und die
meisten Anträge für das abgelaufene Jahr jeweils in der zweiten Hälfte des
Monats Juni (Stichtag 30. Juni) eintreffen.
Das nachfolgende Einspracheverfahren dauerte demgegenüber immerhin 25½ Monate.
Doch ist zu beachten, dass weitere Unterlagen einverlangt wurden und zudem die
Beschwerdegegnerin selbst eine Fristverlängerung von knapp drei Monaten
beantragte. In materieller Hinsicht war zu prüfen, wer hinter der
Beschwerdegegnerin steht. Bei dieser handelt es sich offenbar um eine
Offshore-Gesellschaft, die auf Bermuda keine eigentliche Geschäftstätigkeit
ausübt. Es mussten daher die Unternehmereigenschaft der Beschwerdegegnerin
sowie die Verwendung der bezogenen Leistungen für Umsätze, welche in der
Schweiz steuerpflichtig oder steuerbefreit sein müssten, abgeklärt werden. Nur
unter dieser Bedingung besteht Anspruch auf Vergütung der Mehrwertsteuer (Art.
29 Abs. 1 MWSTGV). Zumal bei internationalen Verflechtungen und
Offshore-Gesellschaften sind solche Abklärungen in der Regel aufwendig. Am 28.
November 2005 und 9. Februar 2006 reichte die Beschwerdegegnerin eine
Stellungnahme sowie weitere Unterlagen ein. Am 18. Mai 2006 erging schliesslich
der ausführlich begründete Einspracheentscheid. Die lange Dauer des Verfahrens
kann daher nicht allein der Verwaltung angelastet werden.

6.
Indem die Vorinstanz trotz mangelnder Rechtsgrundlage die Eidgenössische
Steuerverwaltung verpflichtet hat, im Vergütungsverfahren nach Art. 90 Abs. 2
lit. b MWSTG auf dem Rückerstattungsbetrag einen Vergütungszins zu bezahlen,
hat sie Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde der Eidgenössischen
Steuerverwaltung ist daher begründet und der angefochtene Entscheid
hinsichtlich des zugesprochenen Vergütungszinses aufzuheben. Der
Einspracheentscheid kann bestätigt werden.
Da die Beschwerdegegnerin unterliegt, hat sie die bundesgerichtlichen Kosten zu
tragen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist der
Beschwerdeführerin, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis gehandelt hat, nicht
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen
des vorinstanzlichen Verfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht in einem
Zusatzurteil zu diesem Urteil neu zu befinden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 2008 wird hinsichtlich des
zugesprochenen Vergütungszinses aufgehoben und der Einspracheentscheid der
Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 18. Mai 2006 bestätigt.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin Y.________
Limited auferlegt.

3.
Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens hat
das Bundesverwaltungsgericht neu zu entscheiden.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Oktober 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Wyssmann