Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.30/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
2C_30/2008

Urteil vom 25. September 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Zünd, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
Dorothee Jaun,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kanton Zürich,
handelnd durch den Kantonsrat des Kantons Zürich.

Gegenstand
Unternehmenssteuerreform,

Beschwerde gegen die Änderung von § 35 Abs. 4 des Steuergesetzes des Kantons
Zürich vom 9. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Beschluss vom 23. März 2007 änderte die Bundesversammlung im Rahmen der so
genannten Unternehmenssteuerreform II verschiedene steuerrechtliche
Bestimmungen des Bundes. Unter anderem fügte sie in Art. 7 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR
642.14) den folgenden zweiten Satz ein (BBl 2007 2321):
"Bei Dividenden, Gewinnanteilen, Liquidationsüberschüssen und geldwerten
Vorteilen aus Beteiligungen aller Art, die mindestens 10 Prozent des Grund-
oder Stammkapitals ausmachen (qualifizierte Beteiligungen), können die Kantone
die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaften und Anteilsinhabern
mildern."
Parallel dazu ergingen die Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1bis des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11), die eine Milderung der Steuerbelastung bei der direkten Bundessteuer
durch eine bloss teilweise Besteuerung des Dividendenertrages vorsehen. Nachdem
gegen die Unternehmenssteuerreform II ein Referendum zustande gekommen war,
wurde die Gesetzesnovelle in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24.
Februar 2008 angenommen (BBl 2008 2781). Sie trat am 1. Januar 2009 in Kraft
(AS 2008 2893, 2902).

B.
Am 9. Juli 2007 beschloss der Kantonsrat des Kantons Zürich, das kantonale
Steuergesetz vom 8. Juni 1997 (StG) mit der neuen Bestimmung von § 35 Abs. 4 zu
ergänzen, die folgenden Wortlaut hat (Amtsblatt des Kantons Zürich 2007, 465):
"Ausgeschüttete Gewinne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit Sitz
in der Schweiz werden zur Hälfte des für das steuerbare Gesamteinkommen
anwendbaren Steuersatzes besteuert, sofern die steuerpflichtige Person mit
wenigstens 10 Prozent am Aktien-, Grund- oder Stammkapital beteiligt ist."
Nachdem gegen den Beschluss das Referendum ergriffen worden war, hiess das
Stimmvolk die Änderung des Steuergesetzes in der Volksabstimmung vom 25.
November 2007 gut (Amtsblatt des Kantons Zürich vom 7. Dezember 2007, 1445).
Die Gesetzesnovelle trat am 1. Januar 2008 in Kraft (Offizielle
Gesetzessammlung des Kantons Zürich 63, 7).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. Januar 2008 an
das Bundesgericht beantragt Dorothee Jaun, die Änderung des zürcherischen
Steuergesetzes vom 9. Juli 2007 (Einführung eines neuen § 35 Abs. 4)
aufzuheben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, die neue
Bestimmung verletze das Steuerharmonisierungsrecht des Bundes, die Prinzipien
der Allgemeinheit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit (nach Art. 127 Abs. 2 BV) sowie das Rechtsgleichheitsgebot
(nach Art. 8 BV).

D.
In ihrer Vernehmlassung vom 7. April 2008 zur Beschwerde von Dorothee Jaun
schliesst die Geschäftsleitung des Kantonsrates des Kantons Zürich auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Mit Replik vom 9. Mai 2008 hält Dorothee Jaun an ihrem Antrag fest, räumt in
der Begründung allerdings grundsätzlich ein, die angefochtene kantonale
Bestimmung entspreche dem revidierten Steuerharmonisierungsrecht des Bundes.
Die Geschäftsleitung des Kantonsrates hält in ihrer Duplik vom 7. Juli 2008 an
ihrem Standpunkt fest.

E.
Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts entschied über die
Beschwerde an einer öffentlichen Sitzung am 25. September 2009.

Erwägungen:

1.
1.1 Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. b BGG).
Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur Beschwerden gegen Entscheide
und kommt bei der Anfechtung von Erlassen (abstrakte Normenkontrolle) nicht zur
Anwendung. Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig,
sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG).

1.2 Nach Art. 79 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005
können kantonale Erlasse mit Ausnahme der Verfassung und der Gesetze bei einem
vom Gesetz bezeichneten obersten Gericht angefochten werden, wenn geltend
gemacht wird, dass sie gegen übergeordnetes Recht verstossen. Angefochten ist
vorliegend eine Gesetzesbestimmung, gegen deren Erlass kein kantonales
Rechtsmittel offen steht. Dagegen kann somit grundsätzlich beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden.

1.3 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen
nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses
beim Bundesgericht einzureichen. Das Ergebnis der Volksabstimmung über die
angefochtene Gesetzesnovelle vom 25. November 2007 wurde am 7. Dezember 2007 im
Amtsblatt des Kantons Zürich veröffentlicht. Die vorliegende Beschwerde wurde
der Post am 7. Januar 2008 aufgegeben. Unter Berücksichtigung des
Fristenstillstandes nach Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG erging sie mithin
fristgerecht.

1.4 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt das massgebliche Recht
verletzt, das Beschwerdegrund (vgl. dazu Art. 95 ff. BGG) einer Beschwerde beim
Bundesgericht bilden kann (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Eine qualifizierte
Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge
nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet
worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.
2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen
Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung
hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein
(BGE 133 I 286 E. 2.2 S. 290). Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der
Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit
einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (vgl. BGE 133 I
206 E. 2.1 S. 210). Zur Anfechtung eines kantonalen Steuererlasses sind
grundsätzlich die im betroffenen Kanton Steuerpflichtigen legitimiert, d.h.
diejenigen Personen, die dort ihren Wohnsitz haben (BGE 130 I 174 E. 1.2 S. 176
f.). Es kann hier offen bleiben, wieweit die als AVLOCA-Praxis bekannte
Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffend Legitimation zur Anfechtung eines
Erlasses wegen rechtsungleicher Begünstigung mit der früheren staatsrechtlichen
Beschwerde (dazu BGE 109 Ia 252; 131 I 198 E. 2.6 S. 203; vgl. auch BGE 133 I
206 E. 2.2-2.4 S. 210 f.) auch auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zugeschnitten ist, woran immerhin angesichts der
unterschiedlichen Voraussetzungen gewisse Zweifel bestehen. So oder so bildet
ein Steuertarif ein unteilbares Ganzes, der als solcher den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muss. Jeder Steuerpflichtige muss
die Missachtung der verfassungsrechtlichen Grundsätze im Verfahren der
abstrakten Normenkontrolle rügen können, selbst wenn sich ein andern
Steuerpflichtigen gewährter Vorteil nicht unmittelbar zu seinem Nachteil
auswirkt (vgl. BGE 133 I 206 E. 2.1-2.3 S. 210 f.). Nicht zulässig sind
hingegen Beschwerden, die im Interesse der Allgemeinheit oder der richtigen
Gesetzesanwendung geführt werden (BGE 125 I 7 E. 3c S. 9; 123 II 376 E. 2 S.
378 f.; 121 II 39 E. 2c/aa S. 44; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, Art. 89 N 15).

2.2 Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz seit Jahren im Kanton Zürich und
ist dort zusammen mit ihrem Ehemann steuerpflichtig. Damit untersteht sie dem
zürcherischen Steuertarif und ist von diesem als unteilbares Ganzes betroffen.
Die hier zu entscheidende Streitsache des anwendbaren Steuersatzes bzw. der
Rechtmässigkeit desselben stellt eine Tariffrage dar. Überdies ist die
Beschwerdeführerin als Anwältin unternehmerisch tätig, ohne vom angefochtenen
Teilsatzverfahren profitieren zu können. Sie ist zudem Eigentümerin von Aktien
mehrerer Gesellschaften, worunter solchen, die über andere Aktionäre verfügen,
welche Aktienpakete von mindestens 10 % halten. Selbst wenn davon ausgegangen
würde, dass nur beschwerdeberechtigt ist, wer wenigstens virtuell Aktionär sein
kann, trifft dies somit auf die Beschwerdeführerin zu. Zumindest die virtuelle
Betroffenheit kann der Beschwerdeführerin daher nicht abgesprochen werden,
weshalb sie zur Beschwerde legitimiert ist.

3.
3.1 Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht
und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann
Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten
Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar handelt es sich dabei um ein
Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot (BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721; 129 II
249 E. 5.4 S. 263, mit Hinweisen; YVO HANGARTNER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/
Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar,
2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2008, Bd. 2, N. 8 zu Art. 190 BV), und es kann sich
rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes zu
prüfen; wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz aber angewandt werden,
und das Bundesgericht kann lediglich gegebenenfalls den Gesetzgeber einladen,
die fragliche Bestimmung zu ändern. Freilich besteht nicht in jedem Fall die
Veranlassung, die bundesgesetzliche Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit
höherrangigem Recht hin zu prüfen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2C_61/
2008 vom 28. Juli 2008, E. 1.3.2). Vielmehr hängt es von den Umständen des
Einzelfalles ab, ob sich dies rechtfertigt. Im Rahmen einer abstrakten
Normenkontrolle ist dafür entscheidend, ob ein genügendes allgemeines Interesse
an der Feststellung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit besteht.

3.2 Im vorliegenden Fall ist eine kantonale Gesetzesbestimmung angefochten.
Dafür gilt das Anwendungsgebot von Art. 190 BV grundsätzlich nicht. Auch der
Umstand, dass der Bundesgesetzgeber eine Materie für seinen Kompetenzbereich,
hier die direkte Bundessteuer, gleich oder ähnlich wie ein Kanton ordnet,
schränkt die Befugnis des Bundesgerichts zur Überprüfung eines kantonalen
Erlasses nicht ein; dabei ist sogar in Kauf zu nehmen, dass sich bei einer
solchen Prüfung allenfalls Zweifel an der Verfassungsmässigkeit eines
Bundesgesetzes ergeben können (BGE 109 Ia 273 E. 2b S. 277 f.). Setzt das
kantonale Steuergesetz jedoch unmittelbar Harmonisierungsrecht des Bundes um,
das im Steuerharmonisierungsgesetz enthalten ist, greift das
verfassungsrechtliche Anwendungsgebot auf das kantonale Recht durch. Das
kantonale Steuergesetz, für welches das Anwendungsgebot an sich nicht gilt,
wird davon als Umsetzungsakt der bundesgesetzlichen Ordnung erfasst (vgl. BGE
131 II 710 E. 5.4 S. 721). Auch diesfalls hängt es von den Umständen des
Einzelfalles bzw. vom Vorliegen eines entsprechenden allgemeinen
Feststellungsinteresses ab, ob sich die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem
Verfassungsrecht trotz Anwendungsgebots rechtfertigt.

3.3 Bei einer abstrakten Normenkontrolle, namentlich bei der Überprüfung eines
kantonalen Gesetzes, kann das Bundesgericht auch einer nachträglichen Änderung
der Rechtslage Rechnung tragen und insbesondere neu in Kraft getretenes,
übergeordnetes Recht mitberücksichtigen (BGE 120 Ia 286 E. 2c/bb S. 291; 119 Ia
460 E. 4d S. 473, mit Hinweisen). Das kann aber nicht unbeschränkt gelten,
sondern setzt einen engen Zusammenhang vor allem in sachlicher und zeitlicher
Hinsicht voraus.

3.4 Der neue Art. 7 Abs. 1 StHG erlaubt den Kantonen für Kapitalbeteiligungen
von mindestens 10 % die Einführung einer Milderung der wirtschaftlichen
Doppelbelastung. Entscheiden sich die Kantone für eine solche Milderung, müssen
sie zwingend eine Mindestbeteiligung von 10 % verlangen, im Übrigen verfügen
sie über einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der kantonalen Regelung. Das
gilt insbesondere für die Methode der Entlastung (Teilsatz-, Teilbesteuerungs-
oder anderes Verfahren) und deren Umfang. Es ist den Kantonen namentlich
überlassen, ob sie die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaft und
Anteilsinhaber wie in der angefochtenen zürcherischen Regelung durch eine
Reduktion des Steuersatzes oder wie in den neuen, parallel ergangenen Art. 18b
und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1bis DBG durch eine bloss teilweise
Besteuerung des Dividendenertrages mildern wollen. Dagegen wird in der
Literatur zwar eingewendet, die bundesrechtliche Harmonisierung beziehe sich
einzig auf das Steuerobjekt, d.h. die Bemessungsgrundlage, und nicht auf den
anwendbaren Tarif; die Kantone könnten daher die Milderung bei der
Dividendenbesteuerung lediglich durch eine besondere Definition des
Steuerobjekts, nicht aber durch einen Sondertarif umsetzen (vgl. insbes. URS R.
BEHNISCH, in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender, a.a.O., N. 28 zu
Art. 129; DERS., Steuerwettbewerb trotz seiner Zähmung ein Stein des Anstosses,
in Neue Zürcher Zeitung vom 21. Februar 2007). Beim Erlass von Art. 7 Abs. 1
StHG ging der Gesetzgeber aber klarerweise davon aus, dass der Bund die
Kompetenz hat, unter Einhaltung einer gewissen Regelungsautonomie der Kantone
beim Ausmass und bei der Art der Entlastung Lösungen zu treffen, die auch durch
tarifliche Massnahmen umgesetzt werden können (vgl. BBl 2005 4796). Der
Gesetzgeber stellte denn auch den Kantonen bewusst frei, Entlastungen wie der
Bund in Form von Abzügen von der Bemessungsgrundlage oder aber
Steuerermässigungen in Form eigentlicher tariflicher Massnahmen vorzusehen (BBl
2005 4868). Abgesehen davon kennt das Harmonisierungsrecht auch an anderer
Stelle Sondertarife, so etwa in Art. 11 StHG.

3.5 Die Beschwerdeführerin räumt in ihrer Replik an das Bundesgericht selbst
ein, dass die angefochtene kantonale Gesetzesbestimmung dem revidierten Art. 7
Abs. 1 StHG entspricht und von diesem seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar
2009 inhaltlich gedeckt ist. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit unterliegt
daher seit dem 1. Januar 2009 dem Anwendungsgebot und lässt sich jedenfalls mit
Wirkung ab diesem Zeitpunkt vom Bundesgericht nicht mehr korrigieren. Damit
wird dem Antrag auf Aufhebung von § 35 Abs. 4 StG die Grundlage entzogen.
Selbst im Falle, dass die angefochtene Bestimmung verfassungswidrig sein
sollte, wäre es unverhältnismässig und würde es sich nicht rechtfertigen, diese
Gesetzesnorm, die erst am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, aufzuheben, und
den Kanton nochmals in ein Gesetzgebungsverfahren zu zwingen, um eine gleich
lautende Bestimmung zu erlassen, die nunmehr vom neuen Bundesgesetz gedeckt
wäre. Unabhängig davon, ob die angefochtene kantonale Bestimmung und die hier
nur vorfrageweise angesprochene neue bundesgesetzliche Norm verfassungskonform
sind oder nicht, sind sie jedenfalls seit dem 1. Januar 2009 anwendbar.

4.
4.1 Es könnte sich immerhin fragen, ob etwas anderes zu gelten hätte, falls die
kantonale Regelung über diejenige des Bundesrechts hinausginge, also
insbesondere Erleichterungen gewähren würde, die vom Bundesrecht nicht mehr
gedeckt wären, indem sie etwa nicht nur die wirtschaftliche Doppelbelastung
beseitigen, sondern weitergehende Steuervorteile bieten würde.

4.2 Eine entsprechende taugliche Rüge erhebt die Beschwerdeführerin freilich
nicht. Die Behauptung, es sei mit dem Gleichheitsgebot nicht vereinbar,
Steueranreize zu schaffen, die eine vom Privatrecht vorgesehene Rechtsform in
der Praxis illusorisch machen würde, genügt dafür nicht. Ebenso wenig führen
insofern die Erwägungen zum Verhältnis der jeweiligen Belastungen durch die
Steuern und die Sozialversicherungen weiter. Ob insofern auf die Beschwerde
allenfalls nicht einzutreten wäre, kann jedoch offen bleiben.

4.3 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die Frage der
Verfassungskonformität der Unternehmenssteuerreform in Fachkreisen schon seit
längerem diskutiert wurde (vgl. etwa BERICHT DER EXPERTENKOMMISSION
RECHTSFORMNEUTRALE UNTERNEHMENSBESTEUERUNG [ERU], erstattet dem Eidgenössischen
Finanzdepartement, Bern 2001; BUNDESAMT FÜR JUSTIZ, Gutachten betreffend die
Verfassungsmässigkeit einer Teilbesteuerung von Dividenden im Privatbesitz,
erstattet der Eidg. Steuerverwaltung am 29. November 2006; ULRICH CAVELTI, Die
Unternehmenssteuerreform II ist verfassungskonform, in Neue Zürcher Zeitung vom
29. Januar 2008; ETIENNE GRISEL, Rechtsgutachten zu Handen des Eidgenössischen
Finanzdepartements vom 29. November 2006; CHRISTIAN KEUSCHNIGG/MARTIN D. DIETZ,
Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform II, Gutachten im
Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. September 2002; RENÉ
MATTEOTTI/MICHAEL FELBER, Verfassungsrechtliche Kritik an der
Unternehmenssteuerreform II, Jusletter vom 11. Februar 2008; ROBERT WALDBURGER,
Die Vorlage verletzt offenkundig die Verfassung, in Tagesanzeiger vom 22.
Dezember 2007; ROBERT WALDBURGER/RUEDI BAUMANN, Zur Verfassungsmässigkeit der
Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung durch das
Unternehmenssteuerreformgesetz II und das Steuergesetz des Kantons
Basel-Landschaft, Gutachten vom 8. Januar 2008; vgl. auch MARKUS REICH, Die
wirtschaftliche Doppelbelastung der Kapitalgesellschaften und ihrer
Anteilsinhaber, Zürich 2000, 25 ff.). Dabei wurden in der Frage der
Verfassungsmässigkeit von Entlastungsmassnahmen für die Dividendenbezüger, wie
sie hier strittig sind, verschiedene Auffassungen vertreten. Unter anderem
äusserten sogar Organe des Bundes mit guten Gründen gewisse Zweifel. Dies ist
auch dem Gesetzgeber nicht entgangen und bildete ausdrücklich Thema der
politischen Diskussionen sowie des Abstimmungskampfes.

4.4 In der politischen Diskussion setzte sich dann aber mehr und mehr die
Auffassung durch, die wirtschaftliche Doppelbelastung zwischen
Dividendenbezüger und Gesellschaft sei zu beseitigen. Die Gesetzesrevision
wurde mithin in Kenntnis der allfälligen verfassungsrechtlichen Fragwürdigkeit
angenommen. Insbesondere war angesichts der im Gesetzgebungsverfahren
beigezogenen Gutachten klar, dass die angestrebte Beseitigung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung weiterreichen könnte, als das rein rechnerisch
erforderlich wäre. Der Gesetzgeber setzte sich jedoch namentlich unter Hinweis
auf angebliche volkswirtschaftliche Gesichtspunkte und eine mögliche Änderung
der Verhaltensweise der Beteiligten über solche Bedenken hinweg. Im
Zusammenhang mit dem Steuerharmonisierungsgesetz war mit Blick auf die parallel
laufenden und teilweise bereits abgeschlossenen kantonalen
Gesetzgebungsverfahren ebenso klar, dass bei den Kantonen entsprechende
Entlastungen von ebenfalls bis zu 50 % als zulässig erachtet werden sollten.
Die Mehrheit der Stimmberechtigten ging dabei davon aus, dass die schliesslich
gewählte Lösung bzw. erlassene Regelung verfassungsrechtlich zulässig sei.
Erleichterungen in diesem Umfang sind daher durch den Bundesgesetzgeber
abgedeckt. Dabei muss nicht in jedem Kanton aufgrund der konkreten Steuersätze
der Nachweis erbracht werden, dass in jeder möglichen Konstellation die
Entlastung nicht höher ausfällt als die tatsächliche Doppelbelastung. Es
besteht demnach kein genügendes allgemeines Interesse an einer
verfassungsrechtlichen Überprüfung des zürcherischen Halbsatzverfahrens im vom
Bundesgesetz abgedeckten Rahmen. Nebst dem Bund haben im Übrigen inzwischen
mindestens 18 Kantone mehr oder weniger parallel zum Gesetzgebungsverfahren des
Bundes analoge Gesetzesrevisionen durchgeführt. Darüber kann sich das
Bundesgericht nicht ohne stichhaltigen Grund hinwegsetzen.

4.5 Fraglich erscheint allerdings, ob die bundesgesetzliche Regelung auch
geeignet ist, die Besteuerung durch den Kanton im Jahre 2008 abzudecken. Die
zürcherische Gesetzesnovelle ist bereits am 1. Januar 2008 und damit ein Jahr
vor derjenigen des Bundes in Kraft getreten, weshalb dem Anwendungsgebot des
Bundesgesetzes gewissermassen eine Art Vorwirkung zugesprochen werden muss,
wenn es bereits für das Steuerjahr 2008 Folgen zeitigen soll. Entscheidend ist
in diesem Zusammenhang jedoch der zeitliche Ablauf: Entsprechende Abklärungen
durch die Bundesverwaltung liefen spätestens seit dem Jahre 2001 (vgl. den
bereits erwähnten BERICHT DER EXPERTENKOMMISSION RECHTSFORMNEUTRALE
UNTERNEHMENSBESTEUERUNG [ERU], erstattet dem Eidgenössischen Finanzdepartement,
Bern 2001). Die eigentliche Gesetzesrevision des Bundes wurde vom Parlament am
23. März 2007 beschlossen, während diejenige des Kantons Zürich vom 9. Juli
2007 datiert, also erst später erging. Der Kanton konnte allerdings seine
Volksabstimmung schneller durchführen und die Revision schon auf das Jahr 2008
in Kraft setzen, während dies beim Bund erst ein Jahr später möglich war.
Inhaltlich stehen die beiden Gesetzesänderungen in einem engen Zusammenhang.
Die kantonale Revision kam eindeutig im Hinblick auf die parallel laufende
Änderung der Bundesgesetzgebung zustande und bezweckte eine rasche Umsetzung
der im Steuerharmonisierungsgesetz neu eingeführten Entlastungsmöglichkeit.
Indem die kantonale Gesetzesnovelle in diesem Sinne das Ergebnis des
Gesetzgebungsprozesses des Bundes vorwegnahm, ist sie daher inhaltlich auch
dadurch gedeckt, selbst wenn das neue Bundesrecht erst ein Jahr später formell
in Kraft trat. Damit besteht auch insofern kein genügendes allgemeines
Interesse an einer weitergehenden Überprüfung der Verfassungsmässigkeit der
ohnehin anwendbaren gesetzlichen Regelung.

4.6 Es könnte sich mithin noch einzig fragen, ob die zürcherische Regelung
insoweit überprüfbar wäre, als sie eine Entlastung lediglich für Beteiligungen
an Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz vorsieht. Eine solche Vorgabe macht
das Bundesrecht nicht. Es fehlt dafür jedoch an einer rechtsgenüglichen Rüge,
so dass darauf nicht näher einzugehen ist (vgl. E. 1.4).

5.
5.1 Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann.

5.2 Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Kanton Zürich, handelnd durch
den Kantonsrat des Kantons Zürich, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. September 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax