Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.301/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_301/2008

Urteil vom 16. Oktober 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Parteien
X.________,
Y.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich.

Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern 2003,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Kammer,
vom 27. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 30. August 2007 wurde den Eheleuten X.________-Y.________ der
Einspracheentscheid betreffend die Veranlagung der Staats- und Gemeindesteuern
2003 zugestellt. Die Rekursfrist von 30 Tagen endete (unter Berücksichtigung
des Fristenlaufs am Samstag und am Sonntag) nach 32 Tagen am 1. Oktober 2007.
Am 10. Oktober 2007 reichte X.________ für sich und seine Ehefrau Rekurs ein.
Gleichzeitig stellte er das Gesuch, es sei die Rekursfrist wieder herzustellen.
Er legte zwei Flugtickets bei, aus denen hervorgeht, dass er vom 9. bis 12.
September 2007 (4 Tage) und vom 20. September bis 1. Oktober 2007 (12 Tage) in
Moskau und Krasnoyarsk, Sibirien, weilte.
Die Steuerrekurskommission II des Kantons Zürich wies mit Entscheid vom 23.
Oktober 2007 das Fristwiederherstellungsgesuch ab und trat auf den Rekurs nicht
ein. Der Einzelrichter führte dazu aus, dem Rekurrenten seien unter
Berücksichtigung seiner Auslandabwesenheit zur Ausarbeitung der Rekursschrift
15 Tagen verblieben; zudem seien die Auslandreisen vorhersehbar gewesen.

B.
Mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich machte der
Beschwerdeführer geltend, er habe sich zusätzlich zu den beiden Russlandreisen
auch vom 2. bis 7. September (6 Tage) und vom 16. bis 19. September 2007 (4
Tage) geschäftlich in Deutschland aufhalten müssen; es seien ihm zur
Ausarbeitung der Rekursschrift nur 5 oder 6 Tage verblieben. Er habe gewusst,
dass er vor dem 30. September 2007 noch weitere Reisen unternehmen müsse, und
habe daher am 13. September 2007 mit einem Mitarbeiter des kantonalen
Steueramtes gesprochen. Dieser habe die Auskunft erteilt, dass einem
Fristwiederherstellungsgesuch auf jeden Fall stattgegeben werde, wenn er
beweisen könne, dass er während der Frist überwiegend im Ausland gewesen sei.
Für das Gespräch gäbe es einen Zeugen, der das bestätigen werde. Der
Beschwerdeführer legte der Beschwerdeschrift zwei Hotelrechnungen bei, welche
die beiden Aufenthalte in Potsdam und Chemnitz in der fraglichen Zeit belegen.
Mit Entscheid vom 27. Februar 2008 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde
ab, soweit es darauf eintrat. Es erwog, die Fristversäumnis sei nicht
unverschuldet. Die Reisen seien lange im Voraus geplant worden und die
Abwesenheit sei vorhersehbar gewesen. Die erstmals vor Verwaltungsgericht
erwähnte Auskunft des Mitarbeiters des kantonalen Steueramtes sei unbehelflich,
da der Beschwerdeführer während der Rekursfrist lediglich 16 (von 32) Tagen -
und damit nicht "überwiegend" - im Ausland gewesen sei. Bei der Berechnung der
zur Verfügung stehenden Tage könnten die verspätet vorgebrachten
Deutschlandreisen (10 Tage) nicht berücksichtigt werden.

C.
Hiergegen führt der Steuerpflichtige in seinem und im Namen seiner Ehefrau
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.
Das Kantonale Steueramt Zürich und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit auf diese einzutreten ist. Die
Eidgenössische Steuerverwaltung stellte keinen Antrag.

Erwägungen:

1.
Gegen den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts steht nach Art. 82 lit.
a, 86 Abs. 1 lit. d, 89 Abs. 1 und 90 BGG die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen. Diese ist unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) rechtzeitig eingereicht worden. Die
Beschwerde hat die Begehren und deren Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1
BGG). Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 und 96
BGG gerügt werden. In der Begründung ist darzulegen, inwiefern der angefochtene
Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Das Bundesgericht wendet
zwar das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch setzt das voraus,
dass die minimalen Begründungsanforderungen erfüllt sind, weil nur dann auf die
Beschwerde eingetreten werden kann (BGE 134 II 244 E. 2.1). Strengere
Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem
Recht geltend gemacht wird. Solche Rechtsverletzungen prüft das Bundesgericht
nur, wenn eine Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist
(vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG und dazu BGE 133 II 244 E. 1.4.2 S. 254).

2.
2.1 Die Beschwerdeführer berufen sich (wenigstens) sinngemäss auf den Schutz
berechtigten Vertrauens in behördliche Auskünfte und damit auf den Grundsatz
von Treu und Glauben. Sie machen geltend, der Beschwerdeführer habe erst nach
der Rückkehr von der ersten Russlandreise erfahren, dass er während der
laufenden Rechtsmittelfrist mindestens noch einmal nach Russland und ein
weiteres Mal nach Deutschland reisen müsse. Er habe sich aus diesem Grund beim
kantonalen Steueramt erkundigt, ob eine Fristverlängerung möglich sei. Der
Beschwerdeführer legte bereits in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht dar,
dass gemäss der Auskunft des Mitarbeiters des Steueramtes einem
Fristwiederherstellungsantrag auf jeden Fall stattgegeben werde, "wenn ich
beweisen kann, dass ich während der laufenden Frist überwiegend im Ausland
war". Für dieses Gespräch gäbe es einen (aussagebereiten) Zeugen. Er hätte "nie
im Leben ... für möglich gehalten, dass nach dieser Aussage des Mitarbeiters
die Steuerekurskommission meinen Antrag ablehnen würde".

2.2 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen
Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Der
Grundsatz von Treu und Glauben gewährt unter bestimmten Voraussetzungen Schutz
des berechtigten Vertrauens in eine selbst unrichtige Auskunft oder Zusicherung
der Behörde (BGE 131 I 153 E. 4 S. 158; für die Voraussetzungen, s. BGE 127 I
31 E. 3a S. 36, 118 Ia 241 E. 4b S. 254).
Das Verwaltungsgericht hat die Auskunft des Mitarbeiters des kantonalen
Steueramtes als unbehelflich bezeichnet, weil der Beschwerdeführer (ohne
Berücksichtigung der verspätet vorgebrachten Deutschlandreisen) während der
durch den Fristenlauf am Samstag und am Sonntag auf 32 Tage verlängerten
Rekursfrist nur während 16 Tagen und damit im Sinne der Auskunft des
Mitarbeiters des kantonalen Steueramtes nicht "überwiegend" im Ausland gewesen
sei. Sofern die Deutschlandreisen tatsächlich nicht zu berücksichtigen sind
(was die Beschwerdeführer bestreiten), ist diese Begründung nicht zu
beanstanden. Der Beschwerdeführer konnte in guten Treuen nicht davon ausgehen,
dass die Frist auch dann wieder hergestellt würde, wenn die ihm tatsächlich
verbliebene Zeit ausgereicht hätte, um die Rekurseingabe rechtzeitig zu
verfassen. Eine Voraussetzung für die Fristwiederherstellung nach § 15 Abs. 1
der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998 (VO StG) ist, dass der
Steuerpflichtige schuldlos an der Einhaltung der Frist verhindert war. Eine
vertrauensbildende Auskunft kann daher nur insoweit vorliegen, als der
Beschwerdeführer infolge der Auslandabwesenheit an der rechtzeitigen
Ausarbeitung des Rekurses auch wirklich (faktisch) verhindert war. Sollte daher
dem Beschwerdeführer trotz "überwiegender" Auslandsabwesenheit noch genügend
Zeit für die Ausarbeitung der Rekurseingabe zur Verfügung gestanden haben, so
wurde durch die Weigerung der Wiederherstellung der Frist kein berechtigtes
Vertrauen in behördliche Auskünfte verletzt.
Es stellt sich daher die Frage, ob das Verwaltungsgericht bei der Berechnung
der Auslandaufenthalte die Deutschlandreisen zu Recht als unzulässiges Novum
unberücksichtigt liess. Es geht dabei um eine Frage des kantonalen
(Verfahrens-)Rechts, dessen Auslegung und Anwendung das Bundesgericht nur unter
dem Gesichtswinkel des verfassungsmässigen Verbots der Willkür (Art. 9 BV)
überprüft. Wie es sich damit verhält, ist im Folgenden zu prüfen.

3.
3.1 Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht bereits dann vor, wenn der
angefochtene Entscheid falsch oder diskutabel ist oder eine andere Lösung
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid wegen Willkür nur auf,
wenn er schlechthin unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
und offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 133 I 149 E. 3.1, 132 I 113 E. 5.1),
was in der Beschwerde darzulegen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG und dazu vorn E. 1).
Eine derartige Rüge enthält die Beschwerdeeingabe nicht. Diese genügt insoweit
den Anforderungen an die Begründung nicht.

3.2 Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Beschwerde
auch bei besserer Begründung kein Erfolg beschieden sein könnte. Gemäss Art. 15
Abs. 1 und 2 VO StG ist im Gesuch um Wiederherstellung nachzuweisen, weshalb
die betreffende Person an der Einhaltung der Frist verhindert war. Es ist
haltbar, wenn das Verwaltungsgericht diese Vorschrift als Gültigkeitsvorschrift
und nicht als blosse Ordnungsvorschrift betrachtete. Das Verwaltungsgericht
verfiel daher nicht in Willkür, wenn es die erst im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren vorgebrachten Deutschlandreisen als ein unzulässiges Novum
zurückwies.
Der Beschwerdeführer meint, er sei aufgrund der Auskunft des Mitarbeiters des
Steueramtes davon entbunden gewesen, gegenüber der Steuerrekurskommission
vorbehaltlos alle Tatsachen vorbringen zu müssen, die ihn an der Einhaltung der
Frist hinderten. Das war indessen sicherlich nicht der Sinn der Auskunft. Der
Beschwerdeführer ersuchte das kantonale Steueramt um Auskunft, weil während der
laufenden Rekursfrist noch weitere Reisen anstanden und er sich infolgedessen
während dieser Frist total mindestens 25 Tage im Ausland aufhalten musste (vgl.
Beschwerde Ziff. 1 und 2). Er konnte folglich auch erkennen, dass er zur
Begründung des Fristwiederherstellungsgesuchs ausnahmlos alle Reisen angeben
musste. Das hat er offensichtlich nicht getan, und damit das Novum vor
Verwaltungsgericht selbst verschuldet.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die
Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern aufzuerlegen, sie haften hierfür
solidarisch (Art. 65, 66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten im Betrag von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern
unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (2.
Kammer) und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Oktober 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Wyssmann