Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.291/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_291/2008/ble

Urteil vom 21. April 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Abteilung Migration Obwalden,
Kantonsgerichtspräsident II des Kantons Obwalden.

Gegenstand
Verlängerung der Durchsetzungshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid der Obergerichtskommission des Kantons Obwalden
vom 4. April 2008.

Erwägungen:

1.
X.________ (geb. 1987) stammt nach eigenen Angaben aus Algerien. Er durchlief
im Jahr 2006 in der Schweiz erfolglos ein Asylverfahren. Vom 19. Mai bis 17.
Juli 2006 sowie vom 12. September bis zum 8. November 2006 befand er sich in
Ausschaffungs- bzw. vom 3. Februar bis 2. März 2007 in Durchsetzungshaft. Nach
seiner Entlassung aus dem Strafvollzug im Kanton Waadt nahm die Abteilung
Migration des Kantons Obwalden ihn am 18. Februar 2008 erneut in
Durchsetzungshaft, welche der Kantonsgerichtspräsident II am 21. Februar 2008
bis zum 17. März 2008 genehmigte und am 14. März 2008 bis zum 17. Mai 2008
verlängerte. Die Obergerichtskommission des Kantons Obwalden bestätigte diesen
Entscheid auf Beschwerde hin am 4. April 2008. Am 11. April 2008 gelangte
X.________ mit dem Antrag an die Obergerichtskommission, er sei aus der Haft zu
entlassen. Sein Schreiben wurde am 15. April 2008 (unter Beilage der kantonalen
Akten) zuständigkeitshalber an das Bundesgericht weiter geleitet.

2.
Die Eingabe erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann deshalb ohne
Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Es
erübrigt sich unter diesen Umständen, zu prüfen, ob alle
Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 42 BGG [Anträge, Begründung
usw.]):
2.1
2.1.1 Hat ein Ausländer seine Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innert der
ihm angesetzten Frist nicht erfüllt und kann die rechtskräftige Weg- oder
Ausweisung wegen seines persönlichen Verhaltens nicht vollzogen werden, so darf
er, um der Ausreisepflicht Nachachtung zu verschaffen, in Durchsetzungshaft
genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft nicht zulässig ist
und keine geeignete mildere Massnahme zum Ziel führt (Art. 78 Abs. 1 AuG [SR
142.20]). Die Durchsetzungshaft dauert erstmals einen Monat. Sie kann hernach
mit der Zustimmung der zuständigen kantonalen richterlichen Behörde - bis zu
einer Maximaldauer von 18 Monaten - jeweils in Schritten von je zwei Monaten
verlängert werden (Art. 78 Abs. 2 AuG). Die Vorbereitungs-, Ausschaffungs- und
Durchsetzungshaft dürfen zusammen 24 Monate nicht überschreiten (Art. 79 AuG).
2.1.2 Zweck der Durchsetzungshaft ist es, die ausreisepflichtige Person in
jenen Fällen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, in denen nach Ablauf der
Ausreisefrist der Vollzug der rechtskräftig gegen sie angeordneten Weg- oder
Ausweisung - trotz der behördlichen Bemühungen - ohne ihre Kooperation nicht
möglich ist. Sie soll das letzte Mittel darstellen, wenn und soweit keine
andere Zwangsmassnahme mehr zum Ziel führt, den illegal anwesenden Ausländer -
auch gegen seinen Willen - in seine Heimat verbringen zu können (BGE 133 II 97
E. 2.2 S. 99 f.). Ihre konventionsrechtliche Rechtfertigung findet die
Durchsetzungshaft in Art. 5 Ziff. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 1
lit. b EMRK. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann - je nach den Umständen -
selbst eine Haftdauer von 18 Monaten im Einzelfall verhältnismässig sein (vgl.
BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 100; zur Publikation bestimmtes Urteil 2C_556/2007 vom
21. Januar 2008, E. 2).
2.2
Die umstrittene ausländerrechtliche Festhaltung entspricht diesen Vorgaben und
verletzt kein Bundesrecht:
2.2.1 Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren rechtskräftig aus der Schweiz
weggewiesen worden und hätte diese bis Ende März 2006 verlassen müssen
(Rechtskraft des Wegweisungsentscheids: 17. März 2006). Er ist in der Folge
wiederholt erfolglos aufgefordert worden, auszureisen, weigerte sich jedoch
beharrlich, bei der Feststellung seiner Identität und der Beschaffung von
Reisepapieren mitzuwirken. Trotz der Bemühungen der Behörden war seine
Ausschaffung deshalb nicht möglich: Er tauchte jeweils im grenznahen Raum zu
Frankreich unter; den ihm auferlegten wöchentlichen Meldepflichten kam er nicht
nach; schliesslich hielt er sich auch nicht an die Eingrenzung auf das
Sarneraatal. Eine Rückkehr in seine Heimat ist zum jetzigen Zeitpunkt nur
realisierbar, falls er bereit ist, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen,
was er nach wie vor ablehnt. Da seine Wegweisung ohne Verhaltensänderung in
absehbarer Zeit nicht zwangsweise wird vollzogen werden können und sämtliche
milderen Massnahmen zur Durchsetzung seiner Ausreisepflicht erfolglos geblieben
sind, durfte er in Durchsetzungshaft genommen werden (Art. 78 AuG; BGE 133 II
97 ff.). Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass er sich weiterhin
weigert, freiwillig auszureisen, und nicht bereit ist, mit den Behörden hierfür
zielgerichtet zu kooperieren (zu Algerien: BGE 133 II 97 E. 3.3; zur
Veröffentlichung bestimmtes Urteil 2C_556/2007 vom 21. Januar 2008, E. 2). In
verschiedenen Einvernahmen gab er unzweideutig zu verstehen, dass er sich über
seine Mutter oder Kollegen die zum Nachweis seiner Identität nötigen Papiere
beschaffen könnte, wenn er dies wollte.
2.2.2 Was der Beschwerdeführer gegen seine Festhaltung einwendet, überzeugt
nicht: Er verfügt in der Schweiz über kein Anwesenheitsrecht, auch wenn sein
Aufenthalt wegen seines renitenten Verhaltens bisher geduldet werden musste.
Die umstrittene Verlängerung seiner Haft ist nicht unverhältnismässig. Würde er
mit den Behörden zusammenarbeiten, könnte seine Wegweisung innert weniger
Wochen vollzogen werden. Soweit er geltend macht, nicht nach Algerien
zurückkehren zu können, verkennt er, dass die Wegweisungsfrage nicht Gegenstand
der Haftprüfung bildet; sie wurde im Asylverfahren rechtskräftig beurteilt und
kann vom Bundesgericht nicht überprüft werden (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4
BGG). Es ist zudem nicht ersichtlich, wie er sich ohne Reisepapiere
zulässigerweise in einen Drittstaat sollte begeben können. Die schweizerischen
Behörden dürfen nicht bewusst zu einer illegalen Einreise in einen solchen Hand
bieten (BGE 133 II 97 E. 4.2.2). Nur aufgrund gültiger Papiere kann geprüft
werden, ob ein Wegweisungsvollzug in ein anderes Land - etwa nach Frankreich,
wo sich angeblich seine Freundin und sein Kind aufhalten sollen - möglich ist
(vgl. Art. 69 Abs. 2 AuG; BGE 133 II 97 E. 4.2.2). Für alles Weitere wird auf
die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen, welche die
bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend wiedergeben (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es rechtfertigt sich aufgrund der
Umstände (Bedürftigkeit, absehbarer Vollzug der Wegweisung), dennoch keine
Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Die Abteilung Migration Obwalden
wird ersucht, dafür besorgt zu sein, dass das vorliegende Urteil dem
Beschwerdeführer korrekt eröffnet und nötigenfalls verständlich gemacht wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Obergerichtskommission des Kantons
Obwalden und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. April 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Hugi Yar