Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.353/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_353/2008

Urteil vom 27. März 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Parteien
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführerinnen, vertreten durch Advokat Dieter Roth,

gegen

Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern.

Gegenstand
Zustimmung zur Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom
14. August 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1977) stammt aus der Türkei. Sie heiratete am 9. Oktober 2003
den in der Schweiz lebenden Landsmann Z.________, worauf ihr am 12. Februar
2004 die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei diesem erteilt wurde. Am 9.
September 2004 erwarb Z.________ die schweizerische Staatsbürgerschaft. Am 4.
November 2004 kam die gemeinsame Tochter Y.________ zur Welt, die ebenfalls
über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügt. Z.________ verstarb am 23. April
2005.

B.
Das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft beantragte am 21. Februar
2006 dem Bundesamt für Migration, einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
von X.________ zuzustimmen, was dieses am 24. August 2006 mit Blick auf die
kurze Dauer der Ehe und die Zumutbarkeit einer Rückkehr für Mutter und Kind in
die Türkei ablehnte. X.________ gelangte hiergegen am 24. September 2006 an das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Im Rahmen der
Justizreform übernahm das ab dem 1. Januar 2007 zuständige
Bundesverwaltungsgericht das Verfahren und wies die Beschwerde am 14. August
2008 ab: Zwar verfüge X.________ aufgrund der schweizerischen
Staatsangehörigkeit ihrer Tochter über einen Bewilligungsanspruch, doch sei ihr
und ihrem dreieinhalb Jahre alten Kind eine gemeinsame Rückkehr in die Türkei
zumutbar. Auch einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des
freien Ermessens der kantonalen Behörde könne nicht zugestimmt werden; zwar
erschienen die Umstände der Auflösung der Ehe als tragisch, doch seien die
privaten Interessen von X.________ an einem Verbleib in der Schweiz nicht
derart hoch zu gewichten, "dass deshalb das entgegenstehende öffentliche
Interesse an einer restriktiven Migrationspolitik zurückstehen müsste".

C.
X.________ ist am 19. September 2008 in ihrem Namen und demjenigen ihrer
Tochter mit dem Antrag an das Bundesgericht gelangt, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und ihr "die Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung zu gewähren"; eventuell sei dem Kanton Basel-Landschaft
die erforderliche Zustimmung zu erteilen oder gegebenenfalls "das Verfahren mit
der Weisung an das verfügende Bundesamt zurück zu weisen, die Zustimmung zur
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung" zu erteilen. Subeventuell sei das
Verfahren "zur Neubeurteilung und Prüfung einer vorläufigen Aufnahme wegen
Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs und Prüfung einer vorläufigen Aufnahme
ans Bundesamt für Migration zurück zu weisen". X.________ macht geltend, das
Bundesverwaltungsgericht habe die verschiedenen privaten und öffentlichen
Interessen bei der Frage ihres Verbleibs in der Schweiz falsch gewichtet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf verzichtet, sich vernehmen zu lassen.
Das Bundesamt für Migration beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

D.
Mit Verfügung vom 29. September 2008 hat der Abteilungspräsident der Eingabe
aufschiebende Wirkung beigelegt.

Erwägungen:

1.
1.1
1.1.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem
Gebiet des Ausländerrechts über Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht
noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Am 1. Januar 2008 ist das
Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (AuG;
SR 142.20) in Kraft getreten. Nach dessen Art. 126 bleibt das bisherige Recht
auf Gesuche anwendbar, die - wie hier - vor dem Inkrafttreten des
Ausländergesetzes eingereicht worden sind. Zwar richtet sich das Verfahren
bereits nach den neuen Bestimmungen (Art. 126 Abs. 2 BGG), doch beurteilt sich
die prozessuale Frage, ob ein Bewilligungsanspruch besteht, wiederum nach dem
materiellen Recht, weshalb anhand der Rechtslage vor dem 1. Januar 2008 zu
prüfen ist, ob ein Anspruch auf Bewilligung besteht (vgl. BGE 2C_693/2008 vom
2. Februar 2009 E. 1 unter Hinweis auf das Urteil 2C_372/2008 vom 25. September
2008 E. 1.2).
1.1.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich hierfür zu Recht nicht auf Art. 7 ANAG
(BS 1 121 ff.), wonach der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers
grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung hat. Auf die Beibehaltung einer einmal erteilten
Aufenthaltsbewilligung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch (vgl. BGE 119
Ib 91 E. 1d S. 95). Im Rahmen von Art. 7 ANAG erwirbt der ausländische Partner
ein vom Fortbestand der Ehe unabhängiges Recht auf Erneuerung der Bewilligung
(frühstens) nach einer Dauer der Ehe von fünf Jahren (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1
ANAG [Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung]; vgl. neu aber Art.
50 AuG). Die Beschwerdeführerin lebte rund anderthalb Jahre mit ihrem Gatten
zusammen, bevor dieser verstarb. Sein Tod hat zum Erlöschen des gesetzlichen
Bewilligungsanspruchs geführt (BGE 120 Ib 16 E. 2); dasselbe gilt bezüglich des
Schutzes ihres Privatlebens im Rahmen von Art. 8 EMRK (BGE 120 Ib 16 E. 3 S. 21
f.; Urteil 2A.513/2005 vom 5. September 2005 E. 2.2 und 2A.446/2002 vom 17.
April 2003 E. 1).
1.1.3 Ein Rechtsanspruch besteht indessen wegen der intakten und gelebten
Beziehung zu ihrer minderjährigen Tochter: Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV)
garantiert zwar kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Es kann
aber das geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzen,
wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige hier weilen, die Anwesenheit
untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird. Der sich hier aufhaltende
Angehörige muss über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen; dies ist
praxisgemäss der Fall, wenn er das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihm die
Niederlassungsbewilligung gewährt wurde oder er über eine
Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten
Rechtsanspruch beruht (BGE 2C_693/2008 vom 2. Februar 2009 E. 1.3; BGE 130 II
281 E. 3.1 S. 285 f.). Da die Tochter der Beschwerdeführerin die schweizerische
Staatsbürgerschaft (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a BüG [SR 141.0]) und damit ein
gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz besitzt, kann sich die
Beschwerdeführerin 1 auf Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV) berufen. Ihre Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig.
1.1.4 Auf die Eingabe ist indessen nicht einzutreten, soweit diese erstmals vor
Bundesgericht (auch) im Namen der Tochter als Beschwerdeführerin 2 erhoben
wird: Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nur befugt,
wer bereits vor der Vorinstanz am Verfahren beteiligt war oder dort
unverschuldet nicht teilnehmen konnte (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG [formelle
Beschwer]; BGE 133 II 181 E. 3.2 S. 187 mit Hinweisen). Unzulässig ist die
Eingabe auch, soweit die Beschwerdeführerin 1 die Verweigerung der
Bundeszustimmung im Rahmen von Art. 4 ANAG beanstandet: Das Bundesgericht kann
die entsprechende Einschätzung nicht überprüfen, da im Rahmen der Anwendung
dieser Bestimmung kein Bewilligungsanspruch (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; Urteil
2C_774/2008 vom 15. Januar 2009 E. 2.3) bzw. kein rechtlich geschütztes
Interesse besteht (Art. 115 lit. b BGG; BGE 133 I 185 ff.). Nicht einzutreten
ist auf die Beschwerde zudem, soweit darin die Wegweisung als unzumutbar gerügt
und eine vorläufige Aufnahme beantragt wird; in den entsprechenden Bereichen
entscheidet das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich (vgl. Art. 83 lit. c
Ziff. 3 und Ziff. 4 BGG).

1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist deshalb weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Immerhin prüft es grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich erscheinen (BGE 133 II 249 E.1.4.1 S. 254). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesen kann es nur berichtigen oder
ergänzen, falls er offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht bloss soweit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1
BGG). Soweit die Beschwerdeführerin verschiedene nach dem angefochtenen
Entscheid erstellte Bescheinigungen einreicht (ärztlicher Be-handlungstermin,
Anmeldung zu Deutschkurs, Bestätigung Spielgruppe usw.), sind diese
unbeachtlich.

2.
2.1 Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert grundsätzlich keinen
Anspruch auf Aufenthalt in einem Konventionsstaat. Es ergibt sich daraus weder
ein Recht auf Einreise noch auf Wahl des für das Familienleben am geeignetsten
erscheinenden Orts (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285; 126 II 335 E. 3a S. 342;
EGMR-Urteil i.S. Slivenko gegen Lettland vom 9. Oktober 2003 [Nr. 48321/99],
Rz. 94 mit Hinweisen). Das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des
Familienlebens kann nur angerufen werden, wenn eine staatliche Entfernungs-
oder Fernhaltemassnahme zur Trennung von Familienmitgliedern führt (vgl. BGE
126 II 335 E. 3a S. 342). Ein staatlicher Eingriff liegt deshalb regelmässig
nicht vor, wenn den Familienangehörigen zugemutet werden kann, ihr gemeinsames
Leben im Ausland zu führen (vgl. aber BGE 126 II 425 E. 4c/cc S. 434 zum
"connections"- statt "elsewhere"-Approach). Ist es dem in der Schweiz
anwesenheitsberechtigten Familienmitglied möglich, mit dem Ausländer, dem eine
fremdenpolizeiliche Bewilligung verweigert worden ist, auszureisen, wird der
Schutzbereich von Art. 8 EMRK normalerweise nicht berührt (BGE 122 II 289 E. 3b
S. 297); anders kann es sich beim kombinierten Schutzbereich von Privat- und
Familienleben verhalten (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2). Bei jeder familiären
Beziehung ist die freie Wahl des Wohnorts und damit die Niederlassungsfreiheit
für einzelne Familienmitglieder unabhängig von behördlichen Massnahmen
unweigerlich eingeschränkt, weil anders ein Zusammenleben am gleichen Ort
ausgeschlossen erscheint. Muss ein Ausländer, dem eine fremdenpolizeiliche
Bewilligung verweigert worden ist, das Land verlassen, haben dies seine
Angehörigen - besondere Umstände vorbehalten - hinzunehmen, wenn es ihnen "ohne
Schwierigkeiten" möglich ist, mit ihm auszureisen; eine Interessenabwägung nach
Art. 8 Ziff. 2 EMRK erübrigt sich unter diesen Umständen (BGE 116 Ib 353 E. 3c
S. 357; Urteil 2A.676/2006 vom 13. Februar 2007 E. 3.1). Anders verhält es sich
- was die Vorinstanz verkannt hat -, falls die Ausreise für die
Familienangehörigen "nicht von vornherein ohne weiteres zumutbar" erscheint
(BGE 116 Ib 353 E. 3d S. 358). In diesem Fall ist immer eine Interessenabwägung
nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten, welche sämtlichen Umständen des Einzelfalls
umfassend Rechnung trägt (so bereits die Urteile 2A.212/2004 vom 10. Dezember
2004 E. 3.2, 2A.561/1999 vom 12. April 2000 E. 3b u. 4c sowie 2A.144/1998 vom
7. Dezember 1998 E. 2b). In diesen Fällen kann eine solche nicht erst im Rahmen
des pflichtgemässen Ermessens nach Art. 4 ANAG erfolgen, andernfalls nicht
sichergestellt erscheint, dass keine Verletzung von Art. 8 EMRK und Art. 13 BV
vorliegt.
2.2
2.2.1 Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte
Rechtsgut statthaft, soweit er eine Massnahme darstellt, die in einer
demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe
und Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der
Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Pflichten anderer notwendig ist.
Die Konvention verlangt eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen
an der Erteilung der Bewilligung einerseits und an deren Verweigerung
andererseits, wobei letztere in dem Sinne überwiegen müssen, dass sich der
Eingriff als notwendig erweist (vgl. BGE 2C_693/2008 vom 2. Februar 2009 E.
2.1; BGE 122 II 1 E. 2 S. 6 mit Hinweisen; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). Als
zulässiges öffentliches Interesse fällt dabei auch das Durchsetzen einer
restriktiven Einwanderungspolitik in Betracht. Eine solche ist für ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen der schweizerischen und der ausländischen
Wohnbevölkerung, die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die
Eingliederung der in der Schweiz bereits ansässigen Ausländer und die
Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur sowie eine möglichst ausgeglichene
Beschäftigung im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zulässig (BGE 2C_693/2008 vom
2. Februar 2009 E. 2.2; 120 Ib 1 E. 4b S. 5, 22 E. 4a S. 25; Urteil 2C_437/2008
vom 13. Februar 2009 E. 2.1). Als Konsequenz hieraus bzw. aus der im Eheschutz-
oder Scheidungsverfahren getroffenen Regelung hat ein schweizerisches Kind,
namentlich ein solches im Kleinkindalter das Lebensschicksal des Sorge- bzw.
Obhutsberechtigten zu teilen und diesem gegebenenfalls ins Ausland zu folgen
(vgl. BGE 2C_693/2008 vom 2. Februar 2009 E. 2.2; BGE 127 II 60 E. 2a S. 67;
122 II 289 E. 3c S. 298; Urteile 2C_437/2008 vom 13. Februar 2009 E. 2.2;
2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 3.1 mit Hinweisen).
2.2.2 Diese Praxis ist in der Doktrin kritisiert worden (vgl. in jüngerer Zeit
etwa ACHERMANN/CARONI, Einfluss der völkerrechtlichen Praxis auf das
schweizerische Migrationsrecht, in: Uebersax et al. [Hrsg.], Ausländerrecht, 2.
Aufl., 2009, Rz. 6.35; RÉMY KAMMERMANN, Du renvoi des enfants suisses, in:
plädoyer 5/2008, S. 52 ff.; SPESCHA ET AL., Migrationsrecht, 2008, Nr. 18, Rz.
18). Der Kritik ist eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen: In Fällen wie
dem vorliegenden muss den Vorgaben des Übereinkommens vom 20. November 1989
über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107) sowie den
aus dem schweizerischen Bürgerrecht fliessenden Ansprüchen wohl stärker
Rechnung getragen werden. Nach Art. 3 Abs. 1 KRK ist bei allen Massnahmen, die
Kinder betreffen, unabhängig davon, ob sie von öffentlichen oder privaten
Einrichtungen, der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder
Gesetzgebungsorganen getroffen werden, das Wohl des Kindes "vorrangig" zu
berücksichtigen; nach Art. 10 Abs. 1 KRK sind die von einem Kind oder seinen
Eltern zwecks Familienzusammenführung gestellten Anträge auf Einreise in einen
Vertragsstaat oder Ausreise aus einem solchen "wohlwollend, human und
beschleunigt" zu bearbeiten. Schliesslich darf kein Kind rechtswidrigen oder
gar willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben oder seine Familie ausgesetzt
werden (vgl. Art. 16 Abs. 1 KRK). Nach Art. 11 BV haben Kinder und Jugendliche
Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer
Entwicklung. Schweizer Bürgern steht das Recht zu, sich an jedem Ort des Landes
niederzulassen, das Land zu verlassen oder in dieses einzureisen (Art. 24 BV);
sie dürfen nicht ausgewiesen werden (Art. 25 Abs. 1 BV). Zwar ergibt sich aus
all diesen Bestimmungen, die zum Teil eher programmatischer Natur sind,
regelmässig kein unmittelbarer Anspruch auf die Erteilung einer
ausländerrechtlichen Bewilligung (vgl. BGE 126 II 377 ff.), doch sind die
entsprechenden Vorgaben bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK
(bzw. Art. 13 BV) zu berücksichtigen (Urteil 2A.563/2002 vom 23. Mai 2003 E.
2.5, in: FamPra.ch 2003 S. 633 ff.).
2.2.3 Falls der Beschwerdeführerin 1 keine Anwesenheitsbewilligung in der
Schweiz erteilt wird, bedeutet dies, dass ihr Schweizer Kind gezwungen ist, in
die Türkei auszureisen. Eine solche Konsequenz darf nicht leichthin in Kauf
genommen werden. Zu berücksichtigen ist, dass es sich dabei letztlich um die
Folge des Todes des schweizerischen Kindesvaters handelt; aus Pietätsgründen
soll in einem solchen Fall die Ausreise des Kindes aus seiner Heimat nicht ohne
besondere Gründe durch ausländerrechtliche Massnahmen erzwungen werden - dies
auch, wenn sich das Kind noch in einem anpassungsfähigen Alter befindet und
selber bisher bloss beschränkt soziale Bindungen über den familiären Kreis
hinaus zu begründen vermochte. Vom Kind zu verlangen, die Schweiz zu verlassen,
berührt seine aus der Staatsbürgerschaft fliessende Niederlassungsfreiheit
sowie in gewissem Sinne auch das Verbot der Ausweisung von Schweizer Bürgern,
selbst wenn es wohnsitzrechtlich an sich das Schicksal des Inhabers der
elterlichen Gewalt bzw. des Sorgerechts teilen muss (vgl. Art. 25 Abs. 1 i.V.m.
301 Abs. 3 ZGB; Urteil 2C_437/2008 vom 13. Februar 2009 E. 2.3). Die inzwischen
dreieinhalbjährige Tochter der Beschwerdeführerin hat ein offenkundiges
Interesse daran, in der Schweiz zu leben, um von den hiesigen
Ausbildungsmöglichkeiten und Lebensbedingungen profitieren zu können. Als
Schweizerin wäre sie spätestens bei Volljährigkeit befugt, selbständig in das
Land zurückzukehren. Müsste sie dieses jetzt verlassen, wäre bei ihrer
Wiedereinreise mit Integrationsschwierigkeiten zu rechnen, was mit dem
Wertentscheid des Gesetzgebers im Ausländergesetz, selbst die Integration von
ausländischen Staatsangehörigen zu fördern und für deren Aufenthalt im Land
vorauszusetzen (vgl. Art. 4, Art. 34 Abs. 4, 50 Abs. 1 lit. a, 53 ff. AuG [SR
142.20]), kaum verträglich ist.
2.2.4 Für den Zwang zur Ausreise eines Schweizer Kindes müssen nebst der
Zumutbarkeit der Ausreise deshalb besondere, namentlich ordnungs- oder
sicherheitspolizeiliche Gründe vorliegen, welche diese weitreichenden Folgen zu
rechtfertigen vermögen. Allein das öffentliche Interesse, eine restriktive
Einwanderungspolitik betreiben zu können, genügt hierzu nicht, verfügt der
ausländische, sorgeberechtigte Elternteil über ein Schweizer Kind doch bereits
gestützt auf den vorausgegangenen Familiennachzug in der Regel über einen
(freien) Zugang zum Arbeitsmarkt (vgl. Art. 46 AuG) und ist die Verlängerung
seiner Bewilligung auch nicht kontingentspflichtig (vgl. Art. 20 AuG). Die
vorliegende Problematik kann nicht mit dem Sachverhalt, der BGE 122 II 289 ff.
zugrunde lag, verglichen werden; im damals zu beurteilende Fall war die Mutter
des Schweizer Kindes eine Scheinehe eingegangen und hatte dieses seine
Staatsbürgerschaft aufgrund der dadurch begründeten Vaterschaftsvermutung
erworben. Liegt gegen den ausländischen, sorgeberechtigten Elternteil eines
Schweizer Kinds aber nichts vor, was ihn als unerwünschten Ausländer erscheinen
lässt oder auf ein missbräuchliches Vorgehen zum Erwerb der
Aufenthaltsberechtigung hinweist, ist regelmässig davon auszugehen, dass dem
schweizerischen Kind nicht zugemutet werden darf, dem sorgeberechtigten,
ausländischen Elternteil in dessen Heimat zu folgen, und dass im Rahmen der
Interessenabwägung von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sein privates Interesse das
öffentliche an einer restriktiven Zuwanderungspolitik überwiegt.

2.3 Demnach ist die vorliegende Beschwerde gutzuheissen: Zwar hielt sich die
Beschwerdeführerin im Moment des Todes ihres Gatten erst seit rund anderthalb
Jahren in der Schweiz auf, doch hat sie sich hier weder strafrechtlich noch
ausländerrechtlich etwas zuschulden kommen lassen. Sie wusste um die Krankheit
ihres Mannes, doch ist ihr offenbar deren Schwere teilweise verschwiegen
worden. Der Tod ihres Schweizer Gatten hat - was die Vorinstanz nicht
bestreitet - schicksalshaft in eine bestehende Ehe- und Familienbeziehung
eingegriffen und die Beschwerdeführerin schwer getroffen. Diese bemüht sich
seither im Rahmen der (naturgemäss beschränkten) Möglichkeiten einer
alleinerziehenden Mutter, sich in die hiesigen Verhältnisse zu integrieren: Sie
besucht zu diesem Zweck Sprach- und Integrationskurse, deren Fortsetzung ihr
für künftige Verlängerungsentscheide gegebenenfalls zur Auflage gemacht werden
können (Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 54 AuG). Im Übrigen hat sie teilzeitlich
eine Arbeit als Raumpflegerin aufgenommen, die es ihr zusammen mit den
sozialversicherungsrechtlichen Leistungen erlauben dürfte, ihren
Lebensunterhalt und denjenigen ihrer Tochter ohne Sozialhilfeleistungen
bestreiten zu können. Die (Mit-) Betreuung der Tochter während der Arbeit ist
durch die Schwiegerfamilie und den Besuch einer Spielgruppe sichergestellt.
Zwar verfügt die Beschwerdeführerin auch in ihrer Heimat noch über ein gewisses
familiäres Netz, doch scheint dieses dadurch beeinträchtigt zu sein, dass sie
als Sunnitin einen Aleviten geheiratet hat. Eine Rückkehr in den Osten der
Türkei dürfte ihr als Witwe mit einem (Schweizer) Kind aber so oder anders
nicht leichtfallen. Im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK überwiegen deshalb die
öffentlichen und privaten Interessen, die Aufenthaltsbewilligung der
Beschwerdeführerin im sog. "umgekehrten Familiennachzug" zu verlängern.

3.
3.1 Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten wird, der
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. August 2008 aufzuheben und der
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung durch den Kanton Basel-Landschaft ist
die Zustimmung zu erteilen. Die Vorinstanz wird dem Ausgang des
bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend ihre Kosten- und
Entschädigungsfrage neu zu regeln haben (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG).

3.2 Vor Bundesgericht sind keine Kosten geschuldet (Art. 66 Abs. 4 BGG). Das
Bundesamt für Migration hat die Beschwerdeführerin indessen dem
(gerechtfertigten) Aufwand entsprechend zu entschädigen (vgl. Art. 68 BGG). Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. August 2008 wird aufgehoben; der
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung durch den Kanton Basel-Landschaft wird
die Zustimmung erteilt.

2.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an das
Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Das Bundesamt für Migration hat die Beschwerdeführerin für das
bun-desgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

5.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird als
gegenstandslos abgeschrieben.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Hugi Yar