Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.384/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_384/2008

Urteil vom 6. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Parteien
X.________,
Y.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft, Rheinstrasse 33, 4410 Liestal.

Gegenstand
Staatssteuer 2002 und 2003,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 27. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Y.________ deklarierten in der Steuererklärung 2002 einen
Mietkostenabzug von Fr. 7'500.-- und in der Steuererklärung 2003 einen solchen
von Fr. 12'000.-- für drei im gleichen Haushalt lebende Personen. Mit
definitiver Veranlagung für die Staatssteuer 2002 und 2003 vom 31. Oktober 2005
setzte die Veranlagungsbehörde den Mietkostenabzug auf die gesetzlich
vorgesehenen Fr. 3'000.-- fest (Fr. 1'000.-- pro Person, vgl. § 33 lit. d des
Gesetzes vom 7. Februar 1974 über die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons
Basel-Landschaft, in der Fassung vom 18. Mai 2000, StG). Auf Einsprache hin
bestätigte die kantonale Steuerverwaltung die Veranlagung.

Im Verfahren vor dem Steuer- und Enteignungsgericht des Kantons
Basel-Landschaft machten die Beschwerdeführer noch einen Mietkostenabzug von
Fr. 5'233.-- geltend. Das Steuergericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom
25. Mai 2007 ab.

B.
Die Steuerpflichtigen gelangten an das Kantonsgericht Basel-Landschaft. Dieses
wies die Beschwerde mit Urteil vom 27. Februar 2008 ab. Es räumte ein, dass die
im Kanton Basel-Landschaft vorgenommene Besteuerung der Eigenmietwerte in den
Steuerperioden 2002 und 2003 im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und
Mietern gegen das Gleichbehandlungsgebot verstossen habe und der den Mietern
zugestandene Mietkostenabzug von Fr. 1'000.-- pro Person zu niedrig sei, um die
Ungleichbehandlung zu beseitigen. Nachdem das Bundesgericht mit Urteil vom 27.
Mai 2005 die Eigenmietwertbesteuerung im Kanton Basel-Landschaft als
verfassungswidrig bezeichnet habe, sei jedoch der kantonale Gesetzgeber nicht
untätig geblieben. Er habe eine Gesetzesrevision beschlossen, wonach die
Eigenmietwerte im Kanton grundsätzlich 60 Prozent des marktüblichen Mietwerts
betragen müssen, und diese auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt.
Andererseits habe der Gesetzgeber den Mietkostenabzug ersatzlos gestrichen. Ein
Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht bestehe unter diesen Umständen nicht.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die
Steuerpflichtigen dem Bundesgericht, es seien die Entscheide des
Kantonsgerichts und des Steuergerichts des Kantons Basel-Landschaft aufzuheben
und der Mietkostenabzug auf Fr. 5'214.-- resp. 5'233.-- festzusetzen; die
basellandschaftlichen Behörden seien zu ermahnen, die Vorschriften einzuhalten.

Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der
Beschwerde, ebenso die Eidgenössische Steuerverwaltung. Kantonsgericht und
Steuergericht des Kantons Basel-Landschaft verzichteten auf eine
Vernehmlassung.
Am 19. Juni, 14. und 16. Oktober 2008 reichte der Beschwerdeführer
unaufgefordert weitere Stellungnahmen ein.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1
BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht worden. Sie richtet sich gegen einen
von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten
Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art.
82 lit. a BGG). Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid
besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung
oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten, soweit
sie sich gegen das Urteil des Kantonsgerichts richtet.

Als unzulässig erweist sich indes der Antrag, dass auch der Entscheid des
kantonalen Steuergerichts aufzuheben sei. Dieser Entscheid ist durch das
angefochtene Urteil des Kantonsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt). Er
gilt aber dennoch als mitangefochten, so dass sich für die Beschwerdeführer
kein Nachteil ergibt (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4; 133 II 292 E. 1.5; 129 II 438
E. 1).

Nicht einzutreten ist auch auf das Begehren, es seien die basellandschaftlichen
Behörden zur Einhaltung von Vorschriften zu ermahnen. Das Bundesgericht ist
nicht Aufsichtsbehörde über die kantonalen Behörden in Steuersachen.

1.2 Nach der neueren Rechtsprechung (BGE 133 I 98 E. 2.2 f. S. 99 f., 100 E.
4.6 S. 104) beinhaltet der Anspruch auf rechtliches Gehör insbesondere das
Recht, von jeder dem Gericht eingereichten Stellungnahme Kenntnis zu nehmen und
sich dazu äussern zu können. Mit Blick auf das Beschleunigungsgebot sollen aber
die Parteien - auch unaufgefordert - unverzüglich Stellung nehmen, wenn sie von
diesem Recht Gebrauch machen wollen. Die Eingaben der Beschwerdeführer vom 14.
und 16. Oktober 2008, die sich auf die Vernehmlassungen der Behörden beziehen,
sind daher zulässig, auch wenn kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet worden
ist. Auf die ebenfalls unaufgefordert eingereichte Eingabe vom 19. Juni 2008
ist hingegen nicht einzutreten. Es handelt sich nicht um eine Gegenäusserung zu
einer Vernehmlassung der Behörde, und zur Ergänzung der Beschwerde nach Ablauf
der Beschwerdefrist kann diese Eingabe nicht dienen. Das gilt auch, soweit sich
die Beschwerdeführer auf erst nach dem angefochtenen Entscheid eingetretene
Tatsachen (echte Noven) berufen (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG und dazu Ulrich Meyer,
in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, N. 40 zu Art. 99 BGG).

2.
2.1 Im Kanton Basel-Landschaft lagen früher die Eigenmietwerte für Wohnungen
und Einfamilienhäuser weit unter der Marktmiete für vergleichbare Objekte. Um
den Steuervorteil auszugleichen, welcher den Wohneigentümern durch die
"massvolle" Festsetzung der Eigenmietwerte (vgl. § 23 Abs. 2bis StG) zukommt,
war für Mieter ein Pauschalabzug vorgesehen. Der entsprechende Mietkostenabzug,
der je für den Mieter (oder Pächter), dessen Ehegatten und für jedes in der
häuslichen Gemeinschaft lebende Kind gewährt wird, betrug in den Steuerjahren
1995 bis 2003 Fr. 1'000.-- pro Person (vgl. § 33 lit. d StG in den Fassungen
vom 12. März 1995 und 18. Mai 2000). Auf das Steuerjahr 2004 wurde der
Mietkostenabzug auf Fr. 1'500.-- pro Person erhöht unter gleichzeitiger
genereller Anhebung der kantonalen Eigenmietwerte um 8 Prozent (vgl. die
Gesetzesänderung vom 22. Mai 2003 und dazu BGE 131 I 377).

Die Gesetzesänderung vom 22. Mai 2003 wurde vom heutigen Beschwerdeführer und
vom kantonalen Mieterverband auf dem Weg der abstrakten Normenkontrolle mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten. Mit Urteil 2P.313/2003 vom 27. Mai
2005 (BGE 131 I 377) hob das Bundesgericht § 27ter Abs. 2 und § 33 lit. d
letzter Satz StG auf. Die aufgehobene Bestimmung in § 27ter Abs. 2 StG sah vor,
dass die verfassungsmässige Gleichbehandlung von Wohneigentümern und Mietern in
der Eigenmietwertbesteuerung eingehalten sei, "wenn das Einkommensvolumen, das
- unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Eigenmietwertes von 60% des
Marktmietwertes - infolge der massvollen Festlegung des Eigenmietwertes nicht
besteuert wird, dem Volumen aller Sozialabzüge gemäss § 33 Buchstabe d
entspricht". § 33 lit. d letzter Satz StG ordnete an, dass das Volumen der
Mietkostenabzüge dem Volumen der den Wohneigentümern durch die "massvolle"
Festlegung der Eigenmietwerte entstehenden Einsparungen entsprechen müsse. Das
Bundesgericht erachtete es als einen Verstoss gegen das Gebot der
rechtsgleichen Behandlung gemäss Art. 8 BV, wenn den deutlich unterschiedlich
grossen Gruppen von Wohneigentümern einerseits und Mietern andererseits
insgesamt die gleich grosse Summe unbesteuerten Einkommens gewährt werde (BGE
131 I 377 E. 3).

Das Bundesgericht machte den Kanton Basel-Landschaft zudem darauf aufmerksam
(Appellentscheid), dass dessen System der Eigenmietwertbesteuerung der heutigen
Rechtslage nicht mehr entspreche. Der Kanton werde einerseits die
Mietkostenabzüge, die durch Art. 9 StHG nicht vorgesehen seien, abschaffen
müssen und andererseits zum Zweck der Gleichbehandlung von Wohneigentümern und
Mietern den Eigenmietwert auf mindestens 60 Prozent der Marktmieten erhöhen
müssen (BGE 131 I 377 E. 4.2 S. 385). Diesbezüglich sei "die Kantonsregierung
auf ihre Befugnis und Verpflichtung aufmerksam zu machen, vorläufige
Vorschriften zu erlassen, wenn der kantonale Gesetzgeber das Steuerrecht nicht
bis zum 1. Januar 2001 mit dem Steuerharmonisierungsgesetz in Einklang gebracht
hat" (BGE 131 I 377 E. 4.4).

2.2 Das Bundesgericht hatte in der Folge auch eine Beschwerde zu beurteilen,
die von drei im Kanton Basel-Stadt steuerpflichtigen Ehepaaren eingereicht
worden war. Diese hatten in Bezug auf ihre Veranlagungen für das Steuerjahr
2001 aus Gründen der Gleichbehandlung einen Mietkostenabzug für jede im
Haushalt lebende Person von Fr. 2'500.-- (statt der damals geltenden Fr.
1'000.--) verlangt. Das Bundesgericht erwog, das Steuergesetz lasse keinen Raum
für einen irgendwie gearteten Mietkostenabzug. Die Beschwerdeführer könnten
daher grundsätzlich keine Erhöhung des (bundesrechtswidrigen) Mietkostenabzugs
verlangen. Es könne sich einzig fragen, ob den Beschwerdeführern allenfalls ein
Anspruch zukomme, im gleichen Umfang wie ein Wohnungseigentümer begünstigt zu
werden. Das Bundesgericht liess die Frage offen, da eine solche
Gleichbehandlung im Unrecht nur mit Blick auf die individuelle Veranlagung der
Beschwerdeführer geltend gemacht werden könnte und diese zu ihren persönlichen
Verhältnissen und ihrer Besteuerung im Vergleich zu einem Wohnungseigentümer,
der sich in vergleichbarer Lage befände, keine Stellung genommen hätten (Urteil
2P.319/2003 vom 1. Juli 2005 E. 3.3.3, in: StE 2005 A 21.11 Nr. 45).

3.
Im vorliegenden Fall geht es um die Veranlagungen der Steuerjahre 2002 und
2003. Dass der für diese Steuerperiode gesetzlich vorgesehene Mietkostenabzug
von Fr. 1'000.-- generell ungenügend war, um eine Gleichbehandlung der Mieter
im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern herbeizuführen, wird von der
Vorinstanz nicht in Abrede gestellt. Die Beschwerdeführer haben auch Kenntnis
vom Urteil 2P.319/2003 vom 1. Juli 2005. Die dort im Rahmen der akzessorischen
Normenkontrolle verlangte detaillierte Vergleichsberechnung in Bezug auf den
konkret bezahlten Mietzins legen auch die heutigen Beschwerdeführer nicht vor.
Es wäre nachzuweisen, dass sie einen wesentlichen Steuervorteil geniessen
würden, wenn sie Eigentümer der von ihnen bewohnten Wohnung wären. Zu diesem
Zweck müssten sie aufzeigen, dass sie als Eigentümer ihrer Wohnung unter
Berücksichtigung der Unterhaltskosten, der Hypothekarzinsen oder des Verzichts
auf Kapitalertrag deutlich weniger Steuern zahlen müssten. Einen solchen
Nachweis bleiben die Beschwerdeführer schuldig. Sie produzieren einzig den
Mietvertrag mit den Mietzinsanpassungen und behaupten, ihr Mietzins entspreche
dem Marktmietwert. Das genügt für den zu führenden Beweis offensichtlich nicht.

Ist eine Ungleichbehandlung nicht nachgewiesen, kann grundsätzlich offen
bleiben, ob nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht die
Beschwerdeführer Anspruch auf einen höheren Mietkostenabzug haben. Es kann
immerhin angemerkt werden, dass der Gesetzgeber des Kantons Basel-Landschaft
nicht untätig blieb, nachdem das Bundesgericht die Eigenmietwertbesteuerung des
Kantons Basel-Landschaft als verfassungswidrig bezeichnet hatte (Urteil 2P.313/
2003 vom 27. Mai 2005, BGE 131 I 377). Am 21. September 2006 beschloss der
Landrat als gesetzgebende Behörde die entsprechende Gesetzesänderung (Vorlage
Nr. 2006-108), und auf den 1. Januar 2007 wurde sie in Kraft gesetzt. Auch aus
diesem Grund könnten sich die Beschwerdeführer nicht auf eine Gleichbehandlung
im Unrecht berufen (vgl. BGE 134 V 34 E. 9; 131 V 9 E. 3.7 S. 20; 127 I 1 E. 3a
S. 2 f.; 127 II 113 E. 9b S. 121).

4.
Das führt zur Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die
bundesgerichtlichen Kosten sind den Beschwerdeführern aufzuerlegen; sie haften
hierfür solidarisch (Art. 65, 66 Abs. 1, 6 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Wyssmann