Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.372/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_372/2008

Urteil vom 25. September 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Parteien
A.X.________,
Z.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Marc Spescha,

gegen

Migrationsamt des Kantons Thurgau,
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
9. April 2008.

Sachverhalt:

A.
A.X.________, geb. 1973, Staatsangehörige der Dominikanischen Republik,
heiratete am 7. April 2000 den Schweizer Bürger B.X.________, geb. 1952,
woraufhin ihr die Aufenthaltsbewilligung im Kanton Thurgau erteilt wurde. Ihr
aus einer früheren Beziehung stammender Sohn Z.________, geb. 1995, ebenfalls
Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik, erhielt im November 2000
ebenfalls die Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs. Nach
ehelichen Auseinandersetzungen trennten sich die Eheleute Kammermann am 9. Mai
2001. Aufgrund einer Trennungsvereinbarung der Ehegatten schrieb das
Bezirksgerichtspräsidium Münchwilen am 6. August 2001 ein Eheschutzverfahren
ab. Am 11. Dezember 2001 wurde die gemeinsame Tochter C.________ geboren, die
über das Schweizer Bürgerrecht verfügt. Sie steht unter der elterlichen Obhut
der Mutter. Am 28. Oktober 2002 errichtete die Vormundschaftsbehörde Frauenfeld
über C.________ eine Erziehungsbeistandschaft zur Unterstützung in der
Erziehung und Betreuung des Kindes und zur Regelung des persönlichen Verkehrs
mit dem Vater. Seit Juli 2001 wird A.X.________ von der Sozialhilfe
unterstützt.

B.
Die Aufenthaltsbewilligungen von A.X.________ und ihrem Sohn Z.________ wurden
mehrmals verlängert, letztmals bis zum 6. Oktober 2005. Am 21. November 2006
lehnte das Migrationsamt des Kantons Thurgau eine weitere Verlängerung ab. Mit
Entscheid vom 4. Dezember 2007 wies das Departement für Justiz und Sicherheit
des Kantons Thurgau einen dagegen erhobenen Rekurs ab. Am 9. April 2008 wies
auch das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau eine bei ihr geführte
Beschwerde in der Sache ab (Ziff. 1 des Urteilsdispositivs), hiess sie jedoch
bezüglich der Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege vor dem Departement
gut (Ziff. 2 des Urteilsdispositivs) und bewilligte diese auch für das
verwaltungsgerichtliche Verfahren (Ziff. 3 des Urteilsdispositivs).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 14. Mai 2008 an
das Bundesgericht beantragen A.X.________ und Z.________, Ziff. 1 des
verwaltungsgerichtlichen Entscheiddispositivs aufzuheben und den Kanton Thurgau
anzuweisen, ihnen die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; eventuell sei das
Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zwecks Befragung der
Kinder Z.________ und C.________ sowie mit der Entwicklung der betroffenen
Kinder betrauter Fachpersonen an die kantonale Verwaltung zurückzuweisen.
Prozessual wird darum ersucht, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu
erteilen und den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege sowie
Verbeiständung zu bewilligen.

Das Migrationsamt und das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons
Thurgau sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

D.
Mit Verfügung vom 21. Mai 2008 erteilte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung.

E.
Am 26. Juni 2008 reichte das Migrationsamt des Kantons Thurgau dem
Bundesgericht nach Fristablauf einen Bericht der Vormundschaftsbehörde
Frauenfeld vom 17. Juni 2008 ein. Mit Eingabe vom 26. August 2008 stellten die
Beschwerdeführer dem Bundesgericht einen Vorbescheid der IV-Stelle des Kantons
Thurgau vom 21. August 2008 zu.

Erwägungen:

1.
1.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem
Gebiet des Ausländerrechts über Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht
noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt.

1.2 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und
Ausländer vom 16. Dezember 2005 (AuG; SR 142.20) in Kraft getreten. Nach Art.
126 AuG bleibt das alte Recht anwendbar auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten
des neuen Gesetzes eingereicht worden sind. Das Verfahren richtet sich jedoch
nach dem neuen Recht. Im vorliegenden Verfahren wird vor dem Bundesgericht von
keiner Seite geltend gemacht, in materiell-rechtlicher Hinsicht sei auf das
neue Recht abzustellen. Ob ein Anspruch auf eine Bewilligung besteht, ist eine
Frage des materiellen Rechts. Für die anspruchsabhängige Zulässigkeit eines
Rechtsmittels, wie dies bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht zutrifft, bedeutet das, dass anhand des
alten Rechts zu prüfen ist, ob ein Anspruch auf Bewilligung besteht (Urteil des
Bundesgerichts 2C_366/2008 vom 1. September 2008, E. 2.2).

1.3 Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 26. Mai 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; in der Fassung vom 23. März
1990) hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers grundsätzlich
Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Für die
Eintretensfrage ist im Zusammenhang mit Art. 7 ANAG einzig darauf abzustellen,
ob formell eine Ehe besteht; anders als bei Art. 8 EMRK ist nicht erforderlich,
dass die Ehe intakt ist und tatsächlich gelebt wird (BGE 128 II 145 E. 1.1.2 S.
148 f. mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor mit ihrem
Schweizer Ehemann verheiratet, womit das Vorliegen eines Rechtsanspruches aus
Art. 7 ANAG im Grundsatz zu bejahen ist. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erwiese sich insoweit als zulässig. Die
Beschwerdeführer berufen sich aber ausdrücklich nicht auf die eheliche
Beziehung, um daraus ein Anwesenheitsrecht abzuleiten, da sie selbst die Ehe
als definitiv gescheitert erachten (vgl. BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128 II
145 E. 2 S. 151 f.; 127 II 49 E. 4a/5a, je mit Hinweisen).

1.4 Hingegen berufen sich die Beschwerdeführer auf ihr Verhältnis zur
minderjährigen Tochter bzw. Halbschwester, welche über das Schweizer
Bürgerrecht verfügt und damit ein gefestigtes Anwesenheitsrecht besitzt und zu
welchem eine intakte, gelebte Beziehung besteht. Gestützt darauf kann
jedenfalls die Beschwerdeführerin aus dem gemäss Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs.
1 BV) gewährleisteten Recht auf Achtung des Familienlebens einen potentiellen
Bewilligungsanspruch ableiten (BGE 122 II 289 E. 1c S. 292 ff.; Urteil 2A.562/
2006 vom 16. Februar 2007, E. 2.3). Ob dies auch für den beschwerdeführenden
Halbbruder gilt, erscheint fraglich (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1d S. 260 f.).
Dafür spräche immerhin, dass es sich um zwei minderjährige Kinder handelt, die
zusammen mit ihrer Mutter im gemeinsamen Haushalt leben. Wie es sich damit
verhält, kann aber offen bleiben. Wäre dem Anwesenheitsanspruch der Mutter
gestützt auf ihre Beziehung zur schweizerischen Tochter Folge zu geben, so
hätte sie ein gefestigtes Anwesenheitsrecht, weshalb ihrem Sohn jedenfalls
gestützt darauf in Anwendung von Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV) ein eigenes
Aufenthaltsrecht zustünde und ihm insoweit ein potentieller
Bewilligungsanspruch ebenfalls nicht abgesprochen werden könnte. Die Beschwerde
erweist sich demnach als zulässig.

1.5 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht
- inklusive Bundesverfassungsrecht -, Völkerrecht sowie kantonale
verfassungsmässige Rechte (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil
den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht
von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel
dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz
dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

1.6 Sowohl das Migrationsamt als auch die Beschwerdeführer reichten dem
Bundesgericht Unterlagen nach, die dem Verwaltungsgericht nicht vorgelegen
haben. Bei beiden handelt es sich um Schriftstücke, die erst nach dem
angefochtenen Urteil abgefasst wurden. Auch wenn sie im weiteren Sinne
einschlägig sind, hat nicht das verwaltungsgerichtliche Urteil Anlass gegeben,
sie einzureichen. Sie sind damit aus dem Recht zu weisen.

2.
Die Beschwerdeführer machen geltend, die Kinder - und allenfalls sie betreuende
Fachpersonen - seien von den Migrationsbehörden zur Frage der weiteren
Anwesenheit in der Schweiz nicht angehört worden, und sehen darin einen
Verstoss gegen Art. 12 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte
des Kindes (KRK; SR 0.107). Da ein entsprechender Antrag in den
vorausgegangenen Rechtsmittelverfahren nicht gestellt worden ist, erscheint die
Zulässigkeit dieser Rüge fraglich. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen
bleiben. In sämtlichen Rechtsmittelverfahren standen vordergründig die
Interessen der Kinder zur Beurteilung an, und diese wurden von den
Beschwerdeführern auch regelmässig ausführlich und schwergewichtig vorgetragen.
Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Interessen der Kinder
rechtsgenüglich ins Verfahren eingebracht werden konnten und diese sich auch
ohne direkte mündliche Anhörung in konventionskonformer Weise zum
Streitgegenstand äussern konnten (vgl. BGE 124 II 361 E. 3c S. 368).

3.
3.1 In der Sache hat das beschwerdeführende, 1995 geborene erste Kind aus einer
früheren Beziehung der Beschwerdeführerin keinen eigenen Anwesenheitsanspruch,
weshalb es von einem solchen der Mutter abhängt und insofern ausländerrechtlich
deren Schicksal teilt. Mit Blick auf das hier selbständig
anwesenheitsberechtigte jüngere Kind ist unter dem Gesichtspunkt von Art. 8
EMRK bzw. Art. 13 BV massgeblich, dass die obhutsberechtigte Mutter kein
selbständiges Anwesenheitsrecht in der Schweiz hat. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat auch ein hier anwesenheitsberechtiges
Kind als Konsequenz der im Eheschutz- oder Scheidungsverfahren getroffenen
Regelung grundsätzlich das Lebensschicksal des sorge- bzw. obhutsberechtigten
Elternteils zu teilen und ihm gegebenenfalls ins Ausland zu folgen (Urteile
2A.657/2007 vom 26. Mai 2008 und 2A.508/2005 vom 16. September 2005). Für ein
Kleinkind in dieser Lage ist das regelmässig zumutbar (vgl. BGE 127 II 61 E. 2a
S. 67). So verhält es sich vorbehaltlos dann, wenn der nicht sorge- bzw.
obhutsberechtigte Elternteil kein Anwesenheitsrecht in der Schweiz hat, aber
auch dann, wenn kein Besuchsrecht eines in der Schweiz anwesenheitsberechtigten
Elternteils besteht oder aber wenn ein solches nicht ausgeübt wird und damit
belanglos bleibt (vgl. BGE 127 II 61 E. 2 S. 67 ff.). Nach der Rechtsprechung
gilt grundsätzlich selbst dann nichts anderes, wenn das Kind über das
schweizerische Bürgerrecht verfügt (BGE 122 II 289 E. 3c S. 298; Urteile des
Bundesgerichts 2C_657/2007 vom 26. Mai 2008 und 2C_490/2008 vom 22. Juli 2008
sowie 2A.562/2006 vom 16. Februar 2007). Besteht jedoch ein Besuchsrecht des
hier anwesenheitsberechtigten Elternteils und wird dieses ausgeübt, ist eine
Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK erforderlich (vgl. etwa
das Urteil des Bundesgerichts 2C_366/2008 vom 1. September 2008, E. 3.1). Dies
trifft hier zu, da der Vater des schweizerischen Kindes über das Schweizer
Bürgerrecht verfügt und ihm ein Besuchsrecht eingeräumt wurde, das zumindest
minimal ausgeübt wird.

3.2 Die Beschwerdeführer berufen sich unter anderem gerade auf dieses
Besuchsrecht durch den schweizerischen Vater.
3.2.1 Anders als der sorge- bzw. obhutsberechtigte Elternteil kann der
Ausländer mit Besuchsrecht die familiäre Beziehung zu einem Kind zum Vornherein
nur in einem beschränkten Rahmen, nämlich durch Ausübung des ihm eingeräumten
Besuchsrechts, leben; ein Zusammenwohnen fällt ausser Betracht. Dazu ist nicht
unabdingbar, dass er sich dauernd im gleichen Land aufhält wie das Kind.
Beansprucht nicht der besuchsberechtigte, sondern der sorge- bzw.
obhutsberechtigte Elternteil gestützt auf die Anwesenheitsberechtigung des
Kindes eine ausländerrechtliche Bewilligung, so verlangt die bundesgerichtliche
Rechtsprechung dafür folgende Voraussetzungen, damit dem Anspruch Folge zu
leisten ist: Erforderlich ist einerseits eine besondere Intensität der
Beziehung zwischen dem hier anwesenden besuchsberechtigten Elternteil und dem
Kind in affektiver und wirtschaftlicher Hinsicht, andererseits ein tadelloses
Verhalten des obhutsberechtigten Elternteils, welcher um Bewilligung ersucht.
Dabei ist mit noch grösserer Zurückhaltung auf eine Pflicht zur
Bewilligungserteilung zu schliessen als im Falle des besuchsberechtigten
Ausländers, der selber, im Hinblick auf die Ausübung seines Besuchsrechts, um
Bewilligung ersucht; der obhutsberechtigte Elternteil, der die Bewilligung
einzig zur Erleichterung der Ausübung des Besuchsrechts zwischen dem Kind und
dem andern Elternteil erhältlich machen will, soll dies nur bei Vorliegen
besonderer Umstände tun können (vgl. die Urteile des Bundesgerichts 2C_366/2008
vom 1. September 2008, E. 3.2, 2A.562/2006 vom 16. Februar 2007, E. 3.4.1, und
2A.508/2005 vom 16. September 2005, E. 2.2.3, mit Hinweisen).
3.2.2 Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Der schweizerische
Vater kommt seinen Unterhaltspflichten nur sporadisch nach. Zwar nimmt er das
Besuchsrecht hin und wieder wahr, dessen Ausübung erweist sich aber als
problematisch. So hat die Beschwerdeführerin gegen den Kindsvater mindestens
zweimal Strafanzeige wegen angeblicher sexueller Handlungen mit der Tochter
erhoben. Auch wenn die Strafverfahren bisher, soweit bekannt, eingestellt
wurden bzw. zu keinem weiteren Ergebnis führten, so müssen sich die
Beschwerdeführer dieses Verhalten auf ihrer Seite wenigstens insoweit
entgegenhalten lassen, als daraus zu schliessen ist, dass das Besuchsrecht sich
offenbar nicht ungestört abwickeln lässt. Die Beschwerdeführer können sich
jedenfalls nicht gerade auf dieses Besuchsrecht berufen, dessen Berechtigung
sie selbst in Frage stellen, um zu einer Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz
zu gelangen.

3.3 Die Beschwerdeführer leben seit rund acht Jahren in der Schweiz. Die heute
35-jährige Beschwerdeführerin hat 27 Jahre in ihrer Heimat verbracht, ihr
beschwerdeführender Sohn ebenfalls rund fünf seiner inzwischen 13 Jahre. Eine
Rückkehr in ihre Heimat dürfte nicht völlig einfach sein, ist ihnen aber
grundsätzlich zumutbar, können sie sich während ihrer Anwesenheit in der
Schweiz doch von den dortigen Verhältnissen nicht völlig entfremdet haben. Im
Übrigen scheint die Beschwerdeführerin in der Schweiz nicht besonders
verwurzelt. Dabei kann immerhin zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass
ihr ihre Sozialhilfeabhängigkeit kaum zum Verschulden gereicht. Diese wurde
nicht unwesentlich durch den angespannten Gesundheitszustand der
Beschwerdeführerin verursacht. Darf damit dem Gesichtspunkt der
Sozialhilfeabhängigkeit keine wesentliche Bedeutung zugemessen werden, ist auch
der Umstand unerheblich, wieweit diese Abhängigkeit nachträglich durch die
Zusprechung einer Rente der Invalidenversicherung gemildert wurde, wobei es
sich dabei ohnehin um eine unbeachtliche neue Tatsache handelt (vgl. E. 1.6).
Im Übrigen gibt es keine Hinweise dafür, dass sich die gesundheitlichen
Beschwerden im Heimatland nicht angemessen behandeln liessen. Heikler ist die
Ausgangslage für die Tochter schweizerischer Nationalität. Sie ist hier geboren
und bisher aufgewachsen. Nach der bereits erwähnten bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ist es grundsätzlich auch Kleinkindern schweizerischer
Staatsangehörigkeit zumutbar, ihrem sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteil
in dessen Heimat zu folgen. Es fragt sich jedoch, welche Rolle dabei das Alter
und die konkreten Verhältnisse spielen.
3.3.1 In BGE 122 II 289 war das schweizerische Kind noch keine zwei Jahre alt
und wies abgesehen vom Bürgerrecht keine weiteren Beziehungen zur Schweiz aus
(vgl. E. 3c S. 298). In den Urteilen 2C_657/2007 vom 26. Mai 2008 und 2C_490/
2008 vom 22. Juli 2008 ging es um hier geborene schweizerische Kinder im Alter
von zwei bzw. zweieinhalb Jahren. Im Urteil 2A.562/2006 vom 16. Februar 2007
war das Kind schweizerischer Nationalität bereits fünfjährig, hatte aber
lediglich rund drei Jahre in der Schweiz und den Rest seines Lebens in der
Heimat der Mutter verbracht.
3.3.2 Im vorliegenden Fall war das schweizerische Kind im Zeitpunkt des
verwaltungsgerichtlichen Urteils sechseinhalb Jahre alt. Es hat immer in der
Schweiz gelebt und stand damals kurz vor der Einschulung. Dass diese inzwischen
wohl erfolgt sein dürfte, ist hier aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht
wesentlich, da es sich dabei um eine unbeachtliche neue Tatsache handelt. Eine
Ausreise in die Heimat der Beschwerdeführerin dürfte für das schweizerische
Kind nicht einfach sein, ist ihm aber angesichts seines Alters und des
Umstands, dass es im hier massgeblichen Zeitpunkt noch nicht eingeschult war,
noch zumutbar. Wichtig ist insofern auch, dass der vorliegende Fall noch unter
der Geltung des alten Ausländergesetzes zu beurteilen ist. Das nationale Recht
spielt zwar bei der Auslegung und Anwendung der Menschenrechtskonvention nur
mittelbar eine Rolle. Für die Praxis der Landesbehörden kann es aber durchaus
von Bedeutung sein. Im vorliegenden Zusammenhang berufen sich die
Beschwerdeführer denn auch darauf, das neue Ausländergesetz stelle für die
Erteilung von Anwesenheitsbewilligungen massgeblich auf den Integrationsgrad
und allenfalls die entsprechende Bereitschaft ab. Wie es sich damit verhält,
ist hier aber nicht zu entscheiden, da der vorliegende Fall noch unter der
Geltung des alten Rechts zu beurteilen ist.

3.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts vermitteln die von den
Beschwerdeführern ebenfalls angerufenen Art. 11 BV und Art. 3 und 9 KRK keine
gerichtlich durchsetzbaren Ansprüche auf ausländerrechtliche
Anwesenheitsbewilligungen (BGE 126 II 377 E. 5 S. 377 ff.). Die entsprechenden
Zielsetzungen sind immerhin bei der im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK
vorzunehmenden Interessenabwägung mitzuberücksichtigen (Urteil des
Bundesgerichts 2A.563/2002 vom 23. Mai 2003, E. 2.5). Im vorliegenden Fall
spricht dies zwar für das Anliegen der Beschwerdeführer. Die massgeblichen
Kriterien werden dadurch aber nicht entscheidend neu gewichtet.

3.5 Insgesamt ergibt eine Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles, dass es den
Beschwerdeführern und ihrer schweizerischen Tochter bzw. Halbschwester zumutbar
ist, in die Heimat der Beschwerdeführer auszureisen, und dass sich der
angefochtene Entscheid mithin als verhältnismässig erweist.

4.
Demnach ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
unbegründet und abzuweisen.

Aufgrund des Alters der schweizerischen Tochter bzw. Halbschwester der
Beschwerdeführer und der weiteren konkreten Umstände des vorliegenden Falles
kann nicht davon ausgegangen werden, der Ausgang des Verfahrens sei von
vornherein festgestanden. Wegen der entsprechenden nicht einfachen
tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhänge erwies sich der Beizug eines
Anwalts für die nicht rechtskundigen Beschwerdeführer als notwendig und ist die
Beschwerde nicht als von vornherein aussichtslos zu beurteilen. Dasselbe hat
denn auch das Verwaltungsgericht für das vorinstanzliche Verfahren und
dasjenige vor dem Departement entschieden. Den mittellosen Beschwerdeführern
ist daher die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen, und es ist ihnen ihr
Rechtsvertreter als unentgeltlicher Beistand beizugeben. Damit sind für das
bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben, und der Vertreter der
Beschwerdeführer ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen
(vgl. Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Den Beschwerdeführern wird die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Rechtsanwalt Marc Spescha wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand der
Beschwerdeführer bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren
aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Migrationsamt, dem Departement
für Justiz und Sicherheit sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. September 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax