Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.399/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_399/2008/ble

Urteil vom 5. Juni 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Fremdenpolizei der Stadt Biel.

Gegenstand
Ausschaffungshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland,
Haftrichterin 2, vom 21. Mai 2008.

Erwägungen:

1.
X.________, geb. 1969, aus dem Kosovo stammend, stellte 1994 ein Asylgesuch,
welches erfolglos blieb. Hingegen wurde X.________ vorläufig aufgenommen. Nach
Aufhebung der vorläufigen Aufnahme reiste er nicht aus; vielmehr war er seit
November 2000 als verschwunden gemeldet. Als er anfangs 2007 im Kanton Aargau
in eine Kontrolle geriet und ihm der illegale Aufenthalt vorgehalten wurde,
stellte er ein Begehren um Bewilligung der Anwesenheit in der Schweiz, welchem
kein Erfolg beschieden war. Am 16. April 2008 nahm ihn die Kantonspolizei Biel
im Hinblick auf die geplante Ausschaffung fest. Die Fremdenpolizei der Stadt
Biel wies ihn gleichentags weg und ordnete die Ausschaffungshaft an. Ein
Laissez Passer war zuvor beschafft und ein Rückflug nach Pristina (Kosovo) auf
den Morgen des 20. Mai 2008 gebucht worden. X.________ weigerte sich, das
Flugzeug zu besteigen. Die Fremdenpolizei der Stadt Biel beantragte daher die
richterliche Prüfung der Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft. Nach am
21. Mai 2008 durchgeführter mündlicher Verhandlung bestätigte die Haftrichterin
2 des Haftgerichts III Bern-Mittelland die Ausschaffungshaft bis zum 15. August
2008.
Mit Schreiben in albanischer Sprache vom 23. Mai 2008 gelangte X.________ an
das Haftgericht, welches die als Beschwerde gegen seinen Entscheid vom 21. Mai
2008 zu betrachtende Eingabe mitsamt seinen Akten und dem Antrag auf Abweisung
der Beschwerde am 26. Mai 2008 an das Bundesgericht weiterleitete.
Vernehmlassungen oder (weitere) Akten sind nicht eingeholt worden.

2.
2.1 Wurde - wie vorliegend - ein erstinstanzlicher Wegweisungsentscheid
eröffnet, so kann die zuständige Behörde den Ausländer zur Sicherstellung des
Vollzugs dieses Entscheids in Ausschaffungshaft nehmen, wenn einer der
gesetzlich vorgesehenen Haftgründe gegeben ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b AuG). Die
Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft sind spätestens nach 96 Stunden
durch eine richterliche Behörde auf Grund einer mündlichen Verhandlung zu
überprüfen (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 AuG).
2.1.1 Der Beschwerdeführer wurde am 16. Mai 2008 um 14.40 Uhr in Haft genommen.
Die Verhandlung vor der Haftrichterin fand am 21. Mai 2008 zwischen 11.15 und
12.30 Uhr statt; die Frist von 96 Stunden wurde damit um rund 21 Stunden
überschritten. Nun wäre aber der Beschwerdeführer vor Ablauf der 96 Stunden
ausgeschafft worden, wenn er sich nicht geweigert hätte, in Zürich in das
Flugzeug zu steigen. Nach seiner Rücküberführung nach Bern wurde der Termin für
eine mündliche Verhandlung innert kürzester Frist angesetzt. Unter den
gegebenen Umständen lässt sich die Verspätung nicht beanstanden; es kann
diesbezüglich vollumfänglich auf die entsprechenden Ausführungen der
Haftrichterin im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3
BGG).
2.1.2 Der von der Haftrichterin bestätigte Haftantrag der Fremdenpolizei der
Stadt Biel stützt sich auf die Haftgründe von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und
4 AuG (Untertauchensgefahr); danach kann der Ausländer in Haft genommen werden,
wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung
entziehen will, oder allgemein wenn sein bisheriges Verhalten darauf schliessen
lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Beim von der
Haftrichterin für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt
(vgl. Art. 105 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 BGG) sind diese Haftgründe
offensichtlich erfüllt: Der Beschwerdeführer wäre seit Jahren zur Ausreise aus
der Schweiz verpflichtet gewesen und verhinderte den zwangsweisen
Wegweisungsvollzug durch jahrelanges Untertauchen. Er lehnt es kategorisch ab,
in sein Heimatland zurückzukehren; diese Haltung dokumentierte er besonders
drastisch durch seine Weigerung, den zum Vollzug seiner Wegweisung
organisierten Flug anzutreten (vgl. zum Haftgrund der Untertauchensgefahr BGE
130 II 56 E. 3.1 S. 58 f. mit Hinweisen). Die erfolglos gebliebenen Bemühungen,
im Jahr 2007 zu einer Anwesenheitsberechtigung zu kommen, standen der formlosen
Wegweisung vom 16. Mai 2008 in keiner Weise entgegen und vermögen die
Beurteilung der Untertauchensgefahr nicht zu beeinflussen. Letzteres gilt auch
für das am 19. Mai 2008, nach der Anordnung der Ausschaffungshaft, vom Anwalt
des Beschwerdeführers gestellte Gesuch um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung. Die Hängigkeit dieses Gesuchs für sich allein lässt
insbesondere die Verhältnismässigkeit der Haft nicht dahinfallen (vgl. Urteil
2A.236/2005 vom 21. April 2005 E. 2.3); was die Absichten des Beschwerdeführers
betrifft, seine über eine Niederlassungsbewilligung verfügende Freundin zu
heiraten, sind diese schon darum unbeachtlich, weil die Freundin zurzeit mit
einem anderen Mann verheiratet ist. Anzeichen dafür, dass es sonstwie an einer
Haftvoraussetzung fehlen könnte, bestehen nicht; auch diesbezüglich kann auf
den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).

2.2 Die offensichtlich unbegründete Beschwerde (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG) ist
im vereinfachten Verfahren abzuweisen.

2.3 Dem Verfahrensausgang entsprechend wären die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen. Es rechtfertigt sich indessen aufgrund der
Umstände, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fremdenpolizei der Stadt Biel, dem
Haftgericht III Bern-Mittelland, Haftrichterin 2, dem Bundesamt für Migration
sowie (zur Information) dem Rechtsbeistand des Beschwerdeführers im kantonalen
Verfahren schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Hungerbühler Feller